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Wemmer Merger und Zeitung für Keifersdorf, ^oß- und Kleinölsa, Obernaundorf, Hainsberg, Eckersdorf, Coßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz etc. ... .. . . . . — ' .. >' "E ^mnmer 85. "Dienstag, dm 27. Juli 1897. 10. Jahrgang. Aus unserer Gegend. u,,. Von heutiger Nllinmer ab werden die seither bei- "Stimmen der Höhe" und „Zick-Zack" durch die „Gute Geister" und „Seifenblasen" ersetzt. Die Mng uoin Roman „Letzte Liebe" folgt in einer Extra- in nächster Nummer. dem Heimwege von Obernaundorf nach ^"au kam es vergangene Nacht zwischen polnischen einem Obernaundorfer und einigen Rabenauern Schlägereien, ivodurch dem Vertreter des Herrn ^/"chanck tüchtig Arbeit erwuchs. Am Montag Morgen nach kurzem Verhör die Hanptbctheiligten, Gr. Obernaundorf durch den Gemeindediener Rudolf und ^.^E"ischer Arbeiter durch den Gendarm Reichenbach, gossen nach Tharandt abgeführt. Die gegenwärtig im Badethale zu Tharaud be- Günthersche Fahrradfabrik, welche demnächst in ^nmaiiditgesellschaft auf Actien umgewandelt iverden ihren Betrieb von Tharaud nach Hainsberg i, "Üs früher Wenzel und Hellingersche Grundstück ver- i,?. Dasselbe ist vor Kurzem von Herrn Günther an- ""ü worden. 7^ Vorige Woche brachen einige diebische Subjeete in Vanbude von Niederhermsdorf ein und machten ver- Hcmdwerkzeuge und 4 Mark baares Geld sich zur Diese Woche aber, in der Nacht vom Montag zum '^^t»g ist ju Oberhermsdorf an zwei verschiedenen Orten, in der Banbnde des Bergmanns Hahn und in hschaftsgebäude des Gutsbesitzers Heinrich Schubert ^Mvcheu worden. Ferner haben die Einbrecher in der- ^,Nacht der Cantine und Bauhütte des Pächters des pichen Steinbruches zu Kesselsdorf einen Besuch ab- Diese Hütte wurde außerdem in Brand gesteckt. L wurden Brot, Vatter, Bier, Schnaps und geringe ^hichaften. Mehr auf Lebensmittel scheint es die Ein- ^bande abgesehen zu haben. Vorsicht! — Eine Eifersuchtsscene im Bade. Die Terrasse des Curhauses in Kaltenleutgeben in Oesterreich war kürzlich der Schauplatz eines sehr peinlichen Vorfalles, bei dem ein Berliner die Hauptrolle spielte. Es war gerade die Zeit der Dsdlv ä'koto und die Terrasse von Gästen über füllt. An einem Tische saß ein Herr mit einer Dame, an dem Nebentische speiste der Gutsbesitzer Alfred Ritter v. Myslvwsky. Mit einem Male sprang der ersterwähnte Herr, der Kaufmann Oskar Wolle aus Berlin, auf und rief Herrn v. Myslowski in erregtestem Tone zn: „Be nehmen Sie sich anständig, sonst lasse ich Sie durch die Direktion hinauswerfen." Die in lautestem Tone gerufenen Worte lenkten die allgemeine Aufmerksamkeit aus den über diese grundlose Beleidigung ganz verblüfften Gutsbesitzer. Derselbe entfernte sich jedoch ohne weitere Entgegnung ans dem Curhause und sandte noch am selben Tage dem Kaufmann seine Zeugen, Hauptmann Jakubenz und Lieu- nant Wernick, um für die Beleidigung SatiSfaction mit den Waffen zu fordern. Herr Wolle erklärte, er sei in hohem Grade nervös und befinde sich deshalb in der Heilanstalt. Durch fortwährendes Fixiren seiner Frau sei er in einen Zustand hoher Erregung gerathen und habe dem vermeint lichen Beleidiger seiner Gattin die Aeußerung zugerufen. Wolle erklärte auch seine Bereitwilligkeit, die Sache beizu- legen, doch fügte er plötzlich, nachdem bereits Ort und Stunde für die Zusammenkunft der beiderseitigen Zeugen festgesetzt worden war, hinzu: „Aber SatiSfaction mit den Waffen gebe ich nicht; ich bin Kaufmann und der Vor- wurf der Feigheit berührt mich wenig." Mit Rücksicht auf diese Mittheilung erklärten die beiden Offiziere die Ehren-Affaire für Herrn v. Myslowski als abgeschlossen. Der Berliner Kaufmann sah übrigens das von ihm be gangene Unrecht ein und gab dem Gutsbesitzer, den er bis zum Augenblicke des Rencontres gar nicht gekannt hatte, eine umfassende Erklärung, in welcher betont ist, daß Wolle irrig der Ansicht war, v. Myslvwsky fixire seine Gattin. — Ein origineller Liebesbrief. Der „S.-G.-Ztg." wird aus Salzwedel geschrieben: Eine Magd in M., einem Dörfchen des diesseitigen Kreises, hatte mehrmals einen jungen Mann gesehen, der ihr auffallend gut gefiel. Um sich demselben bemerkbar zu machen, sandte sie ihm folgen den originellen Liebesbrief: „Lieber Freund! Ich ergreife die Feder und stippe damit in die Tinte, um Ihnen zu schreiben. Ihnen mitzutheilen und Ihnen wissen zu lassen, daß ich gerne mit Ihnen freien wollte. Ich heiße Katha rina W. und diene bei Bauer G. in M . . . . Unserer Frau ihr Bruder kommt auch mangst. Dat is sonne rechte Fastnachtsgecke, der hat immer Hantschken an, dann geht er bei die Pulle und dann is er so dicke, daß ich ihn in unsern Wagen nach Hause fahren muß. Unsere Frau hat auch ein neues Sonnenschirm gekriegt und thut sich damit recht dicke. Neulich haben wir eine Nähmaschine gekriegt, da näht unsere Frau immer drauf, unser Kanarien vogel macht schon das Knarren nach, haben Sie auch einen Vogel? Auch können Sie unsere Frau fragen, ob ich gut arbeiten kann und kochen thue für die Schweine; wie ich Ihnen zum ersten Male gesehen habe, habe ich mich gleich in Ihnen verliebt. Unser eine Mädchen poussirt mit unsern einen Knecht, der vorigen Sonntag mit ihr ansgewesen und hat sich dazu ein neues Tuch gekauft. Nu» muß ich Ihnen auch noch mittheilen, daß hier bald Schützenfest ist, wir können dann schön zusam men tanzen, ich kann schön Schottchen linksum. Unser einen Mädchen hat eben unsere Kaffeekanne kaput ge schmissen und habe mich darüber todt gelacht. Wenn sie mich nun nicht heirathen wollen, werde ich ganz Trist und und Sie werden bald ein Grab sehe». In der Hoffnung, daß Sie auf dem Schützenfest sind, verbleibe ich Ihre Sie immer treuliebende Katharine W. bei Bauer G. in M . . - . . Sie können mich kennen an einen blauen Hut mit einer weißen Feder aus'n Hut, die ist von unsern Hahn, den ich gestern geschlachtet hab, Junge, wat was das Thier fett." (Nachdruck verbuken.) Aie Gewalten der Hiese. Roman von Lothar Brenkendvrf. c Ec durste keine Hoffnung mehr hegen, die Unglückliche doch er verlor, nachdem der erste lähmende Mcken abgeschüttelt war, keine Minute mit rastlosem Er wußte, daß sich wenige hundert Schritte hier die Anlegestelle der Fähre befand, welche den iiiit dem anderen Ufer vermittelte, und er lief so schnell ihn seine Füße tragen wollten. Mit der Kraft seiner Lungen rief er den Schiffer an, der ^Mseits des Flusses befand, und als ihm die Nuder- Ac zu langsam schienen, welche den Nachen näher Küii, schrie er, daß es weithin durch die Stille des schallte: „Schnell! Es gilt einen Menschen zu L Mm handhabten der Fährmann und sein Knecht MU voller Kraft die Ruder. Noch ehe der Kahn "sn seichten Grund des Ufers anfftieß, war Neidhardt E eiuem Sprunge bei den beiden Männern in dem Ulkenden Fahrzeug. »Dort drüben an der Landzunge ist eine Dame ver- siegle er mit heiserer Stimme. „Wenn es ge- sie bald aufzufinden, ist sie vielleicht noch zu retten." „Man müßte dazu eigentlich Netze haben," meinte Me Schiffer ohne auch nur die geringste Bestürzung Tag zu legen, „aber wir brauchten wenigstens h halbe Stunde, um welche herbeizuschaffen, und darum vielleicht besser, wenn wir mit den Rudern und Boots- cs" unser Heil versuchen. Wie lange liegt sie denn vNs schon drinnen?" „Sie kann erst vor Kurzem hereingestürzt sein," er- . firle Neidhardt, um den Eifer der kaltblütigen Leute Machel», „und ich gebe Jedem von euch hundert Mark, sie gerettet wird." b „Ja, Herr, wenn das von uns abhinge —" war was der Fährmann mit einem Achselzucken darauf hatte. Der flachshaarige Knecht aber riß seine ausdruckslosen Augen weit auf und ruderte, als es das eigene Leben. Als sie der Landzunge nahe "'""un waren, mischte auch er sich in das Gespräch. s "War's vielleicht ein junges Mädchen mit einem "neu Kleid?" fragte er. „So von mittlerer Größe?" „Ja — ja!" rief der Obersteiger und auf's Nene stockte ihm der Athem- „Wann haben Sie sie gesehen?" „Ach, das ist schon lange her. Sie stand hier auf der äußersten Spitze und hatte ihren Sonnenschirm aufge spannt. Als ich mich nachher wieder nach ihr umsah, war sie weg. Aber wenn's die gewesen ist, können Sie uns leicht hundert Mark versprechen — die fischt Keiner mehr lebendig heraus." Seine eben noch so lebhafte Theilnahme für den traurigen Vorfall schien mit einem Male völlig geschwun den, und erst als ihm Neidhardt eine Belohnung ver heißen hatte auch für den Fall, daß es nur noch gelingen solle, eine Tvdte zu bergen, betheiligte er sich mit neu er- wachtem Eifer an den freudlosen Nachforschungen, welche die drei Männer jetzt begannen. Die Dämmerung war längst in Dunkelheit überge- gangen, und der Mond stand hoch am Himmel, als knirschend der Kiel des Bootes auf den Kiessand des Gestades anffuhr- Der Knecht lief mit langen Schritten voraus, um das weiter landeinwärts gelegene Haus des Schiffers zu ereichen und die Frau auf den stillen Besnch vorznbereiten, der ihr jetzt gebracht werden sollte. Neid hardt und der alte Fehrmann folgten ihm langsam nach, und es war ein schwerer dunkler Gegenstand von den Formen einer leblosen, menschlichen Gestalt, den sie behut sam und schweigend über die thanigen Wiesen trugen. Stromabwärts, ein paar hundert Schritte von der Landzunge entfernt, hatten sie Helene nach stundenlangem Suchen gefunden. Die Wasserpflanzen hatten sie festge halten, sonst wäre sie von der Strömung wohl noch weiter hinabgetragen worden. Es war nichts von den grausigen Verzerrungen eines schweren, qualvollen Sterbens in ihrem schönen, marmorbleichen Gesicht; sie sah ruhig und fried voll ans wie eine Schlummernde. Man machte keine Wiederbelebungsversuche mehr; denn es war augenfällig, daß sie schon seit mehreren Stunden todt war. Ein schnell bereitetes Lager auf dem Flur des ärmlichen Hauses wurde ihr zur Ruhestätte be stimmt, denn Neidhardt hatte nicht zugegeben, daß man sie draußen im Freien liegen lasse, wie eS der Wille des Schiffers gewesen war. Als sich die beiden alten Leute in ihre Schlafkammer zurückzogen, verriegelten sie abergläubisch hinter sich die Thür, die sie von der tobten trennte. Der Obersteiger aber setzte sich auf einen niedrigen Schemel zu Häupten der Ertrunkenen, auf deren Antlitz fast die ganze Nacht hindurch das bläuliche Mondlicht fiel, und hielt bis znm Tagesanbruch bei ihr die Todtenwacht. Er hatte seine Kraft daran setzen wollen, sie wieder froh und glücklich zu machen, und nun mußte der erste Liebesdienst, den er ihr erweisen konnte, zugleich auch der letzte sein — ein armseliger, trauriger Dienst, für den ihm nicht einmal mehr ein freundlicher Blick der sanften blauen Augen zu danken vermochte. — Die Sonne ging eben gluthroth und Prächtig im Osten auf, als er den Rückweg in die Stadt antrat. Di« unerbittliche Pflicht des strengen Berufs mahnte ihn ja zu neuem Tagewerk. Sein Gesicht war fahl, und tiefe Furchen hatten sich innerhalb weniger Stunden um Mund und Augen eingegraben. Es waren die herben Leidenslinien eines grausamen, nagenden Schmerzes; aber es waren daneben auch die drohenden Falten des Haffes, jenes grimmigen Hasses, der keilt Vergeben und Vergessen kennt. Zehntes Kapitel. Es war vier Tage später, als bei einbrechender Dämmerung im Moosbacher Kmhause ein Bote erschien, der den Doktor Bruneck zu dem plötzlich erkrankten Bürger meister nach Friedenthal rufen sollte. Da er den Patien ten schon früher behandelt hatte, und da es galt, einen sehr dringenden Wunsch desselben zu erfüllen, entschloß sich der junge Arzt, dem Rufe zu folgen, und in dem leichten Jagdwagen, der den Boten gebracht hatte, legte er rasch den verhältnißmäßig kurzen Weg in die benachbarte Stadt zurück. Die Gefahr war nicht so dringend, als die Um gebung des Kranken es gefürchtet hatte, und nach ein stündigem Verweilen durfte Harald sich mit gutem Ge wissen zur Heimkehr rüste». Es war ein schöner, erfrischender Abend nach einem schwülen, dunstigen Tage. Irgendwo in der Nähe mußte ein Gewitter niedergegangen sein, denn eine würzige Kühle, die belebend und wohlthuend wirkte, war in der leicht be wegten Luft. Bruneck lehnte den Wagen ab, den man ihm auch zur Heimfahrt anbot, da er sich entschlossen hatte, den Weg zn Fuß zu machen. Er war noch in den Straßen der Stadt, als er hinter seinem Rücken gleich zeitig mit dem Geklapper von Hufschlägen seinen Namen hörte. Der schneidige Klang der Stimme hatte ihm sogleich verrathen, daß es Bernd v. Treysa war, welcher ihn anrief. Die Begegnung war ihm keineswegs erwünscht; aber da der Assessor ihm niemals direkt zu nahe getreten war, durfte er sich nicht das Recht zugestehen, ihn unhöf lich zu behandeln. (Fortsetzung folgt.)