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Nationale Tageszeitung für die Landwirtschaft/ für Äürgertum, Beamte/ Angestellte u. Arbeiter. Anzeiesvpreis: die 8-espa!tene Raumzeile 20Rpfg., die-1 gespaltene Zeile der amtlichen Bekanntmachungen 40 Reichs-- psennip, die 3 gespaltene Reklamezeile im textlichen Teile 1 Reichsmark. Nachweisungsgebül-r 20 Reichspfennigc. Dor- geschr.ebeneErsÄei»u»,s- „ tage und Piatzv»dchriften werden »ach Mö-üchd-t rn sp re ch er I Am- Wilsdruff Nr. 6 bcrliäsichtitzt. Aizeieen- annatrme dis norm.1VUHr. ' Für die Richtigkeit der durch Fernruf übermitteltenAnzeigen übernehmen wir keine Garantie. Jeder Rabat: anspr^ch eriizcht, roenn der Beirag durch Klage eingezo^en werde» muh oder der Auftrag geb er in Konkurs gerat. Anzeigen nehmen alle Vermittlungsstellen entgegen. - «nrl«»»rniker Tageblatt* erscheint an allen Werkta^M nachmittags 5 Uhr. Bezugspreis: Bei Abholung in und den Ausgabestellen 2 RM. im Monat, bei Zustellung durch die Boten 2,3t» RM.» bei Paftbestellung Abtrag- gebühr. Einzelnummern Ä-v»«'»»!'»""' Wochenblatt für Wilsdruff n. Umgeqend Postb°!-nun»mcs-rrAu«. - nebm-n zu icder Den B«. «t-Lux.3»FaU-höherer «Sewall. Krieg oder s.afti^r Betriebsstörungen besteht dein Anspruch aus Lieferung ber Deitnn« ob" KLrzu», »er Bezugspreise«. — «ückseubun, eingesanbter Schrcstftücke ersolgt nur, wenn Porto beiti-g«. Das Wilsdruffer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen B-Kanntmachungeu der Amtshaupimannschaft Meißen, des Amts- aerichrs und des Stadtrats zu Wilsdruff, des Forstreniamts Tharandt und Les Finanzamts Nossen behördlicherseits bestimmte Blatt. Nr 234 — 88. Aahrgtrng Telegr.-Adr.: „Amtsblatt" Wilsdruff-Dresden Vostsch ck Dresden 2640 Montag, den 7 Oktober 1829 1ö»«NM7 71—ETM- — Zr. SttesemW Wr Gang von welchem der Trauerzug sein Ausgang nahm, ge ¬ arbeitet worden, ebenso erschienen die umliegenden Die Trauerferer im Reick-tage. Jahren abgebrochene Brücke zwischen England und Rußland wieder errichtet. Das sind Ereignisse von allergrößter Wichtigkeit, von deren Ausstrahlungen natürlich auch Deutschland betroffen wird. Sein außen politischer Steuermann hat das Ruder aus der Hand geben müssen; von größter Bedeutung ist es also, wer nun an seine Stelle treten wird. Oie Aeisehungsfeierlichkeiien in Berlin. Überwältigende Teilnahme. Die Stunde, in welcher der durch das unerbittliche Geschick so plötzlich seinem Wirkungskreis entrissene Reichs- außenminister Dr. Stresemann feiner letzten Ruhe stätte entgegeugesührt wurde, bedeutete für die Reichs- Hauptstadt einen weihevollen und erhebenden Augenblick. Fieberhaft war an der Ausschmückung des Reichstages, tagsabgeordneten waren gleichfalls fast vollzählig erschienen. Zu beiden Seiten des Katafalks hatten Char gierte der Neo-Germania und der Suevia mit ihren Fahnen Aufstellung genommen. Um 10.55 Uhr betrat Reichspräsident von Hindenburg, geleitet vom Reichsinnenminister Severing und dem Vizepräsidenten des Reichstages, von Kardorff, und Graef, die Ehrenloge. Gleich hinter dem Reichspräsidenten, in der Ehrenloge, die nächsten Angehörigen des verstorbenen Reichsaußen ministers. Feierlich zog Beethovens Ouvertüre zu „Coriolan", gespielt vom Philharmonischen Orchester, durch den Saal. Dann nahm Reichskanzler Müller zu der Gedächtnisrede das Wort. Er führte u. a. aus: An der Bahre des deutschen Außenministers stehen nicht nur trauernd seine Gattin und seine Söhne, denen sich unsere innige Teilnahme zuwendet, steht nicht nur die deutsche Reichs regierung, die ihren Außenminister, nicht nur der Deutsche Reichstag, der eines seines hervorragendsten Mitglieds, nicht nur die Deutsche Volkspartei, die ihren Führer verloren hat, sondern im Geiste nimmt an dieser Abschiedsfcier das deutsche Volk teil, das einen seiner besten Söhne verloren hat, und die Welt draußen, die in ihm den großen Staatsmann verehrte und den Menschen guten Willens achtete. Unter allen Kundgebungen des Beileids ist daher keine so treffend wie die unseres verehrten Herrn Reichsprä sidenten, in der es heißt, daß der Verstorbene bis zum letzten Augenblick treu für sein Vaterland ge arbeitet hat. Seinem Lande und Volk galt sein Wirken, für Deutschland und das deutsche Volk glühte sein Herz! Gegenüber den vielen oftmals ungerechten Anfeindungen ist es für mich als deutscher Reichskanzler in dieser Stunde eine Ehrenpflicht, zu erklären, daß es keinen treueren Deutschen als Gustav Stresemann gab, keinen, der so wie er sein ganzes großes Können für das von ihm über alles geliebte Vaterland einsetzte. Als Stresemann entscheidend in die Ge schicke Deutschlands eingriff, herrschte der Ruhrkampf mit seiner furchtbaren politischen wirtschaftlichen und seelischen Er schütterung des gesamten Volksleben. Das Reich drohte zu- sammenzubrcchcn, heute aber nach sechs Jahren stehen wir wieder angesehen und als Großmacht anerkannt im Kreise der Nationen, trotzdem uns nicht die gleiche bewaffnete Macht zur Seite steht wie anderen Völkern. Stresemanns Blick war klar genug, um zu erkennen, daß mit den Mitteln der Gewalt der Aufstieg Deutschlands nicht gefördert werden konnte, sondern daß er nur zu erreichen war mit einer Politik der Verständigung und des Friedens. Wenn heute eine Welle tiefer Trauer durch unser Volk geht, wenn selbst die Gegner den Degen an seiner Bahre trauernd senken, so gilt diese Trauer nicht allein dem Staatsmann und Führer, sie gilt auch dem Menschen Stresemann. Er lebte nicht aus einsamer Höhe, sondern lebte und empfand mit den weitesten Kreisen. So nehmen wir Abschied von ihm in der Gewißheit, daß sein Gedächtnis in der Zukunft fortlcbcn wird und daß er als einer der Baumeister an dem Wiederaufbau Deutschlands der Geschichte angehört. Sein Werk steht fest gegründet, uns bleibt die Aufgabe, es in seinem Geist fortzusetzcn. Wir haben in ihm einen großen Staatsmann, einen Führer und einen trefflichen Menschen verloren. Leise klang dann Beethovens Trauermarsch aus der „Eroica" durch den Saal. Die Feier hatte damit ihr Ende gefunden. Frau Dr. Stresemann verließ mit ihren Söhnen als erste die Ehrenloge, nach ihr der Reichspräsident. Vor dem Reichstag. Ungeheure M e n s ch e n m a s s e n hielten den Platz der Republik besetzt. Ein Flugzenggesch Wa der kreiste während der Dauer der Feier über dem Reichstag. Der Sarg Stresemanns wurde vor die Treppe auf einem mit sechs schwarzverhüllten Pferden bespannten Wagen gehoben. Neben dem Sarge standen der Geistliche, Fran Stresemann, ihre Söhne und die nächsten Angehöri gen. Reben dem Rednerpult ha/ten Reichspräsident von Straßenzüge in ernst-würdigem Schmuck Am Bismarck- denkma! vor dem Reichstag erhoben sich riesige schwarze Pylonen, von Tannengrün umwunden. Dre Tribüne auf der Freitreppe des Reichstages zur Ausstellung der Reichsregierung zeigte einen Hintergrund von dichtem Lorbccrgebüsch. Im Reichstag war der rote Teppich der Wandelhalle schwarz belegt, Spiegel und Türen trugen Florschleicr. Die Wand hinter dem Präsidentensitz wär bis zur Decke mit einem riesigen schwarzen Trauertuch verkleidet. Davor erhob sich ein Katafalk. Der Sarg war mit der Reichs flagge und mit den Kränzen der Familienangehörigen und des Reichspräsidenten bedeckt. Die Brüstungen der Emporen hatten karminrote Stoffüberhänge, mit schwar zem Flor abgetönt. Der Blumengewinde war kein Ende. Die öffentlichen und unzählige Privatgebäude zeigten Flaggen auf Halbstock. * Abschied von Ar. Stresemann. „Bis zum Tode getreu/ Die sterbliche Hülle des Rcichsautzcnmimflers Dr. Gustav Stresemann wurde zu Grbac getragen. Wie all gemein die Trauer über den Tod dieses großen deutschen Staatsmannes ist, das zeigt diegewaltlgeBeteili- gung der Bevölkerung. Viele Zehntausende füllten den weiten Platz vor dem Reichstagsgebäude, un gezählte Menschenmasscn bildeten Spalier vom Branden burger Tor durch die Wilhclmstraßc, über den Belle Alli- ance-Platz und das Hallcsche Tor bis zum Luifenstädtischen Kirchhof in der Bergmannstraße. Ganz Berlin und sicher auch sehr, sehr viele, die aus dem Reich hcrübergekommcn waren, nahmen Abschied von dem Manne, von dem Reichskanzler Müller in seiner Trauerrede sagte, daß das deutsche Volk mit ihm einen seiner besten Söhne verloren habe. Im Reichstag. Nach und nach füllten sich Saal und Tribünen. Das Diplomatische Korps, teilweise in voller Diplo matenuniform, nahm vollzählig in der Diplomatenloge Platz. Auch die R e i ch s r e g i e r u n g war vollzählig vertreten. Weiter bemerkte man den Chef der Heeres leitung und den Chef der Marine, General Heye und Admiral Räder. Die Reichstaas- und Land Gedanken am Grabe. über den toten deutschen Außenminister hat sich die Gruft geschlossen. Jetzt verlangt das Leben sein Recht. Verlangt es stärker als sonst, weil Dr. Stresemann durch den Tod herausgerissen wurde mitten aus der Entwick lung und Entscheidung von Fragen der Außenpolitik, die für Deutschlands Zukunft von größter Bedeutung sind. Man braucht ja nur an das Stadium zu denken, in dem sich zurzeit der Aoun g-Plan befindet. Gerade jetzt ist ja die Konferenz zusammengetreten, die dem Ausfüh rungsorgan des Planes, der Internationalen Bank, Form, Gestalt und Inhalt geben soll. Aber darüber hinaus ist es natürlich schwer, einen Mann zu ersetzen der in der sechsjährigen Zeit seiner Amtsführung intime persönliche Beziehungen mit den Leitern der Außenpolitik namentlich Frankreichs und Englands, gehabt hat. Denn — melancholisch muß man es feststellen — aus dem Ver bannungsurteil gegen die Geheimdiplomatie, das un mittelbar nach dem Kriege überall ausgesprochen wurde und das im Völkerbundstatut auch noch ausdrücklich wiederholt worden ist, sind praktische Folgerungen kaum gezogen worden. Man weiß ja aus vielfältiger Er fahrung, daß es selbst in Genf, am Sitz des Völkerbundes, und gerade anläßlich seiner Tagungen viel mehr darauf ankam, was hinter den Kulissen, was in den Besprechungen und Verhandlungen der Außenminister vereinbart wurde, als was man in den öffentlichen Sitzungen dieser ehren werten Institution von recht großer Einflußlosigkeit be schloß. Man hat es ja oft Dr. Stresemann zum Vorwurf gemacht, daß er sich in diesen Geheimverhandlungen allzu fest binden ließ, daß er dann als Resultat Beschlüsse vor legte, über die es ein Ja oder Nein für die Volksvertretung kaum noch gab. Aber es bedeutet andererseits für jeden Außenminister bei Verhandlungen mit den Vertretern anderer Länder einen gewaltigen Vorsprung, wenn er praktlsch in der Lage ist, dafür sozusagen garantieren zu daß er hinsichtlich seiner Stellungnahme, seiner '^'usse, Vorschläge und Ablehnungen, hinterher von S^er°Mwortlichen „entscheidenden" Instanz nicht im der wird, etwa der Reichstag also ablehnt, was s ö n'l i vorher zugesagt hatte. Dieser per- Aukenunl?,.^.ln fl u ß Dr. Stresemanns in der deutschen an ^räo^n kr '.st nicht leicht ersetzbar, obwohl es natürlich ^Daq Politischen Einstellung nicht fehlt. setzu n a e« ja schon bei den Auseinander- rcchl deutlich L" Frage der Nachfolgerschaft Berliner Zmtröm"?' ^tit betonter Auffälligkeit läßt das mit der überrag durchblicken, daß seine Partei Dr Curftusri.n^ Ernennung des Polksparteilers standen ist ' Eine °"^en Außenminister nicht einver- Amlesei^ schnelle Betreuung mit diesem Man " n„s^ ,^ 6erade üblich" gewesen. oraans weil b^ Ausführungen des Zentrums- ^ ^.^mann «Debatte über die Nachfolgerschaft für Ar- Männern auftauchten, die "gehören. Andererseits scheint die putsche Volkspartel, deren Vertrauensmann Kabinett -^r. Gurtms ist, durchaus kein Gewicht darauf zu legen, "st"^^"Ministerium mit einem Mit- Partei zu besetzen. Man ist an den kommen den Problemen der deutschen Innenpolitik an den Frnanz- und Steuerfragen weit mehr interessiert und strebt - unter entsprechender UmLtzu, g der Min sL rren - nach einem Mmistersessel, von woraus man aus »L* LL ^"fluß auAben kann. „dahinter steht aber ein großes .Wenn" die Ein- L Len L" -Deutsche Vottspar ei wirklich so bei der bestehenden Regierungskoalition auch in Zu kunft zu halten ist, wie ihr bisheriger Vorsitzender ^r StMemann es gegen bisweilen sehr starken' Widerstand m-mer Wieder durchzu,ctzen vermochte. Wie überhaupt diese Partei M - - ^tre.emann mehr verloren hat als nur den Vorsitzenden. Er Hai die Deutsche Volkspartei nicht nur geschaffen und geführt, sondern auch alles daran gesetzt, sie bei der Großen Koalition zu halten, nicht zuletzt aus Gründen der von ihm gelenkten und parlamentarisch zu vertretenden Außenpolitik. Die Widerstände gerade gegen die innenpolitischen Folgerungen aus dieser Teil nahme an einer Koalition, in der besonders die Sozial- in der es wie es erst die jüngste Zeit bewies, zu einem Auseinandergehen der Meinungen sehr leicht um. sehr oft «AL H pmwmc^ wLLn IlluBna^ kommem den Finanz- und Steuerreformen sehr spur-m. Und über all diesen Deutschland ""Mittelbar be rührenden außen- und innenpolitischen Entwicklungen ragen ja noch ganz andere weltpolitische Probleme de, Tages hinaus. Der englische M i n i st e r p r a i- dent ist in Newyork gelandet und gleichzeitig damit hat der Außenminister Henderson, die so plötzlich vor einigen