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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, IM Nr. 63 — 92. Jahrgang Postscheck: Dresden 2640 Mittwoch, den 15. März 1933 Telegr.-Adr.: „Amtsblatt- Wilsdruff-Dresden «"«"«--« str W!,sd.uss u. Umg-g-nd ^N'KL'tz'« «ewal »Kriegod.sonstiger — 2 2-2 Betriebsstörungen besteht «ein Anspruch auf Lieferung -er Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. Rücksendung eingesandter Schriftstücke «rsolgt nur, wenn Rückporto beiliegt. ' ' d-ranne. Jeder Rabattanspruch erlischt, wenn Ler B-wa- Uck -mgezogen werden must oder der Austroggedcr in Konkurs gerät. s für Bürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter ' 7nn°'hm°7i?°^W' Fernsprecher: Amt Wilsdruff Nr. 6 durch Fernrul üdermittelten Anzeigen übern wir keine Goront.e. Jeder R-b-ttonspruch der Danzigs Si Hochspannung in Gens. Im Englischen Unterhaus hat der Minister Baldwin mitgeteilt, die Regierung habe das Waffenausfuhr verbot wieder aufgehoben, da die anderen Länder sich an diesem Verbot gar nicht erst beteiligt hätten. Man kargte nicht mit — Beifall für diese Mitteilung, obwohl doch das ganze Verbot nicht eine einzige Kiste mit Gra naten oder Gewehren daran gehindert hat, dem Besteller zugeführt zu werden. Aber die Mitteilung Minister Bald wins hatte noch ein kleines rednerisches Nachspiel: der Führer der Opposition leistete sich nämlich die heute fast nur noch naiv anmutende Frage, ob denn nun, angesichts der Aufhebung des Äaffenausfuhrverbots, „der Völkerbundvölligüberflüssigwerde". Und milde lächelnd erwiderte Baldwin dem Neugierigen, dar über würde man wohl erst diskutieren können, wenn der Ministerpräsident Macdonald aus Genf zurückgekehrt sei. Diese Szene ist zum mindesten reizvoll, und wer den gut eingespielten parlamentarischen Betrieb Englands einigermaßen kennt, wird unschwer auf die Vermutung kommen, daß die „Kleine Anfrage" des Oppositions führers sozusagen auf Bestellung erfolgt ist, — auf Be stellung der englischen Regierung selbst nämlich! Denn auf diese Weise läßt sich so wundervoll vor aller Welt Herauskriegen, daß „die anderen" daran schuld seien, wenn aus dem Waffenausfuhrverbot und den entsprechenden Bestimmungen des Völkerbundstatuts so gar nichts ge worden ist. Denn so viel, zwar nicht Angst, wohl aber Scheu vor dem Urteil der Völker und der Geschichte hat man nämlich doch noch, daß man auch an der „Schuld- frage* beim etwaigen Scheitern der Ab rüstungskonferenz nicht vorübergeht, sondern dies irgendwie „arrangieren" will, wobei natürlich „den anderen" die Schuld zufällt oder zugeschoben wird. Das ist zur Zeit die Hauptsache für den französischen Vertreter Lei dieser Konferenz, Herrn Paul-Boncour, da die poli tisch-elektrische Hochspannung in Genf einen un erträglichen Grad erreicht hat und zur Entladung derart drängt wie wohl nie zuvor. Deutschlands und Italiens Vertreter stehen abwartend beiseite, wenn die Engländer mit Herrn Paul-Boncour selbst für Genfer Verhältnisse überlange Besprechungen miteinander abhalten. Gegen Frankreichs Politik, die sich gegen Deutschland und seine neue Regierung einstM, ist mit vernünftigen Vorschlägen einfach nichts mehr auszu richten, und zudem ist es — wie immer im Laufe der Nachkriegsgeschichte — wieder einmal sehr zweifelhaft, ob sich nicht England zum soundsovielten Male dem stärkeren politischen Willen Frankreichs fügt. Ob daran ein neuer amerikanischer Vertreter, der übrigens früher bereits auf der Abrüstungskonferenz als Vermittler gearbeitet host Herr Norman Davis, und jetzt wieder nach Genf geschickt wird, dann noch im allerletzten Augenblick wird etwas ändern können, hält man an den spannungsgeladenen, höchst unfriedlichen Gestaden des Genfer Sees gleichfalls für nicht mehr wahrscheinlich. Denn die schwere wirt schaftliche Erschütterung Amerikas hat das Schwergewicht seiner weltpolitischen Ansicht im ratlosen „Rate der Völker" nicht gerade gesteigert. Macdonald ist also um die Rolle wirklich nicht zu beneiden, zu der er sich durch seine Reise nach Genf aber geradezu gedrängt hat. Er ist bald der einzige englische Staatsmann, der noch nicht die politische Abwendung seines Landes von den kontinental europäischen Verhältnissen und Entwicklungen anstrebt. Heute wird in London ganz offen gesagt, daß für England schon die Garantieverpflichtung des Vertrags von Locarno „zuviel" sei. Und vom rein englischen Standpunkt aus gesehen kann man diese Ansicht im Hinblick auf die Ver schärfung der Dinge auf dem Kontinent im allgemeinen und des deutsch-französischen Verhältnisses im besonderen auch unschwer verstehen. Noch Wirbeln die Gerüchte — wahre und er fundene — in Genf durcheinander und erhöhen die Spannungen. Von Paris aus wird durch die fran zösische Presse alles getan, um die Dinge einem Bruch ruzutreiben in der Form, daß zum mindesten zene Volker zu einer Front gegen Deutschland zusammen gebracht werden, die an der Erhaltung der Diktate von 10l9 festhalten wollen, also auch an unserer bisherigen Wehrlosigkeit, für die die Entwaffnungsbestimmungen von Versailles nach wie vor maßgebend sein und bis zum letzten Buchstaben maßgebend bleiben sollen. Gewisse Be strebungen Frankreichs gehen schon dahin, diese Bei behaltung auch tatsächlich kontrollieren und für die Teil nahme an dieser Kontrolle, vor allem England, möglichst aber auch Amerika gewinnen zu wollen. Dann wird man sich nicht bloß im englischen Unter baus darüber unterhalten, ob nicht der Völkerbund eine überflüssige Einrichtung ist! Oder vielmehr, — man wird sich nicht darüber unterhalten, weil dies dann überhaupt keine Lraae mehr ist. eg in Genf. Der polnische Rechtsbruch in Genf fesigestM. Polen zieht die Polizeimannschaften von der Westerplatte zurück. Die polnische Regierung hat sich gezwungen gesehen, die unverzügliche Zurückziehung derpolnischen Polizei auf der Westerplatte anzuordnen. Die polnische Negierung ist zu diesem Schritt durch die eindeutige Hal tung der Großmächte in Genf gezwungen worden. Der Standpunkt der polnischen Regierung war von allen Seiten von vornherein als völlig unhaltbar und als ein eindeutigen Bruch der vertraglichen Be stimmungen angesehen worden. Die englische Regierung hat als Berichterstatter im Völkerbundrat für die Danziger Fragen gleich zu Be ginn der Verhandlungen der polnischen Regierung keinen Zweifel darüber gelassen, daß der Völkerbundrat unter keinen Umständen das Vorgehen Polens billigen werde. Die Vertreter Italiens und Frankreichs haben sich dieser Auffassung angeschlossen. Die polnische Re gierung hat damit innerhalb der letzten Monate drei schwere Niederlagenvor demVölkerbund- rat erlitten. Neue deutschfeindliche Ausschreitungen in Polen. Die deutschfeindliche Hetze im Korridorgebiet, die durch die polnischen Propagandaorganisationen wie dem Westmarkenverein systematisch betrieben wird, wirkt sich in immer neuen Ausschreitungen gegen den Besitz der deutschen Minderheit aus. Selbst vor Kirchenfrevel scheut man nicht zurück. So wurde die evangelische Kirche in Schleusenau durch bisher unbekannte Täter erbrochen, der Taufstein umgestürzt, die Altardecken zerrissen und das Amtskleid des Geistlichen am Kronleuchter aufgehängt. Sie SA. im entmilitarisierten Rheinland. Nervosität in Frankreich. — Ruhige Beurteilung in England. Die festlichen Aufmärsche nationaler Verbände in der entmilitarisierten Zone anläßlich der natio nalen Feiern der letzten Tage haben in Frankreich die übliche Nervosität ausgelöst. Man sieht in den un bewaffneten, mit Blumen geschmückten Scharen „Mili tär" oder „Polize i" und bemüht sich, eine Verletzung des Versailler Diktates zu konstruieren. Dazu ist zu be merken, daß sich bereits nach der Räumung der einzelnen Zonen im früher besetzten Gebiet SA.-Formationen ge bildet hatten, die man jetzt nicht plötzlich mit militärischen oder polizeilichen vergleichen kann, weil sie nach dem Siege der nationalsozialistischen Bewegung stärker in den Vordergrund treten. Während die französische Presse Alarm schlägt und den Völkerbundrat in Bewegung setzen möchte, be trachtet man in London anscheinend dieses Ereignis als eine innerpolitische deutsche Angelegenheit, die keine ernste Bedrohung Frankreichs darstellt. Von deutscher amtlicher Seite ist es bereits scharf zurückgewiesen worden, daß eine Verletzung irgendwelcher Verträge oder Verein barungen vorläge. Im übigen ist im Auswärtigen Amt von irgendeiner Absicht Englands oder Frankreichs, diphonratisch vorstellig zu werden, nichts bekannt. * Sie Pariser.BeWerden" al; Me- griindct MWewieses. Der französische Botschafter Francois- Poncet hat Dienstag den Reichsminister des Auswärtigen, Freiherrn von Neurath, ausgesucht, um im Auftrage der französischen Regierung wegen der Vorgänge in Kehl und der Verwendung von Hilsspolizeiinderent- militarisierte Zone unter Hinweis aus Artikel 43 des Versailler Vertrages Beschwerde zu führen. Der Ncichsaußcnminister hat diese Beschwerde als un begründet zurückgewiesen. Weder die Vorgänge in Kehl noch die Verwendung von Hilfspolizet falle unter die Bestimmungen des Ver sailler Vertrages über die entmillitarisierte Zone. Die im übrigen nur während 36 Stunden in der Polizeikaserne in Kehl untergebracht gewesene SA.-Mannschaft, von der höchstens jeder zehnte Mann mit einem. Laadaeweür Zu dem polnischen Antrag wegen der Regelung der Danziger Hafenpolizei nahm der Völkerbundrat einen Vorschlag Simons an, nach dem diese Frage auf dem normalen Verfahrenswege entschieden werden solle. Senatspräsident Ziehm erklärte dann, daß er diesen Vorschlag annehme, daß jedoch an der gegen wärtigen Regelung der Danziger Polizeiorganisation bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage^ keinerlei Änderung vorgenommen werden würde. * IrMM M Aalien I« der Rollen- srW enimeMmcii. Genf, 14. März. MacDonold empfing am Dienstag nur den Kabinettschef Mussolinis, Aloisi. Aloisi beiuchte an schließend Paul-Boncour. Dazu wird von französischer Seite mitgeteilt, daß die italienische Regierung an ihrem ursprüng lichen Vertagungsvorschlag auf sechs Wochen scsthalte und in der Zwischenzeit nicht eine Konferenz, sondern lediglich diplo matische Verhandlungen zwischen den Kanzleien wünsche. Paul- Boncour teilte Daladier mit, daß sein Kommen nach Genf vor läufig nicht erforderlich sei. Ende der Woche könnte aber eine neue Loge eintreten, die Daladiers Teilnahme an den Ver handlungen notwendig machen würde. In internationalen Kreisen besteht am Dienstag der Ein druck, daß von französi cher und englischer Seite ernsthaft ver sucht wird, durch Zugeständnisse in der Flottenfrage eine Aen- derung der italienischen Haltung gegenüber Deutichland zu er. reichen. Es verstärkt sich der Eindruck, daß MacDvnald die Zu rückhaltung am Dienstag zur Ausarbeitung eines größeren Planes benutzt hat. Im Laufe des Dienstagabend fand eine längere Unterredung zwischen dem polnischen Außenminister und dem Völkerbunds- kommisfar Rostings über den Zeitpunkt der Zurückziehung de« polnischen Truppen von der Westerplatte statt. Nach englischer Auffassung und nach der Erklärung des Senatspräsidenter Ziehm muß die Zurückziehung innerhalb von 24 Stunden er- solgen. öder Revolver ausgerüstet gewesen sei, noch die Hilfs polizei könnten als bewaffnete Streitkräfte an gesehen werden. Im übrigen handele es sich hierbei u m innenpolitische Maßnahmen, die der Auf rechterhaltung der gefährdeten Ruhe und Sicherheit dienten. Sie Warenhausstcuer kommt. Preußen wird demnächst Zuschläge zur Gewerbesteuer bei Warenhäusern, Einheitspreisgeschäften und Großfilialen erheben. Es ist nicht daran zu zweifeln, daß die inzwischen sämtlich gleichgeschalteten Länder in gleicher Weise Vorgehen werden. Bekanntlich läuft das Realüeuersverraesetz am 31. März ab. Die Gewerbesteuer ist bekanntlich Ländersteuer. Diese neue Maßnahme ist nicht zu verwechseln mit den im Jahre 1930 beschlossenen Sonderzuschlägen für die Um- satzsieuer bei einem Umsatz von mehr als einer Million Mark. Es ist nicht ausgeschlossen, daß diese Umsatzsteuerzuschläge durch die neuen Zuschläge zur Ge- werbestcuer kür die oben genannten Geschäftskatcgoricn abaelöü wewen. - 90000 Mm von der Reichsbahn eingefieM. Arbeit und Vrotv.om Frühjahr b4Z Herbst. Mit Beginn des Frühjahrs hat die Reichsbahn ihre Oberbau-Erneuerungs- und -unterhaltungsarbciten in vollem Umfange ausgenommen. Die Reichsbahn hat hierfür die Einstellung von etwa 70 000 Zcitarbeitcrn an geordnet. Diese Arbeiter werden bis in die Herbstmonate beim Bahnunlerhaltungstrupp der Reichsbahu beschäftigt werden. Darüber hinaus werden die Privatunter nehm e r, die von der Reichsbahn hcrangczogcn werden, in die Lage versetzt, über 20 000 Arbeiter einzustcllen. Insgesamt finden also durch diese Obcrbauarbciten der Reichsbahn etwa 90 000 Köpfe von Frühjahr bis Herbst Arbeit und Brot. Mit den Neueinstellungen ist bereits begonnen worden. Die Arbeiten erstrecken sich auf die Unterhaltung und Erneuerung der Reichsbahngeleise — Schienen schwellen nnd Deckung — sowie auf die Unterhaltung und Erneuerung von Weichen und WMtMhMduuge». MnzWer SM beim ReHMchmWer.