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Wilsdruffer Tageblatt Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft, M« Ta-e^tatt^ «rschetui mr allen Werktagen nach«ittag» b Uhr. Bez«-»preia: Bei Abholnnv in Kar GeschSstsstelle »nd Ken «nagokestellen 2 RM. im Monat, d-i Zustellung durch die Boten 2,30 NM., bei Postbestellung 2 MW. zuzüglich Ldtra,- - .. . gebühr. Einzelnummern UÄPfg.MePoftanstaUen EvOcheNvIKtt sük 2Vi!S0kUff U.ÜMgbgLNv Postboten und »nsereAus- trDgerund Geschaftostellen ' nehmen zu jeder Zeit Be ¬ stellungen entgegen. I» Falle höherer Gewalt, Krieg oder sonstiger Betriebsstörungen besteht kein Anspruch auf Lieferung d« Zeitung oder Kürzung des Bezugspreises. — Rücksendung eingesandter Schriftstücke erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. für Äürgertum, Beamte, Angestellte u. Arbeiter. Anzeigenpreis: die 8 gespaltene Aaumzeile 20 Apfg., die 4 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs- Pfennig, die 3 gespaltene Neklamezeile i« textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebühr 20 Reichrpfennige. El«»- geschriebene Erscheinung»- —» . -e tage und Platzvorschritte« werden nach Möglichkeit Fernsprecher: Amt WUsdruff Nr. 6 b^cksichtigt. AnzetO»- «vnabmebis norm.IOUHr. — — —- -- Für die Richtigkeit dar durch FernrufüdermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabattansprvch erlischt, wenn derBetragduech Klage eingezogen werden muß oderder Auftraggeberin Konkurs gerät. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgaste«. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft Meißen, des Amts gerichts und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstrentamts Tharandt und des Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Re,262. — 86 Jahrgang relegr.Adr .Amtsblatt- Wilsdruff- Dresden Postscheck Dresden 264S Donnerstag, den 10 November 1027 Mus einer Reyaratinns-slitWen WsMes der ReWreMM. Reichsminister der Finanzen bereits vor längerer ^eit unterbreite ten Vorschlag aus reparationspolitischen Ausschusses -er Reichsr-merung zu. Dieser Aussch^ sol ter dem Vorsitz riellen bsnde.spoluijch.n Au^^chnh aus Vertretern der für die Reparationspolitik im einzelnen zustehcuden Ministerien gebildet und mit der Aufgabe der Vorbereitung aller mildert pokitik zusammenhängenden Maßnahmen betraut werdet " Segrenzung der RepmationsWHt. Englische Stimmen. Der Wirtschaftssachverständige Sir Josiah Stamp, der seinerzeit dem Dawes-Ausschuy angehort hat, erklärte in einer Rede in Manchester: Der Zeitpunkt nickt schnell ^ran, wo man darüber entscheiden muß, was man von D eu li chl i d a» Re parationen sowie Zinsen verlangen will, Vie mir ur Gütern gezahlt werden können. Amerua muß eme matz- aebende Rolle bei ver Enticbetduna iviclen. E v l n u n - Feindliche Schwestern. Sie lieben sich wirklich nicht mehr, die beiden „latei nischen Schwestern", die sich doch schon vor dem Weltkrieg gefunden hatten, um gemeinsam auf Beute auszu gehen. Die Schwestern konnte man auch nach den. Kriege auf manch' feierlichem Plakat sehen, das Italien und Frankreich Arm in Arm geeint darstellte. Damit ist's vorbei, seit Mussolini eine nur auf italienische Jntcresscn- wahrnehmung gerichtete Politik treibt. Im westlichen Mittelmeer wollte man sich die französische Hegemonie nicht gefallen lassen und im östlichen schielte man nach Kleinasiens Küsten. Und nun kommt die Kunde, daß zwischen Frankreich und Jugoslawien ein über aus enges Bündnis geschlossen wird, dazu noch in betont feierlicher Form. Mit militärischen Klauseln und Schiedsgerichtsbestimmungen. Also: so intim wie nur möglich- Und — so überflüssig wie möglich, da man ja auch schon vorher ein Herz und eine Seele war. Aber — die römische Zeitung, die das meldete, wurde, obwohl sie amtliches Organ ist, sofort „beschlagnahmt" — dieses Bündnis sei em ganz regelrechtes und ausschließlich gegen „gewisse Dritte" gerichtet. Also: gegen Italien, darüber gibt man sich in Rom keinerlei Illusionen hin. Wenn man boshaft sein will, so kann man den betont feierlichen Abschluß dieses Bündnisses als eine fran zösische Antwort auf die Tangerdemon stration betrachten, die Italien vor einer Woche ver anstaltete. Mussolini bekommt außenpolitisch die^Arme doch nicht frei; denn nun wird Jugoslawien, mit Frank reich hinter sich, vor allem in der albanischensr a g e, diesem „Brenn"punkt der widerstreitenden ^nterepen, etwas lautere Töne riskieren können. Denn stauen sitzt ziemlich in der Zange; sein einziger „Bundesgenoste auf dem Balkan, nämlich Rumänien ist aus Gründen innerer Zwistigkeiten zurzeit neutralisiert, Griechenland und die Tschechoslowakei aber unter französischem Einfluß eng mit einander Verbunden. ^.a» Ganze ist ein großer Erfolg Frank reichs, das damit seinen Einfluß auf dem Balkan be festigt, fast unerschütterlich gemacht hat. Es ist seltsam, daß England, das doch seit undenklicher Zeit gerade den Südosten Europas als wichtiges Interessengebiet be trachtet hat, dort jetzt eigentlich völlig ausgeschaltet ist. Diplomatische Ungeschicklichkeiten wie das Schreiben Lord Rothermeres taten dabei den Rest. Natürlich wird man in Paris und in Belgrad jetzt liebliche Schalmeienlieder blasen, wie außerordentlich dieses neue Bündnis dazu beitrage, den Frieden Europas zu bewahren. Das tun sie ja immer und taten sic immer, wurden und werden als Friedensschützer so lange ausgegeben, bis der — Krieg da ist. Es wäre vielleicht ein guter Witz, dieses Bündnis als ein „Balkan-Locarno" zu bezeichnen. Nur will die italienische Presse wissen, das französische Auswärtige Amt habe nach Rom eine scharfe Mahnung gerichtet: Die Geduld Frankreichs, das so lange Rücksicht auf die ge spannten italienisch-jugoslawischen Beziehungen genom men habe, sei an ihrem Ende angelangt und man hoffe, daß Italien.nunmehr seine übertriebe nen Forderungen im mittleren und im östlichen Mittel meer herabsetze. Das klingt deutlicher und ist auch durch aus nicht unwahrscheinlich. Es geht also wieder einmal recht lebhaft zu im Ge triebe der europäischen Außenpolitik; die Linien schneiden n?nd recht unerfreulicher Weise. Und bezeich- ^bacht^Das^? das Mittelmeer den Schnittpunkt dabei »vgtvt. Das ist auch eine Folge des Weltkrieges, der das Schwergewicht aus der Nordsee dorthin verschob, wo jetzt küncknisverlrag kelgrack Paris Die französisch-jugoslawische Freundschaft. Das verstimmte Italien. In Paris wird in diesen Tagen ein wichtiger poll nscher Akt vollzogen werden, nämlich die Unterzeichnung eines Bündnisvertrages zwischen Frankreich und Jugo slawien. Der jugoslawische Außenminister Marinkowitsch hat sich bereits nach Paris begeben, nachdem er vorher vom jugoslawischen König in Audienz empfangen wor den ist. Nach dem Empfang gab der Außenminister Pressevertretern gegenüber über den Vertrag eine dahin gehende Erklärung ab, daß dieses Abkommen einen Zu stand festlegsn soll, der bereits während des Welt krieges geschaffen worden ist. Frankreich und Süd- slawien hätten sich auch ohne schriftlichen Vertrag immer als Verbündete betrachtet. Damit die ganze Welt und auch das südslawische Volk wisse, woran man sei, wolle man jetzt das tatsächliche Verbündetenver- hältnis auch rechtlich feststellen. Der Vertrag wird, wie ein Belgrader Blatt mitzu- tcilen weist, neun Punkte umfassen. Beide Staaten ver- pfUchten sich danach, sich gegenseitig nicht zu überfallen, reine Invasion anszuführen und sich ans leinen Fall gegenseitig zu bekriegen. Eine Ausnahme machen die Ä.tloiwn des Völkerbundes und gewaltsame Verletzung des Freundschaftspaktes seitens eines Vertrag s teil- nehmers. Beide Staaten verpflichten sich, alle Streit fragen friedlich auf diplomatischem oder dem Schieds- gerrchtsweg zu lösen. Falls eine Bertragsseite von dritter Seite überfallen wird, werden sich beide Staaten unver züglich über eine Aktion verständigen, die beide Staaten innerhalb des Bereiches des Völkerbundpaktes zur Ver teidigung ihrer legitimen Interessen und der Friedens verträge zu unternehmen hätten. Beide Staaten werden sich ferner verständigen, falls eine Änderung oder der Versuch einer Änderung des heutigen europäischen Zu standes beabsichtigt ist,.und überhaupt Gedankenaustausch möglich, unbegren z t e Z e ft m i t Teillösun gen sortzusahreu, wie dies gegenwärtig geschieht. Solche Methoden können eine Weile betrieben werden, müssen aber schließlich versagen. Diese Tatsache würde keine große Wichtigkeit haben, wenn nicht der schließliche Zusammenbruch auch politische Folgen haben würde. Das Blatt „Financial Times" unterstützt diese Be merkungen in einem Leitartikel und sagt: Der Tag der Abrechnung kann ausgeschoben werden, aber, ob die Periode kurz oder lang ist, sie kann nicht endlos fort dauern, wenn es überhaupt einen erfolgreichen Repara- tionsplan geben soll. Genfer Handelsabkommen unterzeichnet. Schluß der Handelskonferenz. Dienstag hielt die Diplomatische Handelskonferenz ihre letzte Sitzung ab und wurde dann geschlossen. In dieser Sitzung fand die Unterzeichnung des geschlossenen Übereinkommens statt. Es unterzeichneten allerdings nur 18 Staaten, obwohl 35 vertreten waren. Ihre Unter schrift leisteten Deutschland, Österre' Belgien, Großbritannien, Bulgarien, Dänemark, Ägypten, Finn land, Frankreich, Ungarn, Italien, Japan, Luxemburg, Holland, Rumänien, Siam, die Schweiz und die Tschecho slowakei. Die übrigen 17 unterzeichneten nicht. Von den 55 Völkerbundstaaten waren 32 (dazu drei Nichtmitglieder) vertreten und 17 (dazu das Nichtmitglied Ägypten) haben unterschrieben. 15 anwesende Völkerbundmitglieder unter schrieben nicht und 23 Völkerbundstaaten waren nicht er schienen. Rußland hatte das Erscheinen abgelehnt, Spa nien war nicht anwesend, Jugoslawien und Polen unter schrieben nicht. Mehrere außereuropäische Rohstoffprodu zenten fehlten oder unterschrieben nicht, wie Australien und Chile. Mit dem Abkommen sollen die Anregungen der Welt wirtschaftskonferenz ihrer Verwirklichung nähergeführt werden. Die Unterzeichnung stellt den gemeinsamen Willen einer großen Anzahl von Stasten zur gemeinsamen Regelung von Fragen des internationalen Handels dar. Von deutscher Seite wird der Ausgang der Konferenz als ein Erfolg bezeichnet. „Vor schweren Entscheidungen." Warnungen des Reichsministers a. D. Emminger. Reichstagsabgeordneter Emminger, der frühere Reichsjustizminister, sprach in einer Versammlung der Bayerischen Volkspartei in Jmmenstadt über das Thema: -Bor schweren Entscheidungen". Er führte aus. daß man IN aucn europalfchen Fragen pflegen und sich gegenseitig Mitteilungen über Abkommen mit dritten Staaten machen. Es heißt dann weiter, der Pakt, der keine Rechte des Völkerbundes verletze und dem europäischen Frieden diene, werde vom Völkerbund registriert und sei zu ratifizieren. In der Öffentlichkeit Frankreichs und Jugoslawiens beurteilt man den Abschluß des Vertrages wohlwollend. Vor allem wird darauf hingewiesen, daß der Vertrag keinerlei aggressive Absichten gegen irgend jemanden habe. Dagegen ist man in der Presse Italiens, gegen das ja insbesondere die Abmachungen zwischen Belgrad und Paris zu gehen scheinen, aufs schwerste über beide Länder entrüstet. Worte wie „Heuchelei, Störenfried" erscheinen in bezug auf Vie vertragschließenden Länder in den Spalten der italienischen Zeitungen und man ist be sonders aus Frankreich böse, das mit diesem Bündnis vertrag Italiens Bestrebungen nach der Vorherrschaft aus dem Balkan entgegentritt. Wie gereizt die italienische Presse ist, mögen folgende Ausführungen des in Rom erscheinenden Blattes „Lavoro d'Jtalia" beweisen. Das Blatt schreibt: Frankreich stachelt Jugoslawien gegen Italien auf, und der jugoslawische Minister des Äußern wird ver suchen, mit diesem Vertrag die Opposition glauben zu machen, daß Jugoslawien nicht isoliert sei. Aber Jugo slawien gibt sich Illusionen hin; denn alle seine Ver suche, gegen Italien Stimmung zu machen in Tirana, Budapest, Sofia und Athen, sind mißlungen, weil diese Mächte eingesehen haben, daß Jugoslawien einen anti italienischen Block gründen will. Der Weg zum Gleich gewicht auf dem Balkan wie an der Donau geht aber und wird immer über Rom gehen. Wer diese Realität, die aus dem italienischen Siege und dem Untergang der habsburgischen Monarchie folgt, ignorieren will, wird nur Enttäuschungen erleben. „Tribuna", die das gleiche Thema bespricht, gibt der Hoffnung Ausdruck, daß Frankreich sich seiner Verantwortung als Großmacht be wußt bleiben und daß der gesunde Menschenverstand in Jugoslawien die Oberband behalten werde. mit Völlen Segeln auf eine Regierungskrise zu steuere. In den letzten Ausschußsitzungen des Reichs tages habe man gesagt, es werde nichts Helsen, der Reichstag werde in den nächsten Wochen oder Monaten aufgelöst werden. Deutschland habe aber allen Grund, nicht vorzeitig Wahlen heraufzubeschwören; denn das Jahr 1928 sei ein Weltwahljahr, in dem auch England und Frankreich ihre Parlamente und die Ver einigten Staaten ihren Präsidenten wühlten. Man solle zunächst den Ausgang dieser Wahlen abwarten und sich danach richten. Der Redner warnte davor, auf die Staatsvereinfachung allzu große finanzielle Er wartungen zu setzen. Am allerwenigsten würde durch die Vereinheitlichung eingespart werden, im höchsten Falle jährlich eine halbe Million Mark. Trotzdem stehe die Ge fahr des Einheitsstaates vor der Türe. Brächte der nächste Reichstag eine Linksregierung, so werde der Ein heitsstaat in drei Jahren verfassungsmäßige Wirklich keit sein. lehren ans der dc-uWen Vergangenheit. Die Führertagung des Reichslandbundes. Im Rahmen der Führertagung des Rcichslandbundes sprach Professor Dr. Haller-Tübingen über „Lehren aus der deutschen Vergangenheit, insbesondere der Bismarck-Zeit, für den künftigen Ansbau des Reiches". Er wies nach, daß für Bismarck selbst der Bundesstaat nicht das ursprüngliche Ziel gewesen sei, vielmehr ein Kompromiß zwischen Ideal und Wirklichkeit, zu dem man sich hätte verstehen können, weil das Notwendige auch aus diesem Wege gesichert gewesen sei durch die Hegemonie Preußens, das mit der Macht auch die innere Berechtigung zur Führerrolle besessen habe, da die deutschen Lebensinteressen sich mit den seinigen deckten. Damit sei Deutschland gewissermaßen zu dem Zustand zurückgekehrt, den es iu seinen besten Zeiten besessen hatte, als der König seine Mitfürsten überragte und beherrschte durch seine Hausmacht. Bismarck selbst habe die Möglichkeit und die Notwendigkeit einer weiteren Entwicklung in der Richtung aus größere Ein heitlichkeit mehrfach betont, eine Entwicklung, die denn auch durch die Natur der Dinge herbeigesührt worden sei. Durch brochen sei sie von der Revolution vor neun Jahren, die vor allem den bisherigen Preußischen Staat zerstörte. Schon vor bei aber sei die preußische Führung unsicher geworden, seien (in Preußen selbst) die alten Traditionen und Einrichtungen erschüttert worden, vor allem die Seele des Staates, das starke regierende Königtum, vor anderen Kräften gewichen. Wer heute dem Vorbilde Bismarcks folgen wolle, darf nicht an schlichte Rückkehr zu früheren Formen denken, aus denen der Geist entwichen sei. Auch Bismarck hat weder 1848 noch 1866 an Restauration des absoluten Königtums gedacht, nachdem cs einmal gefallen war. Was heute notwendig sei zur Festigung des Reichsausbaucs durch Umgestaltung des Verhältnisses von Reich, Preußen und den anderen Ländern, das solle und müsse geschehen, auch wenn es Opfer koste, und gleichviel, wie es sich benenne.