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Freitag, «rt'5. 4. Februar 1853. Sächsische Wmßeitnng paltqL'-' IU Etu unterhaltendes Wochenblatt für den Bürger Md Landmann ni lag» - Expedi tion z« -ade«. Renftadt- Dresde«, ^'vierteljährlich Redatteur: Friedrich Walther. — »erlag von Heinrich und Walther. Politische Weltschau. Deutschland. Ueber die Zoll- und Handelsfrage stimmen in dieser Woche fast alle Zeitungsnachrichten dann überein, daß der Abschluß eines Zoll- und Handelsvertrags -wischen Oesterreich und Preußen so weit vorbereitet sei, daß sein Zustandekommen einem Zweifel nicht mehr unterliege. Lie Dauer des Vertrag- wird auf zwilf Jahre angegeben. Nach Erreichung jenes Ziels erwartet man die Wiederauf nahme der Verhandlungen über dje Reconstituirung des Zoll vereins daß die Zollfrage, wie einige süddeutsche Blätter andeuten, zu guterletzt noch an den Bundestag werde ge bracht werden, scheint nicht recht wahrscheinlich. Wie es heißt, habe eine in diesen Tagen nach dem Bodensee unternommene Reise des bairischen Ministerpräsidenten v. d. Pfordten den Zweck, neue Verabredungen mit den Coaliirten über die Zoll vereinsfrage zu treffen; bairische Blätter wollen aber von diesem Reisezwecke nichts wissen, sie behaupten vielmehr, die Reise sei lediglich wegen Inspektion der Eisenbahnen unternommen. Der im Großherzogthum Baden eingeleitete Proceß gegen den Professor GervinuS ist nun im vollen Gange, und man darf sich darüber nicht wundern, daß diese Angelegenheit das allgemeinste Interesse erregt, denn es ist jedenfalls ein Zeichen der Zeit^ daß ein deutscher Hofrath als Hochverräter vor Gericht steht, weil et seine geschichtsphilosophischen Anschau ungen als Einleitung zur Geschichte des neunzehnten Jahr hunderts in zwar unumwundener, aber wissenschaftlicher Form demPublikum vorgelegt hat. In unserem Sachsen, wo die Schrift erschienen, ist ein Verbot derselben nicht erfolgt. - InKurhes- sF n ist die Aussicht, daß Herr Hans Dämel Haffenpflug sein Amt niederlegen werde, vollständig geschwunden. Es ist viel mehr anzunehmen, daß der schwankend gewordene Einfluß des Ministerpräsidenten sich wieder vollständig befestigt hat; denn es wurde in letzterer Zeit der im kurfürstlichen Cabinete angestellte Herr von Bischofföhausen, welcher Herrn Hassea- pflug zu liberal war, entfernt. Wie es heißt, soll nun auch gegen diejenigen Personen , welche i. I. 1849 Schritte für die Ein- und Durchführung der Reichsverfaffung gethan haben, eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet werden. Man scheint sich demnach mit den zahlreichen Opfern, welche die kurhessi sche Verfassungstreue m letzterer Zeit gefordert, nicht zu be gnügen. Die weiland deutsche Reichsverfaffung war bekannt lich seiner Zeit von dem Kurfürsten und seinen Ministern an erkannt und im Tesetzblatte pubücirt worden. — In Alten burg ist nunmehr die längst erwartete Ministerveränderung in'S Leben getreten; der preußische Landrath von Larisch ist an hie Stelle des Grafen von Beust zum Ministerpräsidenten ernannt. Mit diesem Wechsel erwartet man umfassende Ver- faffungsveränderungen, zu denen, wie es heißt, Graf v. Beust die Hand nicht hat bieten wollen. — In Hannover werden jetzt von den vereinigten Kaufmannschaften des Landes Anstren- aungen gemacht, um die Regierung zu bewegen, bei der ver änderten Sachlage der Zollvereinsangelegenheiten von der stipu- Ürten Durchführung des Septembervertrages abzusehen, da die bei dem Abschlusse jenes Vertrages aufgestellten Voraus setzungen jetzt zu vielfach alterirt seien. Die Regierung will KSnhehnter Jahrgang. 1. Gluartal. da- Ende der in Berlin -wischen Oesterreich und Preußen geführten Verhandlungen abwarten, ehe sie zur Einberufung der Stände, welche verfassung-gemäß in nächster Zeit stattfinde» sollte, verschreitet. Preußen. Wenn auch alle Welt die Fortdauer de- Friedens wünscht, so deuten doch alle Anzeichen darauf hin, daß die Eventualität eines Krieges gerade an entscheidender Stelle immer bestimmter ins Auge gefaßt wird; die Rüstungen, welche von fast allen Seiten vorgenommen werden, sprechen deutlich genug dafür. Auch in Preußen soll demnächst, wie ein Berliner ministerielles Blatt versichert, eine Vermehrung der Armee eintreten, und eS wird die betreffende Vorlage noch an die gegenwärtig versammelten Kammern gelangen. — In der ersten Kammer ist der Versuch gemacht worden, einen Antrag auf Aufhebung der Verfassung zuwegezubringenz eS ist dies aber nicht gelungen. Wenn man m der seitherigen Weise fortsährt, wird man auf dem Wege der Revision wohl endlich zu gleichem Ziele gelangen, denn es schwindet unter den Händen der Kammern ein Paragraph der Verfassung nach dem anderen, um neuen Bestimmungen Platz zu machen. Die gedachte Kammer wird sich demnächst mit ihrer eigetten Umbildung (Ernennung der Mitglieder durch den König) be- schWgen, und da- Bestreben der ritterschafnichen Partei geht dahin, bei dieser Gelegenheit auch auf eine Umgestaltung der zweiten Kammer in dem Sinne hinzuarbeiten, daß die Inte ressen der Grundbesitzer in der Folge dort in gleicher Maße ver treten werden, wie jetzt in der ersten Kammer. Die zweite Kammer ist gegenwärtig darüber her, die jeitherige Gemeinde- Verfassung zu beseitigen, und eS ist alle Aussicht vorhanden, daß trotz der heftig austretenden Opposition die Majorität für die Vorlagen der Regierung sein wird. — Aus W„Mgmd von Koblenz wird da- fast unglaublich scheinende Factum berichtet, daß die durch die Jesuiten fanatistrten Katholiken protestantische Todte ausgegraben und aufgehängt haben; nach dem aufgehängten Leichnam schoß man mit Klinten. In Ertel bei Koblenz schleifte die aufgeregte Menge, nachdem sie den beim Begräbnisse eines Protestanten surWrenden prote stantischen Geistlichen mit Steinen und Koth beworfen, de» Leichnam an einem Stricke durch meh«A Dörfer; man mußte Soldaten in die Dörfer verlegen, um sie zur Ruhe zu bringen. Diese Schandthaten, welche kaum unter wilden Völkern vor kommen, werden von preußischen Blättern auS der Rhein- provinz berichtet. — Der Mörder des Predigers Haver (s. Nr. 4) ist entdeckt; er war von einem Bürger auS Radevormwalde gedungen. Religiöse Motive liegen nicht vor; das scheußliche Verbrechen ist lediglich durch Pnvatrache herbeigeführt worden. — In Neumarkt (Pommern) hat der daflge Gemeindehirte Fischer sich und seinen drei jüngsten Kindern, zwei Knaben, sechs und acht Jahr alt, und einem neunjährigen Mädchen den Hals abgeschnitten. Die beiden Knaben waren sogleich todt; daS Mädchen kann nur nmh einige Tage leben, der unnatürliche Vater aber wird wahrscheinlich am Leben bleibe» und ist geständig. , Oesterreich. Die begonnene Beurlaubung der Artillerie mannschast, ist plötzlich. eingeM der beabsichtigte Verkauf der Trainpferde unterbleibt ebenfalls DaS an dH