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ochenblatt Fernsprecher: Amt Siegmar Nr. 144. für Reichenvmnd, Siegmar, Neustadt und Radenstein. Dieses Blatt wird an jede Haushaltung der obigen Gemeinden unentgeltlich vertheilt. 1V. Sonnabend, den 10. März 19V6. Erscheint jeden Sonnabend Nachmittags. Anzeigen werden in der Expedition (Reichenbrand, Pelzmühlenstraße 47r>), sowie von den Herren I. Oebser, Barbier Kirsch in Reichenbrand, Buchhändler Clemens Bahnerin Siegmar und Kaufmann Emil Winter in Rabenstein entgegeugenommen und pro Ispaltige Corpuszeile mit 10 Pfg. berechnet. Für Inserate größeren Umfangs und bei öfteren Wiederholungen wird entsprechender Rabatt, jedoch nur nach vorheriger Vereinbamng, bewilligt. Gemeindeabgaben. Nm 1. März a. o. war der I. Termin der Gemeindeanlagen und des Schulgeldes auf 1906 fällig. Der unterzeichnete Gemeindevorstand macht dies mit dem Bemerken hierdurch bekannt, daß nach Ablauf der für die Bezahlung zugelassenen 14tägigen Frist gegen Säumige das Mahn- bez. Pfändungsverfahren eingeleitet werden wird. Reichenbrand, am 2. März 1906. Der Gemeindevorstand. Woget. Gefunden wurde in hiesiger Gemeinde: 1 Düngergabel. Zur Ermittelung des Eigentümers wird solches hiermit zur öffentlichen Kenntnis gebracht. Reichenbrand, am 9. März 1906. Der Gemeindevorstand. Woget. Bekanntmachung. Am 16. März er. ist der 1. Termin der diesjährigen Rente fällig und ist spätestens bis zum 24. März dieses Jahres an die hiesige Ortssteuereimiahme zu bezahlen. Rabenstein, am 9. März 1906. Der Gemeindevorstand. Witsdorf. Bekanntmachung. Am 1. März d. I. war der 1. Termin der diesjährigen Gemeinde anlagen fällig. Es wird dies mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht, daß diese Anlagen zur Vermeidung des Zwangsvollftreckungsverfahrens bis zum IS. März a. v. an die hiesige Gemeindekasse abzuführen sind. Rabenstein, am 9. März 1906. Der Gemeindevorstand. Witsdorf. Bekanntmachung. Eine Dachwohnung zum Preise von SO Mk. im oberen Schul gebäude ist vom 1. April u. c. ab zu vermieten. Offerten werden in der Gemeindeexpedition entgegengenommen. Rabenstein, am 1. März 1906. Der Schulvorstand. Augen Werket, Vorsitzender. Bekanntmachung für Neustadt. Donnerstag, den IS. dss. Mts. endet die Frist zur Entrichtung der Gemeindeanlagen und des Schulgeldes für 1. Termin 1906. Nach dieser erfolgt zwangsweise Beitreibung der Rückstände. Neustadt, am 7. März 1906. Der Gemeindevorstand. Heißter. Sitzung des Gemeinderates zu Reichenbrand vom 2. März 1906. 1. Es wird Kenntnis genommen u) von der erfolg ten Verpflichtung des Herrn Paul Junghänel als Gemeiudewaisenrat, d) von einer Verfügung der Kgl. Amtshauptmannschaft, die Reinhaltung der Wasserläufe betreffend. 2. Die lluterstützungsgesuche des Frauenheims Tobiasmühle und der Brüderanstalt Moritzburg läßt man auf sich beruhen. 3. Zur Vorlage gelangt die Rechnung der Spar kasse aufs Jahr 1905. Der reine Ueberschuß vom Jahre 1905 beträgt 5817 Mk. 47 Pf., welcher dem Reservefoud überwiesen wird und letzterer nunmehr einen Bestand von 17073 Mk. 75 Pf. hat. Auf Vor schlag des Ausschusses werden 3 Darlehnsgesuche bewilligt. 4. In Bausachen wird von einem Beschlusse der König!. Amtshauptmannschaft, den Bebauungsplan der Pelzmühlenstraße betr., Kenntnis genommen. Zu dem Beschluß derselben Behörde, die Anregung eines eventuellen Gleisanschlusses für das Pelzmühlen gelände au die Ladestelle Rabenstein betr., beschließt der Gemeinderat/ der unverhältnismäßig hohen Kosten halber einem solchen Projekt nicht beizutreten, zumal das Gelände nördlich der Eisenbahn bis zur Flur grenze mit Rabenstein einen geringen Umfang hat. 5. Auf Vorschlag des Bauausschusses wird be schlossen, L) die beimVerlängerungsbau der Pelzmühlen straße hinterlegte Kaution solange zurückzubehalten, bis die Beseitigung der entstandenen Mängel erfolgt ist, b) die Baubedingungen für 3 Neubauten zu ge nehmigen. 6. Zu der vom Armenausschuß vorgenommenen Verteilung der Göckeritz-Stiftung wird nachträglich Genehmigung erteilt. 7. In Armcuangelegenheiten wird Kenntnis ge nommen von 2 Unterstützungssachen. 8. Nach Berichterstattung über das jetzige Armen haus beschließt der Gemeiuderat, auf dem alten Fried hof einen Wohnhausneubau auszuführen. 9. Beschlußfassung über Beitreibung der Gemeinde abgabenreste vom Jahre 1905; die zwangsweise Bei treibung erfolgt vom 13. März an. Wer die Zwangsvollstreckung nicht über sich ergehen lassen will, mnst seine rückständigen Steckern noch vor diesem Tage bezahlen. 10. Vorlegung der Abrechnung über den Bau aufwand des Wasserwerks; der Gesamtaufwand beziffert sich einschließlich der für Ablösung der be stehenden Vertragsverhältnisse auf 125583 Mk. 85 Pf. Einige Punkte eignen sich nicht zur Veröffentlichung. Sitzung vom 6. März ISO«. 1. In einer Armeusache wird gemäß des Vorschlages des Ausschusses Beschluß gefaßt. 2. Beschlußfassung über eingegangene Reklamationen gegen die Gemeindeabgaben. 3. In Wegebausachen wird beschlossen, eine teil weise Umlegung der Bordsteine an der Chemnitzerstraße vorzunehmen. 4. Ein Beratungsgegenstand eignet sich nicht zur Veröffentlichung. Freigesprochen. Familicn-Roman v. Ludw. Nutzer. (Fortsetzung). „Der Herr Oberst wissen ja, daß i . ." „Hab' mir bereits einen hübschen Ort ausgesucht. Nächste Woche wird gezogen. Du kennst den Ort Josef! Vor einigen Jahren waren. wir dort auf der Jagd. Bickenried heißt das Gut; schloßartiges Gebäude, sehr schön gelegen und gesunde, herrliche Gegend." „I weiß noch sehr gut, Herr Oberst", entgegnete der Diener, und sein umflorter Blick leuchtete. „Zwischen Kaufbeuren und Irsee liegt dies Schloß. Da i's freili' schön! Lauter Wald und Forellenbäch' . . . spiegelklare Wasserl; Quellwasser, Herr Oberst, lauter Quellwasser ... bei der größten Hitz frisch wie Eis. Und i' darf wirklich glei' mit? Herr Oberst, i' werd' g'wiß . . ." „Wirst es nicht schlechter bekommen, denk' ich. Ja, 's ist gut, Josef!" Damit wandte sich der Oberst ab, und Josef ver ließ das Zimmer. Wenn wir auch ein Ereignis, das einen Umschwung in unserem Leben bedeutet, bestimmt vorausgeseheu haben — der Eindruck, den die Tatsache selbst auf uns bewirkt, ist in der Regel doch wesentlich anders als die gehabte Vorstellung. Wie im Traume über flog der Oberst den amtlichen Teil des Blattes, und wie auf dem Gesichte eines geliebten Toten ruhte sein Blick auf den Lettern: „Seine Majestät der König haben sich allergnädigst bewogen gefunden . . . Pen sioniert werden: der Oberst Alfred von Seeberg, Kommandant des .. . unter Verleihung des Charakters als Generalmajor, ferner . . ." — Er ließ das Blatt sinken und fuhr sich über die Stirn. Sein Auge be gegnete dem des Monarchen im schwarzen Rahmen über dem Schreibtische, und die wohlwollenden Züge des Königs schienen zu sprechen: „Du hast es ja selbst gewollt! Ich konnte nicht anders!" Dann ging er auf den weiteren Inhalt der Zeitung über. Doch war es nur ei» mechanisches Lesen. Denn in allen Nachrichten starrten ihm die Worte „Pensioniert" entgegen. Plötzlich aber kam Leben in seine Züge; sein Blick war beim Ueberfliegen einer Unglücksbot schaft auf einen Namen gefallen, der ihn von seinen schwermütigen Träumereien rasch in die Wirklichkeit versetzte. Erregt sprang er auf und las. „Kelheim, den 16. Januar 1854. Am 14. dss. wurde unterhalb Weltenburg, in der Nähe des sogenannten Klösterl, der schon stark in Verwesung übergegangene und sehr beschädigte Leichnam eines anscheinend den besseren Ständen angehörenden Mannes von 30 bis 35 Jahren am Ufer der Donau aufgefunden, der bei dem in der Christnacht erfolgten Eisgang freiwillig oder unfrei willig den Tod gefunden haben dürfte. Nicht weit von der Auffinduugsstelle fand man einen im Donau gebüsche hängen gebliebenen Herrenmantel, in dessen Tasche ein Notizbuch war, das den Namen Georg Hartfeld, Prokurist in Ingolstadt, und einige Geschäftsnotizen enthält. Es liegt die große Wahr scheinlichkeit nahe, daß der betreffende Mantel dem Ertrunkenen angehörte, zumal jener zur Figur des Letzteren vollkommen paßt. Der aufgefundene Mann ist von großem, schlanken Körperbau mit braunem Haar und Vollbart und hatte keinerlei Wertgegenstände, wie Geld, Uhr oder Ring bei sich. Der Mann wurde gestern in Kelheim beerdigt." Bleich und entsetzt starrte der Oberst über das Blatt hinweg ins Leere. Es war ihm, als ob sein Herz stille stünde, und auf seiner Stirne lag ein dumpfer beängstigender Druck. Wie um sich Luft zu machen,