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Nr. III. XXXVIII Jahrgang SONDER-NUMMER Leipzig, I. Sept. 1923. LEIPZIGER~MÖNÄTSCHRIFT FÜR TEXTIL-INDUSTRIE Beiblatt (Ausgabe für Technik und Außenhandel) der LEIPZIGER WOCHENSCHRIFT FÜR TEXTIL INDUSTRIE vereinigt mit der Zeitschrift „Deutsche Baumwollindustrie“ —■ . .—~-^= ORGAN tv der Außenhandelsnebenstelle für Baumwolle der Teilgruppe Baumwollindustrie des Reichsverbandes der Deutschen Industrie mit 40 angeschloss. Verbänden / des Arbeitsausschusses der Deutschen Baumwollspinner-Verbände mit den 6 Spinner/Verbänden / des Gesamtverbandes deutscher Baumwollwebereien E. V. mit 15 angeschlossenen Verbänden / des Vereins Süddeutscher Baumwollindustrieller, Augsburg / des Vereins Norddeutscher Baum wollindustrieller, Rheine i. W. / des Verbandes Deutscher Buntwebereien und verwandter Betriebe E. V. / des Verbandes Vogtländischer Baumwollwebereien, Plauen i.V. / des Verbandes von Arbeitgebern der Sächsisdien Textil-Industrie und der Vereinigung Sächsischer Spinnerei-Besitzer I der Sächsischen und Norddeutschen Textil-Berufsgenossenschaft und des Verbandes Sächsischer Textilschulmänner Herausgegeben von Theodor Martins Textilverlag Leipzig hi bes Schriftleitung, Geschäftsstelle und Verlag: Leipzig, Dörrienstraße 9. Dörrienstraße 9 k Ä.-G. (£Nij/e Leipzig, Abtg. Schillerstr.) er Monatschrift für Textil-Industrie Deutschland durch Postbezuq. rem Tarif in. Auslandswährung, oreis 0.15 u. o.oö mal jeweiliger nach folgenden Grundpreisen: landsanzeigen unterliegen be- nzeige Zahlung eingeht, erfolgt Aus dem Inhalt: Wilhelm Ostwald zum 70. Geburtstage. — Die Romantik der Teppichfabrikation. — Zur Entwicklung der Baumwollindustrie in den Ver einigten Staaten von Nordamerika. — Die schweizerische Wollindustrie im Jahre 1922. — Die Textilindustrie Mazedoniens. — Die Entwicklung der ungarischen Textilindustrie. — Rundschau. — Vermischtes. PiP7l • Leipziger Wochenschrift für Textil-Industrie monatlich M, 0.80 Grundprei jpi LIJL. o,5o Grundpreis X Schlüsselzahl des Buchhändler-Börsenvereins, Bei Bezug direkt unter Kreuzband erhöht sich der Betrag um die Portospesen, Aus la Anypiopnnrpi^p . 1 mm (35 mm Spaltenbreite) M. i^oooo, Stellengesuche M. 96ooo (err /-\i 14-k.l^k.l Ipl viOL. . Schlüsselzahl des Verbandes der Sächsischen Fachpresse, z. Zt. 1 6o J /i S. M. IQo, -, Vi S, M. 6o. , ’ < S, M. So. , ’ s S. M. 15.-, 1 S, M. 4o. 1 S. M. 2o, mal obiger Berechnung nach der Schlüsselzahl des Zahlungstages, falls letztere höher ist. ~ ■ ■ — ■ Erfüllungsort für beide Teile Leipzig. Anzeigenschluß Mor Zuschriften und Geldsendungen an Theodor Martins Textil (Postscheckkonto Leipzig Nr. 68959; Bankkonto: Vetter & Co., Leipzig — Commerz- u. Priva Telegramm-Adresse: Textilschrift Leipzig. Fernsprecher: Nr.21058 u.20387. Wilhelm Ostwald zu seinem 70. Geburtstage am 2. September 1923, von E. Ristenpart, Chemnitz. (Festrede, gehalten am 31. August 1923 in den Technischen Staatslehranstalten zu Chemnitz.) Wer der hohen Ehre teilhaftig wird, zu Wilhelm Ostwalds 7Ostern Geburtstag sprechen zu dürfen, sieht sich einer etwas ungewöhnlichen Aufgabe gegenüber. Ein großer Teil seiner Rede scheint schon durch den Umstand festgelegt, daß bereits der 60- Geburtstag des Jubilars als her vorragendes Ereignis in aller Welt begangen worden ist. Im Wesentlichen kann daher auf das zurückgegriffen werden, was in den damaligen Festreden und -Schriften dem Meister zu Ruhm und Dank gesagt wurde. Wertvolle Unterlagen finden sich z. B. in der von der Akademischen Verlagsgesellschaft m. b. H. Leipzig unter Mitwirkung von Grete, Wolf, Walter Ostwald und E. E. Slosson darge brachten, ferner in der vom Monistenbund in Öster reich herausgegebenen Festschrift; ein wundervolles Denkmal der Verehrung, Dankbarkeit und Treue hat der Direktor des Polytechnikums in Riga, Prof. Dr. P. Walden seinem Lehrer zum 25. Jahrestage seiner Doktorpromotion im Jahre 1904 gesetzt?) Zu diesen drei älteren Quellen ist in jüngster Zeit noch eine ganz frische hinzugekommen, indem ich der Güte des Meisters die Einsicht in einen Korrektur abzug verdanke, in welchem er selbst sein Leben und Wirken als Philosoph schildert. Auch heute dürfen wir erwarten, daß der Name Wilhelm~Ostwald überall da erklingt, wo menschliche Kultur sich angesiedelt hat. Mit Stolz blickt das Vaterland auf diesen seinen großen Sohn. Dieser Stolz wird durch das Bekenntnis nicht geschmälert, daß dieser Große auch der Menschheit gelebt hat. Wie schön sagt Walden von ihm: „Er hat nie gesäumt, wohlzutun und mitzuteilen, und gleich einem wunder samen Baum hat er vielen, vielen Schutz und Stütze, Früchte und Nahrung gespendet.“ Die Segnungen des Friedens und gegenseitigen Verstehens hat er den Völkern dieser Erde immer wieder gepredigt. Seine Be ¬ mühungen um die Weltsprache und die internationale Organisation der ’) Für die freundliche Überlassung der drei Schriften bin ich Herrn Dr. Manitz in Leipzig zu Dank verpflichtet. Wissenschaft legen Zeugnis dafür ab, daß es sich für ihn nicht um leere Schlagworte, sondern tat kräftige Hilfe handelte. 1853— 1804. Kindheit. Wilhelm Fried rich Ostwald wurde am 2 September 1853 in Riga geboren. Er entstammt einer bürger lichen Familie nach alter Art: freundliches Wesen, gepaart mit Bestimmtheit in den An forderungen an Pflichterfüllung waren dort zu Hause. Der Vater war Böttchermeister und stand bei Amtsgenossen und Mitbürgern in hohem An sehen. Er war der Sohn eines aus Berlin nach Riga eingewanderten Böttchers; er starb 1903. Von dem immer tätigen Manne hat der Sohn den Grundsatz übernommen, „selbst nachzusehen, wenn irgendwo etwas nicht klappte“; auch ver dankt er ihm die organisatorische Beanlagung. Die Mutter war das Muster einer deut schen Hausfrau, begabt mit der Frohnatur, die den Kindern den Eintritt ins Leben durchsonnt. Von ihr hat der Sohn die Liebe zur Kunst. Von beiden Eltern überkam der Sohn als gemeinsames Erbgut eine unverwüstliche Arbeitsfreude und den dazu gehörigen ge sunden Körper; der Geist des Vertrauens, der im Elternhause herrschte, erwies sich als ein großer Segen für die freie Entwicklung der Anlagen des Knaben. So konnte dieser frei seinen Lieb habereien für die Erscheinungswelt der Natur nachgehen; auch seiner Be tätigung im Zeichnen und Malen wurde nichts in den Weg gelegt. 1864—1872. Schuljahre. Nach gut durchlaufener Volksschule besuchte Wilhelm 1864 das vortreffliche Realgymnasium seiner Vaterstadt mit nur 5 Jahresklassen. Latein wurde nur in den drei ersten, Englisch in den zwei letzten, Deutsch, Französisch und Russisch sowie Naturwissenschaften in allen Klassen gelehrt. Chemie freilich kam erst zuletzt in der Prima. Gerade ihr hatte sich der Knabe, angeregt durch Feuerwerks- und photographische Versuche, schon früh verschrieben. Infolge der durch solcherlei Neben-