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Diese» «kalt wird den Leser« von Dresden »ud Umgebung am Lage vorher »«reit» als UbenaHlirgabr zugeslcllt, während es die Post Abonnenten am Morgen in einer Gesamtausgabe erhallen. 54. Jahrgang. ^ 83. vcztigsgebiihr vt-rNIjädrl. ttir Dru den dei täglich zwki. >ääligerZutraau»g,a» Sonn- und Montage» ,uie einmalt t>0 M!., durch »usiuärtigeaom« niiilwnäre !!.!,!> Mk. täei einmaliger Zu- tieitung durch die Post SMuouneivellcligelds. Tie den Leier» von Iiceden tu lImgeSung a>u Tage vorher »»- gestellten Adeud-Autj- gaben erhalten dteau«- völligen Benetzer niit der Morgen Au»gaba lamme» -ugesielll. stlachdrueliiui m» deut licher Quellenangabe > Dieid. Slachr.", ,u- lälsig. — Unveclaitgte lvianuskrivte merditl nicht auslxwahrt. Freitag, L». März Mio. Telegramm-Adresse: Nachrichten Dresden. Druck und Verlag von Liepsch «8c Reichardt in Dresden. Hauptgeschäftsstelle: Marienstrasse 58/HO. Fernsprecher: 11. ros« . :r«oi Anzeigen-Tarif dlfllltttseil I'«2 nackilll. L Mn . Lonnta.ib «ur Maninstrokc 3» von 11 bio ' ...I Uhl . T»i.' e»njpaltl>se t^rundtrsle i>.a. tz» Gliben l ^aulilirn ^.achnältrti «lli-ö Trrc.drn 20 Pi : «yfjchtlslü Aliltigz» M.s drr PnoaljkUc Hril.' 30 Lf l die jwetjvaltsge Helle a. Te> linke 60 ^i. In Vium,nern »»och Sonn u ,>ciert.,gcn we emwamgr t^rulld zeile ltOPs.ausPttval- silie lO Pj. »Iaruttic.'. Nachrichreu 0. T resoeu dielssliindictle 2-', Pf.— nur gegen Äorauod- Zahlung. — Jedes ^ s legdlau kojret 10 ^s. Drescjnei^ Lank kkliknkapilLl uncj ksssi-vsn 23l'/2 kilill. M. «mpkokit: ikw Vrvoclsrr-^, Lülllx llokaon-Strasss 3 » „ vraxor Strass« 39 Vrvockon-Ik., LautLQsr Strass« 3 vkoisssQ ruick LötssoksQdrocl«. :.: ALtV eilige ^-Lefe^. Ter König hat den wegen D v p v c l - G i s t m v r d e ö ,in Frau und Tochter vom leipziger Schwurgericht zum Tode verurteilten Tischler Not her zu lebenslänglichem ,-',uchthaus begnadigt. Am Wettiner Gumnasium wird von Ostern ü. I. ab der Lehrplan des N c f 0 r m g y m n a s i u m s nach Frankfurter System cingesührt. In der Frage der Sch iffahrtsabgaben sind nach dem „L. T." Preußens Berhandlungen mit Baden als erfolgreich abgeschlossen worden. Der Aetna ist seit einigen Tagen in Tätigkeit. DaS Manuskript der lk r f 0 r m von Goethes „W i l - Helm Meister" ist nach Deutschland verlauft worden. nähme, die die Muselmanen in ihren Gebräuchen stört, hat lebhafte Erregung hcrvvrgcrufen. Neueste vrMmelilungen vom 24 Mär; Der deutsche Reichskanzler in Nom. Paris. iPriv.-Tel.) Der römische Korrespondent dcS „Petit Ivnrii." will wipeii, der deutsche Kanzler habe dem König Bietvr E m a n n e l ein Handschreiben Kaiser Wilhelms überreicht, in dem der Kaiser die Gründe mittcilt, die ihn bewogen hätten, aus seine Neisc nach Benedig nilü Korfu zu verzichten Schijssunsälle. Cuxhaven. lPriv.-Tel.j In der Elbmündung kam der norwegische Dampfer „Dixi". der aut der Fahrt nach Schottland begriffen war, infvlge schweren Sturmes zum Kentern und ging mit einer Besatzung vvn fünf zehn Mann unter. Lorient. Bei einer Bernichssahrt bienen die beiden T t> r b i n c n t v r p e d v b v v t e „Boltiaeur" und „Tiralleur" zusammen und erlitten beträchtliche Havarie. Die Urform des „Wilhelm Meister". Bür ich. lPriv.-Tel.) Das von Dr. Billctcr aufgc- sundene Manuskript der IIrs v r m v v 11 G 0 ethes „Wilhelm Meister" hat der Eigentümer Dr. Denzlcr für 7000 Frcs. nach Deutschland verkauft. Das 'Perlagsrecht hat sür 18 000 Frcs. die Firma Dietrich-Jena erworben. Im Laufe des Lvmmers ivird der Nomnn er scheinen. Ter Aetna in Tätigkeit. Catania. Der Aetna ist seit ciniae» Tagen in Tätigkeit. Ans etwa 10 Oeffnungcn eraießen sich Lavaströme, welche schvn bis in die Nähe der Ortschaften -an Leo und Ninazzi gelangt sind. Einige Weinberge wurden zerstört und mehrere kleine Häuser von de» Schutt Massen begraben. . Marokko. Paris. Aus Fez wird gemeldet, das, Mulen Dasid, da seine Einkünfte infolge der Büraschasten sür die Anleihe stark abgenvmincn haben, immer neue Stenern ersinne. Sv habe er kürzlich den Besitzern maurischer Bäder in Fez eine ansehnliche MietSstencr sür die anaeblich dem Machsen gehörigen Grundstücke anscrlegt. Die Besitzer, die dagegen Einspruch erhoben hätten, seien ins GcsänantS gewürfen und die Bäder geschlossen worden. Diese Mast- Berlin. lPriv.-Tel.) Das preußische Kricgsministe- rium hat bestimmt, das, von dem Fuhartillerie- N cgi me nt Nr. 2, das allein von den Landregimentern i» der Bedienung der Küstengeschütze und im Seeschießen ansgebildet ist. drei Kompagnien unter einem Stabsoffi zier »ach Borkum verlegt werden. Die Verlegung svll bereits am 17. April beendet sein. Die Einfahrt um die Insel herum wird voraussichtlich durch Minensperre,, erschwert. Pari s. lPriv.-Tel.) Die vvn einem Brüsseler Blatte gebrachte Meldung vvn der Aufhebung der Verlobung zwischen der Prinzessin Eleinentine von Bel gien mit dem Prinzen Bietvr Nav 0 levn wirk hier als völlig aus der Luft gegriffen bezeichnet. P a r i s. Bei Billerupt in der Nähe vvn Nanci, landete gestern nachmittag I Uhr ein mit vier Mitaliederu dcs Kölner Lustschisse,vercinS bemannter Kuaelballon. Paris. In der vergangenen 'Nacht wurden zwölf Bilder, die für den diesjährigen Salvn der Gesellschaft französischer Künstler angenvinnien wurden waren, von einem bisher nicht ermittelten Menschen vollständig z e r - schnitten. Die Untersuchung hat ergeben, das, es sich nicht um eine» Nacheakt handelt: denn die ruinierten Bil der rühren von verschiedenen Künstlern her, sondern um einen ganz sinnlosen Akt der Zerstörung. Paris. Ans dem Bahngleise in Tvmbasle lDcv. Meurthe et Moselle) wurde die Leiche eines Beamten des Bahnhofes von Eamptgncnlles namens Dandon ausgefn» den. Dandon ist allem Anscheine „ach im Zuae ans der Nückreise vvn Epinal, wo er seine Braut besucht batte, er mordet und beraubt morden. Peschawar. Infolge des Zusammentreffens eines Hind.llfesles mit einer mohammedanischen Feier kam cs Mvniag abend zu Zusam m e 11 st ö s, e n zwischen H i 1, d n S und M v h ammedane r n , welche sich aestern erneuerten. Lieben Personen wurden getötet und 40 verwundet. ES scheint die Ordnung wiederhergestcllt zu sein. Kairo. Theodore Noosenclt ist hier eingctrvsscn und wird heute vom Khediven empfangen werden. vrttllcber uncl ZscbKrche;. Dresden, 24 März —* Se. Majestät der König wohnte am heutigen Gründonnerstage vormittag dem Gottesdienste in der katholischen Hofkirche bei und nahm nach dem Hochamle mit Ihren Königl. Hoheiten dem K r v n v r i n z e u , dem Prinzen Friedrich E h r i st i a n , der Frau Prin zessin Johann Georg und der Prinzessin Mathilde an der Prozession teil. —* Der König hat den Tischler Nvther, welcher im vorigen Jahr seine Frau und sein Töchterchen vergiftet batte und vom Schwurgericht Leipzig znm Tode verurteilt worden war, heute z» lebenslänglichem Zuchthaus be gnadigt. —* Der Prinz und die Prinzessin Heinrich vvn P r e u s; e 11 besuchten wiederholt die Kunsthandlung Emil Nichte,- iPrager Straße), besichtigten eingehend die verschiedenen Abteilungen des Etablissements und bewirk ten umfangreiche Ankäufe. Lsreilllsxen, -lunalims 2ur Vor/ilncunx. 8c6eck-Verke6r, ILrölsuun^ von Lohkrokkonten. 'Wertpapiere, ^n- unci Vorkriut, Leleidua^. Loupoas, l'iinjÜLUNj; uncl Vervvortun^. :.: :.: Depots, ^uthcnvirliruii^ oDonor u. ver8c->ilj088bsr6r. Xreäitbriekc nuk all« llauptpjät/s civr —Einweisung. Herr Obei-pfarrer D r. .uöltzsch aus Ehemnitz wird, wie bereits gemeldet, am 2. Osterfeier tag im Bvrmittagsgvttesdienst '-10 Uhr durch Herrn Ober konsistvrialrat Superintendent II. Dibelius als Pfarrer an der Trcitönigstirche in Dresden-Neustadt eingcwiesen. —Ordensverleihungen. Se. Majestät der König hat verliehen: das Komturtieuz 2. Klasse des Berdienn Ordens: den Generalmajoren z. D.: W a l> l e , bisl,er Kvm maiidenr der 4.7. Inf.-Brig., B a c in e i st c r , bisher Kom mandeur der <>:!. Inf.-Brig.: das Nitterkrenz 1. Klasse der selben Ordens: den Obersiltiits. z. D.: Maas,, bisher Zweiter Ltabsvfsiz. beim Landw.-2Iez. Ehemnitz. F-rhr. v 0 n H a m in e r st e i n , bisher Kommandeur des Landw.-Bcz. Pirna: das Koniturtreuz 2. Klasse des 2llbrcchts-Ordeiis: dem Generalmajor z. D. v. E lieg e r 11, bisher Komman deur der 2. Inf.-Brig. Nr. 46: der Krone zum Nitterkrenz 1. Klasse desselben Ordens: dem Major z. D. Schnitze, bisher Bats.-Koinmandciir im Iö6. Ins.-Regt., setzt Kom maiidenr des Landw.-Bez. 'Borna, dem 'Major a. T- v- Ein iicdcl, bisher Abt.-Kommandeur im 32. Fcldart.-Negt.,- das Nittertrenz l. K>ajse desselben Ordens: dem Major z. D. Klette, bisher Bezirksofsiz. beim Landw.-Bcz. Großenhain: die Krone znm Ehrentienz: dem Answärtcr Zumpe beim Kadettentorps. Ferner hat der Monarch die Erlaubnis znr Anlegnna nachstehender Ordensanszeich nnngen erteilt: des Bayrische» Militär-Berdienst-Ordens 3. Klage: dem Obersten v. Linsingen, Kommandeur des U>2. Ins.-sticgt.,- desselben O'-dens 4. Klasse: dem Oberltnt. T hrä n Hardt im M2. Ins.-Negt. —* Die KorpsslabSapothekcr können dem König von jetzt ab nach zwölfjähriger Dienstzeit, von der Anstellung als Stabsapotheker ab gerechnet, zur Verleihung des Cha rakters als O b e r st a b's apvthckc r und des Nanges in Klasse IV lhruppe ll der Hofrangordnung vorgeschlagen werden. Korpsstabsapothcker mit bczw. ohne Charakter als Oberstabsapotheler und die Stabsapotheker erhalten am eckig geschnittenen Kragen und an den Aermelausschlägen des Wassenrockrs zwei glatte, gestickte silberne Litzen nach dem für Militär-Intendanten vorgeschricbencn Muster. —s Personalveiänderuiilic» i» der Armer. Erucnnnngc». Vesörderuiincn »nt> Verschlinge». Im aktiven H e c r r. »H, Evnrad, :Najvr bei der Preiib. Bcrsucho-Abl. der BcrkchrS- trupvc», bclniso Verwendung als Bals.-Kommandeur in dae> 2. Preuf,. Eisend.-Regt, versetzt. Müller, Generalmajor und Kommandeur der 80. Inf.-Vrig., unter Beförderung zum Ge- neraUllit. init etnei» Patent vom lt. Anglist IE, vom I. Avril ab zur Vertretung des dcurlandten Kommandeurs der 24. Div. nach Leipzig lommandicrt. — Ten (Generalmajoren: Meihncr, Kvmmandcnr der 28. Feldart.-Vrig., »1« Frdr. v. Liildenian, Chef des >->sencralstnbes, »H« Vierling, 2lbl. Ches im .Krregsmiuistcrinm, — Patente ihres Dienstgrades vom 22. Marz verliehe». — Die Obersten: »1« Cdler v. d. Planitz, Kommandeur des Lchutzeii-Regto., nntcr Crueniiung z-nn Koinmandenr der ii>. Ins.-Vrig., Göy o. Oleilhnskn, Kommaiidciir des Il>7. Inj.-Rcgts., unter Ernen nung zum »iominandciir der 17. Ins.-'Vrig., »k» v. Luclvw, Kom mandeur des 178. Iiis.-NcalS-, unter Crnennung zum Kommai - deur der «il. Ins.-Vrig., — zu Geucralinajorcil besordert, von Echouberg. Kommandeur des 177. Ins. Vcgls., zur Vertretung de» ablomttiandierten Kvnnnaiidcnrs der 8». Ins.-Vrig. nach Zivician kommandiert. v. -eiidcwitz, Abt.-Chef im .KricgSliiininerilim. unter gtcichzeitiger Cnlbebnng'von den Geschäften des Inspekteurs her Iufaiuerieschnlen. zum Konimaiideur des 2chiitzcu-:>iegts. cr- nannt. - Die Oberstleutnant»: »1« Blchtllc, beim Ztabe des lill. I»s.-:>!egts.. uutcr Crueunnng ziini Kommandciir des 178. Ins.-ülegts., >j< Frbr. v. Lcckendorsi Gudeut, n ja sniis der Armee, militärisches Mitglied des Vcichsmililärgerichts. »1« Gras v. der Lchulcubnrg-Hchleu, Koiumalldeur des 21. lllau.-lsiegts., »H- Vaum gartcu-Crustils, .Kommandcur der Niitcrofsizicrschule und ituter ossiziervorschnle, unter Crueunnng zum Kommandciir des 107. Ins.Mcgts., »k, Lneiiis, Vorstand der Abt. snr LaiiüeSausnabme. Lcuthold. Chef des Gcnerasstabcs M. I'lrmcckorps, Ullrich Kiinrt uncl W>;;enrcbaN. Johannes Schilling hat, wie wir ans sein Kreise seiner Familie erfahren einen schönen und leichte,, Tod gehabt. Noch am letzten Sonntag mar die ganze Familie aus Anlaß der Konfirmation seines jüngsten Sohnes in dem Landhaus in Klotzsche Künigswaid vereinigt »nd der blinde Meister bewegte sich in alter Frische im Kreise seiner Lieben. An seinem Todestage mar er ebenfalls noch irisch und gesund und ließ sich in den Abendstunde» noch aus „Hermann und Dorothea" vvrlescn. Dann unterhielt er sich mit seinen Angehörige», ging selbst die Treppe nach feinem Schlafgemach empor, legte sich zu Bett, um dann still und friedlich einznschlafcn. Sv endete das arbeits- und erfolgreiche Leben des großen Meisters in barmonischer und friedlicher Weise. Robert Hamerling.*) <Znr 8 0. Wiedcrke'hr seines Geburtstages.) Bor achtzig Jahren, am 24. März 1830, erblickte Nvbcrt Hamerltng, Oesterreichs bedeutendster Cviker. das Licht der Welt. Ein Leben voller Schmerzen und Mühsal war ihm bcschicden. Bon Kindheit an kränkelnd, im Manncsalter von jahrelangem schweren Siechtum heimgesucht, dem Leben fremd gcgenübcrstehcnd, verbittert und müde, und dennoch mit heißer Sehnsucht seinen Ideen und Phantasien lebend besaß er immer »vch die seelische Kraft, sich eine Neibc von Dichtcrwerken abzuringcn, die in ihren großzügigen und kühnen Entwürfen, ihrer farbenprächtigen Schildcrungs- kunst und ihrem philosophischen Gehalt kaum ahnen lassen daß sie von einem Manne geschrieben wurden, der sich nie mals des Vollbesitzes seiner körperlichen Gesundheit zu er freuen hatte. Im Alter von 3« Jahren veröffentlichte er *s Hamerlings Werke, sowie cinc große Anzahl von Einzel. Ausgaben seiner Dichtungen „nd Schriften erschienen zu billige» Preisen in Max HesscS Verlag in Leipzig. sein EvvS „Ahasver in Nom" und war nun mit einem Schlage der gefeierte Dichter, dem es gelungen war, zwei Weltanschauungen in genialem Kontrast gcgenüberzu- stellen: hier TodcSsehnsucht, dort Levcnstailiiiel, verkörpert in den überlebensgroßen Gestalten eines Ahasver und eines 'Nerv. Hamcrling eroberte sich mit diesem Werk den Platz eines ersten Epikers seiner Gcnerativii: und wenn auch heutzutage die Bedeutung des Dichters im ruhigeren Lichte einer objektiven, durch die Zeitdistanz abgeklärten Kritik vielleicht nicht mehr ganz so hoch bewertet werden tann wie zur Zeit seiner Glanzcpoche, so muß doch darauf hingcwicsen werde», daß Hamcrling in einer Zeit der trassesten Pseudo-Poesie, die den Büchermarkt mit süß lichen Klischee-Epen überschwemmte, mit ieincin sehnsüch tigen Ningcn um das Höchste in der Kumnst, seiner kühnen Bildhaftigkeit und Ueberfülle an Farben und seiner glühenden Phantasie, die ihn manchmal nur allzusehr vom Roden der Wirklichkeit entfernte, zu den wenigen Aus- erwählten gehörte, die ihre ganze Kraft daranictzteii, die Knust nicht herabzuwürdtgcn, sondern zu neuen Entwick- lungsiiiöglichkeiten z» führen. Das großangelegte Wicdcr- täuscr-Epvs „De, König von Sion", das uns ein phanta stisch auogcschmttcktcs Zeitgemälde aus dem Jahrhundert der Reformation entrollt, die freundliche, dem ApulejuS nachgcbildcte Idylle „Amor und Psyche", das glänzende satirische Evvs „Homunkulus", daö die moderne Talmi- knltur glossiert und, was seinen geistigen Gehalt anbclangt, unter Hamerlings Werken vielleicht an erster Stelle steht» der Gricchcnrvman „Aspasia", in dem uns das sonnige Zeit alter klassischer Kultur zur Zeit des Perikles vor Augen geführt wird, die dramatischen Arbeiten „Dantvn und NvbcSpicrre" und „Teilt", sowie die manntafaltiqen lyri schen Werke, die unter den Titeln „Venus im Exil", „Sin nen und Minnen". „Ein Schwanenlied der Romantik", „Blätter im Winde" und „Letzte Grüße ans Stiktinghaus" erschienen und deren Wert weniger in reiner GcfühlSlyrik als in fvrmenschöncn Gedankendichtungen zu suchen ist — sie alle legen Zeugnis ab von einer reich veranlaziten, viel seitigen Persönlichkeit, die eine unstillbare Sehnsucht nach Größe und Unendlichkeit zu einer unglücklichen, niemals zufriedenen 'Natur machte, einer Persönlichkeit, die es krast ihrer dichterischen Größe verdient, auch bei den späteren Gencrativnen nicht in 'Vergessenheit zu geraten. Am intim sten offenbart sich nnS die Persönlichkeit des Dichters natürlich in seinem biographischen Merk „Stationen meiner Lcbenspilgerjchast", ebenso wie man noch viele fcindtchie rische und persönliche Züge in den „Lehrjahren der Liebe", einer Art Ergänzung seiner Autobiographie, den „Gesam melten Erzählungen" und den „Lieben Todsünden" aus finden wird. .Hamcrling starb am 13. Juli 1886, literarisch völlig anerkannt, als Mensch aber einsam und verbittert, i» Graz, derjenigen Stadt, die ihn während der letzten Jahrzehnte seines Lebens beherbergt hatte. I. Bcrstl. Goethes ursprünglicher „Wilhelm Meister". Bvn Eduard Engel. t'Nachdruck verboten.l Der glückliche Entdecker der ursprünglichen Fassung des „Wilhelm Meister", Prof. Gustav Billeter in Zürich, veröffentlicht soeben größere zusammenhängende Proben von „Wilhelm Meisters theatralischer Sendung", wie der Titcl der ersten Fassung lautete, und setzt »ns in den Stand, den Wert seines unerwarteten Fundes zn schützen. Die Proben sind vornehmlich aus den zwei ersten Büchern des „Wilhelm Meister" entnommen, hinzugefügt sind einige größere Stellen aus dem vierten Buch, das Ganze um faßt 11 l mittelgroße Druckseiten, und wenn mir auch immer noch gespannt sein dürfen auf den gegen Ende dieses Jahres erscheinenden Abdruck der ganzen Handschrift, so wissen wir doch nunmehr, wie cs mit Inhalt und Form des ersten „Wilhelm Meister" bestellt mar. Auch nichtphilologischc Leser vermögen durchaus die Wichtigkeit der ursprünglichen Fassung des „Wilhelm Meister" zn würdigen, wenn sie erwägen, daß es sich um Goethes erste größere Prvsadtchtnng nach dem „Weither"