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Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger Haupt- und Tageszeitung für die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn 88. Jahrgang Nr. 171 Freitag, den 24. Juli 1936 Dtet» Z-ttung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. D« Bezugspreis beträgt bei Abholung wöchentlich 46 Rpf., bei Lieferung frei Haus Postbezug monatlich 2DV RM. Im Falle höherer »««alt ober sonstiger B«rteb»stbr«lge» Hai der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung der Zeitung oder «tkturhluug b«» Bezugspreise«. - Preise und Nachlabsätze bet Wiederholungen nach Preisliste Nr. > — Mir da« Erscheinen mm Anzeigen in bestimmt« Nummern und an Der Pulsnitzer Anzeiger ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft zu Kamenz, des Stadtrater zu Pulsnitz und des Gemeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amts gerichts Pulsnitz, sowie des Finanzamtes zu Kamenz bestimmt« Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den ErscheinungStag« 10 Uhr aufzugeben. - Verlag: Mohr 8- Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann «. Seb^tl« Mohr. Hauptschrtstletter: Walter Mohr, Pulsnitz; Stellt,.: Walter Hoffmann, PulSny. Verantwortlich für den Heimatteil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffman«, Puttnttz; M Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. D. ». VI.: S2ö0. Geschäftsstellen: Albertstraße 2 und Adolf-Hitler-Straße «. Fernruf «8 uud -SO M Mf-MWe-Vespttl-W Abschluß der Dreimachtekonferenz in London Die Dreimächtekonserenz fetzte am Nachmittag ihre Be ratungen fort. Nach zweteinhalbslündiger Beratung wurde die konicken; um 18.10 Uhr abgeschlossen. In der amtlichen Verlautbarung über den Abschluß der Dreimachtekonferenz heißt es: Die Vertreter Frankreichs, Belgiens und des Vereinig ten Königreiches, die in London am 23. Juli zusammengetre ten waren, sind, indem sie sich der Ueberein kommen vom l9. März, der Vorschläge des deutschen Reichskanzlers vom »1. März und derjenigen der französischen Regierung vom 8. April erinnern, zu folgenden Schlußfolgerungen gelangt: „1 . Das Hauptziel, auf das die Anstrengungen aller europäischen Völker gerichtet sein müssen, ist die Konsolidie rung des Friedens durch eine allgemeine Regelung. 2. Eine sülche Regelung kann nur durch die freie Zu sammenarbeit aller betroffenen Mächte erreicht werden, und nichts würde verhängnisvoller für die Hoffnungen auf eine solche Regelung sein als die scheinbare oder tatsächliche Tei lung Europas in gegnerische Blocks. 3. Die drei Regierungen sind infolgedessen der Ansicht, daß Schritte unternommen werden sollen, um eine Zusam menkunft der fünf Locarnomächte zu erzielen, sobald eine solche Zusammenkunft passenderweise abgehalten werden kann. Tue erste Aufgabe, die in Angriff genommen werden solle, ist ihrer Ansicht nach die Verhandlung über ein neues Uebereinkommen, das an Stelle des Rheinpaktes von Locarno treten soll, um durch die Zusammenarbeit aller Betroffenen die Lage zu Wen, die durch die deutsche Initiative vom 7. März geschaffen worden ist. 4. Die drei Regierungen schlagen infolgedessen vor, daß sie mit der deutschen und der italienischen Regierung in Verbindung treten in der Absicht, deren Beteiligung an der so vorgeschlagenen Zusammenkunft zu erreichen. 5. Wenn auf dieser Sitzung ein Fortschritt erzielt wer den kann, werden andere Fragen, die den europäischen Frie den berühren, notwendigerweise zur Aussprache kommen. Unter solchen Umständen würde es natürlich sein, zu erwar ten, daß das Gebiet der Aussprache erweitert wird in der Weise, daß unter der Mitarbeit der anderen interessierten Mächte die Regelung derjenigen Fragen erleichtert wird, deren Lösung wesentlich für den Frieden Europas ist." Wie zu der amtlichen Verlautbarung mitgeteilt wird, soll die Frage des Ortes und der Zeit der geplanten Fünfmächte- konserenz nicht besprochen worden sein. Man hofft jedoch, daß die Zusammenkunft entweder vor der Völkerbundsver sammlung Erde September oder kurz danach stattsinden kann. Auf der Konferenz wurde klargestellt, daß Großbritan nien an der militärischen Garantie festhalte, die es nach dem deutschen Schritt in der Rheinlandfrage auf sich genommen habe. In britischen Kreisen sehe man jedoch nach den heuti gen Dreimächtebesprechungen die Lage als sehr viel zufrie denstellender an. Eine der erfreulichsten Seiten der Bespre chungen sei nach britischer Ansicht der starke Wunsch der französischen und belgischen Regierungen gewesen, Locarno wiederherzustellen. Brach im Unterhaus Skandalöse Angriffe auf den Innenminister Im englischen Unterhaus ist es in einer Dauersitzung am Donnerstagnachmittag zu wüsten Szenen gekommen. Es kam zu derartigen Tumulten, daß die Sitzung unter brochen und mehrere Abgeordnete aus der Sitzung aus geschlossen wurden, ein in der Geschichte des britischen Parlaments äußerst seltenes Ereignis. Als Innenminister SirJohn Simon die Reform der Arbeitslosenunter stützung verteidigte, sprang der linksradikalc Arbeiterpar- teiler Buchanan wie ein Wilder auf und brüllte Simon .ins Gesicht, er lüge. Der Sprecher unterbrach hierauf die Aussprache und verlangte, daß Buchanan sich wegen keines unparlamentarischen. Ausdrucks entschuldigen solle. Bucha nan wiederholte fedoch seine Beschuldigung, was beispiel losen Lärm auslöste. Buchanan wurde darauf von der Sitzung ausgeschlos sen. Das gleiche Schicksal widerfuhr den Abgeordneten Stephen und Cocks. Der Abgeordnete Mac Govern be zeichnete den Minister als „einen verfluchten Lügner" und weigerte sich, als er ausgeschlossen wurde, den Saal zu verlassen. Ein wachhabender Sergeant mutzte deu Abge ordneten aus dem Saal bringen. Neue Krise in Belgien? Konflikt zwischen dem Außenminister und seiner Partei. Die Rede des belgischen Außenministers über die Grundlinien der belgischen Außenpolitik hat zu einem schweren Konflikt zwischen Spaak und seiner Partei ge führt. Im Generalrat der belgischen Arbeiterpartei richtete der Abgeordnete Wauters, der selbst verschiedentlich Kan didat für den Außenministerposten gewesen ist, in einer Rede die denkbar schärfsten Angriffe gegen den Außen minister. Er erklärte, daß die außenpolitischen Erklärun gen Spaaks im Gegensatz zu der Politik der belgischen Ar beiterpartei und der 2. Internationale ständen und kün digte an, daß die sozialdemokratische Kammerfraktion die sofortige Einberufung des Auswärtigen Ausschusses der Kammer beantragen werde, um zu den außenpolitischen Erklärungen Spaaks Stellung zu nehmen. Schließlich wurde die Absendung eines Telegramms cm den in London weilenden Außenminister beschlossen, worin Spaak die außenpolitischen Grundlinien der bel gischen Arbeiterpartei und der 2. Internationale in die Erinnerung gerufen werden. Es wird in dem Telegramm betont, daß die belgische Arbeiterpartei an der Politik der Verstärkung der kollektiven Sicherheit und des gegenseiti gen Beistandes festhält. Gleichlautende Telegramme wurden an den französi schen Ministerpräsidenten Blum und den französischen Außenminister Delbos abgesandt. Die innenpolitischen Auswirkungen dieses Konflikts sind im Augenblick noch nicht zu übersehen. Von der Stellungnahme Spaaks wird es abhängen, ob der Bestand des Kabinetts van Zeeland durch diesen schweren Konflikt gefährdet ist. Es verlautet, daß Ministerpräsident van Zeeland die außenpolitischen Ansichten Spaaks teilt. Die Durchführung der Amnestie Bcgrüßungsszencn vor den Gefängnistoren. Die Durchführung der Amnestie nahm morgens 8 Uhr in den österreichischen Strafanstalten ihren Anfang. Vor dem Wiener Landesgericht hatten sich viele Menschen, hauptsächlich Angehörige der politischen Häftlinge, einge funden. Sie verfolgten mit sichtlicher Spannung und in nerer Bewegung den Fortschritt der Entlassungsaktton. Immer wieder ereigneten sich rührende Begrüßungs- und Wiedersehensszenen. Aus der Grazer Strafanstalt Karlau wurden allein 400 Nationalsozialisten, die wegen ihrer par teipolitischen Betätigung verurteilt worden waren und zum größten Teil langjährige Kerkerstrafen vor sich hat ten, freigelassen. Neben den etwa 5000 politischen Gefangenen, die ge richtlich verurteilt worden waren, gibt es noch etwa ebenso- viele politische Gefangene in den Polizeiarresten oder den Konzentrationslagern. Nach der amtlichen Ankündigung wird ihre Amnestierung nächste Woche erfolgen. In ge richtlicher Haft bleiben, wie gestern bereits berichtet wurde, noch 224 politische Gefangene. Aufbruch zum A-olf-Hiiler-Marsch Einheit der Königsberger HI. abmarschicrt. Die erste Marscheinhcit der Hitler-Jugend ist zum Adolf-Hitler-Marsch von Königsberg aufgebrochen. Es sind 70 Hitlerjungen, die den 970 Kilometer langen Weg nach Nürnberg in 47 Tagen zurücklegen wollen. Nach einer Feier vor dem SA.-Ehrenmal marschierten sie mit 24 Bannfahnen des Gebietes nach Pillau, von wo aus mit dem Seedienst die Fahrt bis Swinemünde fortgesetzt wird. Von Swinemünde aus erfolgt der weitere Fuß marsch. Auf einem Lastkraftwagen wird eine Feldküche mitgeführt. Die Kriegsmarine gedenkt des Unter ganges der „Iltis" Ein Tagesbefehl Generaladmirals Raeder Berlin, 24. Juli, Der Oberbefehlshaber der Kriegs marine, Generaladmiral Dr. h. c. Raeder, hat folgenden Tagesbefehl an die Kriegsmarine erlassen: „Am 23. und 24. Juli gedenkt die Kriegsmarine in Stolz und Treue der tapferen Besatzung des Kanonenbootes „Iltis", die vor 40 Jahren bei seinem Untergang im schweren Orkan durch treueste Pflichterfüllung bis zum letztem Atem zuge Vorbild wurde für jeden deutschen Seemann und Sol daten. Wie das Flaggeulied, das die „Iltis"-Besatzung nach Vorgang des Oberfeuerwerksmaaten Raehm im Angesicht Les Seemannstodes anstimmte, zum Weihelieü der Marine ge worden ist, so wird der Geist der heldenhaften „Jltis"i- Besatzung wie in der Vergangenheit so auch heute und für alle Zeiten in den Besatzungen der Kriegsmarine lebendig bleiben." „Rheingold" in Bayreuth Beginn des Ringzhklus Bayreuth, 24. Juli. Am Donnerstag begann im Rahmen der Bayreuther Festspiele die erste zyklische Auf führung vom „Ring des Ribelungen" mit „Rheingold". Bei der Auffahrt bot sich die fahnengeschmückte Stadt nach einem Regentag wieder im Sonnenschein dar. Der Führer wohnte auch dieser Vorstellung bei. Don den führenden Per sönlichkeiten des Staates und der Partei sah man unter den Festspielgästen die Reichsminister Generaloberst Göring, Dr. Goebbels und Dr. Schacht, ferner den bayerischen Minister präsidenten Siebert und den bayerischen Staatsminister Adolf Wagner, den ReichssPortführer von Tschammer und Osten, den Botschafter von Ribbentrop, und SA.-Gruppenführer Prinz August Wilhelm von Preußen. Der Führer nahm, wie an den Vortagen, in der Mittelloge zwischen Frau Winifried Wagner und Frau Magda Goebbels Platz. Der Zuschauer raum barg diesmal auffallend viele Ausländer der ver schiedensten Rationen. Die bis ins letzte durchgearbeitete und in allen Teilen aus gewogene Aufführung stand unter der musikalischen Leitung Wilhelm Furtwänglers, der die Vorzüge des Konzertdirigenten mit dem dramatischen Impuls des Thealermusikers verband. Anter den Sängern ragten Rudolf Bockelmann (Wotan) u. Mar garete Klose (Fricka) durch ihre darstellerisch und stimmlich vollkommenen abgerundeten Leistungen hervor. Reben ihnen bewährten sich die Charakterisierungskunst von Robert Burg (Alberich), Fritz Wolff (Loge) und Erich Zimmermann (Mime). Unter den Lichtalben fand besonders Donner in Jaro Pro haska einen stimmlich machtvollen Vertreter; aber auch der Froh Martin Kremers und die Freie von Liselotte Ammer mann hielten sich in dem durch Bayreuther Ansprüche ge zogenen Rahmen. Ivar Andresen und Joses von Manowarda waren die beiden Riesen. Das Rheintöchterterzett wurde von Käthe Heidersbach, Ruth Berglund und Elfriede Marherr ge bildet. In der kurzen Szene der Erda fiel Inger Karen auf, dre ihr erstes Auftreten in Bayreuth mit hohen Ehren bestand. Am szenischen Bild des „Aheingold" war im Vergleich zum letzten Festspieljahr nichts verändert worden. Die Aus stattung von Emil Preetorius stellt eine abgeschlossene Lei stung Lar. Lie dem Anspruch der Gegenwart an das Bühnen bild ebenso gerecht wirb, wie Len Vorschriften Wagners. Don liebevoller Werktreue lieh sich auch Heinz Lietzen als Regisseur Lei der Auffrischung seiner früheren Leistung und der Ein ordnung Ler neuen Sänger in das „Rheingold"-Ensemble leiten. Die pausenlose Aufführung sand am Schluß herzlichen Beifall. -