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Sächsische Slaalszeilung den Freistaat Sachsen Staatsan^eiger für Ankündigung««: Die 32 mm breite Grundzetle oder deren Raum 3V Pf, die 66 wm breit« Gruudzeile oder deren Raum im amtlichen Teile 7t) Pf-, unter Ein- gefandt L RM. Ermäßigung aus SeschäftSanzeigen, Familiennachrichten und Stellen gesuche. — Schluß der Annahme vormittag- 10 Uhr. Erscheint Werktag- nachmittag- mit dem Datum de- Erscheinung-tage-. Bezug-preiS: Monatlich 3 Marl. Einzelne Nummern 13 Pf. Fernsprecher: Geschäftsstelle Nr. 21295 — Schriftleitung Nr. 14374, Postscheckkonto Dresden Nr. 2486. — Stadtgirokonto Dresden Nr. 140, Zeitweise Nebenblätter: Landtags-Beilage, Berkaufslisie von Holzpflanzen auf den Staatsforstrevieren, verantwortlich für die Redaktion: I. v.: vr. Fritz Klauber tn Dresden. Nr. 490 Dresden, Freitag, 46. August 1929 Sas Problem der Arbeitslosen versicherung. Berlin 16. August. Gestern vormittag 11 Uhr fand in der Reich?- ka«zlei zwische« den Führer« der Regierungs- sralttonen drS Reichstages, den Sozialdemokratt« Dittmann, Weis, vr Hertz, den ZentrnmSadge. »rduet«« PrrlittuS, vr. Brüning, Esser, Frau Trusch, den Boll-parteilern vr. Scholz und vr. Pfeffer, den Demokraten Frau vr. Bäumer und Schneider, dem Bayrischen Bolkspartriler Prä lat«« Leicht und sämtlichen in Berlin anwesen de» Reichsministern eine Besprechung über die Arbeitslosenversicherung statt. Sic war nur von kurjer Dauer und führte zu keinem Beschlusse. Übereinstimmung bestand jedoch darüber, daß die ArbeitSlosenversicherungSreform sehr beschleunigt werden solle und daß Lie Einzelheiten in heute bsginnenden interfrak tionellen visprechungen zu vereinbaren seien. * Die gestrige Parteisührerbesprechung über die Reform der Arbeitslosenversicherung diente, wie uns aus Berlin weiter berichtet wird, hauptsächlich der Behandlung der formellen Seite der An gelegenheit, während man sich ein Eingehen in die Sache selbst sür heute vorbehielt. Daß es, wie das über die Sitzung herausgegeben« Kom- muniqui besagt, gelungen ist, überelnfliimnend zu der Ansicht zu gelangen, daß die Frage der Re form beschleunigt behandelt werden müsse, kann bereits als ein nicht zu unterschätzender Fortschritt bezeichnet werden, denn es geht aus der Überein stimmung dieser Ansicht hervor, daß auch die Sozialdemokraten ebenso wie die bürgerlichen Par teien gegen eine Verschleppung sind. Daß die Sozialdemokraten gewillt sind, ernst- hast an der Findung einer Lösung mitzuorbeiten, geht auch aus den Aussührungen hervor, die die gestrige Abendausgabe des „Vorwärts" zu der An gelegenheit macht. Tie sreien und die Hirsch- Tunckerschen Gewerkschaften, so heißt es dort u. a , sind bereit, in der Saifonarbeiterfrage einer erträg lichen Neuregelung zuzuflimmen. Allerdings seien alle Gewerkschaften der Meinung, daß das Reich verpflichtet sei, bei einer Naturkatastrophe wie die des letzten Winters helfend einzugreisen. In diesem Punkte klafft zwischen der Gewerkschasts- meinunz und der Überzeugung des Reichsfinanz- Ministeriums eine tiefe Kluft Tenn der Staats sekretär des Reichsfinanzministeriums, Po Pitz, hat bereits die gestrige erste Zusammenkunft der Fraklionssührer als eine günstige Gelegenheit be trachtet, um den Abgeordneten in eindringlicher Weise die gegenwärtige Kassenlage des Reiches zu schildern, die eine weitere Belastung der Reichs- finanzen durch irgendwelche Ausgaben für Arbe ts- losenzwccke auf keinen Fall zulasse. Tie Ausführungen des Staatssekretärs Popitz sollen, wie verlautet, auf die Teilnehmer an der Besprechung großen Eindruck gemacht haben. Bon vollSparteilicher Seite wird übrigens bestätigt, daß bet der gestrigen Besprechung die Vertreter der Deutschen Volkspaltei besondere Ungeduld hinsicht lich einer Beschleunigung der Resorm der Arbeits losenversicherung an den Tag gelegt haben. Wenn sie auch nicht gerade wie in einen, Berliner Blatt behauptet wird, eine Art Ultimatum gestellt haben, so ließen sie doch durchblicken, daß, wenn bis spätestens Donnerstag nächster Woche dem Sozial- politiichen Ausschuß des Reichstage- ein Regierung-- entwurf nicht zugeleitet sein sollte, sich sür die Deutsche VolkSpaitet eine Situation ergeben würde, die es notwendig machen müßte, daß die Reichs- tag-fraliion der Deutschen Volkspartei zu der dann geschaffenen Lage Stellung nimmt. Dazu wird es aber wohl kaum kommen, denn, wenn auch noch nicht zu erkennen ist, in welcher Weise die in der Regierungkloalilion herrschenden Gegen sätze in der Frage überbrückt werden können, so ist es doch schon al- ein erfreuliches Zeichen an- zufehen, daß, wie die gestrige Besprechung der FraktionSsührer zweifellos ergeben hat, auf allen Äiten ein guter Wille vorhanden ist, sich ernsthaft um eine Lösung der so gefährlichen Konfliktstoff enthaltenden Frage zu bemühen. SS ist sicher nicht zuviel gesagt, wenn man erklärt, daß sich die Reform der Arbeitslosenversicherung aus dem Wege der Klärung befindet. Beratungen im Sozialpolitischen Ausschuß. Berlin, 16. August Ter Eczialpolitische Ausschuß des Reichstags trat gestern unter dem Vorsitz des Abg. Esser sZ) zusammen, um die Frage der Arbeitslosenversiche rung zu beraten. Relchsarbensminister Wissel! erklärte, daß die Reichsregierung leider noch nicht in der Lage sei, dem Ausschuß schon jetzt eine fertige Vorlage unterbreiten zu können. Das Neichsarbeilsmimsterium habe zwar bereits dem Kabinett eine Vorlage unterbreitet, und daS Ka binett sei wohl auch in den meisten Punkten einig. Aber es beständen in einigen wesentlichen Fragen noch Meinungsverschiedenheiten, über die eine Einigung noch nicht erzielt werden konnte. Ministerialdirektor vr. Weigert vom Reichs- arbeilSministerium berichtete dann über die Ar beiten des CachverständigenauSschusses, wobei er u. a aussührte, daß der Ausschuß die Voraus setzungen der Arbeitslosenunterstützung einer Nach prüfung unterworfen habe. Er habe sein Augen- mcrl insbesondere auf die Fälle mißbräuchlicher Ausnutzung gerichtet, die Arbeitnehmern und Arbeit gebern vorgeworsen werden und sich zweisellos nicht verhehlt, daß mit jedem Versicherungs- fystem die Gefahr einer mißbräuch lichen Ausnutzung verbunden ist. Ter Ausschuß sei sich aber auch darüber klar gewesen, daß mit der Erörterung der Mißbräuche das finan- zielle Problem der Arbeitslosenversicherung nicht erledigt werden könne Niemand könne mit Sicher heit Voraussagen, wie sich der deutsche Arbeits- markt in den nächsten Jahren entwickeln werde. Vor allem aber wisse man nicht, welche Ereignisse politischer, wirtschaftlicher oder sozialer Art in den kommenden Jahren den Arbeitsmarlt beeinflussen werden Man tue deshalb gut, lieber pessimistisch zu rechnen als optimistisch, wenn man sichere sinanzielle Grundlagen sür die Arbeitslosen versicherung schassen wolle. Das sei auch die Aus- sassung bei der ganz überwiegenden Mehrheit der Kommission die die Zahl von l,1 Millionen unierslützter Arbeitslosen in den Besprechungen im Tmchschnitt der kommenden Jahre zugrunde ge legt habe. Tie Erhöhung um Proz bedeute nach den Ergebnissen vom Jahre 19.8 ein Aufkommen von 137 Mill. M. im Jahre. Sie reiche also aus, um die Lücken zu füllen, und die Rücklage noch um ein weniges zu verstärken. Diese Erhöhung der Beitragüeistung könne aber wahrscheinlich vor dem 1. November 19L9 nicht in Kraft treten, weil die Änderung des Gesetzes so viel Zeit erfordern werde. Deshalb müsse der sinanzielle Ausgleich durch einen Überbrückungskredit herbeigesührt wer- den. Tie Kommission habe geglaubt, daß die Arbeitslosenversicherung diesen Kredit zu erträg lichen Bedingungen finden könne, zumal wenn das Reich sie dabei unterstütze. Was die Darlehen betreffe, die das Reich der Anstalt im letzten Winter habe gewähren müssen, so habe es die Mehrheit der Kommission abge lehnt, sich für eine Niederschlagung dieser Dar lehen einzusetzen. Dagegen habe eine Mehrheit der Kommission vorgeschlagen, daS Reich möge diese Darlehen zinsfrei bis zum 1. April 1935 stunden. Die Arbeit der Sachverständigen bedeute nicht schon die Resorm der Arbeitslosenversicherung, sei aber geeignet, die auf dieses Ziel hinflrebende Arbeit vorwärtSzubringen. Angesicht- der Fülle des den Mitgliedern des Ausschusses zugegangenen neuen Materials vertagte sich der Ausschuß hierauf bis zum kommenden TienStag. Die Kommission habe einstimmig ausgesprochen, raß es erwünscht sei, auch die Fälle der berufs üblichen Arbeitslosigkeit in der Arbeitslosenver sicherung zu behandeln. Eine erhebliche Mehrheit der Kommissionen habe weiter vorgeschlagen, nicht nur die Fälle der berufsübtichen Arbeitslosigkeit, sondern alle Fälle durch eine besondere Regelung zu erfassen. Nach diesem Vorschlag solle die Höhe der Durchführung allgemein in ein Verhältnis zur Dauer der Beschäftigung gesetzt werden. Die vollen Leistungen der Arbeitslosenversicherung sollten nur dann gewährt werden, wenn der Arbeitslose vorher etwa 52 Wochen gearbeitet habe, ohne daß dieser Zeitkreis durch einen Unter» stützungsfall unterbrochen gewesen sei. Habe er weniger als 52 Wochen gearbeitet, so senke sich die Unterstützung nach einer bestimmten Staffelung So sei man mit anderen Posten, die ein Er- sparniSprogramm der Mehrheit bildeten, zu Ein sparungen gekommen, deren Summe 163 Millionen erreicht. Trotzdem blieben nach den Voraus setzungen der Kommission 116 Millionen im Jahre noch ungedeckt. Hier habe nun der Vorschlag der Kommission eingesetzt, sür eine begrenzte Zeil den Beitrag um Z4 v. H. zu erhöhen. Ote Länder und die Arbeitslosen versicherungsreform. Berlin, 16. August Dem „Berliner Tageblatt" zufolge besteht bei der Mehrzahl der deutschen Länderregierungen der Wunsch, zu der Reform der Arbeitslosenversiche rung noch einmal Äellung zu nehmen, und so verlautet, daß am Diensiagvormitlag eine Länder- lonserenz zusammentriit. Ta der sozialpolitische Ausschuß am TienStagnachmittag um 3 Uhr mit der eigentlichen Debatte über die Resorm der Arbeitslosenversicherung beginnen will, kann, wie daS Blatt bemerkt, aus der Ansetzung des Ter mins sür die Länderkonserenz geschlossen werden, daß die Länder auf die Beratungen des Ausschusses Einfluß nehmen wollen. Auch der Deutsche Städtetag verlangt, im Ausschuß gehört zu werden, offenbar zu dem Zweck, die neuen Bestimmungen des in Aussicht genommenen Gesetzes zur Resorm der Arbeits losenversicherung mit den Bestimmungen über die gemeindliche Wohlfahttssürsorge in Einklang zu bringen, damit nicht Leistungen, die vom Reiche abgelehnt werden, von den Städten übernommen werden müssen. Die Konferenz ans dem toten Punkt. Fortsetzung der inoffiziellen Besprechungen. Haag, 16 «««»st. Die Brmühungrn um eine« Ausweg zur B - friediguug der englisch«« Forderung«« und Bei- legung der finanziell«» Gegensätze find d«n ga«z«n grstrigl» Tag über in verschiede»«» Be ratungen sortgesitzt worden. Hierbei hat der Belgier Franequi dir Rolle deS Pernnttlers übernommen, während zum erste»mal auch von einer Btsprechung mit dem amerikanische« Be- obachtrr die Rede ist Am Vormittag sand zunächst eine lange Be ratung zwischen der d«lgisch«n, italienischen und französisch«!» Abordnung statt. Danach begaben sich Gutt und Franequi zu dem amerikanischen Beobachter Ltimso», mit dem sie «ine lange Unterredung hatten. Franequi hat sodann d«n englischen Tchatztanzler Snowden bejuchi. Nach feiner Rücktlhr sand am Spätnachmittag am Litz der sranzöjischen Dtlcgatton eine Be ratung der Minister der vier drtitligten Mächte, Japan, Belgien, Frankreich und Jtaliln, in der gleichen Weise wie gistern statt. Rach Schluß dieser Konferenz empf ng Loucheur die fran zösische Pnfje. Sr delonte, daß zwischen Frauk- reich, Belgien, Italien und Japan eine voll kommene übtninstimmung tn alt«« Punkten er zielt worden und man der Ansicht fei, daß eine Befriedigung Englands murrhalb drS AoungplaneS möglich fei. Sollte Snowd«« auf dem von »hm beantragt«« RrvijionsanSschuß bestehe«, so würde eine neue Kinberusung der Sachverständigen notwendig und eine Lösung wäre dann nicht abzufrhtn Bon sranzosijcher Seite wird über den Brief, d«u Snowden am Mittwoch an d«n belgisch«« Ministerpräsidenten Jaipar richtete, noch folge». d«S mitgetrittr DaS Angebot der vt«r Mächte soll, wie vrrlantct, dem «nglifchen Schatzkanzlcr durch den belgischen Ministerpräsidenten Jafpar mündlich übermittelt worden sein. Erst nach dieser Besprechung habe Snowde« feine» Brief g«schrieben, in welchem er eine Beantwortung feiner Forderung«« und schriftliche Vorschläge von feite» verändert» Mächte verlangte. Man ist offenbar engltscherseiiS bereit, im Falle von befriedigende« Gcgknvorschläge« nicht weiter anf der Einsetzung «ineS RcvifionSauSfchnfieS zu bestehe». A»s französischer Seite besteht wenig Neigung z» einem schriftlich«« Vorschlag, offe«dar am sich im Falle eines Abbruches der Kon ferenz nicht durch irgendwelche schriftliche« Zugeständnisse gegenüber England ststzultgen. Oer Luristenausschuß ergebnislos. Haag, 16. August. Im Junstcnausichuß haben die Verhandlungen keinerlei Ergebnisse gezeitigt Ter französische Vorschlag wird von deutscher Seite nach wie vor grundsätzlich abgelehnt. Nach der gegenwärtigen Lage der Tinge scheint es kaum denkbar, daß im IuristenauSschuß in irgendwen er Richtung ein praktisches Ergebnis erzielt wiid. Besprechungen über die Saar im Haag. Haag, 16. August In der Saarfraze hat gestern eine Bespre chung zwischen einem französischen und einem dcutjchen Sachverständigen stattgefunden Die Franzosen haben dabei auf Grund des von Teut,chland oorgelegten Rahmenprogramms nähere Einzelheiten veilangt. Ter Eindruck auf deutscher Seite ist, daß die Franzosen nur sehr zögernd an die Besprechungen Herangehen, und daß sie nach wie vor auf dem Sianvpunkt stehen, die Saar- frage fei eine rein französisch deutsche Angelegen heit. Sie richten daher ihre ganzen Bemühungen darauf, diese Verhandlungen von den allgemeinen Fragen abzutrennen. O Koblenz, 16. August Ter ReichSlomnnssar für die besetzten rheini schen Gebiete, Botschafter Freiherr Lang- werth v. Simmern, und sein Stellvertreter, Ministerialdirektor Graf Adelmann, haben sich gestern nach dem Haag zur Teilnahme an den Verhandlungen begeben. Sie Welffahrt des „Gras Zeppelin". Ser Fahrtbericht. Gestern um 14.55 Uhr erschien der „Graf Zeppelin", von Südwest kommend, von Sirenengeheul der im Hafen liegenden Dampfer begrüßt, über der Stadt Danzig, beschrieb In langsamer Fahrt einen Bogen und verschwand dann tn Richtung Ostnordost. DaS Lustschiff, daS in geringer Höhe flog, und einen prächtigen Anblick bot, war fast 10 Minuten lang zu sehen. Der „Graf Zeppelin" kam wenige Minuten vor 16 Uhr auS westlicher Richtung in Sicht von Königsberg. DaS Luftschiff. daS von vier Flugzeugen umkreist wurde, befand sich um 16.15 Uhr über den, Kern der Stadt, wo es überall jubelnd begrüßt wurde. Nachdem da- Luftschiff hier eine Schleife ausgeführt hatte, nahm es Richtung Nordost und entschwand um 16 30 Uhr den Blicken. Die Stadt Königsberg sandte folgenden Funk- spruch an den „Graf Zeppelin": Tie Hauptstadt der vom Vaterland abgeschnürten Provinz Ostpreußen grüßt den „Graf Zeppelin". Wir huldigen dem Werke, seinem Heimgegangenen Erfinder, den Männern, die eS weiteiführcn, an der Spitze dem Kommandanten vr. Eckener. Allen Teilnehmern an der Wettfahrt unseren Gruß. „Graf Zeppelin" verbindet uns mit dem Va er- land. Er befeuert mächtig unsern Willen, mit chm wieder vereinigt zu werden Wir danken für ein Erscheinen über unserer Stadt. Unsere Wünsche und unsere Hoffnungen begleiten ihn auf seiner Wettfahrt. Durch zähe Arbeit zunr Ziel. Stadt Kömgiberg Oberbürgermeister vr. Lohmeyer. Um 17 Uhr kam daS Luftschiff in ruf« am westliche« Horizont irr Sicht und flog stet