Volltext Seite (XML)
12. Juli I8S« Rr. 161 JnsertivnSgebühr für den Raum einer Zeile L Ngr. ! Es ist somit durch eine Art von völkerrechtlichem Vertrag das Recht der Herzogthümer auf eine „verfassungsmäßige" Entwickelung der sie be- treffenden VerfaffungSangelegenheiten, sowol ihrer besondern als der davon untrennbaren gemeinsamen deS dänischen Gesammtstaats, anerkannt und festgestellt. Mit Befriedigung lesen wir in preußischen Blättern, daß diese Ansicht auch noch gegenwärtig an officieller Stelle in Wien und Berlin festgehalten und jene Bekanntmachung von 1852 als vereinbarte Grund lage des RechtszustandeS der Herzogthümer betrachtet werde. Nicht so scheint man die Sache in Kopenhagen anzusehen. Nach dem Grundsätze „verfassungsmäßiger" Entwickelung und einer „Erhaltung rechtlich bestehen der Verhältnisse" mußten die Provinzialstände der Herzogthümer über den Entwurf der Gesammtverfassung mit ihren Gutachten gehört werden, we nigstens insoweit, als diese Gesammtverfassung eine Menge von Gegen ständen, welche bisher der Mitwirkung der Provinzialstände unterlagen, für gemeinsame erklärte und also deren Wirkungskreise entzog, folglich den Umfang der verfassungsmäßigen Befugnisse der Provinzialstände verklei- nerte. Es mußte dies um so gewisser geschehen, als man dem dänischen Reichstag gegenüber ein solches Verfahren beobachtet hatte, ja so weit ge gangen war, auf sein Andringen den ganzen GesammtverfassungSentwurf umzustoßen und einen neuen ihm vorzulegen, also wenigstens indirekt dem Reichstage ein entscheidendes Votum in der Grsammtverfassungsfrage ein zuräumen. Nichts jedoch Dergleichen geschah. Durch ein sehr geschick tes Manöver, welches aber doch nicht fein genug war, um nicht von dem juristischen Scharfsinn eines der Antragsteller, des Etatsrath- Preu- ßer au- Holstein, bloßgelegt zu werden, nahm man den Herzogthümer« das Recht, welches sie nach den Verfassungen von 1831 und 1834 (deren wiederhergestellte Rechtskraft von keiner Seite in Frage gestellt wird) un zweifelhaft gehabt haben würden, über die Gesammtstaatsverfaffung min destens mit ihren Bedenken gehört zu werden.. Man gab ihnen nämlich 1854 neue Verfassungen, in denen, gemäß der Zusage in der Bekannt- machung von 1852, ihr früheres Recht der bloS gutachtlichen Berathung in ein Recht des Beschließens verwandelt war; allein indem man ihnen diese neuen Verfassungen zur Begutachtung vorlegte, also anscheinend streng „verfassungsmäßig" verfuhr, änderte man den Inhalt der Verfassungen dadurch einseitig ab, daß man die Scheidung zwischen gemeinsamen und besondern Angelegenheiten der einzelnen LandcStheile nach eigenem Gutdün- ken vornahm und über diesen Punkt den Ständen gar kein Gehör ver gönnte. Es wurde also durch die Verfassungsänderung von 1854, wie ein Redner treffend bemerkte, zwar die Berechtigung der Provinzialstände er- weitert (aus einer berathenden eine beschließende), hingegen ihr Wirkungs kreis wesentlich verengert. Angelegenheiten von höchster Wichtigkeit gerade für diese Länder, gegenüber dem Königreich, wie das Post-, Zoll-, Münz wesen u. dergl., neuerdings, wie man weiß, auch das ganze Domänen wesen, sind so mit Einem Federstriche der Controle und Mitwirkung der eigenen Vertretung dieser Länder entnommen und einer Versammlung (dem Reichsrach) überantwortet, in welcher die deutschen Landesthrile nur durch eine, gegen die dänische Majorität nothwendig stets unterliegende Minorität vertreten sind: Und über diese so lief eingreifende Veränderung de- ganzen Vcrfassungs- und Besitzstandes der Herzogthümer sind diese nicht einmal gehört worden! Die Unbilligkeit dieses Verfahrens und die gerechte Sache der Antragssteller im Reichsrathe leuchtet aus den hier mitgetheilten Ver handlungen sonnenklar ein, und die schroffe Abweisung, welche der Antrag dennoch erfahren hat, beweist nur, daß auf jener Seite überhaupt Gerech tigkeit für die Herzogthümer nicht zu erlangen ist. Ob von der andern, nach welcher sie nun sich zu wenden gedenken — dem deutschen Bundes tage —, steht abzuwarten: hoffen wir, daß ihre Beschwerden hier ein bes seres Gehör und wirksame Abhülfe finden. Zu beziehen durch alle Postämter de» In- und Auslandes, sowie durch die Grpedmon in Leipzig (Querstraße Nr. 8). Preis für das Vierteljahr I V, Thlr.; jede einzelne Nummer 2 Ngr. Deirt sch land. Frankfurt a. M., 9. Juli. Es wird in gutunterrichtetcn Kreisen in sehr bestimmter Weise versichert, es dürfe in nächster Zeit die Entschei dung darüber erwartet werden, ob die holstein-lauenburgische Ange- legenheit vor die Bundesversammlung gebracht werde. Die Ent scheidung über diese Frage wird zunächst davon abhängen, welche Erwi derung di« letzten Erklärungen, dir von Preußen und Oesterreich in Ko penhagen abgegeben worden, finden. 8- scheint, daß die Sache so ernst aufgefaßt wird (siehe jedoch den folgenden berliner -^--Brief), daß Do- mänenkäufe, die in den Herzogchümern ohne vorherige ständische Geneh migung geschehen, «inen sehr unsicher« Besitz gewähren würden. Man spricht von einer gem«inschaftlichen Vorlage, welche Preußen und Oe sterreich an die Bundesversammlung richten würden, falls man dänischer seits bei dem seitherigen Verfahren beharre. In Kopenhagen scheint sich Sounabeud. BstPßia. Di« Zeitung erscheint mit Ausnahme des Montag» täglich und wird Nachmittag« -1 Uhr aus gegeben. Deutsche Mgmtiuc Zeitung. «Wahrheit und Recht, Freiheit und Ersetz!» Schleswig-Holstein. ---Leipzig, 11. Juli. Die Sache Schleswig«Holsteins, die unter den großen Weltbegebenheiten der letzten Zeit einigermaßen in den Hintergrund getreten war, viell«icht zum Th«il darum, weil Manche sich der Hoffnung nicht entschlagen mochten, daß die Entwickelung eben jener großen europäi schen Ereignisse auch für diese Frage die lange ersehnte endliche Lösung bringe»; werde, drängt sich neuerdings wieder stärker denn je unserm na tionalen Bewußtsein und Ehrgefühl auf. Da- Herz erzittert un- bei den täglich sich mehrenden Berichten von den Unbilden, die unsern Brü dern in jenen Ländern widerfahren r wir fühlen mit Beschämung die ganze Schmach, die auf da- große Deutschland zurückfällt, wenn es einen seiner Theil« so miShandeln, so in seinen von den gesetzlichen Organen eben die- s«S Deutschland anerkannten und garantirten Rechten kränken, so mit Ge walt und auf die rücksichtloftst« Weise einem Entnationalisirungsproceffe der beispiellosesten Art unterwerfen läßt. Diese Mishandlungen, diese Rechts- kränkungen, diese Entnationalisirungsbestrebungen liegen actenmäßig consta- tirt vor. Um nur zwei wichtige Aktenstücke dieser Art zu erwähnen, hat der Ausschußbericht der holsteinischen Ständeversammlung über den Antrag deS BaronS v. Bloome auf Beschwerdeführung und Anklage gegen den Mi nister v. Scheel (abgedruckt in der Minerva, Februar 1856, Heft 1, und auch in besonder« Abzügen vielfach verbreitet) eine Anzahl Beschwerde- punkte aufgeführt, welche hinlänglich zeigen, mit welcher Rücksichtlosigkeit man in den Herzogthümern verfährt, wie man Richter ohne Urtheil und Recht abseht, wie man die Justiz unter die Verwaltung gestellt, wie man behufö zwangsweise« Einführung der Reichsmünze sich auf alte Verord nungen bezogen hat, welche längst förmlich aufgehoben waren, und wie man zu demselben Zivecke unerlaubte Polizeimaßregeln (wie Kassen- und Bücherrevisionen bei Privatpersonen) verhängt hat. Ein anderes Acten- stück ähnlichen Inhalts ist soeben erschienen; eS sind die „Verhandlungen deS dänischen ReichtrathS über den Antrag deS Oberpräsidenten Baron v. Scheel-Pleffen und Genossen, betreffend dir Rechte der Henogthümer Schleswig-Holstein und Lauenburg".*) Baron v. Pleffen hat bekanntlich mit zehn andern deutschen Abgeordneten im dänischen Neichsrath einen An- «rag eingebracht,' der darauf abzielte, den Herzogthümern nachträglich in Bezug auf die Gesammtverfassung die bei deren Zustandebringung ihnen widerrechtlich vorenthaltene Betheiligung zu verschaffen. Er stützte sich da bei namentlich auf die königliche Bekanntmachung vom 28. Jan. 1852, in welcher steht: „daß auf verfassungsmäßigem Wege den Verfassungen deS Herzogthums Schleswig sowol als deS Herzoglhums Holstein eine solche Entwickelung zntheil werden solle, daß jedes der gedachten beiden Herzog thümer hinsichtlich seiner bisher zu d«m Wirkungskreise der berathenden Pro- vinzialstände gehörigen Angelegenheiten eine ständische Vertretung mit bc- schließender Befugniß erhalt«." Eine entsprechende Zusage wurde dem Her- zogthum Lauenburg gegeben. Außerdem wurde versprochen, „daß mit der Ordnung der Angelegenheiten der Monarchie unter Beibehaltung und wei terer Ausbildung der alle Theile derselben umfassenden sowol als der für einzelne Theile gegründeten Einrichtungen in dem Geiste der Erhaltung und Verbesserung rechtlich bestehender Verhältnisse vorgeschritten werden sollte". Ferner hieß es in einer durch di« dänischen Gesandt«« zu Wien und Berlin den beiden deutschen Großmächten mitgetheilten Note über die- selbe Angelegenheit! „Wenn Se. Maj. aus Rücksichten auf den Rath und Wunsch seiner hohen Alliirten beschließt, nicht nur das Herzogthum Hol- stein, sondern auch daS Herzogthum Schleswig bis auf Weitere- al- ab- soluter König unter Mitwirkung berathender Stände zu regieren, so ge schieht di«s mit dem Ziele vor Augen, auf gesrh- und verfassungsmäßigem Wege, d. h. durch berathende Provinzialstände jede- der gedachten Herzog, thümer für sich und, was da- Königreich betrifft, durch Beschlüsse des Reichstags, sowie in Betreff Lauenburgs unter Mitwirkung von Ritter und Landschaft, eine organische und gleichartige verfassungsmäßige Vcrbin- dung sämmtlicher LandcStheile zu einer Gesammtmonarchie herbeizuführen." Der österreichische Hof erklärte hierauf durch den Fürsten Schwarzenberg, indem er die angeführten Worte wörtlich wiederholte, daß er diese Wil lensäußerung dtS König- als auf die Erfüllung einer unabweislichen Auf gabe gerichtet anerkenne. Der preußische Hof schloß sich dem österreichi schen unbedingt an. Die dänische Regierung ihrerseits erklärte, daß der König die in dem Erlasse des österreichischen CabinetS niedergelegte Auf- fassung der den Höfen von Wien und Berlin kundgegebenen königlichen Absichten als mit der-seinigen übereinstimmend anerkenne. Auf Grund der Bekanntmachung vom 28. Jan. 1852 legten die beiden Großmächte da- in der holsteinischen Sache ihnen ertheilte Mandat in die Hände des Deutschen Bunde- nieder und vermochten diesen, der Uebereinkunst beizutcsten. ') Kiel, Schwers'sch« Buchhandlung, 1856.