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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.07.1918
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1918-07-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19180702012
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1918070201
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1918070201
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1918
-
Monat
1918-07
- Tag 1918-07-02
-
Monat
1918-07
-
Jahr
1918
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Morgen-Ausgabe Bezogspr««-: L M LU^L^ü^-W »1«rt«sisbrl!ch Di. 8.00; st» Abh»l«k monaNIch M. 1.78; d»rch »ns«r« «svärN-en Ftltal«» >»« -au« gudrucht monatlich M. 2^8, okrlai- >ehr»<d M.6^0; durch dt« Poft tnuurhaldDautschland« L«Iamt-41»1aad« »oua»UL W. 228, »I«rl«IISdrItch M. 6.78; Moraru-Aotgad« M. 2d«nd-?1u«-ad« M. 0L0, S»nnIua«.A»t,ad« M. 0A> mouatltch <av«schllu»ttch PoftdastellgodLdr). Hauptschrlftlelter: Dr. Erich Everth, Leipzig. Nr. 331 Han-els-ZeUung Aartsblalt des Rai« und des pvtuerrnntes -er Stadt Leipzig Dienstag, den 2. 3uli UL. Jahrgang Anzeigenpreis: 'L.?.L«L Auz«ta«n ». B<dLrd«n l« omtl. I.II di« Kolon«l»ile 80 Pf. ,. aut» « L^.; kl«in« Anz.I^u di. goluu.lz.il. Li Pf. a»«»6r« 38 PK <v.s«d»ft«.uzklgen mit Pl«tz»,rsch,tsl«n Im Pr.II« «'dddt. B^Iug.u: Srlamiauflaa« M. 7.— da« Taul.ud «u«Ichl. Postg.bllhr. chiur.lnumiutr 10 Pt. — San»- «ad iZcfllag« 18 Pf. S«,,pr^d.Lukchl»h Isftir, 1«« und 1«»« Postlch.ldkc»lo 7A». SchrtfN«N«i, «ad S«sch-steffrH«. Zohaauilgaft. Mr. d. Verlag: Dr. Reinhold L Lo., Leipzig. IM 8 Der Col del Roffo geräumt Oesterr.-nngar. Heeresbericht «tb. Wien, 1. Juli. Amtlich wird gemeldet: An der Piave - Front keine besonderen Ereignisse. Südöst lich von Asiago kam es erneut zu heftigen Kämpfen. Da der Col del Rosso nnd der Monte di Dal Bella sich nur unter großen Opfern hätten behaupten lassen, wurden die Be satzungen dieser Punkte in die frühere Hauptstellung am Walde von Stensle zurückgenommen Südlich von Lanova bei Asiago wiesen wir feindliche Er kundungen ab. Unsere Land- und Seefliger unternahmen im Mündungs gebiet der Piave erfolgreiche Flüge gegen militärische Anlagen des Feindes nnd kehrten vollzählig zurück. Der Chef des Generalstabes. Lue LMnnung an der Westfront cvtb. Berlin, 1. Juli. Die Ncrvosikät der Fochschen Heeresleitung hält an. An der ge samten Front von' Nieuport-Kanal bis Mülhausen suchte der Feind am 30. Juni und in der Rächt zum 1. Juli durch Vorstöße von Patrouillen und Erkundungsabteilungen Einblick in die deutschen Absichten zu be kommen. An der Amiens-Front versuchten Engländer und Franzosen bei Albert und Caflel durch grössere Vorstöße ihre Linien zu verbeffern. An allen Stellen wurde der Angreifer verlustreich im Handgranaten- und Maschinengcwehrfeuer abgewiesen oder im Gegenstoß völlig zurück geschlagen. Gesonnene blieben schließlich in deutscher Hand. Der deutsche HeereSberielst vom 1. Juli veröffentlicht die Gefange nen- und Beutezahlcn aus den Kämpfen im Westen seit dem 21. März 1918. .In der gewaltigen Fahl von 191 454 Gefangenen find, wie der Heeresbericht heroorhebt, insbesondere die unverwundcten Gefangenen inbegriffen. Zählt man die verwundeten Gefangenen hinzu, so steigt die Gefangencnzahl nm Tausende über das zweite Hunderttausend, denn bei der Zähigkeit und Erbitterung, mit der sich der Verteidiger vor allem M Beginn der deutschen Offensive wehrte, waren die bluti gen Verluste der Engländer und Franzosen gewaltig. Bei der ver blüffenden Schnelligkeit, mit der die deutschen Sturmtruppea überall vordrangen, siet ein großer Teil der verwundeten Gefangenen in deutsche Hand. Die gemeldete Beate von 2476 Geschützen und 15 024 Maschinengewehren umfaßt gleichfalls nicht die englisch-französischen Gesamtverluste. Geschütze und Maschinengewehre fielen ja an zahl reichen Stellen den deutschen Eroberern nicht nur völlig unversehrt in die Hände, sondern auch mit allem Zubehör, Richtmitteln, Protzen, De- spannungen und vor allem mit überreicher Munitionsausstattung. Hun derte von Geschützen und Tausend« von Maschinengewehren wurden so von der kämpfenden Truppe unmittelbar in Gebrauch genommen. In diesen Zahlen offenbart sich die ganze Gröhe des bisher erstriltenen Kampfzieles, das ja nicht der Erreichung einer geographischen Linie, sondern der Vernichtung der lebenden und toten Kriegsmittel der Entente gilt. Was an englischen und französischen Kernlruppen in den bisherigen Angriffsschlachten außer Gefecht gesetzt ist, läßt sich durch noch so große amerikanische Massen niemals ersehen. O Köln, 1. Juli. (Gig. Drahkberkcht.) Die «Köln. Ztg.'meldet aus Zürich. Der «Seeolo' erwartet eine deutsch« Offensive im Westen, die unmittelbar bevorstehe. Die Denische» ver schleierte«, mn eine Ileberraschoug ins Werk zu sehen, ihre Truppen bewegungen, die Anzeichen douteten jedoch auf einen Hcwptangriff an der britischen Rordfronk. Aber auch mit einem neuen Stoß gegen Amiens, wegen besten strategischer Bedeutung mäste gerechnet werden. * * * xvld. Berlin, 1. Just, abends. (Amtlich.) Oertttche Teilkämpfe südlich des O a rc q. Das Seegefecht an der ftandrrschen Küste London, 29. Juni. (Reuter.) Die britische Admiralität teilt nnt: Am Abend des 27. Joni sichteten vier englische Zerstörer, während sie an ber belgische» Küste patrouillierte», 8 feindlich« Torpedobootzerstörer. Unsere Zerstörer fuhren mit östlichem Kurs und voller Geschwindigkeit und verwickelten den Feind auf großen Abstand in ei» Gefecht. Rach eiuviertelstündigem Kampfe stießen drei weitere Torpedobootzerstörer zum Feinde, worauf sich unser Ge schwader auf die Haoptfroat zurückzog. Der Feind folgt« nicht und das Gefecht wurde abgebrochen. Keins unserer Schiffe ist be schädigt. Hindenburg regelt die Besiedelung Kurlands vtd. Kowno, 27. Imst. Generalfeldmarschaf v. Hindenburg als Chef des Geueral- jtades erließ unter dem 17. Juni ein« Verfügung über die Bo den frage in den Gebieten der östlichen Militärverwaltungen, die in großzügiger Weise die Besiedelung Kurlands anbahnt. Sie hebt hervor, daß, wenn die von Rußland jahrhundertelang ver nachlässigten Randstaaten in die schützenden Kreise des deutschen Wirt schaftslebens treten, das ganze Volk und die Allgemeinheit Nutzen da von haben soll. «Der Volkswohlstand besteht nicht in einer kleinen Zahl von Großkapitalisten, sondern einer möglichst große i Zahl leistungsfähiger, selbständiger, heimfefier und heiwfroher Staatsbürger, die dem Staate das liefern, was er in allererster Linie braucht: Menschen, gesund an Leib und Seele. Solch ein Geschlecht läßt sich nur begründen, wenn die Spekulation ferngehalten wird.' Durch ziel bewußte Handhabung der vom Generalquarliermeister und vom Ober befehlshaber Ost erlassenen Verordnungen sind die gemeinschädlichen Gefahren der Bodenpreissteigerung«n zu banne« und einer gesunden Besiedelung des Landes die Wege frei zu halten. Die vom gleichen Tage datiert« Verordnung des Generalquarlier- meisterS über diese Landabgabe und die Siedelang in Kurland ver pflichtet jede» Ritlergatsbesiher, besten Gesamtgnmdbesih die Größe von 1000 Lofstellen (gleich 360 Hektar) erreicht, an die Landgesellschast „Kurland' als Trägerin des Anfiedlungsunlernehmens^ ein Drittel seines Gesamlareals, und zwar für die Zwecke der Besiedelung ge eignetes Land im Weg« deS Kaufvertrages zu überlasten. Der Er- werbspreis für die Landgesellschaft Kurland hat dem Friedenspreis des Jahres 1914 zu entsprechen. Die Verpflichtung ist zunächst in dem Umfange zu erfüllen, daß jedes beteiligte Gut 25 Prozent seiner Fläche an die Landgesellschaft Kurland' verkauft. Di« restlichen 8^ Prozent sollen nach Möglich keit freihändig MM Friedenspreis d«S Jahres 1914 durch di« Land gesellschaft «Kurland' erworben werden. Die Verordnung gilt ooch für di« im Herzogtum Kurland gelegene« Fideikommisse. Das Kabinett Seidler und feine Gegner Um da- neue Budqesprovisorium Wie», 1. Juli. (E i g. D r a h t b e r i ch t.) Mit dem heutigen Tage tritt Oesterreich-Ungarn in den gesetzlosen Zustand, da daS dreimonatige Budgetprovisorinm heute abläuft. Wie lange dieser Zustand währen wird, läßt sich nicht absehen, da das Abgeordnetenhaus sich nicht allzusehr beeilen wird, Dr. von Seidler das gewünscht« Vertrauens votum, das in der Bewilligung des Budgetprovisoriums liegt, aus zusprechen. Die Regierungsvorlage über das Budgetprovisorium und die Kriegskredite ist dem Präsidium bereits zugegangen. Nach der Geschäfts ordnung muß daS Budgetprovisorium in der Weise auf die Tagesordnung gebracht werden, daß mindestens 100 Abgeordnete dafür stimmen. Mitt woch versammeln sich die parlamentarischen Kommissionen des Polen - Klubs, am Donnerstag die Vollversammlung der -eutsch-nallo- na len Abgeordneten. Bei den Polen ist man mit der Entwicklung, wie st« durch das Kaiserliche Handschreiben angcbahnt ist, nicht zufrieden. Wohl sei nach der Forderung der Pol«n das Abgeordnetenhaus einberufcn worden, aber ein Kabinett, das im Parlament keine Mehrheit hat, ist im Amt gcdli iben. i Die nächste Vollversammlung der Polen wird in Krakau stattfinden, aber ne werden diesmal radikalere Beschlüsse fasten als in der setzten Vollversammlung in Wien. Bei d«n Polen sind Bestrebungen im Gange, einen einheitlichen parlamentarischen Verband wiedcrhirzust.Aen, d. h. die Allpolen und die Sozialisten wieder in dem Klub unterzubringen. Den politischen Kreisen ist heut« auch der angeblich« Wortlaut des zwischen Oesterreich-Ungarn und der Ukraine abgeschlossenen Gehe Im - l«rtrag«S über die Teilung Galiziens mitgcteilt worden. Danach hat sich die Ukraine verpflichtet, den Polen di« solle National autonomie zozugestehen. während die österreichisch-ungarische Regierung, um das gleich« für -i« ukrainisch« Bevölkerung zu sichern, bis spätestens 31. Juli einen Gesetzentwurf im Abgeordnetenhaus« einbringen wolle, der die Zusammenlegung Ostgalizienä und der Bukowina tu ein neues Kron- land vorsieht. Die österreichisch« Regierung verpflichtet sich, mit asten Mitteln auf di« parlamentarische Gesetzwerdung dieser Vorlage kin- zwarbeiten. 3n polnischen Kreisen ist «ine Agitation tm Gange, die darauf abzielt, einen Anschluß an dteTscheche» undSüdslaweln zu ge winnen. Es wird behauptet, daß die Polen in diesen Kreisen ein« objektivere und gerechtere Würdigung ihrer Wünsche fänden, die zunächst auf die Entfernung Dr. von Seidlers hinauslaufen. Die deutschen Parteien haben durch ihre schroffe Haltung zum mindesten «s erschwert, di« Beziehungen zu den Deutsche« fortzus«tzen. Am Montag nächster Woche findet «ine Obmännerkonferenz statt, die vom Präsidenten Dr. Groß «inberufen wird, um das Arbeitsprogramm des Hauses festzustellen. Es heißt, daß in dieser Konferenz die Verlängerung der Mandatsdauer besprochen werden soll. Budapest, 1. Juli. (Eig. D ra h tb e rt ch t.) Am Sonntag vormittag hak eine gemeinsame Besprechung von österreichischen und ungari schon Ministern unter dem Vorsitz Dr. von Serdiers statt gefunden. Günstige Ernteausfichten in Oesterreich Wien, 1. 3uti. (Telegramm unseres N. G.-Sonder, berichter statterü.) Aus Fachkreisen wird mir folgende Schätzung der Ernte in Oesterreich mitgeteilt: Weizen, Roggen und Gerste 45 Millionen Doppelzentner, Hafer 16 Millionen Doppelzentner, tu Ungarn, Weizen, Roggen und Gerste 60 Millio nen Doppelzentner, Hafer 16 Millionen Doppelzentner, Maisfrüchte in beiden Staaten zusammen 15 Millionen Doppelzentner. Sehr reichlich ist die Futterernte ausgefallen. Hackfrüchte, Hülsenfrüchte und Gemüse lassen ein gutes Resultat erwarten. Das sei aus der Tatsache zu er klären, daß dos anfangs ungünstige Frühjahrswetter in der letzten Zett durch reichliche Niederschläge abgelöst wurde, was vor allein die unga rische Ernte gesichert habe. In Oesterreich hänge das oben mitgeteilte Schätzungsresultat davon ab, ob die günstigen Witterungs verhältnisse »och weiter anhalten werden. Sollten die genannten Mengen Zusammenkommen, so wäre di« vorjährige Ernte um ein bedeutendes übertroffen und die Ernährungsschwierigkoiten für das kommende Jahr beseitigt. Der Frühdrusch, der, wie man mir sagt, baldigst einsetze r kann, wird dazu beitragen, die letzte» Krisen, vor allem in Wien, za beseitigen, so daß die Bevölkerung d«r Monarchie ruhigen Zeiten entgegensehen kann. Aufruf der frauzöfischeu Sewerkfchafte« Für Bekanntgabe der Kriegsziel«. Genf, 1. Juli. (Eigener Drahtbericht.) Angesichts der Schwierigkeiten, welche die Regierung der Abhaltvng des Gewcrkschaftstages bereitet, veröffentlicht der allgemeine Ge- werkschaftsauSschoß, wie schon kurz gemeldet wurde, einen Aufruf an dos Parlament, der mit folgent«n Forderungen schließt: Der Gewerk- schaftsausschuß verlangt unter den gegenwärtig besonders schweren Ver hältnissen ebne genaue Bekanntgabe der Kriegsziele, der allgemeinen Friedensdedingungen von feiten der französischen Regierung und die Ucberwachung der Ereignisse durch die Volks vertretung, dainit kein« Möglichkeit eines gerechten »nd dauernden Friedens übersehen werde, ein endgültiger Ver. zicht auf die Ilnterdrückungspolitik gegenüber den Arbeitern und die Wiederherstellung der freien Diskussion, die jeder Partei und jeder Klasse die Verantwortung zrnoeist, di« ihr gehört. Der Aufruf schließt mit der Versicherung, daß er die Wiederherstellung der Diskossionsfvei- heit, das Vertrauen der Arbeiter wiederherstellen könne und daß dieses gegenseitige Vertrauen notwendig sei, damit das Land der schlimmsten Katastrophe widerstehe und dem Frieden näher käme. In der Donnerstagsihung der Kammer erklärte der Abgeordnete Mistral, daß die Sozialisten dk Kriegskredite ohne Dis kussion an nehm en, am das Zustandekommen des Budgets nicht zu verzögern. Sie behalten sich jedoch vor, demnächst eine Interpel- lativnsdebntte über ihre Stellung gegenüber den G'Werkschaffen herbeizusühren. Amerika ist Trumpf Im Kriegsspiel der Entente haben sich im Laufe des letzten Kamofjahres erhebliche Veränderungen geltend gemacht, die in der Presse der Alliierten, in den Reden iher politischen Führer, aber mehr noch im Handel mit den neutralen Ländern zum Ausdruck kommen. Vor einem Jahre war noch England der Dirigent im Entente-Kriegsorchester, und auch die Neutralen mutzten von seinem Rhythmus Kenntnis nehmen. Seither haben sich die Ver hältnisse verschoben. Die Entente hat ihre Ohnmacht, den Sieg aus ihrem bisherigen Kraftreservoir zu schöpfen, einsehen müssen. «Die Vereinigten Staaten sind die einzige Groß macht (außer Japan), die unter dem Krieg nicht gelitten, die in jeder Beziehung stark und unverwundet blieben, deren Einsatz also wohl geeignet sein mutz, dem Kampf der geschwächten, in jeder Beziehung zur Ader gelassenen Gegner die Entscheidung zu bringen.' Diese Schlußfolgerung wird heute ständig von der Entente wiederholt. In letzter Zeit, da bereits Paris militärisch bedroht erscheint, hat man namentlich in Frankreich ganz offen und so gut wie vollkommen seine Sache auf die Vereinigten Staaten, das heißt, auf deren in jeder Hinsicht großzügiges Ein greifen gestellt. Auf der anderen Seite wird bei uns erklärt, daß eine amerika nische Kriegsentscheidung ein Ding der Unmöglickeit sei. Am ein leuchtendsten ist dabei das Argument, daß der Ueberseetransport amerikanischer Truppen samt den dazu gehörigen Etappen und dem unerläßlichen Kriegsmaterial wegen des Frachtraumes kaum über ein Matz gesteigert werden kann, das genügt, das amerikanische Kontingent in Europa auf seiner jetzigen Höhe zu erhalten. Und wenn diese Höhe mit Anspannung aller Kräfte noch etwas ge steigert werden könne, sei eine entscheidende Mendimg dadurch nicht herbeizuführen. Hier steht Ansicht gegen Ansicht. Line Kritik beider Meinungen wurde schon oft unternommen. Interessanter und vor allem wichtiger ist aber eine dritte Frage: die nach der Stellung nahme der Vereinigten Staaten selbst. Ist man im Reich« Wilsons wirklich gewillt, im Notfälle alles Gut und Blut einzusetzen, um uns zu schlagen? Diese Frage kann ohne Anmaßung verneint werden. Sein Letztes, Aeutzerstes legt ein Volk nur dann in die Wagschale, wenn ihm ohne diesen Einsatz Vernichtung oder zu mindest schwere Schädigung droht. Dies trifft für die Ver einigten Staaten nicht zu! Und darum werden sie kaum Legion auf Legion auf den Schlachtfeldern opfern. Sie werden im Gegen teil bestrebt sein, ihre Opfer eine bestimmte Grenze nicht über schreiten zu lassen. Eine derartige Hilfe kann aber nicht gerade als «Trumpf" im Kriegsspiel gelten. Es soll hier nicht der Versuch gemacht werden, von hoher Warte herab zu entscheiden, welches die Kriegsziele der Ver einigten Staaten sind. Nur das mag fefigestelit werden, daß es sich bei den Amerikanern in Wirklichkeit schwerlich um das Durch setzen ihrer demokratischen Ideale handeln kann. Ein Volk kämpft wohl, um seine Ideale im eigenen Lande zu verteidigen; aber es bringt nicht lange Blukopfer, um ein anderes Land zu ver edeln. Ein Bild von den wirklichen amerikanischen Zielen und Wünschen gewinnt man am besten durch den Besuch eines neu tralen europäischen Landes, zum Beispiel Dänemarks. Vor einem Jahre konnte man noch allenthalben in Dänemark dos englische Prestige bemerken. Im Geschäftsleben herrschte Eng land vor; in den Musiklokalen spielte man englische Märsche, in den Varietes sang man englische Lieder, in den Lichtspieltheatern rollte man englische Films ab. Heute ist das Bild ganz verändert, an Stelle des englischen Sterns, der verblaßt ist, leuchtet das amerikanische Meteor. Die Sorgen Englands Haden sich dakeim so gehäuft, daß man nicht mehr in der Lage ist, Nentralien mit englischen Genüssen zu beglücken. Da es im Inselreich selbst an Waren fehlt, gibt es noch weniger englische Waren in neutralen Ländern. Hingegen trifft man auf Schritt und Tritt esmn, .Amerikanisches". Betrittst du ein großes Modehaus und »?>- langst du einen englischen Anzug, so lautet die Antwort: .Be dauere, englische Lieferungen gibt cs schon lange nicht mehr. Aber wünschen Sie amerikanische Stoffe, amerikanische Stiefel, aiuercka- nische Krawatten?' Das ist typisch. Es gibt amerikanische Zigarren, amerikanische Schokolade, amerikanisches Obst — eine Ware, die keinen allzu langen Transport verträgt, also in guten, . schnellfahrenden Schissen verfrachtet werden mutz. In den großen Bureaus klappern die Schreibmaschinen nicht mehr, sie arbeiten geräuschlos: das neueste Schreibmaschinenmodell aus Amerika. Wenn Amerika trotz des U-Bootkrieges alle dies«, sehr wohl entbehrlichen Waren nach dem europäischen Neutralien befördert, so beweist es damit, daß ihm nicht so sehr der rasche Sieg seiner Verbündeten, als die Ausbreitung seines Handels am Herzen liegt. Neutralien wird daran gewöhnt, die Waren, die bisher englisch oder französisch waren, als amerikanisch zu kaufen und zu schätz"». Langfristige Verträge sollen dafür sorgen, datz dies auch im Frieden so bleibt, wobei die unvermeidliche produktive Schwäche der Alliierten in -er ersten Friedcnszeit den Vereinigten Staaten zustatten kommen wird. Ist diese aus den Tatsachen gezogene Schlußfolgerung richtig, so wünscht Amerika die Fortdauer des Krieges bis zu dem Zeitpunkte, in dem es seine Europa-Woren- absatz-Ziele erreicht haben wird. Zu diesem Zweck mutz die militärische Hilfeleistung, die übrigens zur militärischen Reorganisation gegen eine künftige japanische Gefahr geführt hat, fortgesetzt werden. Die Alliierten aber haben ihre Sache so sehr aus die Vereinigten Staaten ge stellt, datz sie trotz aller zunehmenden Abhänaigkeit und Kon kurrenz dabei bleiben müssen. Auch in Neutralien sagt man: «Amerika ist Trumpf '. Aker in einem wesentlich anderen Sinne als bei den Alliierten
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