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Dresden, den 25. Decemben — Se. Majestät der König hat nachstehenden Tagesbe fehl, welcher jedem rückkehrenden Truppentheile bei seinem Eintreffen bekannt gegeben wurde, erlassen: Tagesbefehl an die aus Holstein zurückkehrenden Truppen. Dresden, den 17. Dec. 1864. Die Truppen der mobilen Armeebrigade heiße Ich nach einjähriger Abwesenheit mit Freuden „Willkommen im Vaterlande." War es Euch auch nicht vergönnt, mit dm Waffen für das gemeinsame Vaterland zu kämpfm und krie gerische Erfolge zu erringen, so habt Ihr doch, wie Ich er warten konnte, auch untev den schwierigsten Verhältnissen die Disciplin und Mannszucht, jene Grundpfeiler der soldatischen Ehre, bewahrt und dem sächsischen Soldaten abermals ein gutes Andenken im Auslande gesichert! Mt freudiger Genug- thuung spreche ich Euch Meine volle Anerkennung dafür aus. — Allerhöchster Anordnung zu Folge wird am Königl. Hofe wegen erfolgten Ablebens des Erzherzogs Ludwig von Oesterreich eine Trauer auf eine Woche bis mit dem 30. die ses Monats, angelegt. — Ehre, dem Ehre gebührt! Bei der kühnen Errettung des Dienstmädchens aus den kalten eisgchenden Fluthm der Elbe unweit Uebigau am 21. d M. war es auch besonders der Schiffsmann Carl Gottlieb Dictze aus Uebigau, welcher bei der großen Gefahr mit wunderbarem Muth und Unerschrocken heit sich über die dünne Eisdecke hinweg wagte. Hierbei selbst in eigener LebmSgefahr, streckte er zuerst die hülfreiche Hand aus und nur auf seinen Zuruf, eilte» später zwei andere muthige Männer herbei, unter derm Beistand die Un glückliche dem nassen Element entrissen wurde. Dietze ist schon früher in Folge einer ähnlichen schönen That mit der silber nen Lebensrettungs-Mcdaille ausgezeichnet worden. Was der brave Wann am 21. d. M. gethan, hat ihm der Richter und Gemeindcvorstand zu Uebigau unter Anführung aller Um stände durch rin glänzendes schriftliches Zeugniß kund gegeben. — In der Wcinhandlung des Herrn W. F. Seeger, Cascrnenstraße Nr. 13»., wo vorzüglich afrikanische Weine vom Cap der guten Hoffnung lagern, befindet sich jetzt auch «ne kleine Parthie Rebensaft, dem man das Prädicat: „Welt- umsegler" beilegm kann. Er stammt aus Californien, wo der in Sacramento lebende Sohn des Herrn Seeger solchen abgesendet. Aus deutschen Neben, von deutschen Einwanderern gezogen, wurde der Wein mit einem Lübecker Schiff von St. Francisko über China und Ostindien nach Hamburg spedirt. — Um mehrfachen Privatansragen zu begegnen: ob Bälle von geschloffenen Gesellschaften auf dem Belvedere der Brühlschen Terrasse abgchalten werden können, diene zur Antwort: daß, so viel uns bekannt, Herr Marschner daselbst zu dergleichen Zwecken bereitwillig seine Säle öffnet und in solchem Falle die Interessenten sich an selbigen wenden wollen. — „Wie schön leuchtet der Weihnachtsbaum!" In die sen freudigen Ausruf stimmten Vieler Herzen, die am vor gestrigen Abende bei der Christbescheerung im Wieland'schen Töchter-Jnstitute auf der Hospitalstraße zugegen waren. Die Zöglinge der Anstalt hatten reiche Geschenke gesammelt, mit denen sie eine Menge armer Kinder vollständig bekleideten. Der eigentlichen Bescheerung ging ein Fest Aktus voran, der einerseits ebenso glänzendes Zeugniß von den Leistungen der Anstalt ablegte, als er andererseits einen Blick in dm Geist derselben gestattete, durch welchen die Herzm aller Anwesen den sich freudig erhoben fühlten. Einer Anstalt, welche nicht allein den Verstand der Zöglinge bildet, sonder» Herz und Gemüth mit gleicher Sorgfalt pflegt und veredelt, einer sol chen Anstalt muß eine glückliche Zukunft bevorstehen. — Wenn rin Referent eines Artikels dieses Blattes sich darüber aussprach, daß die (alte Elb-) Fricdrichsbrücke mit ihrer Frequenz 100 Straßen gliche, so wollen vir nur 50 sagen und die Nothwendigkeit einer neuen Brücke wird mit jedem Tage einleuchtender. Nächst ihr ist die Schloßstraße, See- und Wilsdrufferstraße am belebtesten, doch eine Straße übertrifft zu Zeiten alle diese Straßen, das ist die Landhaus straße. Man besuche selbige Montags, Mittwochs und Frei tags zu den DDrkttagen und man wird sich über die Stockungen wundern, die hier die Frequenz erleiden muß. Der Omnibus, welcher Friedrichstadt mit dem Pillnitzerschlage verbindet, fährt täglich dieselbe 92 Mal, die verschiedenen Postwvgen nicht minder, dazu gesellen sich die Droschken, Kutschwagen, Heu-, Stroh-, Stein-, Bret-, Ziegelwagenu.s. w. Ein Jeder, der diesem Treibm zugesehrn, sagt zwar, eS sei diese Straße die einzige Ader, die die innere Stadt mit der pirnaischen und Elbvorstadt verbindet, wünscht aber von Her zm, daß die Rampische Gaffe als zweiter Ausfluß recht bald geöffnet werden möchte. Hier thut cs wirklich noth, ehe Un- giücksfälle sich ereignen. — Eine hübsche Idee von Seiten eines Bauherrn wurde gestern in der Abendstunde ausgesührt. Bei einem neuerbauten Hause am Ende der Tharandter Straße, unweit der Holzstöße, wurde dir sogennnnte Hebefeier im Beisein der Bauleute ge halten und oben auf dem Forst des Hauses ein kolossaler lichterstrahlender Christbaum aufgrpflanzt. Es machte auf Allt «inen ernsten Eindruck, als bei dem Ertönen des Chorals die hoch oben flammenden Lichter des Weihnachtsbaumes die kalte Decembernacht durchschimmerten. Es erinnerte, aus der Ferne gesehen, an den Stern, der einst dm heiligen drei Königen zu Bethlehem in jener hochheiligen Nacht geleuchtet. Da hätte ich meiner Treu die Baurede halten mögen, denn ein so schöner poetischer Stoff dürfte sich wohl seltm darbieten. — Am 20. d. M. Nachts kehrten aus Holstein auch die beidm Feldgeistlichen des königl. sächsischen Militärs, Herr Director Lange (katholischer Confessio») und Herr Diaconus Pötschke, hierher zurück und wurden Beide in der katholischen Schule am Queckbrunnen von den Lehrern daselbst herzlich und fest lich empfangen. Beide hochw. Herren lebten in nordischen Landen, trotz der Ver- und Entschiedenheit ihres Bekenntnisses, stets friedlich und freundschaftlich mit einander, wohnten meist unter einem Dache und erleichertm sich gegenseitig ihr, oft sehr schweres Eerlsorgeramt, besonders bei den schwer kranken und verwundeten, nichtsächsischen Waffenbrüdern. — Um Mißverständnissen und verschiednen Nachfragen zu begegnen, erwähnen wir, daß der betr. mit Flinte und Hund durchgegangene Markthelfer in einem Geschäft auf der Bautznerstraße in Diensten gestanden hat. — Nach der neuesten Volkszählung vom 3. December d. I. hat Leipzig 85,791 Einwohner, die in 2547 Häusern ihre Wohnungen haben und welche zusamme« 15,862 einzelne Haushaltungen bilden, während die letzte Volkszählung im Jahre 1861 nur 78,540 Einwohner in 2368 Häusern nach- wies. — Da- königl. Bezirksgericht LkipziK hat in zweiter In stanz daS gerichtsamtliche Erkenntniß, nach welchem der Ver fasser der Aufsatzes in Nr. 202 der „Mitteldeutschen Volks zeitung" nrt der Ueberschrift „die Volksschule und der Volks- wirth", vr. pkilos. Eras, wegen dann ausgesprochener Schmäh ungen in Beziehung auf Religion und Cultus zu 8 Wochen Gefä-gniß und der verantwortliche Redacteur Rößler gleich zeitig zu einer Geldbuße von 30 Thlrn. verurtheilt worden, auf dagegen erhobenen Einspruch in der Hauptsache allent halben bestätigt. — -f Oeffentliche Gerichtsverhandlung vom 23. Dec. Der-letzte Tag vor dem Hochfeste versammelt noch ein mal die Richter im Saale. Es sind vier Einspruchsverhand- lungen angesetzt. Darunter eine geheime. Ja der ersten Verhandlung dreht sich Alles um Unterschlagung, derm sich Marie Auguste Treumner schuldig gemacht. Die Angeklagte befindet sich in Haft, war anfangs nicht erschienen, wurde aber durch den Gerichtsdiener aus dem Gefängniß auf Be schluß des Gerichtshofes herübergeholt. Die Treumner war theils zu 3 Wochen und 2 Taxen Gefängniß verurtheilt, theils straffrei gesprochen worden, wogegen sie Einspruch er hob, sie will ganz unschuldig sein. Leider ist sie schon früher wegen Diebstahls bestraft. Es war zur Zeit des Kötzschen- brodaer Vogelschießens, da wollte (im August) die Angeklagte ebenfalls an diesem Feste theilnehmen. Sie hatte aber keinen geeigneten Rock dazu und ging deshalb zu der ihr bekannten Schneidergesellenfrau Emilie Louise Techt, geb. Götz und lieh sich von dieser ein« Blouse und einen wollenen Rock. Letzterer nur allein ist das oorpus ckslieti und auf etwa 3 Thlr. taxirt. Die Treumner nahm die Kleider mit, die Techt sah sie nicht mehr wieder Schon in Kötzschenbroda am Vogelschießen selbst wurde die Treumner verhaftet. Aber auch den Nock hatte sie nicht mehr. Sie gab an, sie habe ihn in einem Zelte zum Aufheben gegeben, sie wisse aber nicht, wie die Leute heißen. Wenn sie frei wäre, würde sie dieselben schon her ausfinden. Im September wurde sie der Haft entlassen und eS wurde ihr aufgeeeben, binnen 8 Tagen den Rock zu schas sen. Sie wurde nochmals arretirt, der Rock war noch nicht da. Man entließ sie wieder mit dein Bemerken, der Rock sei zum 7. Oktober zu schaffen. Der Nock kam nicht herbei. Endlich kam es heraus, daß der fragliche Nock bei einer ge wissen Kirschner liege. Diese wurde vernommen und da stellte sich denn das ganze Verhältniß anders heraus. Die Treum ner kam eines Tages zu ihr und wollte 5 Ngr. geliehen haben. Diese wollte sie ihr Anfangs nicht geben, da sie aber den wollenen Nock vom Leibe zog und ihr als Pfand daließ, so erhielt sie das Geld. Dieser Nock gehörte aber der Schnei- dergcsellenfrau Techt. Sie hatte ihn also verpfändet und nie die 5 Ngr. zum Wiedereinlöscn auftreibcn können. Herr Staatsanwalt Held erklärt, daß, wenn früher die Sache als eine Unterschlagung anzuseben gewesen, sie jetzt nur die wi derrechtliche Verpfändung fremden Eigenthums zu nennen sei. Es liege auch nicht Material genug vor, um zu der An nahme zu gelangen, daß die Treumner nicht die Absicht ge habt habe, den Nock wieder einzulösen. In Bezug auf den Werth des Rockes sei der' Pfandschilling zu gering. Herr Held ist daher für eine Herabsetzung der Strafe. Der Ge richtshof ging auch darauf ein und nahm nur die widerrecht liche Verpfändung an. Die 3 Wochen und 2 Tage schmolzen heut in nur 3 Tage Gefängniß zusammen. — Sehr gering fügig ist die nächste Sache und doch hat sie dem Angeschul digten vier Tage Gefängniß eingebracht und eine Menge Kosten. In Döhlen selbst sah der dasige Flurschütze David am 31. August 1864 den' Bergarbeiter Friedrich Eduard Zschockert auf einem Wege gehen, der dem öffentlichen Ver kehr nicht übergeben war. David verbot dem Bergarbeiter, dort zu gehen und fragte ihn nach dem Namen. Als dieser ihn nicht sagen wollte, erfolgte die Arretur. Als sie bis an's Wohnhaus kamen, wollte Zschockert fliehen. David hielt ihn aber am Arme. Das ist die Widersetzlichkeit, die vorliegt. Ich erwähne noch, daß Zschockert 24 Jahre alt und wegen Diebstahls schon zweimal bestraft ist. Er gibt d'e Thatsache zu, meint aber, er habe nicht gewußt, daß dvr Weg verboten gewesen. Er erhob Einspruch gegen die erkannte Strafe, er will milder bestraft sein. Herr Staatsanwalt Held bean tragte die Bestätigung des erstinstanzlichen Urtels. Nach kur zer Berathung erfolgte die Bestätigung. — Die dritte Ein spruchsverhandlung war ihres Inhaltes wegen eine geheime, nur das Urtel wurde öffentlich verkündet. Die Angeklagte hieß Auguste Friederike Anna verehelichte Eger. Sie war mit 6 Monate» Arbeitshaus bestraft worden. Dagegen hatte sie heut Einspruch erhoben. Es blieb aber beim Alten. Als Vertheidigcr war Herr Advocat Gräffe erschienen, als Staats anwalt Herr Held. — Den Schluß bildete eine Privatan klage, welche Johann Traugott Löschke wider Johanne Mag dalena Balthasar angestellt Die Sitzung, als öffentliche an- gekündigl, wurde plötzlich aus Antrag deS Klägers noch vor ihrem Beginn als eine geheime angemeldet. — Wochen-Repertoir des Königlichen Hof theaters. Dienstag: Die Jungfrau von Orleans. Mittwoch: Am Clavier. (N. e.) Jules Franz — Hr Emil Devrient. Jndienne und Zephyrin. Englisch. Gibbon — Hr. Emil Devrient. Nachtigall oder Nichte. Donnerstag: Der Wild schütz. Freitag: Don Carlos. Marquis von Posa — Hr^ Emil Devrient. Sonnabend: Fidelio. Sonntag: Niklasß der Holzschnitzer. (In neuer Bearbeitung.) Bamberg, Freitag, 23. Dec., Abds. Freiherr v. d. Pfordten hat vorgestern hier eine Besprechung mit Herrn v. Neust gehabt. Ein neuer Triasplan ist im Werke und prin- cipiell festgestellt worden. Das Dr. Journ. bemerkt hierzu: (Es ist richtig, daß die Herren Staatsminister v. d. Pfordten und v. Neust eine Zusammenkunft in Bamberg gehabt. Was sie besprochen, wird jedoch dort wohl nicht zur Kenntniß drit ter Personen gelangt sein; jedenfalls ist selbstverständlich, daß die Minister zweier Staaten nicht die Errichtung einer Trias beschließen können. ^ Brief eines Müßiggängers. ii« "' Wenn es eine Seelenwanderung giebt und der mensch liche Geist nach dem Glauben der alten Aegypter, nachdem er den Körper verlassen, erst noch in verschiedenen Thierkörpern einer Läuterung unterworfen ist: so wünsche ich immer, daß dereinst nicht meine Seele in einem Droschkenpfeide oder gar in einem Zughunde einen zeitweiligen Aufenthalt nehmen möge. Was namentlich so ein Kehricht-, Asche-, Kohlen- oder Markt» Hund an Kälte, Regen, Sturm und Hunger manchmal auszu halten hat, ohne daß sich sein Herr sonderlich um ihn küm mert, das sollte, wenn man nicht überhaupt das Benutzen deS Hundes als eines Zugviehes, wie z. B. in Frankfurt, gesetzlich ganz verbieten will, im Criminalcodex gleich hinter dem Baum frevel kommen. „Es möchte kein Hund so länger leben", sagt Faust. Am liebsten führe meine Seele in einen der Bewohner des zoologischen Gartens, etwa in die Fischotter. — Die War nungstafel: „die Otter beißt", würde manche Neckereien von mir abhalten, oder in den Axishirsch — wie wollte ich still halten, wenn die Damen mit ihren weichen Händchen mich am Halse krabbelten, oder gar in den Elephanten — wie wollte ich mich füttern lassen! Ich würde mit derselben Grazie, wie Vater Wrangel seinem Könige auf der Parade, meinen Wohl- thätern die Hand küssen! Mich sollten auch nicht so abson derliche Urtheile irre machen, wie daS, welches unlängst ein Bauer gab, der auf die Frage, welches Thier ihm am besten gefallen? antwortete: „Das, was Alles mit dem Schwänze fraß!" Damit meinte der Biedermann jedenfalls Lilly, den Elephanten. Für so ein ungeheuerliches Thier hielten auch Manche die preußische Monarchie vor wenig Tagen, sie sahen uns Sachsen bereits vom preußischen Rüssel erfaßt. Ja,Pein furchtsamer Beamter ging in seiner Schwarzseherei soweit,Paß