Volltext Seite (XML)
61. Jahrgang. ^ 54. Sonntag, 25. Februar 1V17. Drahtanschrift: «achrichteu De«»»««. Fernsprecher-Sainnlelnummu: »SLU. Rur für Nachlgespräche: LOVU. KM 5rsi/N4vg-§önöant-8ekokv!a-e » D«^rin§-^Lkm-IckokolaSe E At^er-AekokoiaAe Vr«4»«/rr§-I(akao, De«-evk. Echristleftung und Hauptgeschäst-stcLe: Marienstrafte 38^4». Druck u. Verlag von Liepsch L Rcichardt in Dresden, Nsr„N-z.K)ps»Üs»x »l-N-Itadrli» tn Dre.den bel metimul,» ZuU-aun, <»n Sonn-und M-ni-gm nur einmal» s.s» M.. I ysn-I»iri«»N.<Nroisa D'' -inlp-lll,-Zeile cetwa « Süden» Sk,»,.. «-rzug-pllltze und «Neigen in Nummern ne» ««,». -Ol-gUczv r^luvUllt. in den Bororien 8,so DI. Bei einmaltzer Zustellung durch die Post s,sa M. lohne Bestellgeld». ! -Hr^lsb- und Feiertagen laut TLris. — AuswLrlige Austrllgenur gegen Vorausdezahlung. — Belegblott lo Ps. llung durch die Post 8,80 M. lohne Bestellgeld». Nachdruck nur mit deutlicher Quellenangabe l.Dreodner Nachr.") gulllftlg. — Unverlangt« SchrifMllcke werden uichl aufbewahrt. Versenkung neutraler Schiffe im Sperrgebiet. Uwe stnterseebnotrerlolre im Mtelmeer. — knilandr Machtlosigkeit gegen die ii-Boote. — Sie Lebenrmlttelüebatte im englische« Nnterhanse. — Shstosition gegen den englischen Hilfsdienst. — Sie erste Sitzung d« Reichstagsausschuffes siir krnsttzrnngssrage«. Ser deutsche Adeudbericht. Berlin. S1. Februar. abeuds. sAmtlich. W. T. B.s Bon kein« Front iverdcu größere Kampfhandlungen gemeldet. Sefterrrichisch-nngarischer Kriegsbericht. Wie». Amtlich wird verlautbart den Sä. Fcbr.: Aus allen drei Kriegsschauplätzen keine besonderen Ereignisse. Der Stellvertreter de» ttches» des Geueralstades: sW. T. B l ». Höser. Feldmarschall-Leutnant. Wien und Washington. Die Beziehungen zwischen unserem Verbündete» und Kampsgenossen Ocstcrreich-lkngarn und der nordaincrika- nischen Union sind noch in der Schwebe. Der augenblick liche Stand ist der, daß Gros Ezernin, der weiter des Wiener Auswärtigen Amtes, sich mit der Beantwortung der amerikanischen Note beschäftigt, die ihm vom Botschafter der Bereinigten Staaten Pensieid überreicht worden ist. Bo» dem Ausfall der Erklärungen, die Gras Ezernin zu geben hat, wird cS abhängcn, ob die diplomatische Ver tretung iu Wie» und Washington beibehaltcn werden kann »der ob die beiderseitigen Regierungen den bisher bei ihnen beglaubigten Botschaftern die Pässe zustellen müssen,' rin amtlicher Akt, der in diesem Kriege so häufig geworden ist, daß er beinahe schon zu den Alltäglichkeiten gehört. Eine vorübergehende Störung in dem Verhältnis der Donaumonarchie zu der transatlantischen Republik war schon im Anfang des Krieges cingctrcten aus Anlaß einer Äriefscndung, die der damalige österreichisch-ungarische Botschafter in Washington Dumba durch Vermittlung eines amerikanischen Journalisten an die Wiener Regie rung gerichtet hat. Der Journalist wurde in England peinlich durchsucht und man fand bei ihm daS „evfpus ckvlioti", das verhängnisvolle Schriftstück, worauf die eng lische Presse sofort einen ungeheuren Lärm erhob und vom Präsidenten Wilson die Hcimschicknng des Botschafters forderte. In Wirklichkeit lag der Fall gar nicht so schlimm: denn wenn auch die Form, die der Botschafter zur Ueber- mittlung von Nachrichten an seine Regierung gewählt hatte, nicht den im Frieden üblichen diplomatischen Ge wohnheiten entsprach, so war der Verstoß doch aus jeden Fall sehr milde zu beurteilen, weil die Willkür der eng lischen Zensur auch vor der völkerrechtlichen Unverletzlich keit des regelrechten diplomatischen DepeschenverkchrS nicht Halt machte. Herr Wilson nahm aber auf die so geschaffene Zwangslage des Botschafters keine Rücksicht, sondern ließ in Wien kurzerhand eröffnen, das, Herr Dumba. wie der offizielle Ausdruck lautet, „nicht mehr genehm" sei. Darauf hin muhte dann nach feststehendem internationalen Brauch die Abberufung des Botschafters von Wien aus erfolgen, und cs dauerte uun eine Weile, che die österreichisch- ungarische Regierung sich z» der Ernennung eines neuen Vertreters in -er Person des Grasen Tarnowsly entschloß. Die Abreise des Grafen anf seinen Washingtoner Posten verzögerte sich, weil die Londoner Gewalthaber in ihrem geradezu asiatischen Machtkitzel und ihrer keine Schranke kennenden Rechksverhöhnung sich zu der völkerrechtlich ganz unerhörten Maßregel der Verweigerung des freien Ge leits verstiegen. Die in diesem Verfahren zutage tretende Geringschätzung der Union, deren staatliches Oberhaupt den neuen Botschafter als genehm bezeichnet und ihm das selbstverständliche freie Geleit ohne weiteres zugcsichert hatte, scheint damals Herrn Wilson doch ernstlich auf die Nerven gefallen zu sein, so daß er sich zu einer Note an die Londoner Adresse ausrasstc, über deren Inhalt die Ocsfent- Uchkcit nur die allgemeine Andeutung erhielt, daß sic „sehr scharf" gewesen sei'- Tatsächlich gab dgnn auch England nach, und Graf Tarnowskn konnte ungefährdet nach Washington gelangen. Jetzt, ivo er an seiner neuen Wirkungsstätte kaum warm geworden ist, mutz der Graf schon wieder daran denken, seine Kosser zu packen: denn wenn man die Lage, in der sich Oesterreich-Ungarn angesichts des verschärften Untcrsccboot-KriegeS Amerika gegenüber befindet, nach allen Richtungen prüft, erscheint kaum eine Möglichkeit gegeben, daß die diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Staaken in gedeihlicher Weise fortgeführt werden können. Die Union erinnert in ihrer sctzigen Note an die Ausführungen der Wiener Note vom 10. Dezember k!Ni> in Beantwortung der damaligen amerikanischen Kund gebung wegen des Unterseeboot-Krieges: „Was das in der sehr geschätzte« Note aufgestellte Prinzip anbeiangt, daß seindliche Pr-ivatschifse, iusolange als sie nicht fliehen oder Widerstand leisten, nicht vernichtet werden dürfen, bevor die Passagiere in Sicherheit gebracht worden sind, so ist die k. k. Regierung in der Lage, im wesentlichen dieser Auf fassung des Kabinetts von Washington zuzustimmen." Es wird dann weiter die Bcrmutung ausgesprochen, daß die damals von Oesterreich-Ungarn erteilten Zusicherungen durch die Erklärung vom 31. Januar 1917 über die Ver schärfung des Unterseeboot-Krieges abgcändcrt seien, und schließlich die Wiener Regierung aufgesordcrt, sich darüber zu äußern, welchen Standpunkt sie unter diesen Umstünden hinsichtlich der Führung des Unterseeboot-Krieges ent nehme. Das Wiener Auswärtige Amt hat daraus erwidert, daß cs den Inhalt der amerikanischen Note vom völker rechtlichen Standpunkt aus eingehend prüfen und sie so dann der Beantwortung zuführcn werde. . Wie auch immer die Antwort des Grasen Ezcrnin auS- sallcn mag, in dem einen Punkte steht sic von vornherein fest, daß cö für die österreichisch-ungarische Monarchie in der Frage der unöedingtcn Ausrcchtcrhgituug und Durch führung des verschärften Unterseeboot-Krieges kein Zu rück gibt, ebensowenig wie snr Deutschland. Dann aber kann Wilson auch gar nicht anders, als daß er Oesterreich- Ungarn ebenso behandelt wie das Deutsche Reich: andern falls würde er sich gegenüber der Kritik des eigenen Landes den sehr berechtigten Vorwurf zuzichen. daß sein Vorgehen gegenüber Deutschland voreilig und unbedacht gewesen sei. Wilson würde den Widerspruch in seiner Politik offen auf- dccken und zugebcn, wenn er zwei Staaten, die gegenüber der Univn genau die gleiche Haltung einnchmcn, mit ver schiedenem Maße messen wollte. Die in Wien überreichte Note läßt daher keine andere Auffassung zu. als daß sic das Vorspiel des Abbruchs der diplomatischen Beziehungen darstcllt, der nach der ganzen Sachlage von Wilson selbst gewünscht werden muß. Auch die Rede des Grafen Tisza im ungarischitzi Abgeorduetcnhausc, trotz dem sic den Frll'dcnswillcn und die bloßen Vcrteidigungs- absichtcn der Monarchie mit großem Nachdruck hervorhcbt, läßt bereits erkennen, woher der Wind weht, und zwar in der Wendung, daß Oesterreich-Ungarn seinen Verteidi gungskrieg gegen jeden zu führen entschlossen sei, der Leben, Sicherheit und Existenz des Staates bedrohe. Das ist augenscheinlich ein Wink an die Washingtoner Adresse in dem Sinne, daß die leitenden Stellen in Wien und Buda pest sich über die wahre Sachlage keiner Täuschung hingcbcn und mit der bevorstehenden Einstellung des diplomatischen Verkehrs mit der Univn rechnen. Diese Wendung veranlaßt die Baseler „Nativnal- Zeitung" zu dem seelisch bedrückten Ausruf: „Es ist tragisch, zu sehen, wie hier zwei große Staaten, die immer befreundet waren, die beide keinen Krieg miteinander führen wollen, von der teuflischen Logik des Krieges gezwungen werden, alle jene Schritte zu unternehmen, die sic dem Verhängnis zusühren. Washington hat strenge gefragt, Wien kann in der Sache kaum irgendwie die amerikanischen Forderungen befriedigen, und ein neuer Abgrund tut sich auf." Tie Tragik der Ereignisse, die hier in die Erscheinung tritt, ist gewiß unverkennbar. Sie ist aber eine unvermeidliche Folge der bis ins Unübersehbare verwickelten Verhältnisse des Weltkrieges, die den einzelnen mitkämpsenden Staat seiner Jn-ividrialttät und der Möglichkeit, ihr zu folgen und nach- zugebcn. mehr oder weniger berauben und ihn in seinem eigenen Lcbensintcrcsie zwingen, sich den Forderungen der gemeinsam mit seinen Verbündeten zu erreichenden Kriegs- zwecke untcrzuordnen. Bersenkuvg neutraler Schiffe im Sperrgebiet. h- Holländische Blätter melden: Von den am Freitag aus England abgefahrenen holländischen Dampfern wurden die Dumpfer „Ermiand" (3770 Ton ncns, „Gaasterland" 13W0 Tonnen!, „Zaandnk" 11189 Ton neni, „Nvrödyk" (3241 Tonnen-, „Bandvcng" 6-851 Tonnen« und „Iacatra" (5373 Tonnen> bei den Seilly-Insein »er senkt. Wie verlautet, hatten „Zaandnk". „Norddyl" und „Iacatra" Getreide an Bord, „Bandveng" Stückgüter au- Niedcrländisch-Jndicn. „Ermland" und „Gaasterland" vc fanden sich auf dem Wege nach Südamerika, um Getreide für die Regierung zu holen. Die Holländstchc Amerika Lküie erhielt die Meldung: Die Mannsckmsten der ,.Noit->- dyk" und „Zaandnk" wnrdc» gerettet und auf den Scilln Inseln gelandet. Der Dampfer „Menado", der am gleichen Tage aus Falmouth abgefahren mar, entkam der Gcsaür da das Schtsf wegen Havarie znrückkehrcn musste. Einer anderen Meldung zufolge wurden von den Bejahungen der scckis Schiffe 200 Personen in Pcnzance gelavde!. Tiefe Versenkungen bilden die deniliihsle Illustralio» zu den Ausführungen Lord Robert Cccils, der bekanntlich so tat, als sei die Schiffahrt im tiriegsgebiet ziemüch »n gefährlich und a!S ließen sich die Ncniralen lediglich durch die deutsche Erklärung einschüchtcrn. Amtlich wird hierzu aus Berlin gemeldet: Nach Telegrammen, die aus Holland hier cingcgangen sind, sind am 22. Februar 5 iihr nachmittags m e h r e r c holländische Schiffe, die mit deutschem Einneritänd nis ans Falmouth und Tartmonth in westlicher Richtung das Sperrgebiet verlassen wollten, vernichtet worden. Von amtlicher Stelle erfahren mir hierzu, daß »ach der Svcrrgcbjctscrklarung holländische Reedereien darum ge beten haben, 33 in Falmouth und Tarlmout!» liegende Dampfer, von denen -0 mit Getreide und Fniteimiiteln in- die holländische Regierung beladen waren, noch nach Ablaut der aus dcn5. Febr. festgesetzten Anslausssrisi ans dein Sperr gebiet herausbringcn zu dürfen. Deulictierseits wurde, um der holländischen Regierung die 2U Ladungen von Getreid" zukommen zu lassen, a n s n a h m s w eile das Eiuversländ nis gegeben, aber die Bedingung daran gclnüpst. daß das Auslaufen nicht später als mitternachts no m 1V, zum 11. Februar geschehen dürfe. Anf diese Weise konnten die Schisse in der allen Unterseebooten be kannten Sckwnfrist, die in der Rach: vom 12. znm 13. Fe bruar ablicf, das S v c r r g c b s e t m i t v » I i e r S i ch e r h c i t v c r l a s s c n. Tie holländischen Reedereien nahmen dieses Angebot mit Tank an, waren aber n»s nnbelannten Gründen außerstande, ihre Schisse rechtzeitig aus England hcrauszubringen. Sic crneucrien ihre Bitte um Gewäh rung einer Au s fa I, r t s m ö g l i ch t c i t zu einem späteren Termin. Darauf ist ihnen milgeicilt worden, ihre Schisse könnten entweder in voller Sicherheit am t7 März oder mit nur relativer Sicherheit am 22. Februar ans einem be stimmten Wege Tartmonth und Falmouth verlassen. Von diesem Angebot wollten 18 Schisse am 22. Februar Ge brauch machen und den Weg in gemeinsamer Fahrt zu sammen zurücklegcn. Diese Nachricht ging am 16. Februar in Berlin ein. Den Reedern dieser 18 Schisse wurde darauf nochmals ausdrücklich rnitgctcilt, daß für den 22. Fe bruar leine unbedingte Sicherheit gewähr leistet werden lünnc, da cs ungewiß sei. ob alle in dem zu passierende» Gebiete arbeitenden Unterseeboote den funkentctcgraphischcn Befehl erhalten würde». Dabei wurde auch betont, daß wegen Minengcsahr außerhalb der ange gebenen Kurslinicii überhaupt keine Ge iv ähr über nommen werden könne. Anscheinend haben schließlich acht Schisse das Risiko der Fahrt auf sich genommen. Wenn die holländischen Nachrichten zntrcfscn, daß diese acht Schisse zugrunde gegangen sind — eins davon soll an der englischen Küste auf Minen gelaufen, die anderen sieben am Nachmittag des 22. Februar auf den verabredeten Kurs linien vernichtet worden sein—, so wird dies lies be dauert, aber die Verantwortung dafür trifft die Reeder. Sic csvorgezogcn haben, ihre Schisse nur aus relativer Sicherheit am 2 2. Februar h c r a u s z u s ch i ck c n, anstatt bis zum 17. März zu warten, zu welchem Zcitpnnltc ihnen volle Sicherheit zugcsagt war. Eine Meldung uZscrcr Untcrsccbovlc liegt noch nicht vor.