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Sächsische WMmg. Amts- und Anzeigeblatt für das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Schandau und den Stadtgemeinderath zu Hohnstein. Die„Tächf. Mb-Zeitung" erscheint Mittwoch und Sonnabend und ist durch alle Postanstalten, sowie durch die Expedition dies. Bl. für 1 Mark vierteljährl. zu beziehen. — »Ät' Inserate für das Mittwochsblatt werden bis Dienstag früh v Uhr, für das Sonnabendsblatt spätestens bis Freitag früh v Nhr erbeten. — Preis für die gc- paltcne CorpuSzeile oder deren Naum 10 Pf., Inserate unter 5 Zeilen werden mit 50 Pf. berechnet, (tabellarische oder complicirte nach Uebereinkunft.) — Inserate für die Elbzeitung nehmen an in Hohnstein Herr Bürgermstr. Hesse, in Dresden und Leipzig die Annonccn-VüreauS von Haascnstein <L Vogler, Jnvalidendank und Nud. Mosse. 1. Schandau, Sonnabend, den 2. Januar 1886. ZM. nmm Kchn. Die Soiliie strahlt, des Friedens Palmen fächeln, Und, hold gewiegt von hehrer Engel Schaar, Winkt uns mit nnschuldvvllem Kindeslächeln Im ersten Morgenglanz das neue Jahr! Noch ruht in seinem Schovße tief verborgen Der Zukunft Loose buntgemischte Zahl, Und ob sie Glück uns bringen oder Sorgen Erhellt noch nicht des jungen Jahres Strahl. Doch was auch seine Zeichen mögen künden — Es leuchte stets die Hoffnung uns voran Und nimmer mög' der gläub'ge Mnth uns schwinden, Der beste Freund ans uns'rcr Lebensbahn! D'rum, neues Jahr, sei uns in diesem Zeichen Gegrüßt mit hoffnnngsfrvhem Blick — O helfe dn uns Allen das-erreichen, Nach dem die Sehnsucht Aller steht — das Glück! O, mögest dn's iu jede Seele gießen, Bring' cs iu all' und jedes Hans hinein — Laß es vom Herz zum Hcrzeu immer fließen: Du wirst die Erde dann zum Tempel weih'n! Neujahr 1886. Neues Leben — neues Hoffen! Ein jedes neue Jahr tritt in seiner ganzen Jugcndfrischc mit seinem Füllhorn von Hoffnungen an nnS heran, cincm jeden ucncn Jahre tragen wir ncnc Wünsche nnd gar viele alle, unerfüllt gebliebene entgegen — nnd wenn das Jahr sich seinem Ende naht, wie Wenige können doch mit voller Befriedigung ans dasselbe zurückblickcn. Da geben wir armen Menschenkinder denn gar zn gern dem Jahre die Schuld, d. h. wir meinen damit die ättßcrcn widrigen Umstände, die bewirkten, daß so vieles nicht nach Wunsch gegangen, wir meinen unerwartete Ereignisse, Verhältnisse nnd Zustande, die nnö nur gar zn oft einen Strich durch unsere klägliche Rechnung gemacht haben. Wieviel Schuld ein jeder selbst an den unerfüllten Hoffnungen trägt, wieviel Acrgcr, Kümmcr- nissc nud Sorgen uns erspart worden wäre», wenn wir selbst reiflicher mit nnö zn Ralhc gegangen wären, das überlegen die wenigsten. Und doch ist kein Tag im Jahre so sehr zmn Uebcrlcgcn, zur Einkehr in sich selbst geschaffen, wie der Tag des ucncn Jahrcö. Zwar ein eigentlicher Festtag ist ja daö Neujahrsfest nicht, soweit wir bei Festen an kirchliche Festtage denken; cö liegt aber in der Menschcnnntnr begründet, daß man bei cincm Zeitabschnitte, dem mau infolge von Gewöhnung nnd vieler äußerlicher Umstände eine erhöhte Wichtigkeit bcimißt, znrückblickt in vergangene Zeit, die Summe des Erlcbtcn und Erstrebten nnd Erreichten zieht und eine neue Rechnung anfstcllt für das Kommende. Und was ist es, das den Inhalt fast eines jeden verflossenen Jahres anömacht? Viel Mühc, viel Arbeit, nuanshürliches Hasten nnd Jagen nach einem Gewinn in dem Kampfe ums Dasein — nnd wenig wirklich sonnige, Helle Frcndcntagc. Und wenn nnö nun unwillkürlich die Jahreswende zn ernsterem Nachdenken, zum tieferen Sinnen stimmt und wohl auch die Frage sich auf die Lippen drängt: wieviel Frist ist nnö noch gegönnt hieniedcn, — da steigt vor unserem geistigen Auge die ehrwürdige Gestalt des cis- grancn Patriarchen Moses herauf, dcr angesichts seines Grabes in die für alle Zeit gütigen Worte auöbrichl: ^Dcr Mensch ist wic eine Blume, die da frühe blühet und bald welk wird; wenn dcr Wind darüber hin- wchct, ist sic nimmer da und ihre Stätte kennet man nicht! Unser Lcbcn währet siebcuzig Jahre, nnd wenn cs hoch kommt, so sind cs achtzig Jahre nnd wenn es köstlich gewesen ist, so ist cö Mühe nnd Arbeit ge wesen!" Wahrlich, man braucht kein Frömmler zu sein, um die ewige Wahrheit dieser Worte auzucrkcnncn. Mühc und Arbeit! Freilich wohl ist das unser aller Loos, aber mir scheinbar nud mir in gar zn trüben Zeiten ist es für nnS Erdcnbewohner ein bitteres LooS. Unter den vielen köstlichen Geschenken des Himmels ist doch die Arbeit das köstlichste; denn sie ist cö vor allem, die unserem Erdenlcbcn seinen Zweck und seine Weihe gicbt. Und ist denn daö Bewußtsein, seine Stelle anögcfüllt, seine Schuldigkeit gcthau, zum eigenen Besten und zmn Wohle dcr Gcsammthcit gearbeitet zn haben mit voller Manneökraft, kein köstliches Bewußt sein? Dcr kann mit rnhigcm Gewissen nnd gerechter Befriedigung znrückschaucn auf das abgclaufeuc Jahr, dcr in seinem Verlaufe fest gestanden hat in seinem Berufe; er darf mit hoffnnngsfreudigcm Herzen den ncnen Abschnitt des Lebens begrüßen, au dessen Schwelle wir heute stehen, darf gefaßt cMgcgcublicken seinen ncbclumhülllcn Geschicken. Und wenn auch oft Wolken die leuchtende Sonne des Glücks verhüllen, wenn auch oft schwere nud eruste Sorgen an einen Jeden unter nnö hcrantrctcn — immer mir fest und muthig dcr Zukunft ins Auge gcschaut nnd immcr muthig vor, wärt« geschritten auf dem Lebcnöpfadc, den Recht und Pflicht verzeichnen! Die zaghaften Seelen aber, sic mögen Mnth fassen in dcö Dichters Worten: Und dräut dcr Winter noch so sehr Mit trotzigen Gebehrden, Und streuet Schnee und EiS umher, — Es muß doch Frühling werden! Daö ist die eine Seite dcr Lcbenöbetrachtungen, die wir am NcnjahrSlngc wohl anstcllcn mögcn. Nicht aber dcr starre Ernst allein ist cö, mit dcm man das Lcbcn betrachten nnd genießen soll; denn erst daö Lächeln ist cö, daö wic Sonnenstrahlen über die Mienen fliegt, daö die Furchen dcr sorgcnumhülltcu Stirn glättet, was daö Lcbcn angenehm macht. Dcr Hnmor, nicht dcr wüste, übcrmüthigc Scherz zwar, aber die stille, sinnige Heiterkeit, die dcm Lcbcn die beste Seite abzngcwinncn weiß, ist cö, die daö Dasein zn einem frohen, mcnschcnwürdigcn macht. Damit ist nicht ge sagt, daß der Mensch alles auf die leichte Achsel nehmen nnd mit Gleichgiltigkeit über die wichtigsten Dinge hinweggchcn soll; der ächte und rechte Humor aber, der eben so sehr den Dingen ihre schwerste nnd bitterste Seite zu nehmen weiß, als er mit Wohlwollen nnd jenem Lächeln, das nicht wchc thnt, .den Schwächen der Mitmenschen gcgcnübcrtritt, er ist cS, dcr die oft wild nud hoch gehenden Wogen dcS Lebens zn bcrnhigcu weiß. Und dcr ächte Hnmor, er erhält die Menschen gut nud liebevoll, cr öffnet die Herzen fremdem Leid, er befördert die Milde nnd Duldsamkeit gegen an dere. Deshalb möchten wir auch unsern Lesern als den besten Wunsch, den wir ihnen zum neuen Jahre widmen können, zurnfcu: Bewahret Euch alle den Humor, dcu Witz, die gute Laune im neuen Jahre! Daun wird daö neue Jahr allen das sein, was wir von gauzcm Herzen Allen wünschen, ein: glückliches, fröhliches Neujahr! Zmn 23jährigcn Negierungs-Jubiläum Kaiser Wilhelms alK König von Preußen. Am ersten Sonntage dcö neuen Jahres, am 3. Jaunar, begeht daö preußische und deutsche Volk eine hochbcdcutsamc Gedenkfeier: Diejenige dcö 25jährigcn Ncgicrungöjnbiläumö Kaiser Wilhclmö nlö König von Preußen. Allerdings erscheint in chronologischer Bc- zichnng die Feier um eine» Tag verspätet, denn nicht am 3., sondern am 2. Januar 1861 bestieg der da malige Prinz-Regent von Preußen den durch daö Ab leben seines königl. Bruders, Friedrich Wilhelm IV., erledigten Thron als Wilhelm I., aber" vom Kaiser ist dcr ausdrückliche Wunsch geäußert worden, daß die Feier nicht am 2. Januar, als dem Todestage König Friedrich Wilhelms IV., sondern erst am folgende» Tage begangen werden möge, was nnr auf'ö Nene ür den bekannten pietätvollen Sinn des greisen Mo- larchcn spricht. — Wie man weiß, hat Kaiser Wil helm anßcrdcm für sich selbst jede Ovation abgelchut und diese persönliche Zurückhaltung muß uothgcdrnngcn auch der Feier dcö 2. Jan. im Lande gewisse Schranken Iziehen, aber eine desto innigere Thcilnahme wird die Feier dafür im Herzen der Nation finden nnd nnge- s zählte heiße Wünsche für das fernere Wohlergehen dcö ehrwürdigen Oberhauptes des deutschen Reiches nud des Königreiches Preußen werden an diesem Tage znm Himmel emporsteigcn. Es ist begreiflich, daß die hervorragenden Momente im Lebenslaufe eines Herrschers, wic nuscrs Kaisers, schon längst zur Kcnntniß dcr weiteste» Kreise gelangt sind; trotzdem erscheint gerade die Feier seines 25jähr. NcgicruuOsjnbilänmS geeignet, nochmals in großen Zügen cm Bild von dcr Rcgcntcnlanfbahn dcö Kaiser- Königs zu geben und hiermit dem deutschen Volke wiederum die geschichtlichen Thate» des crlanchtc» Jubcl- grcises vor A»gc» zu führe». Am 7. Oktober 1858 wurde Prinz Wilhelm von Preußen mittels Cabinctö. ordrc wegen dcr uuhcilbarc» Krankheit seines köni gliche» Bruders zmn Regenten crncmnt nud mit all gemeinem Jubel ward diese Erucuuung begrüßt, denn nach dcr schwülen politischen Zeit, welche unter dcr Regierung Friedrich Wilhclmö IV. in Preußen ge herrscht hatte, betrachtete man die Uebcrnahmc der Regierung durch dcu Prinz-Ncgcnteu als dcu Beginn einer neue» „Aera." Und wahrhaftig, eine neue hoch wichtige Zcitcpochc nicht nur für Preuße», sonder» für ganz Deutschland sollte mit dcm Ncgicrnngöwechscl anbrcchen, aber nicht in dcm Simic, in welchem cö damals gemeint wnrde! Es zeigte sich bald, daß sich die Negierung des Prinz-Regenten mit dcr Majori tät dcö preußischen Abgeordnetenhauses iu der Mi« litärfrngc in cincm schwere» Widerspruch befand, denn dcr Prinz-RcgcM halte mit seinem klare» Verstand und seinem praclischcn Blick längst erkannt, daß die von ihm angcstrcbtc deutsch-nationale Politik sich nnr von einem mächtigen Preußen durchführen lassen werde, nnd daß hierzu eine durchgreifende Reorgani sation dcö Heeres nvthwcudig sei. Aber daö preußi sche Abgeordnetenhaus verweigerte in kleinlicher Ver kennung der Umstände fortgesetzt die finanziellen Mittel zur Durchführung dieses Planes und hieraus ent spannen sich die hartnäckigen Kämpfe zwischen Negicr- nug mid Abgeordnetenhaus, die selbst nach dcr am 2. Januar 1861 erfolgten Thronbesteigung Wilhelm I. noch jahrelang fortdaucrtem Ja, man war in vielen Kreisen mit der ganzen deutschen Politik dcö ncnen Königs nicht einverstanden nnd diese Unzufriedenheit kam n. A. in dem Attentate dcö Studcntc» Becker ans König Wilhelm in Baden-Baden (14. Juli 1861) znm Ausdruck. Aber dcr Monarch ließ sich in sciiicu Pläne» trotz allcdcm nicht bcirrcn und eine mächtige Stütze fand er an Herr» v. Bismarck, de» cr im September 1862 a» die Spitze des Mi»istcri»ms be rief. Jetzt wurde die Hcercsreorgauisatio» unter Beihilfe von Männern, wic Roo», Moltke u. s. w. mächtig gefördert nud die erste glänzende Probe seiner militärische» Tüchtigkeit legte das preußische Heer im Feldzüge gegen Dänemark im Jahre 1864 ab. Die „Blnt- nnd Eiscnpolitik", welche Bismarck als daö einzige Mittel zur Herstellung eines einigen Deutsch, audö bezeichnet hatte und die auch vom Könige als eine schmerzliche Nothwcndigkcit anerkannt worden var, hatte mit dem dänischen Feldzngc begonnen, sie and ihre Fortsetzung in dem Kriege von 1866, ans velchem dcr Norddeutsche Bund rcsnltirte nnd sic and ihren Abschluß durch dcu glorreichen Kampf zcgcn Frankreich, welcher znr Gründung dcö neuen l »ntschcu Reiches mit König Wilhelm als seinem cr-i tcn Kaiser an der Spitze, führte. Jetzt war daö^ Berk, welches dcr mmmehrigc Kaiser erstrebt, die« Einigung Deutschlands, nach Außen glänzend vollendet, k Jetzt galt cs dcm innercn Ausbau dcö großen Werkes! und wie Kaiser Wilhelm nntcr Mitwirkung seines bc-i währten Kanzlers nud anderer treuer Dicucr hieran! ort nnd fort arbeitete, während seine Negierung zu- ;lcich nach Außen Deutschland zur fortan maßgcbeu- »cn Macht im Nalhc dcr Völker Europas machte, ist a bekannt. Heule hat diese Arbeit bereits die er-? rculichsten Ncsnltatc gezeitigt, namentlich macht sich >ic unermüdliche Fürsorge dcS Kaisers und Königs für sein Volk auf dem Gebiete dcr socialpolitischeu