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Dresden, den 10. Februar. — S«. Maj. der König hat genehmigt, daß der Direktor der Sammlung der Kupferstiche und Handzeichnungen, Prof. Ludwig Grüner, den von Sr. Maj. dem König von Preußen ihm verliehenen Kronmordm 3. Cl. annehme und trage. — Dem zeitherigen Superintendenten zu Werdau, Oswald Friedrich Schmalz, ist da« Superintendentenamt zu Waldheim übertragen worden. — Gewerbeverein. (Schluß.) Herr Architekt Neiße zeigt einen Stuhl aus gebogenem Holze vor, wie solche van Wien hierher kommen und bei den Herren Türpe, Marien-- praße, und Bernhardt, Pragerstraße, zu haben sind. Es zeich nen sich dieselben ebenso durch geschmackvolle Form, als durch Festigkeit und Leichtigkeit au«. Herr Photograph Schütze, Hauptstraße, erläutert hierauf an Bildern, die er zerlegt, das Wesen der Chromophotographie und das von ihm bei Herstell ung farbiger Bilder beobachtete Verfahren. Gewöhnlichen Pho tographien fehlt d«S Leben; die Schütze'schen Farbenbilder — keine Oelphotographieen — treten lebendig hervor. Wenn Herr Schütze in humoristischer Weise erwähnt, daß man bei diesem Verfahren, dem Verlangen des Publikums, besonders des weib lichen, „ein wenig hübsch auszusehen", Nachkommen könne, so möchten wir sie besonders da empfehlen, wo bei „reellen Ge suchen" zugleich die Photographie mit verlangt wird. Die Bilder haben große Ähnlichkeit mit Porzellangemälden und zeichnen sich dadurch, daß sie mit Harzen getränkt sind, auch durch ihre Dauerhaftigkeit vor gewöhnlichen Photographieen aus. Letztere verlieren, wenn das Papier alt und fleckig wird, auch an Effect. Herr Krone gab hierzu eine Geschichte der Be strebungen, die Photographieen durch das Licht selbst farbig herzu stellen. Eie haben bis jetzt nur dahin geführt, daß man farbige Puppen, die stundenlang vor dem Apparate im besten Lichte aufgestellt waren, «n Bilde in ihren Farben erhielt; doch dürfen die Bilder nicht dem Tageslichte ausgesetzt werden, weil die Farben dann so gleich »erschwinden. — Unter den eingegangenen Sachen be findet sich auch ein Geschenk der Nordamerikanischen Regierung die im Jahre 1862 ertheilten Patente in Bild und Beschrei bung enthaltend. — Dir. Clauß hat aus der Fabrik des Herrn Reuscheller eine große Anzahl Lederwaaren, als Albums, Por temonnaies, Cigarrentaschen, Mappen, Portefeuilles und aller hand kleine, allerliebste Sachen für den Hausgebrauch nutze- bracht, um zu zeigen, daß auch in Dresden in diesem Fache Ausgezeichnetes geleistet werde, um darzuthun, wie die an die sen Sachen angebrachten Malereien und Gürtlerarbeiten sich vor denen auf gewöhnlichen Fabrikartikeln vortheilhaft auszeichnen und den Blick auf das eigene Gute, was wir in Dresden haben, zu lenken. Dresdner Arbeit verdient immer noch das Lob der Solidität und vom Besten ist der beste Kauf. — Herr Krone spricht über die Vereinigung von Kunst und Industrie, dir an den vorgelegten Artikeln durchgeführt sei und die zu unterstützen sich Jeder zur Pflicht machen müsse. Auch die Halzmalereien de« Gewerbeschülirs L. Schott, der bei Herrn Neuscheller in der Lehre steht, fanden Anerkennung. — Bei Schluß der Sitzung, mit der auch das Beamten-Biennium schließt, giebt Herr Lr. Rentzsch eine Uebersicht der Thätigkeit de« Vereins in den zwei letzten Jahren und eine Uebersicht de» Kassenverhältniffe des letzten Jahres. — Braun'S Hotel war am Donnerstag Abend der Brenn punkt aller Gefühle. Da« Bürgercasino hielt seinen Mas kenball ab und zwar in einer Weise, deren nur rühmend zu erwähnen sein muß. Eine Fülle von Masken war vertreten, die eine bedeutende Auswahl von Characteren bot Wild und doch friedlich durcheinander wogte die bunte Menge und die herrlichen Melodieen des Orchestns brachten das lebendigste Leben in das Ganze. Eine« aber lieferte der Ball, was wir in Dresden noch nicht gesehen — der große Zug führte uns im Geiste nach allen Jahrhunderten zurück. Vertreter aus dem Jahre 9 nach Christi Geburt, mit dem Thierfell um die kräf tige Schulter und der gewaltigen Keule eröffneten den Zug und so «änderte das Auge weiter von Gestalt zu Gestalt bis zu den Repräsentanten des 19. Jahrhunderts mit dem unver meidlichen, aber übermütigen Stehkragen. Komische Masken »arm stark vertreten und namentlich zeichnete sich ein trichi nenfeindlicher Fleischer aus, der trotz seines gewaltigen Schweins kopfe» fremde Biere sehr wohlschmeckend fand. Der Jubel war auch hier allgemein — und ist nicht der allgemeine Jubel die Quintessenz jedes Maskenballe«? „Laßt uns doch da« kindliche Vergnügen!" ruft die Welt und ein herrliches Vergnügen bot der Maskenball de« Bürgercasino's, der an Eleganz, Würde und Gemütlichkeit Vorzügliche« bot. — Vor einigen Tagen wurde hier geschrieben, daß gegen wärtig von Frankfurt a. M. Loose auswärtiger Lotterien hierher gesendet würden. Da wahrscheinlich die ländliche Bevölkerung, namentlich Dorfrichter, GemeindevorstSnde und Gasthofsbesitzer, mit diesen völlig wertlosen Papieren, di« unter Portozurück- sendung nicht einmal von den Jlbsendern wieder angenommen werden, hauptsächlich beglückt werden soll, so wollen wir nicht unterlassen, das Publikum darauf aufmerksam zu machen, daß Briefe mit Loosen auswärtiger Lotterien, selbst wenn dieselben geöffnet worden sind, an die Post zurückgegeben werden können. Zugleich wollen wir aber auch Jedermann warnen, wer nicht Lust hat, sich unnöthige Ausgaben zu machen, solche Loose unter neuer Adresse den Absendern zurückzuschicken. Wer die selben erhält, der verwende sie zu Fidibussen oder zu sonstigen Bedürfnissen, wenn er sonst keine Ausgaben gehabt hat. — Ein Mehlfuhrmann, welcher gestern Mittag bei einem Bäcker auf der Vreitestraße Mehl ablud, hatte seinen Pelz mit 30 Thalern Geld hinter die Hausthüre gelegt. Als er fort- gehen wollte, lag zwar der Pelz noch am Platze, doch vergeblich suchte er in dessen Tasche sein Geld, welches inzwischen ver schwunden war. — Am Mittwoch Abend hatte sich in einer Restauration auf der Hauptstraße ein beurlaubter Soldat durch zwei GlaS Lagerbier gelabt und war durch die berauschende Stärke des selben so vollständig confuS über die üblichem Eigenthumsbcgriffe geworden, daß er das zinkbeschlagene und geschliffene Bierglaö heimlich in seine Tasche versenkte und damit glücklich bis in die Hausflur gelangte. Man hatte sein Manöver aber bemerkt und faßte ihn an der Hausthür ab, wo zunächst seine Persön lichkeit festgestellt wurde, um ihm am geeigneten Orte die Be griffe von Mein und Dein klar zu machen. — Aus Chemnitz schreibt man dein „Dr. I.": Am vergangenen 3. lauf. M. Abends 11 llhr fand man in einem in dem Schuppen einer hiesigen Restauration untergebrachten Kutschwagen, der bis Abends 8 Uhr auf der Straße gestanden hatte, ein lebendes Kind weiblichen Geschlechts im Alter von circa 6 Wochen, in ein Bettchen und in Tücher gewickelt. Am Dienstag ist es der Polizei gelungen, die Frauensperson, welche verdächtig war, dieses Kind ausgesetzt zu haben, in der aus Böhmen gebürtigen, ledigen Margarethe Frank zu eiinitteln. Dieselbe war früher hier in Diensten, hat ihr Kind in Böhmen geboren und ist am 3. d. wieder nach Sachsen gekommen. — Mittwoch den 14. Februar (Aschermittwoch) findet im k. Hoftheater zum Besten des Unterstützungsfonds für die Wittiven und Waisen der königl. musikalischen Kapelle eine Aufführung der „Jahreszeiten", Oratorium in 4 Abtheilungen von I. Haydn, unter Mitwirkung der k. Hofopernsängerin Frau Jauner-Krall, der k. Hosopernsänger Herren Rudolph und Mittcrwurzer, der „Dresdner Singakademie" (Chorgesangverein) und des k. Hof- theaterchorS statt. — Der Rath zu Leipzig veröffentlicht eine Bekannt machung, worin er als bestes Schutzmittel gegen die Trichinen krankheit tüchtiges Kochen und Braten des Schweinefleisches empfiehlt. Im klebrigen liege es im Interesse der Fleischer selbst, ihr Fleisch untersuchen zu lassen. Behufs der Aufmun terung dazu wird eiue Belohnung von 10 30 Thlr. und Ersatz des WertheS eines trichinenhaltigen Schweins zugesichert, wenn dasselbe vor irgend welchem Verbrauch an den Rath ab« geliefert werde; andererseits aber auch auf die criminalrechtlichen Folgen hingewiesen, die der wissentliche Verkauf trichincnhaltigjM Fleisches nach sich ziehen würde. — Bautzen, 9. Febr. Bekanntlich ist das Bautzner Publikum zwar ein ziemlich kunstsinniges, aber, und vielleicht gerade deshalb, auch ein in seinen Beifallsbezeugungen sehr zu rückhaltendes, und gehören Hervor- und cl, cspo-Rufe aus rnr- serer Bühne schon zu den größeren Seltenheiten während einer Theatersaison; und wenn daher an den vier Abenden, an wel chen sich die Mitglieder der Singspielhalle des königl. Belve dere hier producirten, diese Beifallsbezeugungen in so reichem Maße stattfanden, wie wir sie hier noch nicht oft erlebten, so dürfte dies besser, als jede weitschnreisige Kritik für die Kunst leistungen dieser kleinen, aber ausgezeichneten Gesellschaft sprechen. Und doch war es nur der laute Zoll wohlverdienter Anerken nung, welcher der unwiderstehlichen, alle Lachmuökeln in Be wegung setzenden vis eomica des Herrn Wohlbrück und dem liebenswürdigen, ewig rosenfarbenen Humor der Damen Brü ning und Felix, sowie dem seelenvollen Vortrag des Herrn Psllak und dem von vortrefflicher Schule zeugenden Gesang der Frau von Bohlen und des Fräulein Stell, sowie auch dem zartm Clavierspiclc des Herrn Klahre gespendet wurde. — Ein Güterzug, der gestern Morgen halb 5 Uhr von hier nach Leipzig abgegangen, hat zwischen Langenberg und Riesa eine leere Lowry zertrümmert, die ihm auf demselben Fahrgleis entgegen kam und durch den Sturm vom Bahnhof und Riesa aus die Fahrstrecke entlang getrieben worden war. — Professor 1)r 9lobbe, länger als 50 Jahre Director des Nikolai-Gymnasiums in Leipzig, tritt zu den Sommerferien mit .000 Thlr. Pension in den Ruhestand. Der Gedanke, beide städtische Gymnasien in Leipzig aus diesem Anlaß zu vereinigen, scheint zwar in'S Auge gefaßt zu sein, dürfte aber als unzweckmäßig wieder aufgegeben «erden. — Se. Maj. der König beehrte gestern Nachmittag 3 Uhr in Begleitung des Herrn Adjutanten Oberst v. Thielau die Tauben-Ausstellung im Gewandhause. Gleich nachher traf Se. Königl. Hoheit der Kronprinz Albert nebst Gemahlin eben falls daselbst ein. Die hohen Herrschaften verweilten mit sicht licher Befriedigung bis gegen 3 Uhr, nahmen sämmtliche Gegen stände der Ausstellung in Augenschein und sprachen sich sehr günstig über das Arrangement im Allgemeinen, sowie über die einzelnen Ausstellungsobjecte im Besonderen aus. — Wie wir hören, beabsichtigt Se. Maj. der König in der zweiten Hälfte der nächsten Woche nach München zu reisen. Es steht zu erwarten, daß er I. Maj. die Königin von dort abholen und hierher zurückbegleiten wird. — Auf dem Altmarkt hörte man vorgestern in der S. Abendstunde den wiederholten Nus „Halt auf". Gleichzeitig sah man einm Mann, der in der Richtung von der Weber gasse her gelaufen kam und ein großes Publikum hinter sich hatte, das ihn verfolgte. Ein Herr, wie wir später hörte«, ein Gendarm in Civil, der über dm Altmarkt hergegangen kan^ fing den Flüchtling auf und es ergab sich nunmehr, daß der selbe kurz zuvor auf der Webcrgafse einen vor einem Kleider laden ausgehangenen Damcnmantel hcruntergerissen und damit Reißaus genommen hatte. Auf der Flucht hatte er aber dm Mantel weggeworfen. Eine Frau hatte ihn aufgehoben u»d überbrachte ihn dem Gendarm. Dieser nahm ihn in Tmpfang und geleitete dm Dieb an den bekannten Ort hinter der Frauenkirche. — Für die auf dm 10. März einberufme Generalver sammlung der Sächsischen Dampfschifffahrts-Gesellschaft ist vcm Aktionären, nicht von dm Gesellschaftsorganen, ein Antrag auf eine abermalige Vermehrung des Aktienkapitals eingebrach^ welcher indeß wenig Anklang findet, da kaum 2 Jahre ver gangen, daß das Rctimcapital um 50 Procent vermehrt wor den ist, und der Curs der Dampffchiffactim seitdem bedeutend herabgegangen ist. — Die Ehefrau eines hiesigen Einwohners fand mm» gestern Vormittag erhängt. — Leipzig-Dresdener Eisenbahn. Nach Inhalt des von der Staatsregie, mg genehmigten »ierten Nachtrags zu den Statuten der Leipzig-Dresdener Eisenbahn ist für die Aus führung der neuen Bahnlinie eine Summe von 8j Million?» Thaler bestimmt. Dieselbe wird in folgender Weise beschafft: s) das Baukapital wird aufgebracht durch Ausgabe von 2, Mill. Thaler in neum Leipzig-Dresdener Eisenbahn-Stammactim ä 100 Thaler, der ganze erforderliche Rest aber durch eine mit 4 8 verzinsliche Anleihe; d) die neucreirten 25,000 Stück Actim «160 Thaler werden den Inhabern der bereits vorhandene« 50,000 Stück zum Nominalwerthe offerirt, so daß auf je zwoi alte Actim eine neue Actie verabfolgt wird. Die nicht abge nommenen nouen Actien werden zum Vorthcil der Gesellschaft »erkauft; c) zur Erleichterung für die Inhaber der alten Actie« wird die erste Einzahlung mit je 10 8 auf jede einzelne zu diesem Behuf« abzustempelnd« alte Actie angmommen und si»d demgemäß zunächst 50,000 Stück Jnterimsscheine «uszugeben. Auf je zwei Stück der letzteren empfängt sodann der Inhaber bei Leistung der zweiten Einzahlung einm anderweiten Jnte- rimSschein, über den bis dahin einzezahlten Gesammtbetrag lau tend, welcher in Gemäßheit der ferneren Einzahlungen erneuert und nach Schluß derselben gegen eine nme Stammaktie urn- getauscht wird. — Die auf die neum 25,000 Actim geleisteten Einzahlungen werden bis zum 31.December desjenigen Jahre«, in welchem die ganze Bahn dem Betrieb übergeben wird, nach dem Satze von 5 8 verzinst und diese Zinsen durch Abzüge an den noch zu leistenden Einzahlungen gcwähr-t. Mit dem I. Ja nuar des nächstfolgenden Jahres treten die nach erreichter Voll einzahlung, welche mit Eintritt dieses Zeitpunktes jedenfalls bewirkt sein muß, auszugcbcnden neuen Aclien in völlig gleiche Rechte mit dm altm Actien. Die Anleihe betreffend, so erstreckt sich dieselbe auf 6 Millionen und zerfällt in 600 Serien, Nr. I—600, zu je 50 Schuldscheinen I.it ä, jeder von lOO THlr. Die Schuldscheine lauten auf dm Inhaber und werden mit 4 8 verzinst. Die Tilgung der Anleihe beginnt am 1. Januar 1878 und erfolgt durch Ausloosung und Rückzahlung dergestalt, daß dazu jährlich mindestens 60,000 Thaler, als der Betrag von I 8 der ganzen Anleihesumme, verwendet werdm. Doch kann auch ein größerer Theil ausgeloost werden. Im Kalle die Leipzig-Dresdener Eisenbahn-Compagnie die übernommene Verbindlichkeit in Bezug auf Zinsenzahlung oder Ausloosu«ß und Rückzahlung nicht oder nicht vollständig erfüllen sollte, ist jeder Inhaber der Zins- und Schuldscheine berechtigt, seine ge summte Forderung an Kapital und Zinsen sofort von b« Compagnie zurückzuvrrlangm. (b. W.) — Am 3. d. gab Herr K. Aug. Fischer, Organist a« d« Annmkirche zu Dresden, in der Hofkirche zu Gotha ei» Orgel- Concert, welchem auch der Herzog und die Herzogin von Sach sen-Koburg-Gotha beiwohnten. —