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t. SliMblllM Tagelilalt ««d Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich 1 Mk. 50 Pf. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Pf. Inserats pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Erscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für die nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. S2L. Mittwoch, den 27. September 1882. Bekanntmachung. Nach einer von der Königlichen Kreishauplmannschaft zu Zwick:u anher gelangten Verordnung vom 18. jetzigen Monats hat das Directorium des Landes-Obstbau-Vereins Rathschläge zur Bekämpfung der Blutlaus zusammen stellen lassen und diese Zusammenstellung dem Königlichen Ministerium des Innern mit dem Ersuchen überreicht, dieselbe in Anbetracht der großen Ver breitung und Gefährlichkeit dieses Thieres für die Obstbauculturen zur Kennt- niß zu bringen. Regierungsbehördlicher Anordnung zufolge wird dies für Obstbau treibende Einwohner hiesiger Stadt hierdurch bekannt gemacht mit dem Bemerken, daß ein Druck-Exemplar der Belehrung über die in angegebener Richtung zu er greifenden Maßregeln an Rathsexpeditionsstelle hier zur Einsichtnahme ausliegt. Waldenburg, den 22. September 1882. Der Stadtrath. Cunrady. Jg. Im Handelsregister des unterzeichneten Königlichen Amtsgerichts ist heute auf Folium 62 die Firma: C. H. Brumm in Waldenburg und der Loh gerber Herr Carl Bernhard Brumm daselbst als deren Inhaber einge tragen worden. Waldenburg, am 22. September 1882. Das Königlich Sächsische Amtsgericht. Baumbach. Unger. "Waldenburg, 26. September 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Die Kaiserin ist am 25. d. nach Baden-Baden abgereist. Die „Germania" veröffentlicht einen Bericht über den rheinischen Parteitag der Centrumspartei, welchem Windthorst, Schorlemer, Reichensperger und andere Abgeordnete beiwohnten. Windthorst sagte bezüglich der Wahltactik: „Wo wir nicht durch dringen können, geben wir Conservativen unsere Stimmen, weil diese Partei die meisten Berührungs punkte bietet, wenn aber dies nicht möglich, in dem Totalfalle einem Fortschrittsmanne vom reinsten Wasser." Windthorst erklärte außerdem, „wenn es möglich, sei er für den Fortfall der ganzen Klassen steuer." Der Sohn des verstorbenen Geheimrathes Stieber, des bekannten Polizeimannes, prolestirt gegen die Neclame-Annoncen des Berliner Tageblattes, der Herren Mosse und Cohn, in welchen Memoiren Stiebers angekündigt werden. Sein Vater habe bei seinem Tode überhaupt keine Memoiren hinterlassen. „Ich protestire," schreibt er, „auf das Entschiedenste NO„n -'N d-rortia-s Mißbrauchen des Namens meines Vaters zum Reclamemachen und Abonnenten- > Ködern, und erkläre hiermit ganz bestimmt, daß sowohl mein verstorbener Vater, wie wir, die hinter lassene Familie, zu diesen Memoiren in keiner Be ziehung stehen. Die Bankiers Levenstein und Hollander in Berlin gehörten zu Denen, welche das Publikum durch einseitig abgefaßte, u. A. auch in Sachsen an die Provinzialblätter versendete und von manchen derselben auch wirklich veröffentlichte Börsenberichte zum Ankäufe ganz oder halb werthloser Effecten von industriellen Unternehmungen, denen diese Herren nahe standen, zu animiren suchten. Inzwischen ist Herr Levenstein ausgetreten und wegen mehrfacher Unterschlagungen steckbrieflich verfolgt. Und nun schlage man einmal im Supplement-Bande des 4 Saling'schen Börsen-Jahrbuchs nach und erkundige I sich nach dem Schicksal derjenigen industriellen Unler- jk nehmungen, die Levenstein in seinen Börsenberichten dem Publikum zur Betheiligung empfohlen hatte. Die Harzer Actien-Gesellschaft für Eisenbahnbedarf, Hartguß und Brückenbau ist durch die von Leven stein durchgesetzte Ausgabe von Prioritäts-Obligatio nen zu Grunde gerichtet, die Actiengesellschaft Dampf- Pflug in Stettin ist nicht im Stande, die ausge schriebene und künstlich ausgerechnete Dividende auszuzahlen, dis Actien des Preußischen Leihhauses, die Levenstein seinem Publikum als eine der vor trefflichsten Capitalanlagen empfahl, sind von 107 auf 39 Procent gesunken und haben sich in den letzten Tagen noch mehr dem Nullpunkte genähert, auch die Coupons der Actien-Gesellschaft Skating- Nink sind neuerdings nicht mehr honorirt worden, die Notirung der 6procentigen Pfandbriefe derHae- seler Bergbau- und Kupferhütten-Gesellschaft, die Levenstein eingeführt hatte und die in seinen Bör senberichten — aber auch nur hier — eine große Rolle spielten, hat seit einigen Wochen ganz aufge hört, kurz die Zweifel, die seinerzeit bezüglich der Solidität der von Levensteiu empfohlenen Effecten in der guten Presse laut wurden, sind nach den Mittheilungen des Supplement-Bandes vollberechtigt gewesen. Am 23. September fand zu Nymphenburg bei München die Verlobung der Prinzessin Isabella, ältesten Tochter des verstorbenen Prinzen Adalbert von Baiern und der Prinzessin Amalie, Infantin von Spanien, mit dem Herzog Thomas von Genua statt. Letzterer ist der Bruder der Königin Margarethe von Italien, der Enkel des verstorbenen Königs Johann von Sachsen. Oesterreich. Die durch Hochwasser angerichteten Verheerun gen sind entsetzlich zu nennen und besonders trüb selig sieht es in dieser Hinsicht in der Bozener Gegend aus, deren Einwohnerschaft die schwersten Verluste zu ertragen hat. „Das Bild, das sich dem Auge bei Moritzing darbietet — so liest man in einer betreffenden Correspondenz — ist ein fürchter liches und man muß die herrlichen, lachenden Frucht gefilde und Weingärten im Sonnenlichte der ersten Septembertage gesehen haben mit den schwellenden Trauben, goldenen Quitten und rosigen Rosmarin äpfeln, man muß dieses reiche und gesegnete Stück Land von der Straße zur Etsch hinüber schon ge kannt haben, um erschreckt bei diesem Anblick die Hände zu falten und zu fragen, wie es die Vor sehung hat zulafsen können, das diese Verwüstungen angerichtet wurden. Man sieht gar nichts mehr von all' den prächtigen Gütern, von den unter fast überreicher Traubenlast sich neigenden Reben, von den Obstbäumen, deren Zweige wegen der Fülle der Früchte hatten gestützt werden müssen. In größter Gefahr waren die Leute in der Ortschaft Siegmunds- kron, wo ganze Familien händeringend auf den Dächernihrervon denFluthenwildumrauschtenHäuser saßen und Stück um Stück von ihrer Habe von dem entfesselten Elemente forttragen sahen, während sie selbst peinliche Minuten, ja Stunden der Todes angst verbrachten. Unterdessen nahte die Gefahr auch von anderer Seite. Die Talfer trat bei St. Anton aus ihrem Bette, rieß einen Theil des dortigen Brückensteges weg und bedrohte in gefähr licher Weise die städtische Wasserleitung Rettung zu deren, eine Feuerwehrtruppe nach der anderen aufge boten wurde. Ein schrecklicher Anblick bot sich dem Beschauer vom Kalvarienberg zu Bozen: Wasser, nichts als Wasser, so weit das Auge reichte — und aus den wildwogenden Fluchen Dächer oder Trümmer zerstörter Häuser hervorragend. England. In Galway wurde am 21. d. der irische Agrar mörder Patrick Walsh enthauptet, trotz aller Be mühungen, welche sich die Nationalpartei, gerade wie seinerzeit bei Hynes, gegeben, um seine Begnadi gung zu erwirken. Wie immer seil seiner Verhaftung, blieb Walsh bei der Belheuerung seiner Unschuld, und kurz vorher, ehe die Armsündermütze über seine Ohren gezogen ward, sagte er: „Ich gehe vor Gott, gebunden wie ein Verbrecher; ober alle Zeugen haben falsch gegen mich geschworen." Die Königin hat den General Wolseley und den Admiral Seymour wegen ihrer in Egypten geleisteten Dienste unter Verleihung des Barone- titels in den Pairsstand erhoben. Italien. Bei dem am 25. d. stattgefundenen Consistvrium proclamirte der Papst die Nuntii von Paris und Madrid zu Kardinälen und präconisirte mehrere neue Bischöfe. Rußland. Der Kaiser und die Kaiserin mit den kaiserlichen Kindern sind von Moskau in Peterhof eingetroffen. Mil der Krönungsfeisr war es also nichts. Türkei. Der Sultan hat telegraphisch die unverzügliche Rückgabe der ganzen Grenze, so wie dieselbe durch die griechisch - türkische Grenzregulirungscommission festgestellt ist, an Griechenland angeordnet. Egypten. Der Khedive ist am 25. d. vormittags nach Kairo abgereist, von Malet und den egyptischen Ministern begleitet. Ein Correspondent der „Times" berichtet aus Kairo über die mit der Gefangennahme Arabi's verknüpften Umstände Folgendes: „Als Kairo über geben war, erhielt der Polizeipräfect von Oberst Stewart sofort den Befehl, Arabi aufzufordern, sich im Abbassieh-Palast einzufinden. Er kam sofort, begleitet von Tulba, und wurde von dem inzwischen angekommenen General Drury Lowe empfangen. Sich an Oberst Dullier Bey, einen Offizier in Diensten des Khedives, wendend, fragte Arabi, was man von ihm wünsche. Dullier antwortete, er möge seinen Degen übergeben. Er wurde sodann gefragt, ob er verstände, daß er sich bedingungslos zu ergeben habe. Er antwortete „Ja," mit dem Hinzufügen, daß er auf die Milde Englands rechne. Er begann sodann eine Rede, des Inhalts, daß alle Menschen Brüder wären u. s. w., aber General Lowe fiel ihm in's Wort und sagte, er (der General) sei nur dazu da, seine Ergebung entgegenzunehmen. Arabi bat dann, daß einigen seiner Diener erlaubt werde, nach dem Palaste zu kommen. Dies wurde gestaltet. Als er sich entfernte, erschrak er sichtlich über die gezogenen Säbel der Escorle und flüsterte Dullier zu: „Sagen Sie dem General, daß ich seine Gefangenen gut behandelte." Er erhielt die Versicherung, daß er bis zu seiner Uebergabe an General Wolseley mit aller Rücksicht behandelt würde. Nach der Ankunft von Sir Garnet Wolseley wurde er von Sir Charles Wilson zu Wagen nach der für ihn im Abdin-Palast hergerichteten Wohnung gebracht. . Auf dem Wege dahin begann er der