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u.ü, ' I MW^MWWWW ! /luer Tageblatt Anzeiger für öas Erzgebirge «Igramm«, ras,blatt n»»»»se«bl's«. Enthalten- -le amtlichen Vekanntmachovgen -e» Nate« -r» Sta-1 an- -es Amtsgericht» Aue. peMeck-amw» Nmt Leipzig n,. ,ese Nr. 209 Dienstag» üen S. September 1S2S 20. Jahrgang Aufruf zum „Heiligen Krieg". Abd el Krim der „Fürst der Gläubigen". — Gemeinsame Bewegung aller Mohammedaner. Part«, 6. Sept. Heute traf wiederum die Nachricht in Part» etn, hatzi Add el Krim den „Heiligen Krieg" verkündet hab«. In den letzten Lagen habe eine Lu« sammenkunft aller marokkanischen Stämme in Demir stallgesunden, und dabet sei bekanntgemacht worden, daß sich Abd el Krim demnächst den Titel „Fürst der Gläu bigen" beilegen werde. Au« allen muselmanischen Län dern, besonder» aus "Indien, will Abd «l Krim die Ver sicherung erhalten haben, daß er allseitige Unterstützung finden werde. Won der französischen Front wird vollkommene Ruhe gemeldet. Lite Franzosen setzen die Offenstvvvrbereitml- gen fort. Auch Abd el Krim soll die Offensive vorbe- retten. Gr sendet an alle Teile der Front regelmäßig Truppen und soll den Stämmen die Massenerhebung aufgetragen haben. Parts, 6. Sept. Agenee HavaS berichtet aus Fe«: Bet dem Angriff aus Jssual, einen der vorgeschobenen Posten der französischen Wezzansront, haben die Trup pen Abd el Krim» Maschinengewehre und Artillerie benutzt, wurden aber von den Franzosen zurückgeworseu. Auch der Angriff auf die Stellungen bet Aschebel en Mäher ist vom 19. Korps unter schweren Verlusten für t>en Feind abgewtesen worden. Französische Truppen bauten am Uergha-Fluß ihre Stellungen zwischen.Mjara und FeS el Bali aus und sicherten den Verkehr zwischen diesen beiden Punkten. Lebhafte Tätigkeit des Feindes ist, wie an der französischen Front so auch in der spa nischen Zone zu bemerken. Abd el Krim hat in den Dör fern verbreiten lassen, er beabsichtige, die Spanier mit' Artillerie und Maschinengewehren anzugreifen. Bei Tahtoff, 12 Kilometer nördlich des LukkosflusseS, pla nen die Feinde Truppenansammlungen. Die mobile französische Abteilung, die auf der Hochebene von Jssual vorgeht, hat sich, nachdem sie die Ausläufer des Berges gesäubert hat, auf der Höhe eingenistet. Die Besatzung de» Postens von Ain Maatuf ist ohne Zwischenfall ab gelöst und der Posten wieder mit Nahrungsmitteln ver sehen worden. Im östlichen Abschnitt wirft der Feind bet VS Kasbah Schützengräben aus und errichtet dort südöstlich des ehemaligen französischen Postens am obe ren Leben ein Blockhaus. Nach einer Madrider Meldung des „Journal" hat der König von Spanien San Sebastian verlassen, um sich nach Madrid zu begeben. Tas gleiche Blatt berich tet, daß Admiral Magar und General Jordana, sowie die übrigen Mitglieder des Direktoriums gestern beschlos sen hätten, 18 Bataillone und sechs Regimenter Ar tillerie, im ganzen ungefähr 15 000 Mann Verstärkun gen nach Marokko zu entsenden. Gin starker Truppen- > körper, der in Ceuta mit Bestimmung nach Melilla etn- geschtfst werden sollte, ist nach Tetnan und an die Kampf front bei Tahrar zurücktranüportiert worden, wo gestern etn heftiger Angriff der Rifleute erfolgte. der franMsche Justlzmlnlster zur Marokkofrage. Paris, 6. Sept. Justizminister Steeg hat heute auf dem Bankett des Wein- und Ackerbauvereins in Libouv- ne, dem mehrere Parlamentarier der dortigen Gegend beiwohnten, eine Rede gehalten, in der er sich Mit Ma^ rokko beschäftigte. Gr wieS darauf hin, daß Frank reich bedeutende Verstärkungen an Truppen und Mate rial nach Marokko gesandt habe. Marokko nach so vielen Opfern an Blut und Geld auszugeben, hieße nicht nur das ruhmreich Vollendete verleugnen, sondern auch die die französische Herrschaft in Nordafrika in Frage stel len, es hieße Frankreich einen schweren nicht gar töd lichen Stoß versetzen und würde vor allem darauf Hin auslaufen, die politische und militärische .Sicherheit Frankreichs zu schwächen. Hätten doch diese Gebiete während des Weltkrieges disziplinierte Soldaten gestellt, die die französische Erde heldenmütig verteidigt hätten. Marokko werde zur wirtschaftlichen Sicherheit Frank reichs beitragen, wie zur Festigung der Sicherhell über haupt. Frankreich schütze in Marokko nicht nur sein Prestige, seine wirtschaftliche und finanzielle Sicherheit, sondern es sei dort der Soldat Europas und sichere die Rechte der Zivilisation und bekräftige diese Rechte durch seine Wohltaten. Durch die französische Verwal tung sei Marokko dem Kulturfortschritt der Menschheit näher gebracht worden. Kein Protest fanatischer Be duinen noch sonst irgend etwas würde Frankreich dazu bringen, auf das in Afrika geschaffene Werk zu ver zichten. Enöe -er Iurlstenkonferenz. Berlin, 5. Sept. Die Juristenkonferenz in London hat am Sonnabend ihre Akten geschlossen. In Berliner politischen Kreisen fragt man sich, welche vollkommene Uebereinsttmmung denn erzielt werden konnte bei einer Besprechung, die rein informatorischen Zwecken diente und bet der jedenfalls der deutsche Teilnehmer keiner lei Mandate hatte, zu irgend einem Vorschlag Stellung zu nehmen oder einen Vorschlag zu machen. Diese Be schränkung der Vollmachten des Ministerialdirektors Gauß geht sogar so well, daß sie sich auch auf Fragen Mehr oder weniger rein technischer Natur bezieht, und somit dürst« man von deutscher Sette, nachdem man be reit« gestern offiziös gewisse Tendenzmeldungen eng lischer Blätter zurückgewtesen hat, erneut klar und ein deutig feststellen, daß au» der Teilnahme Deutschlands an dieser Konferenz keinerlei irgendwie geartete Btm< düng resultiert. Wie wett dis Zusammenkunft ihren informatorischen Zwecken dienen kann, läßt sich erst feststellen, nachdem Ministerialdirektor Gauß seinen Bericht erstattet hat, da die Verhandlungen vertraulich waren und auch bei den amtlichen Stellen in Berlin nicht erschöpfende Mit teilungen vorliegen. Der deutsch« Sachverständige dürfte seinen Bericht in aller Ruhe abfassen, da gegenwärtig, die deutsch« Regierung zum größten Teil auf Urlaub weilt und «in« Veranlassung zur Beschleunigung auf deutscher Seit« nicht besteht. Möglicherweise bleibt T«. Gauß noch «inig« Lag« in London, um für feinen Be richt da* dort lagernd« Material der Konferenz zur Hand zu haben. Lor allgemein« Gtndruck in Berlin«» politischen Kreisen ist der, daß durch diese Zusammenkunft herzlich wenig gewonnen wurd« und die Konferenz bestenfalls er- neut erkennen ließ, welche großen IchwieRgkeiien noch immer «in«« .Regelung der StcherhettSftage ent- ««genstehen und wie wenig audsichPrelch «» ist, von wei ter«« Abewilig berufen«« Konferenzen positive Ergeb- niss« zu erwarten. Nachdem di« R«gt«rung*mitglllder ihre» Urlaub beendet hoben, wird daa /adinett den Be-. richt des juristischen Sachverständigen einer . genauen Prüfung unterziehen, um dann, je nach! dem Ergebnis dieser Prüfung, in Verbindung mit den Parlamenta rischen Stellen die Entscheidung zu treffen, ob Deutsch land es für fruchtbar hält, den jetzt eingeschlagenen Weg zu beschreiten oder ob es die Anregung geben will, den Komplex der schwebenden politischen Fragen von einer ganz anderen Seite aus, aber selbstverständlich mit dem Ziel einer wirklichen Befriedung Europa» anzufassen. Paktkonferenz äer Außenminister im September. London, 6. Sept. Reuter berichtet au» Genf, daß bet der gestrigen Zusammenkunft zwischen Chamberlain, Brtand .und Bandorvelde da» Verfahren für die bevor stehende Konferenz der Außenminister übe» den Sicher- Hellspakt erörtert wurde. Tier deutsch« Außenminister werde dazu eingeladen werden. Der Ort der Zusäminen- knnft und der Zeitpunkt der Konferenz seien noch nicht endgültig festgesetzt worden, jedoch set «S wicht unwahr scheinlich, daß st« in Genf, und zwar voraussichtlich Ende September stattstnden werd«. E» verlautet, daß Mussolini den Wunsch ausgedrückt habe, an der Konferenz teilzunehmen und Rom al» Ort der Zusammenkunft in Aussicht zu nehmen. Freilich werde «» in Genf al» unwahrscheinlich betrachtet, daß die Zusammenkunft in Rom stattstnden werd«. Man erwart«, daß der Bericht der alliiert«» Juristen, di« in London an den Betrachtungen teilnebmen- am Montag oder Dt«n»tag in Genf Eintreffen werd«. Nach ander«» Meldungen kommt Genf aA Tagung»- ort nicht in Lvage. Eooll-ge über -en Gicherheltspakt. Part«, 6. September. Temp« verbfftntlicht «in» Meldung au« Waschington, der zufolge Präsident Gooltdg» die Ansicht vertret«, man «erde bezüglich de« Sicherheit,Pak te« erst zu einer Verständigung kommen, wenn »in« neue Abrüstungskonferenz stattgefunden hab«. Brotverleuemng unä Cmfuhrscheine. Bon Staatsminister a. D. OSvar Günther-Planen, Mitglied de» sächsischen Landtage». Wie zuverlässig verlautet, beabsichtigt die Reich«, regierung, um die Getreidepreis« hoch zu halten, da« frühere Gtnfuhrscheinshstem wieder einzuführen. Gegen diese Einrichtung spielten sich jahrelange Kämpfe ab. Ihren Höhepunkt erreichten sie am 22. April 1S0S im Reichstag bei der Besprechung de» von der.freisinnigen Volkspartei eingebrachten Antrag«», di« Geltung der Gtnfuhrscheine zur Zollentrtchtung aus die Warengat. tung zu beschränken, für welch« b«i der Ausfuhr der Ginfuhrschein erteilt worden ist, und di« Geltungsfrist der Einsuhrscheine auf. höchsten» drei Monate herabzu setzen. , Al» Fraktionsredner wie« ich zur Begründung de« Antrags nach, daß vom Jahre 1879 bi» 1894 eine Zoll vergütung bet der Ausfuhr hon Getreide nur dann er- folgte, wenn der Nachweis erbracht wurde, daß das selbe Getreide vorher aus dem Ausland in» Inland etngeführt wurde. Dieser Identitätsnachweis für Ge treide wurde 1894 ausgehoben. Man konnte nunmehr Getreide auSführem, für das ein Ginfuhrschein au-gestellt wurde, mit dem man aber nicht nur Getreide, ganz gleich welcher Fruchtart, sondern auch Kaffee und Petroleum (und eine Zeitlang auch noch ander« Waren) einführen. und mit dem Ginfuhrschein verzollen konnte. Führten also Händler und Landwirte Getreide au», so bekanren sie aus ihren Antrag von der Zollbehörde einen GiM- fuhrschein. Gesetzt den Fall, e» handelte sich um 1000 Doppelzentner Roggen, so stellte der Einfuhrschein einen Wert von 1000 mal 5 Mark Zoll per Doppelzentner ----- 5000 Mark dar, der bet der Einfuhr, nicht nur für Rog gen, sondern auch für Weizen, Gerste, Hafer, Kaffee, Petroleum im vollen Betrage für den zu entrichtenden Zoll in Anrechnung gebracht wurde. Diese Einfuhr scheine nahmen durch die verschiedenen Verwendung«- Möglichkeiten und infolge der langen 'Gültigkeitsdauer von sechs Monaten den Charakter eines Wertpapiere» an, und sie wurden auch Nach dieser Richtung al» Wert papiere behandelt und angekauft mit einer entbrechen den Diskontvergütung. In eingehender Weise legte ich damals die preis verteuernde Wirkung des EinfuhrscheinshstemN dar, wie Man auf diese Weise dem Auslande billigeres deutsche» Getreide zuführe und das deutsche Volk das durch den Zoll verteuerte Getreide höher bezahlen müsse. Abg. Gras v. Kanitz (der Vater tzeS jetzigen Reichs^ ernährungsmintsters) sprach! mir im Reichstag, trotz »rei ner scharfen Kritik des EinfuhrscheinshstemS, den Dank au» für meine ruhige und sachliche Weise, wie ich den Gegenstand behandelt habe, wohl auch deswegen, weil er, trotz seines entgegengesetzten Standpunktes, vom natio nalen Gesichtspunkt au» die Unhaltbarkett de» Einfuhr- schetnshstems erkannt hatte. In einer späteren Au», spräche, die ich als Berichterstatter der BudgetkoMmts- siion über diese Frage Mit ihm hatte, war ALg. Graf von Kanitz bereit, den freisinnigen Antrag zu akzeptie ren, wenn SS gelänge, den Staffeltarif für Getreide wieder einzuführen, um auf diese Meise den Getreids überschuß der östlichen Provinzen nach anderen Landes teilen noch mit Nutzen verkaufen zu können. Ich! gab ihm anheim, zunächst seine eigenen konservativen Freund«^sü« diesen Gedanken zu gewinnen, der ja gerade von konser^ vativen Leuten au» West- und Süddeutschland lebhaft bekämpft wurde. In welcher Form und in welchem Umfang« nun die Einsuhrscheine wieder etngeführt werden sollen, scheint noch nicht endgültig sestzustebcn. . Aber darauf kommt viel an! Di« großen Nachteile der GiNfuhrschrtn« für die Preisbildung de» Brotgetreide» werden sich bat -m gänzlich veränderten Verhältnissen viel. schärfer nutz' wirken, al» wie da» früher vor dem Weltkrieg d«r Fall war. Darüber kann doch kein Zweifel stestöhen, daß, wenn da» gegen Ginfuhrschein auSgefü-rw Brotgetreide nicht im vollen Umfang« durch fremd«« Getr«iLe «setzt würde und di« für die Au»fuhr d«» deutschen ««treib«» erteilten Ginfuhrschein« für di« Zölle anaerechnet w«r- den, die von d«n Waren, z. ». Kaffee, Petroleum er hoben werd«», sich dann aroße Mindereinnahmen für di« Reichskasse ergeben müßten. Außerdem würde, wann da« ausgeführt« Getreid« nicht tut glichen Umfang Zug um Zug durch fremde» Getreid« gleicher Art ersetzt wür de, im Inland eine vrotgnwtdeknappheit., entsteh«», die zu einer rmtwren Brotverteueruna führen miß«. AL«r auch wenn di« Ginfuhvschehw »et Per -tnfu-r nur für, dtefekbe Getreidegattun, g»lt»n Mm, sv könnt» durch »ine forcierte Vwtfuhr und langsame Einfuhr «in« G«tretdeknapph«tt erzeugt und dadurch «in» wesent» Üche Gekkeidebeksenernng herbeigeführt werdew.