Volltext Seite (XML)
Mocstrnlstatt für Pulsnitz, Königsbrück, Radeberg, Radeburg, Moritzburg und Umgegend. Erscheint: Mittwoch» u. Sonnabend» früh 8 Uhr. AbonncmentspreiS: Vierteljährlich 12^ Ngr., auch bei Bestellungen durch die Post. Inserate werden mit 1 Ngr. für den Raum eimr gespaltenen Corpus-Zeile berechnet und sind bis spätestens Dienstags und Freitags Vormittags 10 Uhr hier aufzugeben. Amtsblatt der Königlichen Gerichtsbehörden und der städtischen Behörden zu Pulsnitz und Königsbrück. . ScchsundM'älyiBer Jahrgang. Verantwortliche Redaction, Druck und Verlag von Ernst Ludwig Förster in Pulsnitz. Geschäftsstellen für Königsbrück: bei Herrn Kaufm. M L-schersich. Dresden: Annoncen bureau von C. Graf und Haasen- stein L Vogler. Leipzig: Bernhard Freyer, Rudolph Mosse, Haasenstein L Vogler und Eugen Fort daselbst. von uns unbekannten Finnen und Personen nehmen wir nur gegen Prünuwerando-Zahlung durch Briefmarken oder Posteinzahlung auf. Anonyme Annoncen, oder solche, welche Beleidigungen enthalten, werden keinesfalls ausgenommen, inag der Betrag veiliegen oder nicht. Sonnabend 89. ? Novembe* 1874. Erlaß an die Herren Ortsfchulvorstände, die Schulversäumnifse betretend. Die unterzeichnete Königliche Bezirks-Schulinspection nimmt Veranlassung, die Herren Ortsschulvorstände auf genaue Befolgung von § 5 des Volksschulgesetzes und § 12 der Ausführungsverordnung dazu, die Schulversäumnisse betreffend, aufmerksam zu machen, ingleichen sie aufzufordern, den Inhalt der genannten Zß den Eltern und Erziehern schulpflichtiger Kinder bekannt zu geben und vom 1. künftigen Monats an die in Z 12, Absatz 2, der gedachten Ausführungsverordnung vorgeschriebenen Ver- säumnißtabellen rechtzeitig an die Königliche Amtshauptmannschaft Kamenz einzusenden. Kamenz, am 1. November 1874. Königliche B e z i r k s s ch u l i n s p e c t i o n. / Schäffer. Flade. BekannHachung. Diejenigen Bürger hiesiger Stadt, welche die Abcntrichtung von Staats- oder Gemeindeabgaben, einschließlich der Abgaben zur Schul- und Armencaffe länger als zwei Jahre ganz oder iheilweise im Rückstände gelaffen haben, werden hierdurch aufgefordert, diese Zieste unverzüglich an die Stadtsteuereinnahme zu bezahlen, widrigenfalls die Namen der betreffenden Restanten in die für die diesjährigen Ergänzungswahlen des hiesigen Stadtverordneten-Collegiums aufzustellenden Wahllisten keine Aufnahme finden können und sie selbst hierdurch für die diesjährige Gemeindevertreterwahl ihre Stimmberechtigung verlieren. Pulsnitz, am 3. November 1874. Der Stadtrat h. Lotze, Bürgermeister Rathskellerverpachtung. Der hiesige Rathskcller einschließlich Dampfbrennerei, mit welchem die Berechtigung zum Weinschank, Branntweinbrenner!, Branntweinverkauf, Bier- und Branntwein ausschank verbunden ist, soll den 1. Deeember » o. vom 1. Mai 1875 an aus sechs hintereinander folgende Jahre an den Meistbietenden, jedoch vorbehältlich der Auswahl unter den Licitanten, anderweit verpachtet werden. Hierauf reflectirende Pachtlustige werden daher hierdurch eingeladen, an dein gedachten Tage Vormittags im Sitzungszimmer auf hiesigem Rathhaufe sich einzufinden und Mittags 12 Uhr der Licitation gewärtig zu sein. Die Pachtbestimmungen, welche aus dem im hiesigen Rathhause befindlichen Anschläge ersichtlich sind, können auf Verlangen auch abschriftlich gegen Bezahlung der Copialien mitgetheilt werden. Pulönttz, am 3. November 1874. DerStadtrath. Lotze, Bürgermeister. Bekanntmachung. Von dem unterzeichneten Königlichen Gerichtsamte soll den 8. Deeembee 1874 der vormals dem Gutsbesitzer Oscar Hesse in Maasdorf und dermalen dem Gutsbesitzer Heinrich Hermann Schietzel in Bucha zugehörige, am hiesigen Marktplatze gelegene, mit voller Gasthoss-Realberechtigung versehene Gasthof zum schwarzen Adler, Ztr. 103 des Brandcatasters und Fol. 60 des Grund- und Hypothekenbuchs für Königsbrück, welches Grundstück am 14. September 1874 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 6050 Thaler — Ngr. — Pf. gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den au hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Königsbrück, am 18. September 1874. KöniglichesGerichtsamtdaselbst. / Meusel. C. S. Die Ytnklageschrift gegen «Kullmann. (Schluß.) Mit dem Büttchergesellen August Schulze wanderte Kullmann am 19. Juni von Potsdam weg nach Sangers- hausen, wo beide vom 23. Juni an bei dem Böttcher Daseler in Arbeit traten. Bei dem Besuche der am Johannistage dort üblichen Johannisfeier schoß er mit Schulze auch aus feiner Pistole, erwiderte aber auf das Verlangen des Schulze, nochmals zu schießen, daß er das Pulver zu anderen Zwecken gebrauchen könne. In einem Tischkasten in der Schlafkammer, welche Kullmann mit Schulze und dem Sohne des Böttchers Dajeler ge meinsam benützte, lagen einige größere Rehposten. Ueber diese, im Vergleiche zu den von Berlin mitgebrachten, äußerte Kullmann: jene seien schon groß genug, um einen! damit das Lebensticht auszublasen; übrigens nahm Kull mann die in dem Tischkasten Vorgefundenen Rehposten alle, oder wenigstens theilweise, ebenfalls zu sich. Benn oben erwähnten Gespräch bat sich Kullmann vom jungen Daseler auch eine Spitzkugel aus, welches Verlangen letzterer aber mit der Ausrede abschlug, daß sein Vater die Spitzkugeln emgeschlossen habe. Bei einer andern Gelegenheit, als Kullmann in der Wohnung des Meisters Daseler in dem KreiSblatt einen Artikel über des Fürsten Bismarck Gesundheit laß, lachte er darüber höhnisch mit dem Bemerken: „Wenn man so etwas liest!" 8 5. In Kullmann's Absicht lag es im Voraus nicht, längere Zeit in Sangershausen in Arbeit zu bleiben. Hr hatte im Sinne, zunächst nach Westfalen und nach dem Rhein zu wandern, änderte aber plötzlich dieses Vor haben, als er im Sangershausener Kreisblatte die Be schreibung über die Reise des Fürsten Bismarck nach Kissingen las. Sofort suchte er seine Reisekarte hervor, maß den Weg nach Kissingen ab und sagte, daß er dort hin gehen wolle. Am Montag, den 6. Juli, verließ Kullmann Sangershausen mit dem von ihm gefaßten festen Entschluß, den Fürsten Bismarck in Kissingen um das Leben zu bringen. Die Reise dahin machte Kullmann nach seinen Angaben über Nordhausen, Sondershausen, Langensalza, Gotha und Meiningen, und zwar großen- theils zu Fuß. Arn Samstag, den 11. Juli Abends, traf er in dem eine Stunde von Kissingen entfernten Dorfe Nüdlingen ein und übernachtete dort nochmals bei dem Gastwirlh Johann Schnaus. Am nachfolgenden Morgen brach Kullmann nach Kissingen auf und traf dort gegen 9 Uhr Vormittags ein. Auf dem Wege von Nüdlingen nach Kissingen lud er seine Pistole, und zwar, wie er selbst angicbt, mit entsprechender Pulverladung, darauf einen Papierpfropf, dann zwei Rehposten und aus diese wieder einen Papierpfropf. Nach den im Laufe der Untersuchung angestellten Proben und den hierauf gestützten Thatsachen war die Pistole Kullmann's wohl geeignet, mit der beschriebenen Ladung den Tod eines Menschen herbeizuführen. Erwähnung mag hier finden, daß solcher Rehposten, wie Kullmann sie zum Schüsse verwendete, ihm bei seiner Verhaftung noch drei Stück abgenommen wurden. 8 6. Den Sonntag, den 12. Juli, verbrachte Kullmann zu Kissingen, ohne zur Ausführung der beab sichtigten That zu schreiten, weil, wie er sich nach seiner Verhaftung ausdrückte, der Sonntag ein heiliger Tag für die Katholiken sei. Er trieb sich während des Tages in der Stadt und in den sie umgebenden Anlagen herum, erkundigte sich nach des Fürsten Bismarck Wohnung und nach der Zeit, wann derselbe auszufahren pflegte. Die nächste Nacht brachte Kullmann im Freien zu, und auch am Vormittag des 13. Juli hielt er sich an verschiedenen Orten in Kissingen auf, bis er sich um 11.j Uhr, seine geladene Pistole in der inneren Brusttasche seines Rockes bereit haltend, vor die Wohnung des Fürsten Bismarck begab, um dessen Ausfahrt nach dem Salinenbad abzu warten. Um 1^ Uhr Nachmittags erfolgte das Attentat auf den Fürsten. 7. Sogleich in den ersten kurz nach seiner Ver haftung mit ihm gehaltenen Verhören, und späterhin wiederholt, legte Kullmann das unumwundene Geständ- niß ab, daß er die bestimmte Absicht gehabt Habe, den Fürsten zu ermorden. Er habe, so lauten seine Aussagen, nach dem Kopfe des Fürsten gezielt, es thue ihm leid, den Fürsten nicht ordentlich, nicht besser getroffen zu haben. Er habe sich einexercirt, schon öfter, ja hundertmal aus der Pistole geschossen und gut gezielt, aber der „Kerl" habe eine Bewegung gemacht und so habe er ihn gefehlt. Er hätte einen Posten mehr Hinein thun sollen ; ein Zündhütchen habe er beim Schuß in der Hand gehalten, damit, wenn das aufgesetzte versagen sollte noch ein anderes bereit sei. Er fühle nicht die geringste Reue über seine That und sei auch bei deren Verübun^ nicht im mindesten.erregt gewesen. Er habe gewußt