Volltext Seite (XML)
Donnerstag —— Nr. 20». —— ° 22. Julius 1847. MM Dmtsche Allgemeine Zeitung. ZM «Wahrheit und Recht, Freiheit und Gesetz!» U-be-blt». Deutschland. chÄus Mitteldeutschland. Die Ausfuhrverbote bei Le bensmitteln. — Leipzig. Müller, Bäcker und Brottaxen. *Äus Oder- sachsen- Handelspolitische». — Volksschulwesen in der Grafschaft Bent heim. »Äoburg. Der ständische Ausschuß. AreuOen. **Gerlin. Schützenfest. Der Polenproceß. — Volkszählung. Kackelzug in Köln. — Separatisten in Elberfeld. — Die englische Bi belgesellschaft in Köln. — Tschcch'S Tochter. — Brandstifter. Portugal. Erklärung der Gesandten der drei intervenirenden Mächte. Expedition. Die CortcSwahlen. Abgabenerhebung. Der Herzog v. Lereeira. EroHvritannien., Parlament. CabinetSrath. Die Reise der Königin nach Schottland. Eisenbahnbill«. Die Inhaber spanischer Fonds. Du bliner Glückwunschadresse an Lord Clarendon. Die britische Marine. Ex plosion. Der Washington^ Frankreich. Das Urtel des PairöhofS. Deputirtenkammer. Die neue An leihe. Die Anleihen seit der Julirevolution. Die indirekten Steuern. Die Union monarchique. Hr. Ardit. Soyer. Emir-Beschir. ** Paris. Der PairShof. . Schweiz. Entschädigter Buchdrucker. Griechenland. **Athen. Die Wahlen. Türket. Konstantinopel. Depeschen. Escadre. Tahir-Pascha. Liszt. Da Mlata-Staaten. Erfolgte Ausgleichung. Derfanalnachrichten. * Wiffenschast und Kunst. ** Leipzig. Theater. Gastspiele. *Gad Homburg. Die Saison. Handel und Industrie. * Leipzig. Börsenbericht. Rom. Die Eisen- bahnfragc. — Berlin. Ankündigungen. s Aus Mitteldeutschland, 20 Jul. Eß ist nicht uninteressant, zu vernehmen) wie sich das preußische Landes-Ockonomiecollegium über Ausfuhrverbote der unentbehrlichsten Nahrungsmittel ausspricht. Zu diesem Ausspruche wurde es zunächst veranlaßt durch einen Auszug des Protokolls des rheinpreußischen landwirthschaftlichen Vereins, worin man sich gegen die Aufhebung des Kartoffelausfuhr - Verbots erklärte. Das Oekonomiecollegium bemerkt dazu, daß dieses Ergebniß um so unerwar teter erscheine, als Adam Smith's Untersuchung über die Natur und die Ursachen dcS Nationakreichthumß schon im Jahre 1776 in Deutsch land in einer Uebersetzung erschienen sei, als die von ihm gestiftete Schule Ibis auf diesen Tag an Ansehen gewonnen und vor kurzem einen der glänzendsten Siege über die Hemmnisse eines freien Völkcrverkchrs errun gen habe, und als ja selbst die preußischen landwirthschaftlichen Akademien die politische Oekonomie nach Smith's Grundsätzen lehrten. Für den vorlie genden Fall sprach sich aber Adam Smith dahin aus: „Den Landwirth verhindern, seine Waare zu allen Zeiten auf den besten Markt zu ver senden, heißt offenbar das gemeine Gesetz der Gerechtigkeit einer Einbil dung von gemeinem Besten, einer Art von StaatSraison aufopfern." Je nrs Ergebniß der, Abstimmung des rheinprcußischen landwirthschaftlichen Vereins sei aber selbst dann noch befremdend, wenn man auch annrhme, daß die Mehrzahl der Mitglieder gar nicht aus gewerbtrcibendcn Land- wirthcn, sondern aus andern Ständen bestände. Man wisse und er kenne sehr leicht: 1) Daß der Preis der Kartoffeln nothwendig mit dem Preise anderer Lebensmittel, namentlich des Roggens, in Verhältniß sei nes NahrungswerthcS treten müsse, wenn dies Verhältniß auch augen blicklich einmal gestört erscheine; also biete auch das einseitige Verbot der Ausfuhr einer Frucht gar keinen Schutz gegen Theuerung; 2) daß der Kartoffclbau immer in einem weit größern Maßstabe betrieben werde, als es das Bcdürfniß der menschlichen Nahrung crfoderc, mithin die großartigen Verwendungen der Kartoffeln zu technischen Gewerben und Viehfutter großcnthcils unterblieben, sobald der Preis , die Höhe erreiche, daß diese Benutzung augenfällig unvorthcilhaft werde. 3) Man sehe eben so leicht ein, daß ihr Transport kostbar und gefährlich sei. Die Preis differenz müsse also sehr erheblich sein, wenn der Umsatz einen Handels- vortheil bringen solle. Aber diese Differenzen dauerten gewöhnlich nicht lange, und dann verbiete sich dieser Handel von selbst. Man habe aber 4) vor Allem Gründe, die Hülfe der legislativen Gewalt in solchen Fäl len zu meiden, zunächst schon deshalb, um nicht mit dem Verbote dicall gemeine Ucberzeugung hcrvvrzurufcn, daß die Noth dringend sei, was gerade eine dauernde Steigerung der Preise veranlassen könne, sodann aber und wesentlich, weil der Landwirth das Vertrauen auf den Schutz seiner Regierung verliere, wenn sie ihm als eine feindliche Macht ent- gegcntrete. Der Mangel dieses Schutzes hemme aber die Entwickelung ei ner Industrie, die in jeder Zukunft die beste Hülfe gegen große Noth sei. Der Landbau könne sich nämlich niemals mit Glück in den doppelten Kampf mit einer außerordentlichen Concurrenz in guten Jahren und einer ihm feindlichen Regierungsgewalt in bösen Zeiten cinlassen. Wollte man nun, kraft dieser Gründe, zweifeln, ob die Regierung wohl gethan, ein solches Verbot zu erlassen, so werde man doch in Folgendem eine Recht fertigung finden: „Man kann, sage Adam Smith, die Gesetze, welche das Getreide betreffen, mit den Gesetzen, welche die Religion betreffen, vergleichen. Die Menschen finden sich bei Dem, was sich auf ihre Er haltung in diesem Leben und ihre Glückseligkeit in dem zukünftigen be zieht, so sehr interessirt, daß die Regierung ihren Vorurthcilen nachgeben und, um die öffentliche Ruhe zu erhalten, das System einführen muß, womit sie zufrieden sind." Aehnlich spricht sich auch der landwirthschaftliche Hauptverein für das Königreich Sachsen aus. Derselbe sagt: „Daß zur Abwendung der be stehenden Calainität von unserer erleuchteten Staatsregicrung nicht Be schränkungen im Verkehr angeordnet wurden, wie wir solche leider von andern deutschen Regierungen gegen ihre Nachbarländer ergreifen sahen, daß dieselbe namentlich dem so sehr verbreiteten Verlangen nach einem Einstcllcn der Branntweinbrennereien nicht nachgab und dies erst anord nete, als von einem benachbarten größern Staate diese Maßregel beschlos sen und eine baldige Grünfütterung zu erwarten war, ist deren richtiger Beurtheilung der vorliegenden Verhältnisse zu verdanken; denn abgesehen von den empfindlichen Nachthcilen, welche aus einer solchen Betriebs unterbrechung für die Besitzer der Brennereien entstehen, war mit uver- sicht voraußzusehen, daß der größte Theil der in dem Brennereien verwen deten Kartoffeln zu demselben Zwecke nach den Nachbarstaaten verkauft, ein anderer ansehnlicher Theil verfüttert, sodaß um so weniger an Nah rungsmitteln gewonnen worden wäre, als zur Erzeugung des durch die Brennereien gehenden Materials im Königreiche Sachsen nicht me r als I Proc. des pfluggängigen Landes verwendet wird, während aber auf der andern Seite durch ein solches Verbot die Branntweinsteuer von den benachbarten Staaten bezogen, der von dort eingebrachte Spiritus zu weit hö- hern Preisen bezahlt und dadurch eine höchst empfindliche und nachtheilige Rück wirkung auf das Fabrikwesen und sonach auf die Arbeiterbeschäftigung, na mentlich auf Esfig- und Bleizuckerbereitung, ohne welche die Kattundruckereien und Färbereien nicht bestehen können, veranlaßt worden wäre. Endlich haben die Redactionen mancher, namentlich auch sächsischer öffentlicher Blätter, deren Gesichtskreis allerdings nicht sehr weit zu sein scheint, Gelegenheit gehabt, sich zu überzeugen, daß Wucher, sogar der Produccntcn, über welchen man schon klagte, als die Preise kaum die Hälfte der jetzigen Höhe erreicht hatten, dieselben hcrvorgerufen haben, ja daß sogar die land- wirthschaftlichen Vereine die Schuld an der Theuerung trügen. Man wird aber noch cinsehcn lernen, daß cs nicht die landwirthschaftlichen Ver eine sind, welche die Preise dictiren und normiren; denn so unglaub- ich auch das Gcgentheil erscheinen mag, so lächerli ch solche weit verbrei- tcte kurzsichtige Ideen auch sind, sie haben ihr Publicum gefunden, und werden bei demselben auch so lange Eingang finden, als man nicht glau ben will, daß die vorjährige knappe Aernte die jetzigen Preise hcrvorge- rufcn habe." — Leipzig, 21. Jul. In Dresden ist während des, seiner wesentli chen Milderung nun rasch sich nähernden Nothstandcs eine Commun- b äckerei eingerichtet worden, und wie verlautet, wird dieselbe zunächst bei-, behalten werden. Das dürfte in sehr vieler Hinsicht, und wäre es selbst blos aus dem Gesichtspunkte, das Beispiel einer Mustereinrichtung für das wichtige Geschäft der Brotbcreitung zu geben, nur zu billigen sein. Ob die Bewirthschaftung für Communrechnung mit im Plane, ob sic cbcn so zweckmäßig, ob Verpachtung unter Bedingungen nicht vorzuziehcn sei, welche mit dem Begriff und Zweck einer Mustcranstalt harmonirten, ist uns theils noch nicht bekannt, theilö soll cS hier setzt nicht erörtert wer den. Aber Hinweisen möchten wir auf das Beispiel Dresdens in dieser Angelegenheit, da ähnliche Anstalten zur Verarbeitung von Getreide oder Mehl zu Backwaarcn von Behörden wie von HülfSvcreincn in der Periode des Mangels an manchen Orten eingerichtet worden sind und die Erhaltung resp. Ucbcrnahme für die Commun gewiß auch außer Dresden vielfach zweckmäßig