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und Tageblatt Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden zn Freiberg und Brand. Mittwoch,'den S2?April. 1891. Bekanntmachung. DaS Geburtsfrst Sr. Majestät deS Königs soll, wie alljährlich, auch in diesem Jahre durch Glockengeläute, Bekanntmach««,, -»«Vesperr« betreffend. Am 17. laufenden Monat- ist ein, auch in Großschirma und Großvoiglsbcra ausgetretener brauner Hühnerhundbastard männlichen Geschlecht-, mit weißem Fleck an der Brust spitze und weiße» llnterbauch, etwa 5 Jahre alt, mit ledernem Halsband ohne Steuerzeichen, in Rothen- surth erschossen worden, welcher nach dem Ergebnisse der Untersuchung seines Kadavers mit der Tollwuth behaftet gewesen ist. ES wird daher auf Grund von 8 37 folgende des Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880, die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen betreffend, und K 26 der sächsischen Aus- sührungSverordnung dazu vom 9. Mai 1881 für die Gemeinden und beziehentlich selbständigen SutSdezirke Grohschirma, MeiuwalterSdors, Loughenner-Vorf, L-ßnitz, Lotz, «ttz, Halövrücke, Gand, Krum men, euuersvorf, Rotheufurth, Grotz- unv Alet«v»igt-b«r-, Retcheuboch und Eeifer-dors Folgendes hierdurch angeordnei: Bi- -UM 17. Juli 1891 sind alle innerhalb dieser Orte und Gutsbrzirle befindlichen Hunde frstzulegen (anzuketten oder rinzusperren). Der Kstlegung gleich zu achten ist das Führ«« der mit einem sicheren Maulkorbe versehenen Hunde an der Leine; jedoch dürfen die Hunde ohne von der Ortspolizeibehörde crlheUle Erlaubniß aus dem, durch obengenannte Orte gebildeten Sperrbezirke nicht aus- gesührt werden. Die Benutzung der Hunde zu« Ziehe« ist unter der Bedingung gestattet, daß die selben fest eingeschirrt, mit einem sicheren Maulkorb« versehen und außer der Zeit deS Ge brauchs festgelegt werden- Die Verwendung von Htrtruhuude« zur Begleitung der Heerde, von Fleisch««» Hunde« zum Treiben von Vieh und von Jagdhunde» bei der Jagd wird unter dt" Be dingung gestattet, daß die Hund« außer der Zeit d«- Gebrauchs, beziehentlich außerhalb des Jagdreviers festgelegt oder mit einem sicheren Maulkorbe versehen an der Leine geführt werden. All« H««d«, welcht innerhalb deS oben bezeichneten Sperrbezirkes frei umher laufend betroffen werdrn, sind einzufange« und in sicher» Gewahrsam zu bringen. Die Entschließung darüber, ob dieselben zu töbten sind, drillt sich die unte»zeichnete König liche Amtshauptmannschoft, an welche deshalb unverzüglich Anzeige zu erstatten ist, für jeden einzelnen Fall vor. Die Ortspolizeibehörden werden ermächtigt, umherlaufende Hunde, deren Einsangen mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist, ohne Weiteres erschießen oder auf sonst geeignete Art tödten zu lasten. Im Uebrigen sind alle diejenigen Hunde und Katzen, welche von dem wuthkranken Hunde gebissen worden sind, oder rücksichtlich welchen der Verdacht vorliegt, daß sie von diesem Thiere gebissen sind, sofort zu tödten. Zur Kontrole darüber, daß den vorstehenden Bestimmungen nicht entgegengchandrlt werde, haben die Ortspolizeibehörden öftere Umgänge des Kavillers onzuordnen und dafür, daß solche gehörig stattfinden, in Gemäßheit von 8 26 Absatz 1, 2 und 3 der Kompetenz-Verordnung vom 22. August 1874 Sorge zu tragen. Verdächtige aus Tollwuth hindeutende Erscheinungen an Hunden oder Katzen sind sofort zur Kenntniß der Ortspolizeibehörde zu bringen, welche letztere ihrerseits ungesäumt an die Königliche Amtshauptmannschast Anzeige zu erstatten hat. Zuwiderhandlungen gegen die Hundesperre werden nach 8 328 des Strafgesetzbuch- als Vergehen geahndet und daher mit GesLngnitz bestraft. Freiberg, am 20. April 1891 KSni-lich« Amtshauptmannschast. Gw. --»karltar». H Weckruf, Schmückung der öffentlich«« Gebäude, durch Speisung der Pfründner im Hospital« St. Johanni» .und der Pflegt um« im Hospitale St. Bartholomüi, «, sowie Verthrilung von Brod an die Armen der Stadt < - . feierlich begangen werden. Indem wir Solche» hiermit zur öffentlichen Kenntniß bringen und zur Theilnahme an dem von uns sür den Festtag Nachmittags 2 Uhr in Aussicht genommenen Festmahl« hier mit noch besonders einladen, ersuchen wir zugleich unsere Mitbürger, an diesem Tage auch die Privatgebäude zu schmücken. Freiberg, den 15. April 1891. D«r Stabtrath. Br. BAI»»», Bürgermeister. Fhrg. Bekanntmachung s Das 13. Stück des Reichsgesetzblattes vom Jahre 1891, enthaltend: Nr. 1948. Vertrag zwischen dem Deutschen Reich und dem Kongo-Staate über die Aus lieferung der Verbrecher Snd die Gewährung sonstiger Rechtshülfe in Straf sachen zwischen den Deutschen Schutzgebieten in Afrika und dem Gebiete de» Kongo-Staate». Vom 25. Juli 1890. ist bei uns eingegangen und liegt zu Jedermanns Einsicht in unserer Rathsexpedition au». Freid«rg, den 21. April 1891. D-r «tavtrath. — — Ur Bürgermeister. N. Bekanntmachung. Die der Stadtgemeinde Brand gehörenden in Erbisdorser Flur gelegenen Lehngut»» grbäude sollen mit dem unmittelbar anliegenden Garten und Feld, circa 4 Scheffel Areal um fassend, gegen das Meistgrbot ehrbaldigst verlaust werden. Nach Befinden sind weitere wirth- schasrlich zu benutzende Flächen käuflich oder in Pacht hierzu zu erlangen. Wer aus diese Objekte bieten will, wird hierdurch ausgefordert, in dem aus Mittwoch, de» 22. April d. I., Nachmittag» 4 Uhr, anberoumten VersteigerungStermiue an Ort und Stelle sich einzufinden, dir Bedingungen zu hören, Gebote zu eröffnen und de» Weiteren sich zu gewärtigen. Herr Stadlrach Mai ist zu jeder Zrit bereit, schon w»her «uttuust zu ertheilen. »raad, am 10. April 1891. Der Ltadtgem«i«»erath. ' Bürgermeister. Kotzversteigerung. Vom Grillenburger Forstreviere gelangen Di«»stag, de« 28. April d. I., von Vormittags 10 Uhr an, im Gasthof« »zum Eachfenhof" b«1 Klingenberg 548 harte Nutzstücke, 1097 weiche Stämme, 1248 fichtene Stangen, 2 Rmtr. buchene und 5 Rmtr. fichtene Nutzscheite und 116 Rnitr. Schleisknüppel, sowie Mittwoch, den 29. April V. I., vo.n Vormittags 9 Uhr an, im Gasthof« zu Grillendurg harte und weiche Brennhölzer, namentlich Scheite, Knüppel, Aeste und Reisig zur Versteigerung, waS mit dem Bemerken be kannt gegeben wird, daß nähere Angaben auf den in den SchankstStten und bei den OrtS» behörden der umliegenden Ortschaften auShängenden Plakaten zu ersehen sind. Kg». F-rstr«vierv«rwal1ung Grillenburg und Kgl. Forftrentamt Tharandt, am 20. April 1891. Ein „Komplott". WaS dem Einen recht, ist dem Andern billig! Aus dem Gebiete der Rechtspflege ist diese Forderung schon längst durch den Grundsatz: „Gleiches Recht sür Alle" anerkannt, und auf politischem Gebiete ist die deutsche Reichsversassung mit ihrem allge meinen gleichen direkten Wahlrecht den weitgehendsten Forderungen cntgegengekommen. Aus wirthschaftlichem Gebiete liegen die Dinge anders. Allerdings stehen auch hier beim Abschluß eines Arbeitsvertrages Arbeitgeber und Arbeitnehmer als gleichberech tigt gegenüber, doch hat sich dadurch, daß das Angebot der Arbeitskraft meist die Nachfrage übersteigt, das Züng lein der Wooge etwas zu Gunsten der Arbeitgeber geneigt. Demgegenüber ist unsere soziale Gesetzgebung bemüht, nach Mög lichkeit das Gleichgewicht herzustellen. Den radikal Gesinnten unter den Arbeitern, die ihre Vertretung in der Sozialdemo kratie finden, ist Das, was ihnen die soziale Gesetzgebung bereits geboten hat und noch in Aussicht stellt, jedoch bei Weitem nicht genug: Ihnen genügt es nicht, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer zwei gleichberechtigte Faktoren bilden, sie wünschen die unbedingte Unterordnung der Arbeitgeber oder, wie sie sich ausdrücken, des Kapitels unter die Interessen der Arbeiter. Sie streben einen Zustand an, in welchem der Arbeitgeber nicht mehr Herr im eigenen Hause ist, sondern der Arbeiter die gebietende Stellung einnimmt. Oder ist es — um nur ein Beispiel anzusühren — etwas Anderes, wenn die Arbeiter es dem Arbeitgeber verwehren wollen, einen aufsässi gen Arbeiter zu entlassen, während es den Arbeitern doch jeder zeit freistrht, ein ihnen unangenehmes ArbeitsverhSltniß zu lösen? Was dem Einen recht, ist dem Andern billig! Auch betreffs des Vereinigungswesens (Koalitionswesen sagen unsere deutschen Volkswirthe) wollen die Arbeiter diesen Satz nicht gelten lassen. Arbeitervereinigungen zum Zwecke gemeinsamer Vertretung ihrer Rechte und Forderungen gegenüber den Ar beitgebern giebt eS in Hülle und Fülle, und jeder vermeintliche oder wirkliche Angriff auf dieses Recht wird mit Entlüftung zurückgewiesen. Vereinigungen von Arbeitgebern aber zu dem gleichen Zwecke gegenüber den Arbeitern bestehen in Deutsch land nur sehr vereinzelt. Nach Ansicht der radikal Gesinnten unter den Arbeitern dürsten sie überhaupt nicht bestehen, wären sic vielmehr ein „Komplott gegen die deutsche Arbeiterklasse." Diesen Titel führt eine Schrift, die soeben in London er schienen ist und sich durch Veröffentlichung von Aktenstücken, die einen Einblick in die „Einrichtungen und Ziele des Ver bandes Berliner Metallindustrieller gewähren" gegen diese Ver einigung von Unternehmern wendet. Worin besteht nun dieses „Komplott"? Es besteht, wie aus der Schrift hervor geht, ein Verband Berliner Metallindustrieller, dem die größten Firmen, wie Schwartzkopff, Borsig, Löwe u. Co. und so weiter angehören. Der Verband bezweckt u. A. gemeinsame Maß regeln der Unternehmer zur Abwehr und Bekämpfung von Streiks. Beim Ausbruch eines Ausstandes hat das Mitglied der Verbandsstelle ein Namensverzeichniß der ausständigen Arbeiter einzureichcn. Bei Ausständen in einer Gießerei haben die übrigen Gießereien, die zum Verband gehören, ihr den nöthigen Gußbcdarf zu liefern ; weigern sich die Arbeiter, solchen Gutz für eine im Lohnkampf befindliche Gießerei zu liefern, so sind sie als Streikende zu betrachten. Die genaue Beob achtung der Verbandsvorschriften ist satzungsmäßig durch Hinterlegung von Wechseln bei der Rcichsbank, die für ver hängte Konventionalstrafen haften, gesichert. Die Mitglieder sind verpflichtet, ihren Bedarf an Arbeitern von der Arbeits nachweisestelle des Verbandes zu beziehe«, welche zugleich „die Kontrole für streikende und gesperrte Arbeiter, sowie über die wüstenAgitatorcn" zu führen hat. ES werden schließlich verschiedene Rundschreiben der Vertrauenskommission, gezeichnet Fritz Kühne mann, mitgetheilt, mit denen den Verbands-Mitgliedern Agi- »atoren-Verzeichnisse übersandt werden. Das Schlimmste bei der Sache ist jedoch nach Ansicht des Verfassers der erwähnten Schrift, daß auch der Staat bei diesem „Komplott der Unternehmer" betheiligt ist. Es werden, um dies zu beweisen, zwei Schriftstücke mitgetheilt, die wie die übrigen Aktenstücke nur durch Entwendung in die Hände des ungenannten Verfassers haben gelangen können. Das Erste ist vop dem früheren preußischen Kriegsminister von Verdy unter zeichnet. In demselben heißt es: „Berlin, den 3. Mai 1890. Für die gefällige Mittheilung der Beschlüsse des Vereins Ber liner Eisengießereien und Maschinenfabriken rc., betreffend Maßnahmen gegen die von Arbeitern sozialdemokratischer Rich tung angestrebte Feier des 1-Mai durch Ihr gefälliges Schreiben vom 25. v. M. danke ich Ihnen hiermit verbindlichst. Zu dem Inhalt desselben bemerke ich Folgendes: Die seitens der Mi litärverwaltung den Direktoren der technischen Institute der Artillerie u. s. w. aus der vorgedachten Veranlassung gegebenen Befehle stimmen im Allgemeinen mit den vom Verein gefaßten Beschlüssen überein, nur ist eine Zeitgrenze, innerhalb welcher ein wegen Bethciligung an der Feier des 1. Mai entlassener Arbeiter bei den König!. Instituten wieder eingestellt werden darf, nicht festgesetzt worden. Ihrem Wunsche, die gegenseitige Mittheilungsverbindlichkeit zwischen den Königlichen Instituten und den Privatsabriken auf alle Königlichen Institute auszu dehnen, ist bereits durch Erlaß vom 17. v. M. entsprochen. Die Direktoren sämmtlichcr militärischer Fabriken sind ange wiesen worden, denjenigen Privatsabriken, welche sür sie mit der Herstellung von Fabrikaten rc. beauftragt sind, nach vorher gegangener Vereinbarung eine Liste derjenigen Arbeiter aller Institute zu übersenden, welche aus Anlaß der Feier des 1-Mai entlassen worden sind, und umgekehrt die ihnen seitens der Privatfabriken zugehenden gleichartigen Verzeichnisse sämmt- lichen Instituten zur Kenntniß mitzutheilen, damit die ent lassenen Arbeiter in keiner der militärischen Fabriken wieder eingestellt werden. Die Direktoren der Fabriken sind seit jeher angewiesen, alle sozialdemokratischen Elemente von ihren Ar beitern fernzuhalten, und unterstützen demgemäß jede Bestre bung, welche diese Absicht zu fördern geeignet ist. Der Verein kann daher einer Unterstützung seiner beabsichtigten weiteren Maßnahmen, um in Zukunft sozialdemokratische Arbeiter von der vaterländischen Arbeit auszuschließen, durch mich gewiß sein. Die mir in Aussicht gestellte fernere Mittheiluny aller Beschlüsse und Maßnahmen deS Vereins in dieser Richtung werde ich gern cntgegennchmen und in jedem einzelnen Falle er wägen, in wie weit dieselben auf die eigenartigen Verhältnisse der Miliiärfabriken anwendbar sind und demgemäß ein Hand in Hand Gehen der mir unterstellten Fabriken mit den Prlvat- fabrikcn, soweit dies angänglich ist, veranlassen." Ein gleiches Entgegenkommen zeigt das preußische Eisenbahnministerium in einem Schreiben, m dem es u. A. heißt: „Seitens der Staats- Eisenbahn-Verwaltung werden entsprechend dem dortseits verein barten Verfahren die wegen vorschriftswidriger Feier des 1. Mai von den Mitgliedern des Vereins entlassenen Arbeiter vor dem 0; .Mal nicht zur Arbeit angenommen. Damit die Listen dieser Arbeiter von den Vereinsmitgliedern unmittelbar den in Betracht kommenden DienststeÜcn-Vorständen der Staatseisen-