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Redaction, Druck und Verlag von Herrmann Starke in Großenhain. Abonnement: Vierteljährlich 10 Ngr. Insertionsbeträge von auswärts sind in Post- marken beizufügen oder werden durch Postvorschuß erhoben. Inseratenannahme: Bis Tags vorher spätestens früh 9 Uhr. Amtsvlatt des Königlichen Gerichtsamts und Stadtraths zu Großenhain. Großenhainer WerlMngs- und AuzchMM Dienstag, den 2. Juni Von dem unterzeichneten Königlichen Gerichtsamte soll den 18. Juli 1874 das Anna Theresen verehel. Großmann hier zugehörige Hausgrundstück, Nr. 422 des Katasters und Nr. 397 des Grund- und Hhpothekenbuchs für hiesigen Ort, welches Grundstück am 14. dieses Monats ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 1660 Thaler gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Großenhain, am 24. April 1874. Das Königliche Gerichtsamt. Pechmann. Gldr. Kirschen Verpachtung Die diesjährigen fiscalischen Kirschnutzungen der Meißen-Großenhainer Chaussee, Abthl. 3, der Großenhain-Elsterwerdaer Chaussee, Abthl. 2 und 3, und der Großenhain-Radeburger Chaussee, Abthl. 1—3, sollen Freitag, den 12. Juni ». Vormittags 9 Uhr im Gasthofe zur „goldenen Kugel" in Großenhain meistbietend unter den im Termine bekannt zu machenden Bedingungen gegen sofortige baare Bezahlung öffentlich verpachtet werden. Königl. Bauverwalterei zu Meißen, am 28. Mai 1874. M. Thümmler. In Oesterreich sind nun die Delegationen geschlossen. 21. allgemeinen deutschen Lehrer-Versammlung, zu der sich gegen 3000 Mitglieder aus allen Gauen Deutschlands eingefunden, nur einiges zu erwähnen, theilen wir folgende Thesen mit: 1) Gründliche Lehrerbildung, würdige Stellung der Lehrer, allgemeine richtige Würdigung des Lehrerbernfs sind das erste Erforderniß für das Gedeihen der Schule. 2) Das Vereinsleben der Lehrer muß sich fortschreitend entwickeln und ausbreiten sowohl zu ideellen als auch materiellen Zwecken. 3) Die allgemeine Schulpflicht ist im Interesse der Jugend ein Gegenstand der Reichsgesetzgebung und unnachsichtlich durchzuführen. 4) Die öffentlichen, d. h. die Staats- und bürgerlichen Gemeindeschulen sind in Bezug auf Confession nicht zu trennen. 5) Um den Anforderungen der Zeit gewachsen zu bleiben und um eine wirksame Ver bindung zwischen Schule und Familie herbeizuführen, ist neben der fachkundigen Leitung eine sorgfältige Schulpflege herzustellen. — Ebenso wurde der Inhalt folgender Petitionen gebilligt: Der hohe Reichstag wolle baldigst geeignete Schritte thun, u) um volle Klarheit zu ge winnen über den Zustand des Volksschulwesens in den verschiedenen Staaten und Gegenden des Reichs, ins besondere über die Zahl und den geistigen Zustand der Schüler, über die Bildung und Besoldung des Lehrerpersonals, über das Verhältniß desselben wie der Schule überhaupt zur Kirche, über den Zustand der Schulgebäude und der Lehr mittel, über die Unterhaltung der Schulen ans Gemeinde- und Staatsmitteln, Stiftungen, Schulgeldern u. s. w.; b) um festzustellen, was die Volksschule aller Orlen, vielleicht im Zusammenhalt mit einer obligatorischen Fortbildungs schule leisten muß, damit jedem jungen Reichsbürger das Rüstzeug mit auf den Weg gegeben werden könne, ohne welches für ihn das Leben eine Last, die Freiheit ein Fluch, das Gesetz ein todter Buchstabe, das Vaterland ein leeres Ernte fernab liegt von der Saat. Sehr wahr sagt ein deutscher Dichter: Wer im Kinde den Bürger nicht ehrt, der in ihm steckt. Und den Lehrer nicht, der den Bürger weckt; Wer die Schule nicht vor ihren Drängern vertheidigt. Der bat den Genius der Menschheit beleidigt! Um von den Resolutionen und Beschlüssen dieser Wort sein muß; e) um Gesetze und Einrichtungen zu schaffen, welche eine diesen Anforderungen entsprechende Schulver waltung gewährleisten, auf dem Grunde der communalen Selbstverwaltung, unter Mitwirkung der gesetzgebenden und Verwaltungsorgane der Bundesstaaten, unter Ausschluß also jeder centralistischen Entwickelung des Schulwesens — aber mit einem straffen Reichsschulgesetz und einem die Ausfüh rung desselben verbürgenden Reichsschulbudget. Noch vor dem Pfingstfeste überreichte der deutsche Bot schafter in Paris, Fürst Hohenlohe, dem Marschall Mac Mahon sein Beglaubigungsschreiben. Die gegenseitig aus getauschten friedlichen Versicherungen Weichen von der bei solchen Gelegenheiten üblichen Schablone nicht ab und ge währen für die Zukunft keinerlei Garantie. Bei der euro päischen Machtstellung Deutschlands, welche den Franzosen nur zu sehr bewußt ist, wird aber der Vertreter Deutsch lands um so mehr Ansehn und Achtung genießen, als er nicht der preußischen Junkerpartei angehört und je weniger dieser erprobte bairische Staatsmann sich dazu hergeben dürste, ein Werkzeug französischer Jntriguen zu sein. Die Insolenz, womit eine jüdische Banquiersfrau anMacMahon's Tafel den Grafen Arnim behandelte, wird sich an den Fürsten Hohenlohe gar nicht heranwagen. Graf Arnim hat dem Staatsdienste den Rücken gekehrt; er besitzt ein großes Ver mögen, welches ihm das Leben in der Zurückgezogenheit versüßen kann. Doch soll er mit einer Rechtfertigungsschrift beschäftigt sein, die sich vermuthlich gegen Bismarck wenden Politische Weltschau. Die blühende, jubelnde Natur der hinter uns liegenden Pfingstwoche drängte die Politik mit ihrer Alltäglichkeit in den Hintergrund und lenkte das Auge auf höhere Zielpunkte menschlichen Ringens und Strebens. Man klagt die Gegen wart als eine Periode des Materialismus an; aber fühlen wir nicht heute noch das Wehen jenes Pfingstgeistes, der die Apostel für die idealen Aufgaben der Menschheit beseelte? In Kunst und Wissenschaft, in Staat und Gesellschaft hat dieser Geist ein neues, selbstbewußteres Leben gebracht. Die im Laufe der Zeit angesammelte Spreu überkommener Vorurtheile weht er hinweg; hohe Prunkbauten veralteter Institutionen macht er wanken und droht sie zu zertrümmern. Ist es nicht grade in unserer Zeit, als ränge eine trübe, schmerzensreiche Vergangenheit mit einer besseren, schöneren Zukunft, an deren Vollgenuß freilich erst kommende Ge schlechter sich erfreuen werden? Wir — die Mitlebenden und Mitkämpfenden — stehen noch mitten drinnen in der großen Fehde zwischen Tradition und Idee; wir sind nur die Bauleute an jenem großen Tempel geistiger Freiheit, in dem es erst einem späteren Geschlecht wohnlich sein wird. Aber durchdrungen von diesem Bewußtsein und die Brust erfüllt mit Arbeitslust und Kampfesmuth, können auch wir Deputirtenkammer errungenen Sieg des Ministeriums eine sehr kurze gewesen, denn das Gesetz über die Nichtigkeits- erklärung der nicht registrirten Privaturkunden wurde mit ! 166 gegen 165 Stimmen abgelehnt. Trotzdem fährt Herr Minghetti fort, dem Wunsche des Königs gemäß, mit seinen Collegen im Amte zu bleiben und man hofft, daß die De putirtenkammer noch in dieser Session nicht nur die Be- rathung des definitiven Budgets für 1874, sondern auch die übrigen nothwendigen Vorlagen zur Erledigung bringen wird. Fast in allen französischen Blättern herrscht darüber nur eine Stimme, daß das an Stelle Broglie's getretene Cabinet Cissey nur ein Ministerium politischer Nullität sein werde. Auch beim Wiederzusammentritt der National versammlung unterblieb jedwede Kundgebung von Seiten des Regierungstisches. Weder Mac Mahon, noch das Mi nisterium verstand sich zu einer Auslassung, und es ver lautet nur, daß das Cabinet über seine politische Stellung erst dann Erklärungen abgeben wolle, wenn darüber bestimmte Interpellationen eingebracht werden werden. Bis dahin bleibt es Jedem unbenommen sich seine eigenen Gedanken über das neue Regiment zu machen. — Stoch mehr Auf merksamkeit der Franzosen zieht die Ersatzwohl im Nwvre- Departement auf sich. Dasselbe Departement, welches am 12. Octbr. 1873 dem Republikaner Thurigny 39,872 Stim men gab, wählte am 24. Mai 1874 den Kammerherrn und Stallmeister Napoleon's III., Herrn v. Bourgoing, mit 37,599 Stimmen. Für Mac Mahon beginnt diese Wahl ähnliche Wirkungen zu äußern, wie die Wahl Barodet's für Thiers einst hatte. Die öffentliche Meinung ist auf gerüttelt und discutirt die Frage, ob man dem Bonapar- tiSmus sich wieder überantworten wolle. Mac Mahon gilt jetzt als Brücke für denselben und man erinnert sich plötzlich, daß er wie Cisseh dem Kaiserthum seine hohe Stellung verdankt und Magne stets bonapartistischer Finanzagent war. „Die Unterstützung der gemäßigten Republikaner habt ihr verschmäht", ruft bereits das „Journal des Dvbats" den Führern in der Nationalversammlung entgegen, „jetzt werdet ihr die treulose Allianz der Bonapartisten haben und mit Ulrich von Hutten jauchzend rufen: „Es ist eine Lust zu leben!" Wie einst die Jünger unseres Herrn und Meisters einmüthig versammelt waren am Tage der Pfingsten, ... __ so treten auch diesmal die Bildner der deutschen Jugend und in der Presse wieder viel Staub aufwirbeln wird, unter dem unmittelbaren Eindrücke der hehren Festes-^ In Oesterreich sind nun die Delegationen geschlossen, stimmung in Breslau einmüthig zusammen, um in gemein- Ihre Hauptarbeit — das Militärbudget — wurde in einer samen Berathungen dem Ziele näher zu treten, den Sinn i Weise erledigt, daß der Kaiser durch den Grafen Andrassy der deutschen Jugend für die höchsten Ideale der Menschheit ; den beiden Vertretungskörpern seine vollste Anerkennung und zu wecken und zu begeistern. Es ist die ernsteste und ! seinen Dank aussprechen ließ. Freilich konnte Rechbauer sittlichste Culturarbeit, die diesen Männern obliegt; die den Seufzer .nicht unterdrücken, daß von den Völkern ernsteste, weil von ihr die Zukunft des Vaterlandes abhängt; Oesterreich - Ungarns größere Opfer in Anspruch genommen die sittlichste, weil sie schwer und mühevoll ist und ihre würden, als an sich zu rechtfertigen wäre. In Italien ist die Freude über den kürzlich in der bald ihr Joch tragen." Uns scheint diese Prophezeiung durchaus nicht als eine gewagte. Die großen Festlichkeiten am englischen Hofe sind vorüber; der Kaiser von Rußland ist nach Deutschland zurückgekehrt und wird gegen Ende dieses Monats mit dem deutschen und österreichischen Kaiser in Bad Ems einige Tage zusammen verleben. Die Königin von England hat sich nach ihrer Sommerresidenz ins schottische Hochland begeben. In der Politik herrscht völlige Ruhe. Das neue Ministerium in Spanien erließ ein Manifest an die Nation, welches wenig beachtet und sehr kühl aus genommen wurde. Im Uebrigen geht nach wie vor Alles echt „spanisch" her, auch auf dem Kriegsschauplätze, wo die Carlisten hin- und hertappen, da ihnen Concha'S Feldzugsplan noch nicht klar zu sein scheint. Neuere Nachrichten von Belang liegen aus keinem der beiden Lager vor. Wie aus Persien gemeldet wird, hätte der Schah soeben eine collective Ministerverantwortlichkeit hergestellt. Demnach wäre die europäische Rundreise doch von einiger Wirkung auf den „König aller Könige" gewesen. Tagesnachrichten. Sachsen. Die Ergänzungswahlen zur evangelisch lutherischen Landesshnode sind laut einer Bekanntmachung des Cultusministerium in den drei erledigten Stellen in der ersten Hälfte des Juni vorzunehmen. Im VI11. Wahl bezirk, wo durch Emeritirung des vormaligen Superinten denten Kirchenrath vr. Liebe in Oschatz eine Neuwahl nöthig geworden, ist der Gerichtsamtmann Hofrath Pechmann in Großenhain zum Wahlcommissar ernannt. In Oberoberoderwitz bei Löbau ist am zweiten Pfingst- feiertage ein 2^2 Jahre altes Mädchen ohne Schuld des Geschirrführers überfahren und so schwer verletzt worden, daß eine Stunde später der Tod erfolgte. In Wittgensdorf fiel am 27. Mai ein dreijähriges Mädchen in einen kaum V2 Meter hohen Wassertrog und ertrank. Deutsches Reich. Nach der „N. Pr. Ztg." wird der frühere Botschafter in Paris, Frhr. v. Werther, in den nächsten Tagen in Berlin eintreffen, um seine In structionen für den Botschafterposten in Konstantinopel entgegenzunehmen. Der Bundesrath hat in seiner Sitzung am 11. Mai beschlossen, nunmehr auch Fünfmarkstücke in Silber prägen zu lassen. In Erwiderung auf die von Straßburg aus an den Reichskanzler gerichtete Adresse in Sachen der Stadt erweiterung ist den Unterzeichnern derselben ein Schreiben des Oberpräsidenten zugegangen, in welchem ihnen im Auftrage des Reichskanzler vorläufig mitgetheilt wird, daß derselbe wegen der in so hohem Maße wünschenswerthen Beschleunigung der Stadterweiterung sich mit dem Kriegs minister in Verbindung gesetzt habe. Baden. Die zweite Kammer hat am 29. Wai das Einkommensteuergesetz mit 42 gegen 13 Stimmen angenom men. Die infolge dieses Gesetzes in Wegfall kommenden, gegenwärtig noch bestehenden Steuern sollen in dem zu er lassenden Einführungsgesetze näher bestimmt werden. Oesterreich. Nach einer Mittheilung der „Carlsr. Ztg." aus Wien sind die Vertreter Oesterreichs an den deutschen Höfen und in erster Reihe am Sitze der deutschen Reichsregierung angewiesen, bei jeder sich darbietenden Gelegenheit auf das Bestimmteste zu versichern und in diesem Sinne auch die öffentliche Meinung aufzuklären, daß von einer politischen und gar die Nationalität an tastenden Vergewaltigung der Siebenbürger Sachsen nicht entfernt die Rede sei, sondern daß die ungarische Regierung auf dem Sachsenboden nur administrative Reformen ins Werk zu setzen strebe, welche nur ein zähes Festhalten an dem anerkannt Schlechten, blos weil dasselbe alt, abweisen könne. Schweiz. Die Bundesversammlung ist am 28. Mai in Bern zusammengetreten, um das vom Bundesrathe festgestellte Resultat der Volksabstimmung vom 19. April über die Revision der Bundesverfassung entgegenzunchmen.