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Mßeritz-Mllng Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. 69. Jahrgang. Sonnabend, den 17. Januar 1903. Nr. 8. Inserate, welche bei der bedeutenden Auflage de« Blattes eine sehr wirk same Verbreitung finden, werden mit 12 Psg., solche aus unserer Amtshaupt- mannschast mit 10 Pfg. Ab Pfg, zweimonatlich M * zierte Inserate mit «nt-- 84 Pfg-, einmonatlich 42 k 1/ sprechendem Aufschlag.- Pfg. Einzelne Stummem M M Eingesandt, im redaktio- Anzeiger für Dippoldiswalde und Umgegend. " Amtsölatt für die Miglich- Umlshauplmannschasl, das Migliche Umtsgmcht und dm Stadtrat zu Uppoldiswalde. di« Spaltzeile oder deren Raum berechnet. - T«' bellarische und kompli- Die .««iberttz-Zritnng" «scheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners lag und Sonnabend und wird an den vorhergehen- denAbenden ausgegeben. V-r°M°°-Uich°° Pa», - Druck und »«d« »m ««rl «M « Mit achtseitigem „Illustrierten Anterhaltungsblatt". Ehlr. 41 O. gesammten Bosniens nebst der Herzogowina, des südlichsten Teiles ersterer Provinz, des Novibazars, übertrug. Aus politischen Ec hot man es allerdings in Wien bislang ver gung des also auch Sandschaks Wägungen Aus dem europäischen Wetterwinkel. Ueber die zwischen Oesterreich-Ungarn und Rügland beim Besuche des russischen Ministers Grafen Lamsdorff in Wien getroffenen Vereinbarungen zur Aufrechterhaltung Ler Ruhe auf der Balkanhalbinsel, speziell in Hinblick auf die mazedonische Bewegung, ist auch heute noch nichts Authentisches bekannt. Es läßt sich auch darum einst weilen nicht bestimmt beurteilen, was an dem aufge- tauchten Gerücht Wahres ist, wonach Oesterreich-Ungarn von Ruhland freie Hand für seine Politik im Westen der Balkanhalbinsel und namentlich die Zustimmung zu einem eventuellen Vormarsch der österreichisch-ungarischen Truppen in das Sandschak Novibazar erhalten haben soll. Aber unwahrscheinlich klingt das Gerücht keines wegs, und es ist denn auch kaum daran zu zweifeln, daß der Kaiserstaat seine Truppen im Einverständnisse mit dem Petersburger Kabinet von Bosnien aus bis nach Mitrowitza, also bis an die albanesische Grenze, vorschieben würde, falls dies die Umstände erfordern sollten. Ja, Oesterreich-Ungarn würde zu einem der artigen Vorgehen schon durch den Berliner Vertrag von 1878 berechtigt sein, der ihm die Besetzung und Beruhi- mieden, die Besetzung Bosniens durch einen Einmarsch der k. k. Truppen in das Sandschak Novibazar zu ver vollständigen, aber zweifellos würde eben doch zu einer solchen Mahnahme gegriffen werden, wenn dies durch die Verhältnisse notwendig werden sollte, etwa durch ein Wiederaufflammen der mazedonischen Rebellion und die Bedrohung der okkupierten Provinzen seitens dieser revo lutionären Bewegung. Gegenwärtig herrscht nun aller dings wieder Ruhe in Mazedonien, und die Pforte be müht sich, die dortigen Verhältnisse dem Auslande in möglichst günstiger Beleuchtung vorzuführen. Wiederholte offiziöse Berichte aus Konstantinopel, die in letzter Zeit veröffentlicht worden sind, trieften förmlich von Ver sicherungen, dah dort alles gut gehe und dah die Pforte «An Mazedonien wie in den anderen europäischen Provinzen der Türkei mit Ausführung von Reformen energisch vor- Pehe. Diese Beteuerungen entsprechen aber nur in sehr mäßigem Grade der Wahrheit, man weih in den Kreisen Ler europäischen Diplomatie, dah es speziell mit den Re- formmaßnahmen der türkischen Verwaltung gar nicht so weit her ist, und dah die meisten der mit ungemein viel Selbstbewußtsein angekündigten Reformen für die europä ische Türkei nur dazu bestimmt sind, auf dem Papier zu ifigurieren. Oesterreich-Ungarn und Ruhland, als die bei Len Dingen auf der Baikanhalbinsel am meisten inter essierten Mächte, werden sich jedoch von der türkischen Regierung in der Reformfrage gewih kein r für ein u -oormachen lassen, sondern ihr da scharf auf die Finger Passen. Bereits erklärt die Petersburger „Nowoje Wremja" «uf Grund von authentischen Informationen, dah die beiden Mächte übereingekommen seien, von der Pforte folgendes zu verlangen: Einsetzung einer finanziellen -Kontrolle betreffs der Steuererhebung und der Zahlung Ler Gehälter an die Beamten und die Truppen in den europä ischen Vilajets, Einsetzung einer europäischen Kontrolle über die türkische Gendarmerie, Einsetzung einer geeigneten Kon trolle über die Gesamtoerwallung Mazedoniens. Ver mutlich wird sich die Pforte gegen derartige Zumutungen sperren, welche die türkische Eigenliebe empfindlich be rühren, aber wenn sie nicht will, dah alsdann die zwei Mächte gewaltsam vorgehen, so wird sich eben die Pforte doch zu solchen durchaus notwendigen Reformmahregeln verstehen müssen, die schließlich ja im Interesse des tür kischen Staates selber liegen. Mit grohem Vorbehalt sind auch die offiziösen Konstantinopeler Versicherungen von der jetzt in Mazedonien herrschenden Ruhe aufzunehmen. Gewih, augenblicklich ist daselbst die aufständische Be wegung niedergeschlagen, der schon die winterliche Jahres zeit keine günstigen Aussichten eröffnen würde. Bereits aber hat man bulgarischerseits ganz ungescheut darauf hingewiesen, dah der Ausstand in Mazedonien kommendes Frühjahr wieder ausbrechen werde, was durch Stimmungs berichte aus Mazedonien selber bestätigt wird. Nachher wird es jedoch vermutlich auch in Albanien zu Unruhen kommen, wo es schon lange gegen die Herrschaft des Sultans gährt, und alsdann würde sich die Türkei zweifel los abermals vor ernsten Verlegenheiten sehen. Sollte sie sich derselben nicht zu erwehren vermögen, so wäre allerdings ein militärisches Eingreifen Oesterreichs in die Balkanverhältnisse kaum zu vermeiden; nur wäre noch abzuwarten, ob in solchem Falle die Ereignisse im euro päischen Weiterwinkel sich auch wirklich ohne Bedrohung des allgemeinen Friedens weiterentwickeln würden. Lokales und Sächsisches. Dippoldiswalde. Schon seit mehreren Jahren hat man sich in unserer Stadt mit der Frage einer Erweite rung des hiesigen Wasserwerks besaht, um dem zuweilen, insbesondere bei großer Trockenheit eintretenden Wasser mangel abzuhelfen und einem solchen für die Zukunft überhaupt vorzubeugen. Auch neuerdings sind die städti schen Kollegien dieser Angelegenheit wieder näher getreten, nachdem die zur Erweiterung in Aussicht genommenen Niederschlagsgebiete im November o. I. durch einen Sach verständigen besichtigt und geprüft worden waren. Hierbei hat sich ergeben, daß die betreffenden Quellen sämtlich für eine Erweiterung des Wasserwerkes nicht geeignet sind, dah es aber auch der Erschließung neuer Quellen vorläufig gar nicht bedarf, da das Q-iellengebiet des Steinborns nach dem Gutachten des zugezogenen Sach verständigen, Ingenieur Jensen-Freiberg, zur Versorgung der Stadt mit Wasser vollkommen ausreichend ist. Das selbe gab bei einer am 18. November v. I- bei ziemlich starken, Frostwetter (9 Grad) vorgenommenen Messung in 9 Sekunden I I Liter Wasser, was einem Quantum von 105 cbm pro Tag entspricht, während bei einer im November des vorvorigen Jahres stattgesundenen Messung ein Tagesquantum von 216 cbm und bei günstigen, Wetter oft auch noch größere Ergibigkeit festgestellt wurde. Für die Stadt Dippoldiswalde existiert daher zur Zeit ein Wassermangel überhaupt nicht; die Quellen des Stein borns sind vielmehr für den Wirtschaftsbedarf der Stadt — vorausgesetzt, dah Wasserclosets, Springbrunnen und gröhere gewerbliche Etablissements nicht in Frage kommen — völlig ausreichend. Wenn trotzdem in Dippoldiswalde zuweilen Wassermangel herrscht und mitunter Häuser in hochgelegenen Stadtteilen ohne Wasser sind, liegt dies lediglich an dem vorhandenen, nur 50 cbm Wasser fassenden Hochbehälter. Derselbe ist viel zu klein und füllt sich zu schnell, sodah während der Nacht viel Wasser unbenutzt abläuft, während derselbe dann am Tage oft nicht in der Lage ist, den Bedarf zu decken, infolgedessen dann die oberen Teile der Stadt zeitweise unversorgt bleiben. Diesem Uebelstande muh nach dem Gutachten des Sachverständigen abgeholfen werden und zwar dadurch, dah das jetzt aus dem Hochbehälter nachts un benutzt ablaufende Wasser aufgefangen und in einen, zu errichtenden grohen Reservoir von Z50 bis 400 cbm Inhalt ausgespeichert wird, weshalb die städtischen Kollegien beschlossen haben, Herrn Ingenieur Jensen in Freiberg mit der Ausarbeitung eines diesbezüglichen Pro jektes mit Kostenanschlag zu beauftragen. Dieser zweite Hochbehälter soll in unmittelbarer Nähe der Stadt erbaut und das Ueberlaufwasser aus demselben bei regnerischer Zeit mit für die Schleusenspttlung verwendet werden. — Wie im Inseratenteile ersichtlich, 'ersäht der Be- zirks-Obslbauoerein eine Bekanntmachung, die Bestellung von Edelreisern betreffend. Wir möchten aber nicht unter lassen, darauf hinzuweisen, daß der Landes-Obstbauverein keineswegs im stände ist, alljährlich Edelreiser in unbe schrankter Zahl abgeben zu können. Es kann sich nur um Ueberlassung von Reisern solcher Obstsorten handeln welche m der betreffenden Gegend „och gar nicht, oder nur erst sehr wenig vertreten sind. So viel als möglich Der approbierte Tierarzt, Herr Adolf Juncker, z. Zt. in Höckendorf, ist während der Dauer seiner Vertretung des dortigen Tierarztes Herrn Gebauer als wissenschaftlicher Fleischbeschauer für die Ortschaften Höckendorf, Beerwalde, Borlas, Obercunnersdorf, Ruppendorf, Seifersdorf, Spechtritz, Malter, Paulsdorf, Paulshain, Seifen und Reichstädt in Pflicht genommen worden. Die Stellvertretung des genannten Herrn Gebauer während seiner Abwesenheit sind im übrigen die erforderlichen Reiser von Bäumen der gewünschten Sorten im Bezirke selbst zu gewinnen. — In der letzten Turnratssitzung setzte man nach Ausnahme neun neuer Mitglieder, einschließlich dreier Zöglinge, die Hauptversammlung auf den 31. Januar fest. Auch genehmigte man die von den Jünglingsriegen auszuführende Abhaltung eines Familtenabends für Mitte Februar nur für die Mitglieder des Vereins und deren Angehörige. — Am vergangenen Mittwoch hielt die hiesige Bäcker-Innung im Gesellschaftszimmer des Hotels „Stadt Dresden", ihr diesjähriges Neujahrs-Quartal ab, zu dem 27 Mitglieder erschienen waren. Herr Obermeister Gietzold eröffnete >/44 Uhr diese Versammlung mit der Begrüßung der Erschienenen und der Aufnahme eines neuen Mit gliedes, welcher das Lossprechen eines am Neujahr aus gelernten Lehrlings folgte. Nach Vortrag des Jahres und Kassenberichtes erfolgte die Neuwahl des Obermeisters, wozu der zeitherige Obermeister Herr Gietzold von 28 abgegebenen Stimmen mit 27 Stimmen wiedergewählt wurde, ebenfalls wurden im nächsten Wahlgange die ausscheidenden Vorstandsmitglieder die Herren Wackter und Baumgarten mit 27 resp. 26 Stimmen als solche wiedergewählt. Nach Beschlußfassung, dem hiesigen sich neu zu bildenden Jnnungsausschuß mit beizutreten, in welchem Herr Wallter als Vertreter der Innung gewählt wurde, und nach Erledigung einiger Jnnungs Angelegen heiten, schloß der Herr Obermeister 6 Uhr die Sitzung. Als Versammlungslokal auf 1903 wurde das Bahnhofs restaurant gewählt. — Das Befinden des am Sylvestertage wegen Blut vergiftung ins Karolahaus nach Dresden gebrachten Tischlers Börner ist nach schweren Tagen und wiederholt vorgenommenen operativen Eingriffen glücklicherweise in das Stadium der Besserung getreten und ist Lebensgefahr zur Zeit nicht mehr vorhanden. . — Das von dem Brandversicherungskassierer K. G. Hartmann für in Frauenstein (Sa.) geborene Studierende der Universität Leipzig 1817 begründete Stipendium von ungefähr 350 Mk. jährlich ist anderweit zu vergeben. Bewerbungsgesuche sind unter Beifügung eines vom Pfarr» amte und dem Stadtgemeinderate zu Frauenstein ausge fertigten Geburtszeugnisses, des Jn'.matrikulationsscheines und eines Zeugnisses über das wirkliche Studium baldigst beim Stiftsamte, Landhausstraße 7, III., einzureichen. Rehefeld-Zaunhaus, 14. Jan. Eine merkwürdige Erscheinung im Tierleben konnte man im Laufe der vorigen Woche hier beobachten. Am Mittwoch morgen waren einzelne, getrennt von einander liegende Schneeflächen von einer nach tausenden zählenden Menge von Insekten larven bedeckt. Es waren die einer Tribulide, jener großen, langbeinigen Mücke. Die Art ließ sich nicht be stimmen, da über die Larven der Mücken noch zu wenig bekannt ist. Eine ganz sichere Bestimmung würde nur durch die Zucht zur Jmego möglich sein. Die Larven leben von verwesenden Pflanzcnstoffen; sie halten sich be sonders gern in den sich zersetzenden Laubschichten unserer Buchenwälder auf. Das rätselhafte Auftreten jetzt zur Winterszeit ist wahrscheinlich so zur erklären, daß sie durch einen Wind mit den sie bedeckenden Blättern in die Lüste gewirbelt wurden und dann gleich den tanzenden Schnee flocken auf die Felder herabsielen. Dresden. Die Besserung in dem Befinden des Königs macht unverkennbare Fortschritte. — Kronprinz Friedrich August unternimmt täglich mit gutem Er folge Gehversuche; der Knöchelbruch ist sehr gut geheilt. — Thronwechsel ist in Sachsen seit zweihundert Zähren achtmal eingetreten. Dabei ging die Krone vier mal auf den Sohn des verstorbenen Fürsten, dreimal auf dessen Bruder und einmal auf dessen Bruderssohn über. — Prinz Johann Georg ist von seiner Reise nach Wien und Prag wieder nach Dresden zurückgekehrt. — In Taucha legte ein etwa I4jähr!ger Knabe Hand an sich und endete sein Leben freiwillig. Tine krankhafte Veranlagung und eine seit dem Tode der hinsichtlich der Fleischbeschau in Höckendorf, Beerwalde, Borlas, Obercunnersdorf und Ruppendorf besorgt der Laienfleischbeschauer Herr Wilhelm Schiffel in Höckendorf. Dippoldiswalde, am 12. Januar 1903. Königliche Amtshauptmannfchast. I. A.: Böttger, Regierungsassessor.