Volltext Seite (XML)
Pulsnitzer Anzeiger Ohorner Anzeiger ageszettung flir die Stadt und den Amtsgerichtsbezirk Pulsnitz und die Gemeinde Ohorn Nr. 223 SO. Jahrgang Freitag, den 23. September 1938 bestimmten Plätzen keine Gewähr. Anzeigen sind an den Erscheinungstagen bis vor». 10 Uhr aufzugeben. — Verlag: Mohr K Hoffmann. Druck: Karl Hoffmann u. Gebrüder. Mohr. Hauptschriftletter: Walter Mohr, Pulsnitz: Stellv.: Walter Hoffmann, Pulsnitz Verantwortlich für den Hetmatteil, Sport u. Anzeigen Walter Hoffmann, Pulsnitz; >>> Politik, Bilderdienst und den übrigen Teil Walter Mohr, Pulsnitz. —D.A. VIII..- 2250. Geschäftsstellen: Albertsttaße 2 und Adolf-Hitler-Straffe '. Fernruf 518 und 550 Zeitung erscheint täglich mit Ausnahme der gesetzlichen Sonn- und Feiertage. Der Bezugspreis betrüg: bet Abholung wöchentlich 50 Rps., bei Lieferung frei HauS 51 Rpf. Postbezug monatlich 2.50 RN!. Die Behinderung der Lieferung rechtfertigt keinen Anspruch auf Rückzahlung der Bezugspreises. ZeitungsauSgabe für Abholer täglich S—6 Uhr nachmittags. Preise und Nachlaffsätze bet Wiederholungen nach Preisliste Nr. 4 — Für daS Erscheinen von Änzeigen in bestimmten Nummern und an Stadlrates ru Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschafi zu Kamenz, des v es Ecmeinderates zu Ohorn behördlicherseits bestimmte Blatt und enthält Bekanntmachungen des Amts- des Finanzamtes zu Kamenz Rücktritt der Prager Regierung Wieder rote Demonstrationen und Streiks Die schuldbeladene Prager Regierung hat sich endlich entschlossen, das Feld zu räumen. Im Laufe des Donners- tagvormittag hat das Kabinett Hodscha seinen Rücktritt erklärt. Die Mitteilung des amtlichen schccho-slowakischen Preßbüros verschleierte den Regicrungsrücktritt, indem nur von der bevorstehenden Bildung einer neuen Regie rung auf breiterer Grundlage unter Einbeziehung hol>er Militärs gesprochen wird. In diese Regierung der nationalen Konzentration sollen in erster Linie eine Reihe von Generalen einbezogen werden. Als Ministerpräsident nennt man den Armce- inspekteur General Sirovy, der als besonderer Freund der Sowjetunion gilt und dort seine Ausbildung erfahren Hal. Man nenm ferner als künftige Negierungsmitglieder den Generalstabschef Krejzy und den volkssozialistischen Senator und Oberbürgermeister von Prag Zen kl, der über den Prager Nnndfunk eine Ansprache an die Be völkerung hielt. Benesch sichert sich durch Militär Die Sokolverbände wurden Donnerstag früh durch den Rundfunk alarmiert und erhielten Auftrag, sich in Uniform an den Sammelplätzen zu melden; sie sind in starkem Maße für den Ordnungsdienst eingesetzt worden. Die Prager Burg, aber auch die Gegend der deutschen Ge sandtschaft werden seit Donnerstag früh nicht mehr durch Polizei, sondern durch Militär gesichert. In Prag herrscht allgemein der Eindruck, daß es sich bei der neuen Regierung um eine klare Militärdiktatur handeln werde. Gegen Mittag wälzten sich aus den Vorstädten erneut riesige Dcmonstrationszüge mit Hoch-Rufe» auf die Sowjetrepublik (!) und roten Fahnen durch die Straßen der Stadt. Obwohl sich ihnen an der Karlsbrückc Militär cntgegcnstelltc, gelang es ihnen doch, aus das andere Moldau-Ufer zu gelangen und ihren Weg zur Burg sortzusetzeu. Hetzkundgebung vor dem Parlament Unter dem Druck der Entwicklung wurde Donnerstag vormittag unmittelbar nach dem Rücktritt der Regierung ein« Plenarsitzung des Prager Parlaments einberufen. Vor dem Parwmentsgebäude hatte sich eine riesige Volks menge angesammelt, die mit großem Beifall eine Kund gebung des Generalinspekteurs der Armee, Genera! Sy r o v y , aufnahm. Der als besonderer Freund der Sowjetunion bekannte General erklärte, daß die tschechische Armee unerschüt terlich uud fest an den Grenzen des Staates stehe und die Befehle der Regierung abwartc (!). Der Ge neral richtete einen eindringlichen Appell an das Volk, vollste Ruhe und Ordnung zu bewahren, damit cs der Armee möglich sei, zu retten, was noch zu retten sei. In den Straßen von Prag wurden kommu nistische Flugblätter verteilt, in denen eine all gemeine Mobilmachung gefordert und der Befehl zur Ver teidigung der Landesgrenzen verlangt wird. Wörtlich heißt es in einem Flugblatt: „Die Rote Armee wartet, bis wir sie rufen." In einem anderen kommunistischen Flug blatt wird versichert, daß die Sowjetunion in jeder Lage augenblicklich der Tschecho-Slowakei helfen werde. Die Sowjetunion unddie Note Armee seien eins mit denTschechen. In der Innenstadt sind fast alle Geschäfte ge schlossen. Eine fühlbare Verknappung der Lebensmittel ist eingetreten. Ministerpräsident Sirovu D°s neue ^vy Wie Reuter aus Prag meldet, hat General Sirovy, Gcncralinspekteur der Armee, den Auftrag zur Bilduug der neuen tschechischen Regierung übernommen. Das Kabinett des Generals Sirovy Krofta wieder Außenminister Das neue Prager Kabinett setzt sich wie folgt zu sammen: Ministerpräsident: Sirovy; Außenminister: Krof - ta: Finanzen: Kalsus; Unisizicruugsministcr: Dr. Joseph Fric: Schulwesen: Echubrt; Inneres: Cer ny, bisher Landespräsident für Mähren; Gesundheiis- wescn: Pros. Mentl: Handel und Gewerbe: Jana- cek; Post- und Tclcgraphcnwescn: Dunovsky; Ju stizwesen: Dr. Fajnor; Eisenbahn- und Verkehrs wesen: Kamenicky; Oeffcntliche Arbeiten: General Nosal; Landwirtschaft: Reich; Schale Fürsorge: D h o r a k. Sirovy, Krofta und Kalsus sind Minister, alles üb rige sind Sektionschefs, also nur Beamte. Minister ohne Portefeuille sind: Peter Zen kl (Oberbürgermeister von Prag; Bukovsky (Sokolführer); Vavrecka (der vor kurzem mit der Leitung des Agitationsausschusses der Regierung betraute Bata-Geschäftsführer, jetzt ebenfalls ohne Portefeuille). Wie weiter verlautet, ist das gesamte bisherige Ka binett Hodscha als „politisches Komitee" mit dem bisherigen Ministerpräsidenten ebenfalls in das Ka binett ausgenommen. Die Einsetzung des Kabinetts Sirovy erfolgte durch Handschreiben des Staatspräsidenten Benesch. Das neue tschechische Dabanque-Kabinett Zur tschechischen Regierungsneubildung teilt die Presse stelle der SDP. mit: Die Betrauung des Generals Syrovh durch Präsident Be nesch ist wohl der letzte Versuch, die hussitischen Instinkte des tschechischen Dolles noch einmal zur Siedehitze zu treiben. Die Tatsache ferner, daß der Regierung ein eigenes Exekutiv-Ko mite e, bestehend aus Syrovy, Lem Sokol- Obmann Bukovsky und dem Prager Oberbürgermeister Zenkl vorangestellt wird, beweist, daß die eigentliche Gewalt in den Händen dieses Triumvirates liegt, während die übrigen Zivil minister meist Ler Beamtenschaft entstammen und nur verwal tungsmäßig untergeordnete Aufgaben zu erfüllen haben. Die Militärdiktatur, die sich in diesem Triumvirat offen bart, wird schon dadurch augenfällig, daß der verfassungs mäßige Weg der Darstellung der neuen Regierung im Parla- mept nicht beschritten wird, ferner, daß dem scheidenden Mi nisterpräsidenten Hodscha sowie den agrarischen Ministern in den offiziellen Verlautbarungen kein Wort der sonst üblichen Anerkennung zugedacht wird. Die erste Handlung des Kabinetts Syrovh erfolgte bereits, als es noch nicht offiziell eingesetzt war, und zwar dadurch, daß man neue Truppenmasfen in die sudetendeutschen Gebiete vorfchickte, im Rundfunk erklärte, Lie Grenzen verteidigen zu wollen und auf diese Weise kundgab, daß sich Syrovy keineswegs an die England und Frankreich gemachten Zu sagen des Kabinetts Hodscha zu halten wünscht. Zahllose Tote und Verwundete kennzeichnen den Amts antritt des sibirischen Räuberhauptmanns Syrovy. Sein Ka binett steht unter der Devise: Gewalt um jeden Preis. Man nannte das Kabinett in Prag bereits offen das Dabanque- Kabinett einer verzweifelten Gruppe von Desperados. Benesch au „sein Boll" „Die Tschechen wissen, wann sie zu kämpfen haben!« Dr. Benesch hielt am Donnerstag abend im tschechi schen Rundfunk eine kurze Ansprache, in der er „sein teures Volk" Wohl ein halbes Dutzend Mal zur Ruhe aufforderte. Dr Benesch meinte, er habe nie Ang st gehabt und habe auch heute keine. Er habe seinen Plan. Und Benesch glaubte beruhigend auf seine Tschechen ein- wirkcn zu können, wenn er ihnen ein Uebereinkommen ver sprach, an dem andere Staaten zugunsten der Tschecho- Slowakei arbeiten sollen. Tas tschechische Volk wisse, wann es zu kämpfen habe. Wenn es notwendig sei, würde es kämpfen und dann bis zum letzten Augenblick. Seine Politik sei fest, meinte er, und ihre Festigkeit sähe er dar in, sich der Entwicklung anzupassen, die sich heute so rasch ändere. Nach immer neuen Ermahnungen zur Rnhe sagte Dr. Benesch, jetzt müsse jeder wie ein Soldat an seinem Platz stehen, und schloß mit den Worten: „Mem teueres tschechisches Volk endet nicht und wird all- Schwierigkeiten überstehen." Großkundgebung in Warschau Polen bereit zu allen Opfern, um die Rückkehr der Brüder in der Tschecho-Slowakei zu verwirklichen! Die zahlreichen Kundgebungen, die auch am Don nerstag wieder in einer Reihe polnischer Städte für die Befreiung der polnischen Volkszugehörigen in der Tsche cho-Slowakei stattfanden, erreichten ihren Höhepunkt in der polnischen Hauptstadt. Dort fanden sich nachmittags auf dem Marschall-Pilsudski-Platz weit über 100 000 Personen aus allen Schichten der Bevölke rung zu der größten Versammlung zusammen, die je mals in Warschau stattgefunden hat. Der Vorsitzende des Hauptvorstandes des Hilfsver- cins für die Polen im Ausland, Vizcverkehrsminifter Piasecki, erklärte unter stürmischen Beifallsrufen der rie sigen Mengen, die ganze Welt solle wissen, daß das Schicksal der Brüder in der Tschecho-Slowakei das aller Polen ist. Ihre Zukunft werde die Zukunft aller Polen fein. Eine Entschließung besagte, das polnische Volk warte auf den Befehl Rydz-Smiglys und sei bereit, sich ihm zu unterstellen, bereit zu allen Opfern, um die Rückkehr der Polen in der Tschecho-Slowakei zu ver wirklichen! Anschließend begaben sich die Teilnehmer der großen Kundgebung in einem viele Kilometer langen Zug vor das Gebäude des Generalinspektoriats der polnischen Armee, den Amtssitz Marschall Rydz-Smiglys. Hier brachten sie in stürmischer Weise ihre Bereitschaft znm Ausdruck, sich unter seinem Befehl aktiv für die Befrei ung der Polen in der Tschecho-Slowakei einzusetzen. Marschall Rvdz-Smigly dankte den Versammelten. Tie Kundgeber begaben sich dann noch vor das Gebäude der ungarischen Gesandtschaft, wo den freundschaftlichen Ge fühlen für die ungarische Nation Ausdruck gegeben wurde. Vor der tschechischen Gesandtschaft kam es anschließend erneut zu stürmischen Protestkund gebungen. Die Slowaken warten ab Bemühungen der Tschechen, Ungarn und Polen Mit großem Interesse verfolgt man in Prag die Haltung der ungarischen und der slowakischen Minderhei ten. Auf der Abendsitzung der Hlinka-Partei nahmen be kanntlich auch zwei Führer der ungarischen Minderheit teil. Es wurden auf dieser Sitzung aber noch keinerlei! Beschlüsse gefaßt, den Slowaken wurden drei Vorschläge unterbreitet, und zwar bemühen sich die Tschechen, die Polen und die Ungarn um sie. Vorläufig wollen die Slo waken abwarten. Sonntag, 25. September, Appell aller Junge» im Alter von 1V bis 18 Jahren