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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 22.10.1911
- Erscheinungsdatum
- 1911-10-22
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-191110222
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19111022
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19111022
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1911
-
Monat
1911-10
- Tag 1911-10-22
-
Monat
1911-10
-
Jahr
1911
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Dktover 19 ll s 14 822 1R«4t..iql.» Tel.-Änschl. 14 8S3 ll48S4 - . ... st"S2 Mach«..,chl.» -kl.-Anschl. j 14 893 (146S4 Amtsökatl des Nates und des Nolizeiamtes -er Ltadt Leipzig jLr L^tp-ig und V.rort« durch »«jee» Trä.rr und Evrdtteue« 2mal täaltch in» paus gebracht - SU Ps. monatig!.7U Vit. »ieneltahrl. Lei unlern Filialen u. An. nahmestellen adaehoU: 7S Pt. monatig rL Mk. oterteliähkl. I-rch die Polt: innerhalb Deutschland» und der deutschen Kolonien vierteijährl. 3.KU Mk., monatl. ILV Mk. auijchl. Poftdestellaeld. Lerner in Belgien. Dänemark, den Donaustaaten, Italien, Uurembura, Niederlande, Nor wegen. Oesterreich . Ungarn, Nutzland, Schweden, Schweiz u. Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch die Eeschastsjielle de» Blatte» erhältlich. Da» Leipziger Tageblatt erscheint 2 mal täglich, Sonn» u. Feiertag» nur morgen». Lbonnementr-Annahme- I,han»i»«asse 8, bei unseren Trägern. Filialen. Spediteuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Briesträgern. 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Dss Wichtigste. * Der Reichstag erledigte am Sonnabend in zweiter Lesung den Gesetzentwurf über Errichtung eines Kolonial- und Konsular-Eerichts- hofs. (S. d. des. Art. u. Rcichstagsber.) * Der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Freiherr v. Rechen berg, hat auf telegraphisches Ersuchen «inen von ärztlicher Seite gewünschten Heimats urlaub erhalten. (S. Dtschs. R.) * In Schwartzau fand am Sonnabend die Trauung des Erzherzogs Karl Franz Joses von Oesterreich mit der Prinzessin Zita von Parma statt. (S. d. bes. Art.) * Die Besetzung von Benghasi durch die Italiener ist nunmehr erfolgt. (S. d. bes. Art.) * Der französische Oberbefehlshaber in Ostmarokko General Toutse hat in Udjda den Negierungs kommissar Destailleur, den Bizekonsul Lor- geau, den Zollverwalter Pandori und den marokkanischen Kaid verhaften lasten, die Ber- untreuungen begangen haben. (S. Ausl, und Letzte Dep.) ' Bei einer Pulverexplosion inCaltani- setta wurden 44 Menschen getötet. (Siehe Tageschr. u. Letzte Dep.) * Auf dem Flugplatz Lindenthal be gannen am Sonnabend die Leipziger Flugtage, deren einzelne Leistungen sehr gut waren und ohne jeden Zwischenfall verliefen (S. d. bes. An.) Die Türkei im Kriege. Tie „tripolitanische Frage" kann kaum noch als eine Frage bezeichnet werden. Eine Ver teidigung dieses überseeischen Besitzes der Türkei ist nun einmal nicht möglich, weil das Wasser selbst in dem seichten Syrtcn-Meere noch immer viel zu tief ist, um die wahrscheinlich den Jtcv- lienern überlegenen Landiruppen -in einigermaßen ausreichender Zahl hinüberzubringen. Selbst wenn der Durchzug durch Aegypten gestattet wäre, den England — eigentlich gegen das for male Recht — nicht gestattet hat, so würde es doch strategisch äußerst schwierig sein, einen kriegsgerechten Aufmarsch in einem für Ope rationen größeren Stiles geeigneten Gelände un ter Sicherstellung der Verproviantierung zu voll ziehen. Auch der in Tripolis gelandete Enver Bei wird das Schicksal der Kolonie nicht zu wenden imstande sein; er müßte depn, ein neuer Hamil- car oder Sertorius, für die Organisierung des Kleinkrieges ein ganz besonderes Genie besitzen, das selbst den Meistern des Massenkrieges nicht ohne weiteres beizuwohnen braucht. Schließlich fehlt aber immer noch das Geld, um eine längere Kriegsdauer ertragen zu können, und die an gesichts der Nervosität bei den großen und kleinen Nachbarn der Türkei, nicht zuletzt auch bei den krieg führenden Italienern, recht karg bemessene Zeit. CS wird also bei dem Rate, den weltkundige türkische Staatsmänner ihrer Nation und deren parlamentarischen Vertretern gehen, sein Bewen den haben: daß man sich auf den Verlust von Tripolis einrichten müsse. Blei- ben also nur die Fragen, wie man sich mit ihm abfinde, in welcher Form das Unvermeidliche vollzogen werde und die wichtigere: was weiter? Daß daS Verhalten der Schicksals getroffe nen in diesen Wochen nicht gerade erhebend war, braucht kaum erörtert zu werden. Die erste Re aktion auf den Angriff, gegen den es keine Waffen gab, war der tolle Einfall, sich für den drohenden Verlust durch die Eroberung Thes saliens schadlos zu halten, obwohl das an sich ja genug belastete Griechenland gerade in diesem Augenblicke nichts Sonderliches verbrochen hatte. Eine Ausführung dieses Gedankens hätten übel wollende Beurteiler der Türkei leicht dahin aus legen können, daß die Nation als solche sich doch noch nicht von der alten Ueberlieferung losgerissen habe, die Gesamtheit der Christen völker als ihre natürlichen Feinde anzusehen. Eben aber an der Ausschaltung des religiösen Gegensatzes, an der Austilgung eines solchen, auch in den Christenländern noch immer nicht völlig erloschenen Empfindens, endlich überhaupt an der Spaltung ihrer zahlreichen offenen und geheimen Feinde hat die Türkei von jeher, und ganz besonders die moderne, das dringendste Be dürfnis. Tann zeigte sich wiederum die täppische Suche von Kriegsunglück heimgesuchter Völ ker nach S ü n d e n b ö ck e n. Man hat ja einst gelacht, als Li-hung-tschang bei der Niederlage am Aalo die gelba Jacke und bei der Er stürmung Port Arthurs die Pfauenfeder ent- zogen wurde, obwohl der alte Fuchs zwar manche Sünden auf seinem Gewissen haben mochte, aber an den verlorenen Schlachten gewiß so unschuldig war wie an Ueberschwemmungen des Hoangho. Man hat cs den Franzosen verdacht, daß sie durchaus den Besiegten von St. Privat noch nachträglich aufs Schafott schleppen wollten. Nun tanzt richtig die ohnmächtige Wut des Nichts machenkönnens am Goldenen Horn um das Haupt des Großwcsirs Hakki und hängt ihm zum Ent setzen auch noch einen Hochvcrratsprozeß an! Besser wür's, wenn die türkischen Fortschrittler sich vielmehr endlich des Hinüberschielens nach Frankreichs parlamentarischen Mißbräuchen, des geist- unl> sinnlosen Ministerstürzens enthielten, die Formel politischer Kritik bcgrcisend, daß ge sunde Entwickelung der Staaten im umgekehrten quadratischen Verhältnisse zu ihrem Minister- verbrauche steht. Doch wir wollen auch nicht allzu hart rechten mit solchen Mißgriffen. Tie Türkei macht in in diesem Augenblicke eine Schickung durch, die in gleicher Art vielleicht noch niemals einen Staat getroffen hat: von einem an sich vielleicht schwächeren Feinde angegriffen zu sein und sich nicht wehren zu können, weil sie nicht an ihn hcranzukommcn vermag. Schmerz wie Tod aber bei vollem Bewußtsein mit verhaltenem Grimm in Würde zu ertragen, bleibt die schwere Kunst höchstentwickelter Geister, nicht der Massen, und aus einer Lage wie der gegenwärtigen sich mit Anstand herauszuwinden: die Probe ist selbst der bewunderten Nömertugend erspart geblieben. Wenn anscheinend jetzt nach einigen! Schwan ken die Entscheidung für eine vorläufige Fortsetzung des Krieges "gefallen ist, so wird man diesem Entschlüsse, trotzdem bei ihm nichts herauskommt, beipslichten dürfen. Tie Spanne von drei Wochen war zu knapp, um mit leidlicher Ehre dem Räuber von Tripolis für schonende Behandlung zu quittieren, daß er zum Mantel nicht noch den Rock genommen hat. Tie allzu hastigen Friedensschlüsse hinter lassen überdies leicht einen Stachel in der Seele des Ueberwundenen, wenn später Umstände be kannt werden, die wenigstens den Anschein er wecken, als sei eine Wendung noch nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit gewesen. Die Ge schichtschreibung hat noch immer den Streit nicht abgeschlossen, ob Campo Formio nicht eine Uebereilung war, ob nach Solferino der Kampf aufgegeben werden durfte. Im Hintcrlandc von Tripolis ist die Lage noch sehr unklar, und oor Cyrenc machen die Italiener keine rechten Fortschritte. Dazu haben die gelandeten Truppen doch als blinden Passagier die Cholera nkjt- gebracht, und die Jahreszeit ist angebrochen, da Boreas und Schirokko im Svrten-Meere Zwie- sprach pflegen über uralten Gräbern römischer Armaden. Mögen sich noch so schwache Hoff nungen an solche Erwägungen klammern: ein bißchen längeres Warten kann nicht schaden. Frei lich droht Italien mit Ausdehnung des See kriegsschauplatzes in. Aegäische Meer. Sei aber solche Drohung auch ernsthaft gemeint: es hat auf die Empfindungen Rücksicht zu nehmen, die jedes Hantieren mit Feuer in der Nähe von Europas größtem Pulverfasse bei den vielen anderen, die schließlich mitsprechen könnten, her- vorruft. Im schlimmsten Falle kommt das Un vermeidliche für die Pforte immer noch früh genug, und dann bleibt ihr jene sanftere Form des Verzichtes, in der einst Oesterreich Venetien nicht dem geschlagenen Italien, sondern dem Kaiser Napoleon abtrat. Die Türkei muß sich noch einmal schicken lernen in die Ungunst der Witterung, die trotz aller beim Sturze des Absolutismus aufgelcbten Lenzeshoffnungen ihr Wintertag auf Wintertag sendet. Dann aber mag sie jenen Pessimis mus trotz alledem und alledem in sich be siegen, dem der Kismet-Glaube ihrer Staats- religion sie so geneigt macht. Sie mag mit um so frischerem Mute sich zur Frühjahrsbestellung rüsten, deren Zeit doch einmal kommen wird. Auch Italiens Finanzen werden durch die neue Erwerbung mit einer großen Last beschwert, und vielleicht öffnet sich schließlich doch auch für das ottomanische Reich ein Weg, dereinst mit einer dem Gegner gewachsenen Flotte auf das Meer hinauszufordern und ihm das durch Unrecht er langte Gut wieder abzufordern, weil dort „Un ordnung und Vernachlässigung" eingerissen sind. Das Beispiel fadenscheiniger K^iegsbegründungen I ist ja nun gegeben; gegeben von einem Staate, ver die „Ordnung" der Maffia bis auf den heutigen Tag in seinem Sizilien duldet! * Schlappe der Italiener bei Tripolis. Konstantinopel, 21. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) „Jeni Eazetta" meldet, daß ungefähr 300 Ita liener die türkischen Truppen bei Sintan (Sandschak Dschebel Jgharbi), südlich von Tripolis, anzugreifen versuchten, aber zurückgeschlagen wurden. Die Türken wurden durch Hilfskolonncn von etwa 1500 Eingeborenen unterstützt. Türkischer seits wurden drei Feldwebel getötet und sieben Sol daten verwundet. Die Hilfstruppe hatte 8 Tote und 3 Verwundete. Schlechter italienischer Nachtdienst. Konstantinopel, 21. Oktober. (Eig. Drahtmeld.) Zu dem gemeldeten Nachtangriff am 16. Ok tober Lei Tripolis erfahrt der „Tanin", daß die Türken infolge des nachlässigen Wachtdienstes der Italiener ihre Kanonen bis auf 2000 Meter an das italienische Lager vorbringen konnten, worauf sie das Lager beschossen. Die Ver luste der Italiener sollen auch der infolge des plötz lichen Angriffs entstandenen Verwirrung zuzuschrei ben sein. Die Besetzung von Benghasi durch die Italiener. Rom, 21. Oktober. (Eig. Drahtm.) Die „Agenzia Stefani" veröffentlicht folgende Meldung des Vize admirals Aubry: Gestern besetzten die Truppen die Stadt Benghasi. Abgesehen von einem unbedeutenden Angriff auf der Nord seite, den die Italiener abschlugen, ist alles ruhig. Die Landungskompanien kehrten in die Schiffe zurück und ließen die ausgeschiffte Artillerie am Lande. Ein Offizier und fünf Matrosen sind tot; zwei Offiziere, ein Unteroffizier und dreizehn Matrosen verwundet. Schlechte Friedensaussichten. Mailand, 21. Oktober. (Eig. Drahtm.) Der Mailänder „Secolo" und die dem Ministerpräsidenten Giolitti nahestehende Turiner „Stampa" melden übereinstimmend, daß man sich in den Regierungs kreisen sehr skeptisch über das Gelingen einer erneutenFriedensvermittlungsaktion zeige. Die zunehmende Boykottbewegung in der Türkei und die letzten Meldungen über Greuel taten, die in Adrianopel, Saloniki und Sm:rna gegen italienische Untertanen begangen worden sind, wären nicht dazu angetan, der Re gierung die Friedensbedingungen, wie sie die Pforte durch Dritte anbietcn läßt, annehmbar zu machen. Eine Beute der Italiener. Konstantinopel, 21. Oktober. (Meldung des Wiener K. K. Telegr. Korrespondenz-Bureaus.) Der von den Italienern beschlagnahmte, von einer, türkischen Gesellschaft gecharterte englische Dampfer „Newa", der samt seiner Ladung wieder freigelassen worden war, traf gestern in Prevesa ein. Nach Aussage des Kapitäns kon fiszierten die Italiener 132 Kisten Munition. 7 Gewehre und Eendarmerieuniformen. An Bord des Dampfers befanden sich 112 Soldaten, 7 Offi ziere, ein Zollkaimakan, samt seiner Familie und 7 Zivilisten, die sämtlich gefangen genommen wurden. Man brachte sie zunächst nach Tarent und später nach Malta. Lin neuer höchster Gerichtshof. 3. Berlin, 21. Oktober. Eine Vorlage aus der Zeit Dernburgs besckiäitigte heute den Reichstag, diejenige über die Errich- tung eines Kolonial- und Konsulargerichts hofes. Daß der Entwurf noch vom Staatssekretär Dernburg stammt, hat eine gewiße politische Be deutung und es wurde in der Debatte auch nicht versäumt, darauf hinzuweisen. Etwa im April 1910 muß die Vorlage in erster Lesung beim Reichstag gewesen sein, sie gehörte daher fast zu den Ver- schollenen. Heute ist die höchste Instanz für Konsulargerichts barkeit das Reichsgericht in Leipzig, früher hatte dieses die gleiche Bedeutung für die Kolonialsachen und zwar einfach deshalb, weil für Konsular gerichtsbarkeit und Kolonialsachen dieselben Vor schriften Anwendung fanden. Noch früher gab es einmal eine Gerichisverfassung, die für ge wiße Kolonialsachen das hanieatische Ober landesgericht zuUeß. Die Aenderung des Scbutz- gebietsaesetzes brachte hier Wandel. Kraft kaiser licher Verordnung konnten nun in den Kolonien selbst Oberlandesgerichte als letzte Instanz eingesetzt werden, während für die eigentliche Konsulargerichts- darkeit das Reichsgericht höchste Instanz war und blieb. Die neue — aber schon nicht mehr neue — Vorlage stellt also auch eine „Entlastung" des Reichs, gerichts dar. Sie will da» Reichsgericht auch für die Konsulargerichtsbarkeit beseitigen und wieder eine gemeinsame Stelle für beide Zweige schaffen: eben in der Gestalt eines höchsten Kolonial- und Konsulargerichts in Deutschland. Nun ist Deutschland groß; die Regierung dachte und denkt nur in Berlin, doch haben sich auch An hänger einer Errichtung in Hamburg gefunden. Die Erinnerung an die frühere Zuständigkeit des hanseatischen Oberlandesgerichts mag vem Wunsche förderlich gewesen sein. So wurde der Wohnsitz eine der Streitfragen, über die heute debattiert wurde. Man hätte sich an die Zeit erinnern können, da für das oberste Gericht in Zivil und Strafsachen nicht Berlin, sondern Leipzig ge wählt wurde: doch wurde die Erörterung heute nicht in so großzügigem Sinne geführt. Abg. Heckscher (Dpt.), der in Hamburg beheimatet, aber anderswo gewählt ist. trat für Hamburg ein. Bebel lSoz.), der, was die wenigsten wißen, in Hamburg gewählt, aber anderswo feinen Wohnsitz hat, befürwortet ebenfalls Hamburg, und der aus einem benachbarten Krei e heivorgangcne Varenhorst lRcichsp.) schloß sich an. Mehr Eindruck hätte es vielleicht gemacht, wenn Abgeordnete aus ganz anderen Gegenden diese Sache vertreten hätten, oenn alle Erklärungen, daß man nicht aus Heimatspolitik spreche, begegneten naturgemäß heiterem Zweifel. Auch Herrn Varenhorst half sein Hinweis nichts, daß er, wenn er Lokal politik treiben wolle, für den Hafenort feines Wahl kreises, Buxtehude, eintreten müße. Der Hinweis verfehlte die Wirkung mit Ausnahme der humo- ristijchen. Es blieb bei Berlin, wie es die Vor lage und der Kommissionsbeschluß wollen. In einer anderen Frage entfernte sich die Mehr heit des Hames sowohl von der Vorlage, als von den Beschlüssen der Kommission. Der Entwurf hatte zwei Plan »er aus der Verwaltung zu Mit gliedern des Gerichtshofs machen wollen. Dernburg also hatte den Hinzutritt von zwei solchen Beamten für enrüglich gehalten. Es scheint, daß jeitoem das Mißtrauen gegen das Auswärtige Amt und aegen die Verwaltung sich noch verstärkt hat Woher stammt dieses Mißirauen, das >o schwer auf unseren Kreisen lastet, eigentlich? Die Gründe mögen nicht immer leicht zu nennen sein, sie mögen für die ver schiedenen Beurteiler auch verschieden sein. Genug, das Mißtrauen ist leider da: und der Abgeordnete Dove lVpt.) konnte heute in einem ziemlich späten Stadium der Beratung feststellen, daß bisher überhaupt noch kein Redner aus dem Hauie auch nur für die Beschlüße der Kommission, die doch einen Verwaltungsbeaintcn aus üem Nichterkollegium bereits entfernt halte, sich eingesetzt ha'te. Dr. Junck (Natl.) gehörte zu den Gegnern dieser Bestimmung. Die Staatssekretäre mühten sich für die Regierungs vorlage ab, aber Herr von Lindequist und Herr von Kiderlen-Wächter sprachen vergeblich. Ein volles „Unannehmbar" für den Fall der Ablehnung des Vsrwaltungsbeamten wurde ja wohl nicht ge sprochen, aber es schien doch, daß die Interessen der verbündeten Negierungen am Zustandekommen des Gesetzes nicht mehr groß sein würden. Dr. Wagner- Sachten sKons.) bemühte sich eifrig, ähnlich wie bei der Stratrechtsnovelle, von der Regierungsvorlage zu retten, was zu retten war. Aber sein Vertagungs antrag trang nicht durch. Die Sitze seiner Partei und ähnlich die in der Mitte, waren recht spärlich besetzt. Bei der Abstimmung konnte daher eine eigentliche Kraftprobe nicht angestellt werden: alles, was links sag, auch die nationalliberale Fraltion, erhob sich für den Antrag, den Vcrwaltungsbcamten zu beteiligen, und das Bureau erkannte ohne weiteres an, daß dies die Mehrheit sei. Wird nun das Gesetz das Schicksal der Arbeits- kamincroorlage teilen? Zunächst werden wohl die Freunde der Vorlage sich bemühen, noch eine Ver ständigung herbeizuführen. Mit Erstaunen aber erfährt man, dag die Abgeordneten, von deren Arbeitspensum vorher so viel geschrieben wurde, nun schon nicht mehr rechte Lust zum Arbeiten zu haben scheinen, wenigstens zur Kleinarbeit. Man begnügte sich damit, die zweite Lesung der Vorlage über den Kolonial- und Kon ularacrichtshof durchgesührt zu haben. Das Kleinaktiengesetz mußte wei en. dafür will man am Montag die Teuerungsdebatte beginnen. Oie ülllhzeil im österreichilHen Ksilerhsnle. Am gestrigen Sonnabend früh haben die im Schloß Scbwartzau anwesenden Fürstlichkeiten an einer Andacht teilgenvmmen, die in der Schloßkapelle stattsand. Tie hohen Gäste gelangten mit Equi pagen und Automobilen aus der Umgebung und vom Bahnhöfe an und fuhren zum Schlosse. Fünf Mi nuten vor 11 Uhr traf der Kaiser Franz Jo ses in einem Sonderzuge auf der prächtig dekorier ten Bahnstation San Egidien ein und fuhr mittels Automobils nach Schloß Schwartzau, auf der ganzen Fahrt von einer großen MensctMmenge begrüßt. Am Eingänge zur Hauptstiege des Schlosses er warteten den Kaiser der Erzherzog Karl Franz Josef und der Herzog von Madrid. Im ersten Stockwerke erwarteten den uaiser die Herzogin von Parma mit ihrer Tochter Prinzessin Zita im Hochzeitsgewande. Ter Kaiser küßte die Braut zweimal auf die Wange und geleitete sodann die Herzogin von Parma in den Empfangssaal, wo die ganze Hochzeitsgesellschaft beisammen war, darunter der König von Sachsen, Kron prinz Georg von Sachsen, Prinz Friedrich Ehristian von Sachsen, Prinz und Prinzessin Johann Georg, sowie Prinzessin Mathilde und Prinz Mar von Sachsen. Ter Kaiser Franz Joses begrüßte den König von Sachsen in herzlicher Weise. Nachdem der Monarch Cercle gehalten, setzte sich der Hoch- zeitSzug in Bewegung. Tie Trauung vollzog im Auftrage und im Namen des Papstes der päpst liche Majordomus Bisleti. Ihm assistierte Prinz Max von Sachsen. Vor der feierlichen Lßeihe der Ringe richtete der Kopulant an das Brautpaar eine kurze Anrede in französischer Sprache. Als Bei stand fungierten für den Erzherzog Karl Franz Josef Kaiser Franz Josef, der König von Sachsen und Erzherzogin Maria Josefa, für die Braut Prinzessin Zita der Herzog von Madrid und die Herzogin von Parma. Die Trauung nahm eine Viertelstunde in Anspruch. Hierauf verließ der Hochzeitszug die Kapelle. Tann folgte ein Tejeuner. DaS ver- wählte Paar begab sich noch am Sonnabend nach Schloß Wartholz. Ter päpstliche Majordomus BiSleti über reichte im Schlosse Schwartzau vor der Soiree am Freitag das Geschenk des Papstes mit einer Ansprache, in der er die Glückwünsche de-
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