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Anzeiger. » Amtsblatt des König!. Bezirksgerichts und des Raths der Stadt Leipzig. M 127. Dienstag dm 7. Mai. 1861. Bekanntmachung. Da zu unserer Kenntniß gelangt ist, daß sich in dem von L. Neumann herauSgegcbenen, bei H. Neu bürg er in Dessau gedruckten „Israelitischen Kalender" der Anfang der diesjährigen hiesigen MichaeliSmeffe (Böttcherwoche) irrthümlich auf den 23. September d. I. angegeben findet, so machen wir hierdurch besonders daraus aufmerksam, daß die hiesige MichaeliSmeffe am SO. September d. I. beginnt und am LS. Detober -. I. endiat. Leipzig den 3. Mai 1861. Der Rath -er Stadt Leipzig. Berger. Cerutti. Bekanntmachung. Das betheiligte HandelSpublicum wird hiermit darauf aufmerksam gemacht, daß eine Restitution der in gegenwärtiger Oftermesse für im freien Verkehre «»gegangene Propre- und Transiw-SpeditionS-Güter erlegten Meßunkosten nur dann gewährt werden kann, wenn die hierüber einzureichenden Verzeichnisse nebst Unterlagen längstens Sonnabends den L8. Mai laufenden JahreS bis Abends 0 Uhr allhier zur Ablage gelangen. Leipzig, den 27. April 1861. Königliches Haupt - Zoll - Amt. Lamm. Ver revidirte Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das -Königreich Sachsen. Seit sehr langer Zeit ging die sächsische Staatsregicrung mit dem Plane einer Codification des Privatrechts um, ein Plan, der vor beinahe 60 Jahren gefaßt, durch die Kriegsereignisse gestört und nach dem Frieden nicht sofort wieder ausgenommen wurde. Erst im Jahre 1846 wurde auf den Vortrag des Staatsminifters von Könneritz unter dessen Präsidium eine Commission zum Zwecke der Entwerfung eines Civilgesetzbuchs niedergesetzt, die Bearbeitung des Entwurfs aber einem Mitgliede derselben, dem Geh. Rat he Or. Held, übertragen. Ec unterzog sich dieser Arbeit und der von ihm ausgeganqene Entwurf wurde nach der reiflichsten Berathung in der Commission, nebst den dazu gegebenen speciellen Motiven im Jahre 1852 durch den Druck bekannt gemacht. Man erinnert sich der eingebenden scharfen Kritik dieses Ent wurfs, welcher sich zu der Zeit, wo derselbe der zu diesem Zweck, von den Standen gewählten Deputation zur Beurtheilung über wiesen werden sollte, einer der hochgeachtetsten Universitätslehrer unserer Stadt, Geh. Rath vr. v. Wächter, unterzogen hatte.*) Ging derselbe auch davon aus, wie wünschenswert!) eine gemein same deutsche Gesetzgebung ser, und verkannte er nicht, daß die baldige Ausführung einer solchen wohl zu den frommen Wünschen gezählt werden dürste, so wies er doch auf die Möglichkeit hin, daß, gehe ein einzelner deutscher Staat mit einem tüchtigen, allen billigen Anforderungen möglichst entsprechenden Werke voran, andere Staaten zum Anschlüsse an ein solches Werk sich würden bereitwillig finden lassen. Allein die an diese allgemeine Betrach tung sich anknüpfende umfangreiche specielle Kritik ließ deutlich erkennen, daß der Beurtheiler diesen Entwurf nicht für einen solchen hielt, welchen das gesammte Deutschland mit Freuden einer gemein schaftlichen bürgerlichen Gesetzgebung zu Grunde legen werde. Andere ungünstige Beurtheilungen folgten nach und die Staats regierung hatte die Ueberzeugung gewonnen, daß dieser Entwurf zur Publikation nicht reif sei; sie beschloß daher sowohl deshalb als wegen deS Erbieten- der Thüringischen Staaten, so wie Anhalt- Deffau's, an der Revision deS Entwurfs durch Deputiere aus ihrer Mitte theilzunehmen und das Gesetzbuch, wie eS aus der gemeinschaftlichen Berathung hervorgehen werde, so weit thunlich, in ihren Ländern ebenfalls einzuführen, denselben zurückzunehmen und unter Zuziehung der Deputieren dieser Länder einer nochmaligen Revision zu unterwerfen. Im Jahr 1856 wurde zu diesem Behufe *) Sie befindet fich in der Zeitschrift für Rechtspflege und Verwaltung vb. 12., S. 1 — 273. eine außerordentliche Commission unter dem Vorsitze des Präsidenten des Ober-App. - Gerichts vr. v. Langen« niederqesetzt, in welcher der Geh.-Rath v. Held und nach dessen im Frühjahr 1857 er folgtem Ableben ver Geh. Justizrath v. Siebenhaar die Function eines Referenten übernahm. Die aus den geachtelften, theoretisch und praktisch gebildeten Juristen gedachter Länder zusammengesetzte Commission hielt zu diesem Behuf in voller Versammlung 246 und in der RedactionSdeputation 83 in der Regel vierstündige Sitzungen, nach vier Jahren war die Arbeit vollendet, und neuer dings publicirte die Staatsregierung den von ihr genehmigten Entwurf nebst den Motiven durch den Druck und legte ihn der in Dresden tagenden Ständeversammlung zur Annahme vor. So begründete Hoffnungen man auch fassen durfte, es werde dieses zweite von den größten juristischen Capacitäten Sachsens und der Nachbarländer bearbeitete und berathene kostbare Werk überall mit Freuden begrüßt werden und wohl gar einer gemein samen deutschen Gesetzgebung zu Grunde gelegt werden können, so haben sich doch wiederum Stimmen competenter Kritiker erhoben, welche sogar die Annahme des Entwurfs in der sächsischen Srände- versammlung zweifelhaft erscheinen ließen. Die absprechendfte Beur theilung ist von einem der scharfsinnigsten und geachtetsten Juristen Oesterreichs, dem Professor der Rechte v. Joseph Unger in Wien ausgegangen, welcher in einer jüngst bei Breilkopf u. Härtel er schienenen Broschüre (der revid. Entwurf eines bürgerl. Gesetzbuchs für das Königreich Sachsen; kritisch besprochen von rc.) sein ab fälliges Votum ausführlich (125 Seiten) motivirt und sein Gesamnu- urtheil, wie eS sich in ihm nach zweimaliger Lesung deS reoidirten Entwurfs festgestellt, entschieden zu Ungunsten desselben abgegeben hat. Ist auch die specielle Beurtheilung de- Entwurfes nur den Juristen von Fach verständlich, so dürfte doch das sich anschließende Gesammturtheil des Kritiker- für Jedermann aus dem gebildeten Publicum, dem die öffentlichen Angelegenheiten und namentlich die legislatorischen Bestrebungen der Staatsregierung nicht fremd geblieben sind, von Interesse sein. Unger giebt zwar zu, daß der revidirte Entwurf ungleich besser als der ursprüngliche bearbeitet, insbesondere die Einwürfe und Bedenken, welche Wächter gegen den letzter» ausgesprochen, im Ganzen gewissenhaft berücksichtigt und die Winke, welche der auf dem Gebiete des Civil- wie de- CriminalrechtS, der Theorie wie der Praxi- gleich erfahrene und erprobte Meister gegeben, im Allge meinen redlich benutzt worden sind. Allein ihm entspricht der Ent wurf in seiner gegenwärtigm Gestalt nicht den Anforderungen, welche die heutige Wissenschaft an ein Gesetzbuch zu machen be. rechtigt sei. Er «eist nach, daß der Entwurf viel zu sehr den Charakter eine- Lehrbuch- an sich trage, aber auch als solche-