Volltext Seite (XML)
Wi»«ntNch drei Nummern. PrSnumeraiionS- P"'' 22; Sgr. (j Td:r.) vitr-NjadrU», Z ^pir. lür dar ganz« Iadr, «dnk Er- dSdiinq, in allen Ttttilen der Preu?»sl-«n Monarchie. für die Man viSnumrnrl aus diele« ?iic>aiur> Blatt in Berun >n der Cxvrditton der M^. dr. Ziaair-Aeiiung (^riedinnrilr. Nr. 72); in der Provinz so wie im Lurlande sei den Wodllödl. d0's >lcntt>'>n. Literatur des Auslandes. 112. Berlin, Mittwoch den 16. September 1840 China. Die Moral der Buddhistischen Chinesen. Wir haben in einem früheren Artikel") gezeigt, wie im Systeme der Chinesischen Buddhisten das Gebet an Amita-Buddha unter den Mitteln zum ewigen Heile die erste und vornehmste Stelle cinnimmt. Das Buch Tsing-tu-wen, welches der Lehre vom Verklärten Lande gewidmet ist °°), enthalt aber bei weitem nicht bloß einfache Beschreibungen und positive Vorschriften: ein großer Theil seines Inhalts ist Dialektischer und rhetorischer Art. Von der eigemhüm- lnhcn dialektischen Kunst, womit der Verfasser die vornehmsten Satzungen seiner Religion gegen Zweifler in Schutz nimmt und die national-Chinesischen Systeme mit dem Buddhismus zu versöhnen strebt, haben wir an einem anderen Orte Proben mitgetheilt; der gegenwärtige Artik.l soll den reDncrischcn Ermahnungen gcwiDmct scyn, worin der Verfasser, oft mehr noch an das Gemüth, als an den Verstand seiner Leser appellireud, bald die Nichtigkeit alles Jr- bische» und die Nothwcndigkeit einer ununterbrochenen Bewerbung um das selige Lanv cinschärst, balv über die allgemeinen und be sonderen Lebens-Pflichten des Menschen sich verbreitet. Wir begnü ge» uns hier wieder mit bloßen Auszügen aus diesen Buddhistischen Predigten, die zwar, wenn man jene für sich betrachtet, von lobenS- werther Kürze sind, aber in ihrer Gesammtheit viele für unS cr- müdeude Wieverholungen enthalten. Buch III, H. I. „Es fragte Jemand den Kung-tsc °°°): „Ist cS wohl denkbar, daß Einer seinen Wohnort mit einem anderen vertauschen und dabei sein Weib vergessen (zurücklassen) könne?" Kung-tsc entgegnete: „Es gjebt sogar noch Acrgcres: die Tyrannen Kic und Tscheu P) haben sich selbst vergessen." „Betrachten wir diesen Spruch mit dem Auge der höheren Er- kenntniß, so vergessen die Menschen unserer Tage (!) alle sich selbst. Vom frühen Morgen, wenn sie die Augen öffnen, bis zum späten Abend, wenn sie die Augen wieder schließen, sind alle ihre Bestrebungen Staub (materieller Art). Nie denken sie auch nur kurze Zeit an ihr wahres Selbst; also vergessen sie sich selber. Nach Tagen geredet, ist ihnen nichts wichtiger, als Befriedigung des Hungers und DurstcS; darum sorgen sie für Speise und Trank — »ach Jahren geredet, ist ihnen nichts wichtiger, als Schutzmittel gegen Frost und Hitze; darum sorgen sie für Pclzwerk lind Sommcr- klewung — nach dem ganzen Daseyn geredet, ist ihnen nichts wich tiger, als das irdische Leben — Keiner bemüht sich um das Land der Verklärung! Wenn ein Mensch hundert Pfund.Goldes zu tra gen hätte und nicht mehr vorwärts könnte, so würde er es abwerfen und ledig gehe». Zwänge er sich, das Gold weiter zu schleppen, so daß er unter dieser Last sterben müßte, so würde ihn die Welt einen großen Narren schelten; denn Jeder weiß, daß unser Leben mehr wcrlh ist, als hundert Pfund Goldes. Wer aber um dieses irdischen Lebens willen das Lanv der Verklärung (Tsing-tn) verscherzt, dem verdenkt cs Niemand, obschon seine Narrheit unendlich großer ist. Der Mensch glaubt, sich selber zu lieben und für sein Selbst zu sorgen, wenn er jeden Tag kleinliche Interessen verfolgt: ist dicS nicht eine falsch verstandene Selbstliebe? Er betrübt sich und ver zweifelt wegen Unfälle, die seiner höheren Natnr ganz und gar keinen Schaven thun, d. h. sein Erbarmen über sich gilt nur dem unwesentliche» Theile seines Selbst, nicht dein wesentlichen, der etwas ganz Anderes ist. Alles Unwesentliche muß vergehen; haS Wesent liche vergeht niemals." .... Ebendaselbst H. 2. „Unser irdischer Besitz ist sehr mannigfaltig. Einiges erhalten wir durch Erbschaft; Anderes erwerben wir selbst; noch Anderes schaffen unsere Kinder oder andere Menschen für uns herbei. Alle diese sichtbaren Dinge sind eitel und nichtig. Wie aber der Mensch ') S das dieSjäbriae Magazin, Ne. 8t —N. "i Befindet gell unter den I-Wri 8nUvi der König!. Bibliothek zu Berlin, Nr. 7S4. ") Kung-tsc iS ConfNiiuS. Der Verfasser, obschon ein Buddhist, wählt also hier einen Svruch dieses alten National-Weisen China s zum Tene »einer Predigt, um den Coniueianern deutlich zu zeigen, daß er vor dem Etttter ihrer pehre große Hochachtung hat. 7> Zwei Ungeheuer auf dem Throne von denen das Chinesische Alterlhum berichtet un» deren Namen fpruchwortlich geworden sind. in seinem Zorne fähig ist, ein elendes Stück Papier zu zerreißen, als hätte es großen Werth: so ist er in seiner Habsucht fähig, eine Nadel an sich zu nehmen, wie gering auch ihr Werth sey. Wenn die Kornböden schon voll sind, ist das Herz noch leer und unbe friedigt; wenn des Goldes und der edeln Stoffe schon viele sind, kommen die Pläne »och nicht zur Ruhe. So oft der Mensch die Augen erhebt oder die Füße regt, wird er von einem Gelüste an- gercizt; nnd doch verschwindet Alles, wenn er eines Tages das große Ziel erreicht hat! Nichts folgt hinter uns her, als die Früchte unserer Tbatcn.... Irgend ein alter Schriftsteller sagt: „Dieser Körper ist eine todte Sache; die Seele ist etwas Lebendes: mache nicht lebende Anschläge auf das Todte, sondern auf das Lebende!" Ich bewundere diesen Spruch. Wer nur irgend nach Außendingen geizt, um seinem Körper zu dienen, der macht auf etwas Todtcs lebendige Anschläge. Zwar können die Menschen die ser Welt nicht ganz umhin, solches zu thun; aber möchten sic doch in dcm Gewühl ihrer irdischen Sorgen dann und wann die Muße eines Augenblicks ergreifen, der Selbsterlcuchtung obliege» und ihr Herz dem Lande der Verklärung wcihcn! Dieses heißt, auf Lebendes lebendige Anschläge machen." Ebendaselbst H. 4. „Das irdische Leben gleicht einer Wasserblase — wie Viele stcrbcn in ihrer KinDhcit! wie Wenige bringen cS über die Siebzig hinaus! Der Mensch sieht hochbctagte Greise vor feinen Augen, denkt aber nicht daran, daß Unzählige schon gestorben sind, ohne alt zu werde». .Dabei entgeht Keiner von uns in diesem Leben dem Jammer; allein wir erwägen dies niemals und kommen also nie zur Erleuchtung. So lange unser Gelüste unbefriedigt bleibt, fühlen wir brennende 'Pein; und ist der Zweck wirklich erreicht, so dauert die Befriedigung nicht lange. Und welcher Mensch kann sich von Sünden frei erhalten ? Ein einziger pflichtwidriger Gedanke ist schon eine Uebertretung; aber nicht zufrieden mit kleinen Vergehen, er lauben wir unS die größten und gröbsten! Wir verzehren das Fleisch der Tbicre und kleivcn uns in ihre Haut — ja, cs giebt Sünden, die noch abscheulicher sind als dicsc! So verwickelt sich der Mensch von Kindheit an in den Wust seiner Unthaten; er bleibt ihnen ver fallen, und sei» verdüsterter Geist kann nicht schauen, welches künftig sein Schicksal scyn wcrdc. Hat er aber das leibliche Auge geschloffen, so folgt ihm seiner Gräuel Frucht: er wird der Bewohner eines ThierkörperS, oder ein hungernder Dämon, oder ein Höllen-Scheu sal! Gesetzt aber auch, er hätte Gutes gethan und käme wieder als Mensch oder selbst als guter Genius ins Daseyn: so empfängt er doch nur vergängliche Belohnung. Sobald der Lohn vollständig ist, kehrt er in die Scclenwanderung zurück; er kreist von neuem in den Wogen des OccanS der Qual, und seine endliche Befreiung ist nicht abzusehen! Benutze also jeden müßigen Augenblick und sinne über diesen wichtige» Gegenstand nach! Sprich täglich zu Dir selber: „Von Ewigkeit her irre ich in den Regionen des Geburten wechsels. Da ich die heilbringende Lehre nicht kennen lernte, so war es mir unmöglich, herauszukvmmcn. Nun ich sic kcnne, soll ich zaudern, ihr gemäß zu leben?" Ebendaselbst H. I. „Wenn ein Mensch in eine fremde Stadt reist, so sicht cr sich, che er seine Geschäfte besorgt, nach einem Orte um, wo er die Nacht zubringc» könne. Bricht dann die Nacht herein, so hat er eine Her berge zum Ruhe». Die Sorge sür einen Nast-Ort ist die Bewer bung um das Tsing-tu — die finstere Nacht, das Ziel alles Ir dischen — eine Herberge finde», heißt in das Tsing-tu entrückt wer den. Wenn Jemand im Frühling eine weite Reise unternimmt, so sorgt er für Regen-Kleidung; überfällt ihn dann plötzlich ei» Regen schauer, so hat er nicht das Ungemach, durchnäßt zu werden. Die Vorkehrung wider den Regen ist die Bewerbung um das Tsing-tu — der plötzliche Schauer ist das Aufhöre» dcs irdischen Dascyns — nicht durchnäßt werden, heißt, nicht in die Regionen deS Bösen ver sinken, wo man jede Art von Qnal erleidet. Die Sorge für einen Rast-Ort schadet nicht unseren Geschäften; die Vorkehrung wider den Regen schadet nicht unserer Reise: eben so ist auch die Bewerbung um Buddha's verklärtes Reich keinem irdischen Beruf« hinderlich. Wie kommt cS nun, daß die Menschen sich nicht darin» bemühe»? Ich erinnere mich eines ManneS, der nach einem sündhaften Leben schwer erkrankte. Von Mitleid ergriffen, besuchte ich ihn und er mahnte ihn, den allbarmherzigen Amita anzurufen; allein cr weigerte