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Deutsche Mgemtiuc Zeitung. «Sa-r-rit nd «echt, Freiheit nd Gesetz!» Luserecke p»d »» du «r»ed»i»a t» «eip,i, PI ft,»«». 2«se » »,,,«»>-« st» di» SP«M»,,il« >» Ps^ »»in »o Pf. «r. 131. «tini«. »rfch«i»t««Her «„»»-»» P»«i» »Pk. s»d» «iu,«»v «imm«, *>»s. Telegraphische Depeschen. Sertin, 6. Juni. Wie glaubwürdig verlautet, fiyd feiten- der Römischen Curie neuerdings positive Vorschläge zur Beilegung deS kirchlichen ConflirtS hier eingxtroffm. Gleichwol ist ein Abschluß der Verhand lungen in absehbarer Zeit picht in Au-flcht. (Wef.-Z.) Wien, 6. Juni. Die Gerüchte, Oesterreich habe gemeinsame Schritte der Nachbarstaaten gegen die deutsche Tarifpolitik angeregt, sind gänzlich unbe gründet. (Wes.-Z.) Messt««, 5. Juni- Eiy ungeheuerer Lavastrom hat di« Gemarkung von Randazzo verwüstet und be droht gegenwärtig Mojo und den Fluß Alcantara. ES findet ein großer Zufluß von Deutschen, nament lich Naturforschern, patt. (A llg, A.) * part», 5. Juni. Die Akademie hat beschlossen, die feierliche Aufnahme Henri Martin'- auf den 18. Dec. anzuberaumen und den Akademiker Marmier zu beauftragen, an Stelle Emile Ollivier'- die Er- widerung-rede auf die Ansprache Henri Martin'S zu halten. *Load«m, 6. Juni. Fürst Alexander von Bulgarien hat sich gestern Abend nach Balmoral begeben, um daselbst der Königin Victoria einen Be such abzustatten. * Krüssel, 6. Juni. In der Repräsentanten- lämmer wurde heute der Gesetzentwurf über den Unterricht in der Volksschule mit 67 gegen 60 Stim me« angenommen. * Wien, 6. Ium abends. Meldungen der Poli tischen Correfpondenz. Aus Philipp opel: „Das ostrumelische Direktorium hat beschlossen, bei seinen Berathungen sich der französischen Sprache zu bedienen. Äste von dem General Vitalis als Ober- commandaut der Miliz vorgenommenen Ernennungen find von dem Direktorium bestätigt worden." — Auö Konstantinopel: „In officiellen türkischen Kreisen wird den Gerüchten über die angeblich bevorstehende Rückkehr M - »ach Konstantinopel widersprochen. Der griechische Gesandte hat der Pforte angezeigt, daß die griechischen Delegirten für die demnächst zu eröffnenden Verhandlungen im Laufe der nächsten Woche eintreffen werden." * Konstantinopel, 6. Juni. Bestem Vernehm«« nach hat der russische Botschafter Fürst Lobanow, in folge einer Anfrage der Pforte, die über die Ab- schiedSrede des Generals Stolypin verbreitete Version für apokryph erklärt. *Simla, 5. Juni. Jakub-Khan beabsichtigt, am 8. Juni nach Kabul zurückzukehren. Derselbe hat dem Vicekönig von Indien seinen Dank für den ihm zutheil gewordenen Empfang ausgesprochen und zu gleich angezeigt, daß er dem Vicekönig voraussichtlich gegen da- Ende des Winters einen Besuch abfiatten Die 83. Allgemeine Deutsche Lehrerversammlung. Am 5. Juni fand die letzte Hauptversammlung statt. Buchhändler Wunderlich aus Leipzig nahm das Wort zu einem Vortrage über „Die normale Aus stattung der deutschen Volksschule betreffs der Lehr- mittel": De» Redner will nicht bestimmte Lehrmittel empfehle», sondern nur die Grundsätze darlege«, welche bei Anschaffung derselben beobachtet werden müffen und nicht immer be obachtet worden sind. Zwei Hauptfehler sind besonder« ge macht worden. Einmal kaufte man zu sehr mit Rücksicht auf Billigkeit und ferner zu sehr nach einseitig wissenschaft lichen Gesichtspunkten. Es müsse aber di« Auswahl ledig lich nach pädagogischen Grundsätzen getroffen werden. Es müffen also die Lehrmittel groß genug, die bildliche« Dar stellungen einheitlich und nicht überladen sein. Ferner ist jede« Fach bei der Auswahl entsprechend zu berücksichtigen, wobei al» selbstverständlich zu betrachten ist, daß nicht alle Fächer gleich viel Lehrmittel gebrauchen, auch viel« vom Lehrer selbst angefertigt werden können. Zur Herbeifüh rung einer normalen Ausstattung der Schule mit Lehr mitteln sei aber ein besondere» Studium erforderlich, zu dem schon auf den Seminarien die Zögling« angeleitet wer den könnten. Fortbildung in dieser Lehrmittelkunde ermög licht» die resp. Blätter, deren bisjrtzt allerdings erst zwei vorhanden sind: das Magazin für Lehr- und Lernmittel von Schröder (Kröning'» Söhn«, Magdeburg) und Das Schulmuseum, die Berlage zur Berliner Pädagogischen Zeitung. Seminardirectvr Credner-Bremen beschränkt sich in seinen Ausführungen auf die Geographie, für die die Karten meist zu vollgepfropft mit Namen und Zeich nungen und deshalb nicht instructiv seien. Ebenso seien die Globen wenig brauchbar; diejenige» Globen «nd Karten seien, wie Alexander v. Humboldt gesagt werde, nachdem er die Angelegenheiten seines Reiches geordnet haben werde. Zu» Wiederzusammeutritt des Reichstages. — Leipzig, 7. Juni. Uebermorgen beginnt der Reich-tag seine Verhandlungen wieder. Er wird sich zunächst «och mit dem Zolltarif beschäftigen, dann aber wol in allernächster Zeit an den zweiten wichtigen Theil des ihm vorgelegten RrformplaneS, die Berathung der eigentlichen Finanzzöüe, herantrete«. Zwei solche stehen dabei zunächst in Frage: die TabackS - und die Brauereisteuer. Für Annahme der letzter» scheint zur Zeit wenig Aussicht zu sein; man verlangt, der Gleichheit halber, zugleich mit ihr eine Brennereisteuer, und wir finden diese« Verlangen ge rechtfertigt. Beiläufig möchten wir fragen, ob denn nicht auch der Gedanke einer Börfensteuer wieder aus genommen werden sollte? Unser- Wissens sind weder die wirthschaftlichen noch die technischen Bedenken, die wol von manchen Seiten gegen eine solche Steuer er hoben worden, von so durchschlagender Bedeutung, daß sie von einem Versuche ihrer Durchführung abschrecken müßten. Und der Ertrag einer solchen, unserS Er achtens ihrem Gegenstände nach sehr gerechtfertigten Steuer dürfte den« doch ei« nicht zu verachtender sein. Vorläufig wird indeß der Schwerpunkt der Finanz reform (abgesehen von den Schutzzöllen) in der Tabacks- steuer liegen. Hier stehen vorderhand »och, al» zwei Extreme, der Vorschlag der Regierung mit 120 M. Steuer für den ausländischen, 80 M. für den in ländischen Taback/ und der von der Commission in erster Lesung angenommene Antrag de« CentrumS, 60 und 25 M , einander gegenüber. Neuern Nachrichten zufolge wäre jedoch wahrscheinlich, daß die Commission in zweiter Lesung sich auf den Antrag Buhl — 84 und 45 M. — einigte. Der BuodeSrathScomwisfar hatte gegen diesen An trag eigentlich nur das einzuwendeu, daß die beantrag ten Sätze in da» Decimalsystem nicht paßte«. Gegen über dem ursprünAiche» VoLfchlagedePBunde-rathe« — ISO' und 80 ft>on dem-sndeß dieser selbst A der Commission schon auf 100 und 60 M. herqbzu- gehen nicht abgeneigt schien), brächte der Antrag Buhl eine Herabsetzung von 30 Proc. beim ausländischen, von etwa 44 Proc. beim inländischen Taback. Die Regierungen berechnen den muthmaßlichen Er trag der Steuer nach den von ihnen uormirte» Sätzen auf 45,776000 M. für den ausländischen, auf 11,600000 M. für den inländischen Taback, zusam men also auf 57,375000 M. Wenn man nun da von 30 Proc. am ausländischen, 44 am inländischen Taback abzieht, so bleiben dort 32,042500 M., hier 6,496000, zusammen 38,538500 M. Gegen die bis herigen Erträge gehalten (circa 13 Mill. M. Zoll, circa 1 Mill. Steuer, zusammen circa 14 Mill. M ), ergibt dies ein Mehr von ungefähr 24 Mill. M. habe, die besten, welche leer zu sein scheinen. Schließ lich warnt der Redner vor der Anschaffung von Lehr mitteln, die zu kostbar sind und die zu selten gebraucht werden. Auf Wunsch der Versammlung wird diese Debatte geschlossen, worauf folgende Thesen des Refe renten angenommen werden: 1) Die Ausrüstung der Volksschule mit Lehrmitteln ist eine normale, wenn sie s) nach lediglich pädagogischen Ge sichtspunkten geschieht, und wenn st« d) jedes Fach in ent sprechender Weise berücksichtigt. 2) Zur Herbeiführung der selben ist ein sorgfältige« Studium der Lehrmittelkunde er forderlich. ES folgt der Vortrag deS MittelschullehrerS Caffau aus Lüneburg über die Einrichtung von BolkSfortbil- dungSschulen. Seine Ausführungen gipfeln in folgen den Sätzen: Der materielle Zug unserer Zeit mit dem rothen So- cialdemokratismu« und dem Nihilismus im Gefolge ist ein Product des Zusammenwirken« verschiedener politischer, so cialer und sittlicher Factoren. Die Erziehung der Volks schule hat in erster Linie diese« materiellen Zug und damit das Proletarierthum in allen seinen Lonsequenzen zu be- kämpfen. Dafür reicht aber die für die Volksbildung auf den heutige» öffentlich obligatorischen Volksbildung-anstalten, den Volksschulen, angesetzte Zeit nicht aus, vielmehr ist die Loslösung der untern Stände von den öffentlichen BolkS- bUduugsanstalten mit dem vollendeten 14. Jahre al» ver früht anzusehen. Es kann dem Uebel nur gewehrt werden durch Verlängerung der für die Aneignung der nothwen digen Bildung angesetzten Zeit bi« zum 2V. oder 21. Le bensjahre. Dies geschieht, soweit nicht höhere Anstalten in Frag« kommen, auf obligatorischen BolkSfortbildungsschulen für beide Geschlechter, sodaß deren Besuch gesetzlich geordnet ist. Die Einrichtung dieser Schulen wird geregelt eines« theil« nach den Bedürfnissen des Stande« und Berufe» der Zöglinge, anderntheils mit Rücksicht auf deren zukünftiges Staatsbürger- und StaatSbürgerinaenthum, theil« auch «ach Nun sollen (nach einer unlängst von un- mitge- theilten Berechnung de« Professor« Karsten in Kiel) die nach dem neuen Tarif zu bewilligenden Zölle — ohne Brau- und TabackSsteuer — im Minimum etwa 88 Mill, ergeben, im Maximum 120 Mill., also den Durchschnitt angenommen etwa 100 Mill. Da wäre ungefähr der Betrag der Matricularbeiträge oder schon etwa« mehr. Wa- darüber hinau-ginge, würde nach de», Plane des Reichskanzler- an di« Einzel staaten zu verthcilen sein. Dagegen sträubt sich nun ein Theil unserer poli tischen Gesinnungsgenossen, der National-Liberale«. Man dürfe, wird von dieser Seite gesagt, unmittelbare Reichseinnahmen (aus indirekten Steuern und Zöllen) „nur bis zum Betrage des nachgewiescnen Bedürfnisse« deS Reiche»", mit andern Worten nur so viel, daß dadurch die Matricularbeiträge unnöthig würden, be willigen, aber nicht mehr! Von diesem Standpunkte aus würde man, wenn wirklich schon anderweit für 88 oder mehr Mill. M. Zölle bewilligt wären, conse- quenterweise zur gänzlichen Ablehnung der neuen Ta- backSsteuer gelangen. Und doch würde uns dies sach lich ungerechtfertigt erscheinen, da anerkanntermaßen Taback — einerseits wegen seines sehr weit verbreiteten Gebrauchs, andererseits als doch nicht zu den eigent lichen Lebensbedürfnissen gehörig — ein ganz beson ders geeignetes Object der Besteuerung ist. AuS diesem Dilemma gäbe eS freilich mehrere Aus wege. Man könnte z. B. von dem im neuen Zoll tarif enthaltenen Petroleumzoll wieder absehe«, der einen ziemlich bedeutenden Ertrag liefert. Karsten veranschlagt den Ertrag der Zölle auf Beleuchtungs materialien: Petroleum uyd Lichte, auf fast 26 Mill. M.; davon kommt auf Lichte nur ganz wenig, sodaß der Petroleumzoll dem sTabackSzoll und der TabackS steuer (nach den Sätzen von 84 und 45 M.) ungefähr gleichkommen dürIs. Oder um» könnte auf die Aufhebung der Salzsteuer zurüükommen, die schon früher stark in Frag« war, oder — da die gänzliche Aufhebung einen Ausfall von über 36 Mill. M. (also 12 Mill. M. mehr al- der EMag dom Tabaey ergeben möchte — wenigsten« auf eine Herabsetzung derselben um zwei Drittel. Schutzzöllnerische Rücksichten auf „nothleideude" Industrielle oder Landwirthe kommen weder beim Pe troleum noch beim Salz in Betracht; man hat also vollkommen freie Hand, diese beiden Gegenstände ledig lich nach finanziellen Erwägungen zu behandeln. Im Princip hätten wir übrigens auch gegen eine Heimzahlung von Ueberschüffen seitens des Reiches an die Einzelstaaten kein sonderliches Bedenken; nur scheint unS die Vertheilung schwierig, wenn nicht wie derum, wie bei den Matricularbeiträgen, bei Zugrunde legung der bloßen Kopfzahl, eine Pragravation der Staaten mit mehr consumirender, also zu den indirec- ten Steuern mehr beitragender Bevölkerung gegen die mit miuderverzehrender eintreten soll. Maßgabe ihrer Stellung al« Mitglieder einer Kirchen gemeinschaft. wie in Bezug auf Alter und Geschlecht. Mit diesen Anstalten sind zweckmäßig zusammengestellte Volks- bibliotheken, welche vorwiegend belehrende Werke enthalten, zur Benutzung für die Zöglinge zu verbinden. E« ist an zunehmen, daß durch diese Einrichtungen die VolkSverhält- niffe bald eine bessere Gestalt gewinnen, wie auch, daß Proletariat und Materialismus wirksam bekämpft werden; denn Volksbildung ist Volksbefreiung im wahrsten Sinne de» Wortes. Damit muß dir Errichtung von Poltskinder- gärten Zusammenhängen. Die Versammlung stimmte über diese Sätze nur zum Theil ab und erklärte sich mit der Forderung nach obligatorischen Fortbildung-anstalten und BolkS- bibliotheken sowie mit der Behauptung, daß die Los lösung von den öffentlichen Volksbildungsanstalten mit dem 14. Jahre al« verfrüht anzufehen sei, einver standen. Der Präsident richtet ein Schlußwort an die Ver sammlung, dessen wesentlichster Inhalt folgender ist: Mit wahrer Freude über den Verlauf der 23. Allge meinen Deutschen Lehrerversammlung ergreife ich das Wort. Die ältern Mitglieder werden mit mir zu dem Schluß ge kommen sein, daß wir un» freuen dürfen, hier in Braun schweig haben tagen und einen so günstigen Verlauf der Versammlung haben sehen zu können. Allerdings dürfe» wir wol nicht erwarten, daß alle Anwesende befriedigt ward«» sind. Die Ansichten über die Gegenstände der Besprechung gingen weit auseinander. Allein es kommt nicht darauf an, daß wir alle Eine Ansicht haben, sondern daß di« ver- schiedenen Ansichten gehört und gegenseitig geachtet werden. Die Versammlung hat auch in diesem Jahre getban, Wa ste für ihre Pflicht gehalten; im Namen Gotte« hat sie Panier aufgeworfen, d. h. sie hat kein Gcheimniß au« ihre» Gedanken gemacht, jvndern frei bekannt, wa» sie für die Schule nothwendig erachtet. Da» hat sie gethan „frisch, frei, sürsichtig dabei, und da« übrige Gott besohlen". Wir