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WePeritz-Zettrmg Prell pro Quartal lONgr. Inserate die Spalten-ZeÜe sPfg. Erscheint Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Amts- «ad Anzeige- Klatt der Königliche« Gerichts-Aemter «ad Stadtrithe zv Kippoldismatde uad /ravevsteiv. verantwortlicher Ledartrur: Lari Zehne in Vippat-irwatde. TageSgefehLchte. Dippoldiswalde, den 4. Mai. Gestern gab Hr. Violinist Alban Förster aus Dresden im Vereine mit Hrn. Pianist Höpner und unter gütiger Unterstützung von Fräulein Anna Tronicke aus Dippoldiswalde, in hiesigem SchießhauSsaale ein ziemlich zahlreich besuchtes Concert. Bedeutende technische Fertigkeit, Fülle und Reinheit des Tones zeichneten den Vortragenden aus, und kann man demselben deshalb wohl ein günstiges Prognostikon für seine Künstlerlaufbahn stellen. — Der anfänglichen Veröffentlichung zufolge sollte Hr. Celloist Hüllwerk aus Dresden bei dem Concerte mitwirken. Derselbe war aber auSgeblieben und brachte uns also um den Genuß eines Ensemblesatzes für Violine, Cello und Piano. — Fräulein Tronicke sang das „Gebet der Elisabeth" aus dem Tannhäuser, die „stille Wasser rose" von Kücken und „Wiegenlied" von Taubert, des gleichen noch als besonders eingelegte Piöce mit ihrem Bruder, Hrn. Theatersänger Tronicke, ein Duett aus den „Jahreszeiten." Mit Dank wurden diese, sowie die vorzüglichen Leistungen des Pianisten, Hrn. Höpner, ausgenommen. * Frauenstein, 1. Mai. Auch in Sachsen besinnt sich die evangelisch-lutherische Kirche auf ihr Ver- fassungSziel, welches die Ungunst einer dreihundertjäh rigen Geschichte ihr bisher immer wieder verrückt hatte, obwohl es von Anfang ihr vorgeschwebt. Mit der neulich im 7. Stück des diesjährigen Gesetz- und Ver ordnungsblattes erschienenen Kirchenvorstands- und Shnodalordnung vom 30. März d. I. nähert sie sich seiner Erreichung, nachdem ihre reformirte Schwester es in ihrer demokratischen Weise wohl und übel viel früher erreicht hat. Gemäß dem Begriff von der Kirche, welcher beiden grundsätzlich gemein ist, daß nämlich die Kirche nicht blos eine Anstalt nach römischem Rechts begriff, sondern zugleich (nach der Schrift) eine freie Vereinigung auf dem Grunde des Glaubens an Christum sei, in der das Wort Gottes und die Sacramente nach Christi Lehre und Einsetzung verkündigt und ver waltet werden (AugSb. Conf. Art. VII.), mußten beide christliche Religionsgemeinschaften nach gesellschaftlicher Selbstständigkeit streben. Das bloße Losringen von der römischen Priesterherrschaft gelang ihnen sehr bald. Es gelang in der Kraft des erhebenden Bewußtseins der Rückkehr auf den Glaubensgrund der Gesammt- kirche schneller und besser, als es mit allen Mitteln der Staatskunst und Gewalt den nur nach staatlicher, ja nur nach eigener fürstlicher Allgewalt ringenden Hohenstaufen u. a. Weltmächten in mehrhundertjährigen Kämpfen hatte gelingen wollen. Aber was sollte an die Stelle der Hierarchie treten, von der man sich los« gewunden? Zwingli'sche Rohheit und Oberflächlichkeit und Calvin'sche Ueberschwänglichkeit waren nach plumper Schweizer- und voreiliger Franzosenart hurtig zur Hand mit der Antwort: die Einzelgemeinde! Deutscher Ge- müthStiefe und Gründlichkeit, verkörpert in Luther und Melanchthon, war es Vorbehalten, auch für die Ver fassung, wie vor allem in der Glaubenslehre und dem- nächst bei der Einrichtung des öffentlichen Gottesdienstes, die rechte hohe Mitte zwischen den Verirrungen zur Rechten und Linken zu treffen. Freilich gelang ihnen dies dritte Stück ihrer Riesenarbeit vorerst nur in der Idee, in Gedanken, Worten und Schriften. Die Aus führung der Idee und ihre Einführung in'S Leben durste nach bedachtsamer deutscher Art rücksichtsvoller Gerechtigkeitsliebe nach keiner Seite übereilt werden. Denn „gut Ding will Weile haben." Vorsichtig und weislich unterschieden unsre deutschen Kirchenreformatoren zwischen Einreißen und Bessern. Sie stellten der Kirche nicht die Einzelgemeinde, dem Leibe nicht ein beliebiges Glied gleich. Vermöge einer viel großartigeren An schauung, als sie dem beschränkten Blick schweizerischer Pfahlbürger und Republikchen und den zerstreuten Kreuz gemeindlein der Hugenotten in Frankreich möglich, hatten sie das Volk und die Bölkerstämme in deutscher Zu sammenfassung mit ihren angestammten Fürsten vor Augen. Daher wollten unsre deutschen Kirchenrefor matoren weder das klar in der Schrift begründete Amt der Bischöfe, wovon sich die Schweizer und fran zösischen Protestanten ohne den geringsten Versuch einer Besserung oder eines Ersatzes lossagten, noch das in der römischen Kirche zurückgedrängte und von Jenen allein wieder hervorgesuchte VertretungS- und Ver waltungsamt der Aeltesten und Diener (Presbytern und Diakonen) in der ernenerten Kirche missen. Nur die Zeitumstände nöthigten sie, das erstere, das Bi schofs- oder kirchliche Aufsichtsamt über die Aemter der Erbauung, über das örtliche Hirten- und Lehramt, vor läufig in oberster Instanz den reichsständischen Landes fürsten gleicher Confession als „Nothbischöfen" mit dem Beirath von Consistorien (so genannt von der schon früher üblichen Zusammensetzung aus geistlichen und rechtskundigen Rächen) zu übertragen, in unterster Instanz sogenannten Superattendenten (Ephoren) für kleinere Kreise zu übergeben, das Aeltestenamt aber einstweilen den Landständen, örtlich den OrtSobrigkeiten, Stadt- und Gemeinderächen zu überlassen. So entstand die zeitherige Verfaffung-unsers evang.-luther. Kirchen wesens, ausgesprochener und allseitig anerkannter Maßen ein Interim, ein einstweiliger Nothbehelf. Die jüngste Frucht vierjähriger Geistesarbeit, aus diesem Interim