Volltext Seite (XML)
(A I früher Wochen- und Nachrichlsblatt zugleich 8WB-AWM fiir Hojndorf, Riidlitz, BerMsrf, Riisdorf St. KOien, Heinrichsort, Mmem iiiiii ULtscii. Amtsblatt für -e« Gtabtrat zu Lichtenstein. -——— —— — — SS. Jahrgang. — —— — — Nr. 86. Freitag, den 12. April 1889. Dieses Blatt erscheint, täglich (außer Sonn- uud Festtags) abends für den folgenden' Tag. Vierteljährlicher Bezugspreis: 1 Mark 25 Pf. — Einzelne Nummer S Pfennige. — Bestellungen nehmen außer der Expedition in Lichtenstein, Markt 179, alle Kaiser!- Postanstalten, Postboten, sowie die Austräger entgegen. — Inserate werden die viergespaltene Korpuszeile oder deren Raum mit 10 Pfennigen berechnet. — Annahme der Inserate täglich bis spätestens vormittag 10 Uhr. Bekanntmachung. Dem unterzeichneten Stadtrat ist anderweit eine im Auftrage der Gesellschaft von Freunden der Naturwissenschaften (Sektion für Tierschutz) in Gera bearbeitete Flugschrift des Hofrat Professor Dr. Siebe zu Gera „Winke, betreffend das Auf hängen der Nistkästen für Vögel", zugegangen, welche zu jedermanns Einsicht in der hiesigen Polizei-Expedition ausgelegt worden ist und deren Beachtung allen Freunden der Vogelwelt angelegentlichst empfohlen wird. Hierbei wird gleichzeitig noch darauf hingewiesen, daß das Königliche Finanz ministerium beabsichtigt, die Straßen- und Wasserbau-Inspektionen und Amts-- straßenmeister mit der Anweisung zu versehen, den Verschönerungs- und Vogel- schutzvereinen, nach Befinden auch Privaten die Anbringung von Nistkästen an den fiskalischen Straßen-Alleen, jedoch mit Ausschluß von Staarkästen an Kirschalleen, deren Fruchtertrag die Staare wesentlich schädigen würden, zu gestatte» und auch die Straßenwärter zur Milbeaufsichtigung der Kästen anweisen zu lassen. Lichtenstein, am 9. April 1889. Der Rat zu Lichtenstein. Fröhlich. Tagesgeschichte. —* Lichtenstein, 11. April. Ein hiesiges Stadtkind, der Bildhauer Martin Götze, welcher der Webendörfer-Stiftung die Erlernung seines Berufs zum großen Teile mit verdankt, hat in anzuerkennen der Verehrung das Bildnis des Stifters, Herrn Webendörfer,in Alabaster kunstvoll gefertigt unddemhie- sigen Stadtrat zur Verfügung gestellt. Der ebenfalls von geschickterHand hergestellteRahmen, welcher das Brustbild umfaßt, macht seinem Verfertiger, Tischlermeister Otto Götze hier, alle Ehre. Das Relief ist im Rats sitzungszimmer angebracht und dürfte jedenfalls Inte ressenten gestattet sein, dasselbe in Augenschein nehmen zu können. *— Gestern wurde von einem hiesigen Knaben am Kupferberg eine Kreuzotter gefangen und getötet. *— Es ist zu bemerken gewesen, daß am 9. und 10. d. Mis. eine Revision der Gewichte, Maße re. vorgenommen wurde. Ueber den Befund und ob der gleichen viele beanstandet worden sind, hat man noch nichts Bestimmtes in Erfahrung bringen können. —* Der in hiesiger Bezirksanstalt untergebrachte 49 Jahre alte Handarbeiter Barth von hier ist heute früh unerwartet gestorben. Derselbe war gestern vor mittag aus einer 2^tägigen Haft, welche er sich wegen grober Widersetzlichkeit zugezogen hatte, anscheinend krank, entlassen und in ärztliche Behandlung genommen worden. Die Todesursache scheint durch Selbstver wundung von ihm herbeigeführt worden zu sein. Die Billa am Rhein. Original-Novelle von Mary Dobson. —(Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) „Und Doktor Stein?" fuhr die Majorin mit einem forschenden Blick, den Elisabeth gewahrte, aber nicht zu deuten vermochte, fort: „Ist er schon ver heiratet?" „Er hat als anerkannt tüchtiger Arzt bereits eine ausgezeichnete Praxis und so hat auch im Frühling seine Hochzeit stattgefunden", erwiderte darauf Elisabeth ihrer Schwägerin. „Wirklich?" fragte diese voll Interesse, „hat er eine reiche Frau bekommen?" „Nein, ihre Eltern sind kaum vermögend zu nennen. Sie ist die einzige Tochter des wegen Kränklichkeit längst pensionierten Hauptmanns Rothe und eine Jugendfreundin von Hermine und mir!" „Also wohl auch eine Jugendfreundin von Doktor Stein", sagte die Majorin lächelnd und mit merklicher Betonung. „Da hat also doch einmal eine Jugend- frcundschaft zum Bund fürs Leben geführt!" „Ja", erwiderte Elisabeth ruhig, „sie haben sich lange mit stillschweigender Billigkeit der Eltern geliebt, doch konnte Doktor Stein nicht früher an eine ehe liche Verbindung denken!" „Ist nicht auch für Hermine Stein ein solcher Jugendfreund in Aussicht?" fuhr erstere fort; was wird überhaupt aus ihr, wenn einmal ihre schwächliche Mutter stirbt?" Elisabeth sagte diese Wendung des Gesprächs rstcht zu und in gemessenerem Tone antwortete sie: — Im Hinblick auf die bevorstehende Konfirma tion erscheint es notwendig, darauf aufmerksam zu machen, daß junge Leute, welche ihren Wohnort ver lassen wollen, um auswärts in die Lehre oder in ein Arbeitsverhältnis zu treten, sich in der Heimat schon mit dem in der Gewerbeordnung vorgeschriebenen Ar beitsbuch zu versehen haben, da zur Ausstellung des selben die Zustimmung des Vaters, bezw. Vormundes erfordert wird. Die Erfahrung hat gelehrt, daß dies in vielen Fällen unterlassen wird und dadurch den Eltern oder Vormündern nachträgliche Weiterungen und Unkosten entstehen. — Dw. diesjährigen großen Herbstübungen des Armeekorps, welchen Se. Majestät der Kaiser bei wohnen wird, finden in der Gegend südlich Oschatz, ungefähr mit dem Mittelpunkt Ostrau, derart statt, daß am 6. September große Parade des Armeekorps, und zwar zwischen Naundorf und Schweta; am 7. September Manöver des Armeekorps gegen einen markierten Feind; am 9. und 10. September Ma növer des Armeekorps in zwei Parteien gegen einander erfolgen. Den Korpsmanövern gehen Brigade- und Divisionsmanöver voraus, welche von der 1. Division Nr. 23 zwischen Oschatz und Lommatzsch, von der 2. Division Nr. 24 bei Grimma und Wurzen rechts der Mulde, von der 3. Division Nr. 32 auf dem linken Elbufer unterhalb Dresden, südlich und westlich Meißen, abgehalten werden. Vorher erfolgt das „Nein, Karoline, auch ist ein solcher Jugend freund für sie nie vorhanden gewesen. Was übrigens ihre Zukunft betrifft, so ist diese auch ohne eine Heirat gesichert und zwar durch meine Mutter und mich." „Durch Euch?" fragte schnell die Majorin und ihre scharfen Züge verrieten die Gedanken, welche sie nicht auszusprechen wagte. „Ja, und zwar aus nie endender Dankbarkeit gegen ihren verstorbenen Vater, wie überhaupt gegen die ganze Familie Stein. Wir haben — und ich habe dabei meinen Mann zu Rate gezogen — zehn tausend Thaler für sie anlegen lassen, deren Zinsen ihr jetzt schon zu gute kommen und die ihr mit dem kleinen Erbteil, welches ihre Mutter hinterlassen wird, ein sorgenfreies Leben sichern. Stirbt übrigens ihre Mutter, so geht sie als Tochter zu der meinigen, was auch von der Doktorin Stein so bestimmt ist!" „Das sind ja sehr interessante Neuigkeiten aus Deiner Vaterstadt", antwortete anscheinend freundlich die Majorin, „und man sollte wahrlich Fräulein Stein um so treue fürsorgende Freunde — beneiden! Auf richtig gesprochen aber wunderts mich, daß sie von Euch eine solche Summe angenommen." „Es hat auch Mühe und Ueberredung genug ge kostet, sie dahin zu bringen", entgegnete hierauf Eli sabeth, „doch nun, Karoline, habe ich Dir von meiner Vaterstadt und meinen dortigen Freunden genug er zählt, und es wird Zeit, mich nach meinem Kinde und meiner Haushaltung umzusehen. Zugleich aber möchte ich Dich daran erinnern, daß um zwölf Uhr der Wagen zu Deiner Verfügung ist." Brigade-Exerzieren der 1. Jnfanteriebrigade Nr. 45 und der 6. Jnfanteriebrigade Nr. 64 bei Dresden, der 2. Jnfanteriebrigade Nr. 46 auf dem Schieß platz bei Zeithain, der 3. Jnfanteriebrigade Nr. 47 und der 4. Jnfanteriebrigade Nr. 48 bei Leipzig, end lich der 5. Jnfanteriebrigade Nr. 63 bei Chemnitz, während die Kavalleriebrigaden zwischen Oschatz und Strehla (1. Kavalleriebrigade Nr. 23), bei Läusigk (2. Kavalleriebrigade Nr. 24) und bei Pegau (3. Kavalleriebrigade Nr. 32) exerzieren sollen. Vom 10. September ab treffen die Truppenteile des Ar meekorps mit Fußmarsch und Eisenbahntransport wieder in ihren Garnisonen ein. — Aus Apia liegt der Brief eines zur Zeit dort weilenden Pirnaer Kindes Vor. Die Verhältnisse auf den Samoa-Jnseln finden darin eine sehr düstere Schilderung mit der gleichzeitigen Betonung der Not wendigkeit einer größeren deutschen Machtentfaltung, durch welche es allein möglich sei, für unsere dortigen deutschen Landsleute, die von den Eingeborenen schreck lich behandelt würden, bessere Verhältnisse zu schaffen und zu verhüten, daß Amerika und England die großen Vorteile aus der obwaltenden Situation ziehen. Aus dem weiteren Inhalt des Schreibens interessiert besonders noch die Mitteilung, daß bereits am 19. Febr. d. I. ein gewaltiger Orkan die vor Apia liegen den deutschen Kriegsschiffe, die dann später von dem traurigen Verhängnis ereilt wurden, in die größte Gefahr brachte. Der „Eber" war schon an dem ge- „Begleitest Du mich nicht zur Stadt?" fragte die Majorin. „Nein, Karoline, entschuldige mich heute, ich habe keinerlei Besuche zu machen und gehe nie ohne Ver anlassung zu unsern Bekannten!" „Du lebst viel zu häuslich, Elisabeth!" sagte die Majorin, die sich stets nach Veränderung sehnte und die es bereits langweilig fand, ohne Gäste und Besuch die Tage in der stillen Villa zu verleben, „Du solltest Gustav zu größerer Geselligkeit veranlassen. Er hat sie doch früher geliebt." Elisabeths Züge hatten sich leicht umschattet, allein die Antwort blieb ihr erspart, denn die Kinder frau brachte die kleine Hilda, welche schon von Weitem nach ihrer Mutter rief. Die Majorin begab sich in ihre Zimmer, um für die beabsichtigten Besuche ibre Toilette zu wechseln und sich in Gedanken mit dem zu beschäftigen, was sie durch ihre Schwägerin erfahren. 14. Von dem Major von Falkenberg trafen fort während günstige Nachrichten em, denn bei dem an dauernd schönen Sommerwetter schlug die Kur gnt an, und der Arzt stellte, wenn auch nicht gänzliche Gene- snng, so doch Erleichterung feines Leidens in Aus sicht. Dies erfüllte seine Gattin mit der größten Freude, welche bereits gefürchtet, daß er bei andau ernder Kränklichkeit sich pensionieren lassen müsse, was die Familie schwer treffen würde. Jetzt überließ sie sich ohne Bedenken ihrer Vergnügungssucht und nahm für sich und ihren fast neunjäbrigen Sohu alle Ein ladungen an, welche von früheren Bekannten an sie ergingen.