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Wöchentlich erscheinen tret Nummern. PrrnumeraU»»«- Prei« 22; Sgr. <j Zdir.» vierte iabrtich, Z Zhir. für da« ganze Iadr, ohne Er däbung, in allen Theilen der Preuhüchen Monarchie. Magazin für die Man »ränumerir» auf dicses Beiblatt der Avg. Pr. Staat-. Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren-Straß« No. L4>; in ter Provinz s» wie im Ausland« bei den Wohllödl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. ^1^ 122. Berlin, Montag den 12. Oktober 1833t. Rußland. DaS Kaiserliche Institut für adelige Damen zu St. Petersburg. ES ist Kalkarina II., der Rußland die Gründung der Kaiser lichen Institute für adelige Damen von St. Petersburg und Moskau zu verdanken bat. Um die Woblthal, welche die Regentin ihrem Lande zugewandt, recht zu würdigen, ist es »kling, daß wir unlersuchcn, in welchem Zustande sich damals die Erziehung in Rußland überhaupt befand. Die Russischen Damen und Mädchen vor einer Zeil von hunderl- undfunfzig Jahren waren nicht einmal das, waS die Brelannierinnen zu den Zeilen Berkrand Duguc-clin's waren. Ei» wenig nähen, «in wenig spinnen, einige Lieder und Hymnen singen, das war Alles, wor auf sich der ganze Umfang ihres Wissens beschränkle. Eine ihrer ersten Gewohnheilcn bestand, wie »och Heulzutage unter der HandelSklasse, darin, daß sie den schönsten Schmuck, den die Natur den Menschen verliehen, durch die Mittel der Kunst zu entstellen suchten. Auf die absurdesten Weisen suchte man es dahin zu bringen, die Emaille der Jähne zu schwärzen. Eine Russische Frau galt nur alsdann sür wahr haft schkn, wenn ihre Zähne so schwarz wie Ebenholz waren. Weiße Schminke, Bleiweiß, Karminrotb und die verderblichsten Tinkturen wurden dazu angewandt, um die Frische und das Sammetartige ihrer Haut zu vernichten. Nur den Tächtern der Leibeigenen war das Recht gestattet, so zu erscheinen, wie sie aus den Händen der Natur hervor- geaaugen. Allein auch diese verfehlten nicht, ihren Gebieterinnen nach- zuaffen und ihr Zahuwerk so viel wie mäglich zu verderben; auch hätte man in Rußland schwerlich tausend Frauen austreiben kännen, deren Jähne nicht geschwärzt oder gänzlich rumirt waren; ja, man konnte kein junges Mädchen von fünfzehn Jahre» ausfinden, das nicht dieje nigen ihrer Gefährtinnen verspottet hätte, die dem allgemeinen Gebrauch nicht huldigen wollten. Waj die intellektuelle Erziehung betrifft, so stand es damit noch schlimmer, und man darf dreist behaupten, daß es zu der Zeil Peter« I. in allen de» einzelnen Ländern des Moskowilischen Reichs keine Frau gab, die auch nur lesen konnte. Der Unterricht ward sür nichts geachtet, oder vielmehr, man hatte gar keine Ahnung von seinen Wohlthate»; man war so sehr an die allgemeine Ignoranz gewähnt, daß ein Mädchen, so ttiiterrichtet, wie heutzutage, für eine Herenmcisterm ge golten hätte und Gefahr gelaufen wäre, mit dieser lebendig verbrannt zu «erden. Der Aberglaube hätte jeden Anstrich von geistiger Bildung al« ein Wert des Satan« verdammt. Dazu kommt noch, daß,, wie bei den Chinesen, der Müßiggang ein ausschließendes Vorrecht des Adels war, und eine Frau aus der hähcreu Klasse würde sich entehrt gefühlt haben, wenn sie an etwa« Andere«, al« an ihren Staat oder an ihre Belustigungen hätte denken müssen. So standen die Dinge bis unter Katharina II. Da der Privat unterricht zu ihrer Regierungszeit sehr kostspielig war, und da sehr wenig Leute Vermögen genug'besaßen, um gute Erzieherinnen anstän dig zu belohnen, so mußte die Kaiserin selbst dafür Sorge tragen, ihren Hof mit Damen zn versehe», deren sie sich nicht schämen durste. Da mai« gründete st« im Interesse der armen Familie» und der Edelleute, die sich am meisten um das Vaterland verdient gemacht, das Kaiser liche Institut für adelige Damen von St. Petersburg, da« St. Kalha- rinen-Stift in derselben Stadl und da« zu Moskau. Da« Kloster Smolni, eines der prächligsten Gebäude der neuen Hauptstadt, ward für die schöne und nützliche Anstalt angewiesen, die durch ihre weisen Statuten von Tage zu Tage immer mehr emporge- bodeii und blühender wurde. Katharina erklärte sich selbst als Be schützerin und erste Aufseherin de« Institut«, und sie bewies es auch durch ihre häufigen Besuche, wie vielen Werth sie aus ihre schöne Schöpfung legte. Bei dem Tode Katharina s vererbte sich da« ganze Interesse dieser Fürstin für die jungen Zöglinge de« Kloster« Smolni und die des St. Katharinen-Institut«, einer Filiale de« Klosters, auf die Kaiserin Maria Feodorowna, die Gemahlin Paul s I. und Mutter de« gegenwärtigen Kaiser« Nikolaus. Wir haben noch zu bemerken, daß die Großmutter Alexander'« und Nikolaus' mehrere Personen von dem höchsten Verdienste, unter Anderen den Grafen Schuwalof, an de» Hos von Frankreich abgeschickt halte, um die genauesten und speziellsten Nachrichten über das Institut von St. Chr cinzuziehen, das von der Fra» von Mainleno» gegründet worden; nach diesen Berichten erst balle sie ihren definitiven Erzielnmgsplan abgefaßt, nach dem die neue Anstalt geleitet und auch die bürgerlichen Dame» unterrichtet werden sollten, Here» Aellern durch ihre Äensie, oder durch ihre treue Hingebung und Aufopferung die meisten Ansprüche auf die Erkenntlichkeit oder vielmehr auf den Schutz ihrer Gebieterin hatten. Es ward nicht« gespart, um den neuen Instituten die Größe und die Herrlichkeit z» verleihen, die alle Ideen Katharina'« charakteristrte. Zndeß bliebe» die Dinge noch immer nur im ersten Entwürfe, und erst der Kaiserin Maria war es Vorbehalten, den glänzenden Zustand herbeizufübrcn, in dem sich heut zutage das Kloster Smolni und das Kaiserliche St. Katharinen-Institut: befinden. Die Zöglinge, deren Zahl sich gewöhnlich auf sieben bi« achthundert beläuft, sind in drei Klaffen vertheilt, die sich »ach der Farbe der Ge wänder sichtbar von einander unterscheiden. Die Schülerinnen der erstell Klaffe, als die jüngsten von Allen, tragen braune Kleider; die dec zweiten oder mittleren Klaffe sind in Blau gekleidet, und die dritte Klaffe endlich in Weiß: diese letztere Klaffe besteht au« den Damen, die in ihren Studien am meisten vorgerückt und die am nächsten dazu sind, die Anstalt ganz zu verlassen. Jede Klasse besteht indcß aus drei: Unter-Abtheilungen, in die die Zöglinge, je nach dem Grade ihrer Kenntnisse und der bestandene» Prüfungen vertheilt werde». Zn jeder Klaffe giebt cs eine Aufseherin, sowie jede einzelne Abtheilunz ihre be sondere Klaffen-Dame hat. — Das AmtSkleid aller dieser Damen, sowie der Direktrice selbst, besteht in einer Robe von violetter Seide. Alle Monate kommt der Verwaltung«-Rath ein Mal zusammen. Derselbe besteht au« einem General-Kurator der Anstalt, au« dem Sc- cretair der Kaiserin, aus der Direktrice und ihrem Secretair, sowie end lich au« dem Ha»S-Verwalter und dem Schatzmeister, die ihre Rechnun gen abzulegen haben. Die Gehalte werden nur drei Mal im Jahre, alle vier Monate, auSgezahil. Sie steigen im Vcrhällniß mit der Zahl der Dienstjabre ter Beamten. Am Ende von fünfzehn Jahren hat mau da« Recht, sich mit balber Pension in de» Ruhestand versetzen zu lasse»; ani Ende von dreißig Jahre» Hal man Ansprüche aus die ganze Pension- Die Wiltwen genießen dieselben Privilegien. Die Pensionen werden au« der Kaffe der Kaiserin ansgezahlt. Alle Jahre werden die in der Haushaltung erübrigten Gelder im Lombard auf Interessen angelegt, um damit da« Kapital de« Institut« zu vergrößern, das schon an sich sehr bedeutend ist. Alle Beamte» erhalten Kost, Wohnung und Heizung auf Rech nung der Anstalt, mit Ausnahme der Männer, die nur aus Holz, Woh nung und Licht Ansprüche habe». Einige von den Professoren wohneu in der Anstalt selbst: sie bekommen freie Heizung und Licht. Die Dirccttice hat einen Wagen mit vier Pferden; das Alles wird aus der Kasse de« Instituts unterhalten. Die weiblichen Dienstboten erhalten keine Besoldung, eben so wenig wie die Invaliden, die die Korridore und die Höse äuSfegen und da« Holz zum Heizen der Oese» herbeischaffrn. Die Ersteren sind Kron-Leib eigene, die Letzteren hingegen Soldaten, die, von ihrem Dienste zurückge zogen, in der Anstalt eine ruhige und ansiändige Versorgung genießen. Die Honorare der Professoren sind vcrhältnißmäßig nach der Wich tigkeit der Gegenstände, über die sie ihre Vorträge halte», oder nach der Zahl der Stunden bestimmt, die sie in der Anstalt ertheile». ES versteht sich von selbst, daß die Lehrer Ler höheren Klasse» am meiste» begünstigt sind; jedoch übersteigt da« Gehalt ei»e« Einzelnen, mit Aus nahme der Tanz- und Musikmeister, nie KM) Rubel. An den beiden äußersten Enden des Gebäudes befindet sich eine: Wache, die 28 bi« ZO Mann stark ist und stets von einem Offizier kom- mandirt wird. Es sind in regelmäßigen Entfernungen Poste» ausge stellt, die während der Nacht sich stündlich einander zurufen, damit kei ner von ihnen einschlafe. Auch im Inneren de« Gebäude« fehlen die Schildwachen nicht, s» wie überhaupt alle Maßregeln getroffen sind, um für die Sicherheit den jungen Damen Sorge zu tragen. Die Zeit, wann jeder Professor ankömmt oder weggebt, wird iw einem Register des Portier« vermerkt. Die Ankunft wird immer durch da« Läuten einer Glocke verkündet. Sobald der Professor, die Directrice oder die Inspectrice in die Klaffe eintrettn, stehen alle Zöglinge auf und machen ihre Verbeugung. Da sie alle gleichförmig gekleidet sind und stets auf eine und dieselbe Weise sich verneigen, so erhält diese Begrüßung etwa« Einförmiges, da« beinahe an da« Steife gränzt. Die Gegenstände des Unterrichts bestehen erstlich in der Religion. Ein Priester besucht alle Donnerstag Abends das Institut, um in dem Katechismus und in den Dogmen dcr Griechischen Religio» zu unter richten ; alle Son»- und Festtage liest er die Messe und läßt die Psalmen und Lieder absinaen, in einer herrlichen Kapelle, die zwölf- bi« fünf zehnhundert Personen faßt.