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(Zweite Ausgabe: ausgegeben am 8. December Abends 6 Uhr.) Dresdner Journal. Verantwortlicher Redaeteur: I. G. Hartmann. .V 317 Diese» Blatt erscheint mit Ausnahme , des Sonntags täglich tut Bogen und ist Di0NStllll , vtN 0. DtteMvek. durch alle Postanstalten zu beziehen. ** Preis sür das Vierteljahr Thaler. Insertion--Gebühren für den Raum einer gespaltenen Zeile 1 Neugroschen. 1851 Amtlicher Lheil. Dresden, 2. December. Se. König!. Majestät haben geruht, den bisherigen Verwalter der Gräflich Einsiedel'- schen Gerichte zu Wolkenburg, Advocat Bernhard Uhde, zum Supernumerarregierungsrath bei der KreiSdireclion zu Dresden zu ernennen. TageSgeschichte. Wien, 6. Dec. (W. Bl.) Se. Maj. der Kaiser hat sich heute wieder den Staatsgeschäften wie gewöhnlich gewidmet. DaS Unwohlsein von gestern scheint sonach glücklich gehoben. — Vorgestern war der französische Herzog von Blacas aus Frohsdorf hierher geeilt, um Nachrichten über die Zustände in Paris einzuholen, und kehrte Abends zum Grafen v. Ehambord nach Frohsdorf wieder zurück. Heute früh ist der Herzog nach Brüssel abgereist.— Laut der „L.Z.C." schreibt man, daß die kaiserlich russische Regierung Geneigt heit zeige, nach Activirung des neuen österreichischen Aoll- tarifes einen einschlägigen Handelsvertrag mit Oesterreich abzuschließen. Die „L. Z. C." schreibt: Die Umgestaltung unseres Münz wesens bildet fortwährend einen Gegenstand der Beachtung im h. Finanzministerium. Das allmälige Verschwinden unseres Silbergelbe» in daS Ausland ist nur dem besseren Gehalte desselben zuzuschreiben, und in neuerer Zeit hat man überdies die Erfahrung machen müssen, daß im Aus lande von Spekulanten die neueren unabgenützten Münz stücke herausgesondert werden, um sie in vollem Silberwer- the einzuschmelzen, während die abgenützten Zwanziger wie der nach Oesterreich zurückfließen. — DaS zur Kreuzung in dem südlichen Meere be stimmte Geschwader besteht aus folgenden Schiffen: Fregat ten „Venus" mit Sr. k. k. Hoheit Erzherzog Ferdinand an Bord; „Novara" mit dem Escadrccommandanten an Bord; den Corvetten: „Carolina" und „Diana"; den Briggs: „Pylades" und „Husar", und den Dampfcorvetten: „Lucia" und „Volra". München, 5. December. (A. Z.) Freiherr v. Schrenk ist gleichzeitig milder Ernennung zum Bundestagsgesandten — Herr v. Lylander war nur Bevollmächtigter — auch zum außerordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Mi nister bei dem kurfürstlich hessischen, großherzoglich hessischen und herzoglich nassauischen Hof ernannt worden. Hannover, 5. December. In unterrichteten Krei sen hört man behaupten, daß die Reise des königl. han noverschen Gcneralsteuerdirectors Klenze nach Berlin neben ihren ofsiciellen Zwecken auch noch einen privaten Zweck habe. Daß Herrn Klcnze's handelspolitisches Programm für Hannover nicht auch dasjenige des Ministeriums Scheele sei, darf aller entgegengesetzten Versicherungen ungeachtet als bestimmt angenommen werden. Dies weiß man nicht etwa erst, seitdem es ein Ministerium Scheele giebt. Herr v. Scheele war gleich von Anfang an nicht für den Ver trag, wie ihn Herr Klenze uno daS Ministerium Münchhausen politisch auffaßten. Aus Karlsruhe, 5. December, schreibt man dem „F. I": Die bisher vagen Gerüchte von Aufstellung eines Bundesobservationscorps bei Frankfurt gewin nen immer mehr Halt und Jndicien naher Realisicung. An die drei Compagnien des 5. Jnfanteriebataillons, welche bisher in Bruchsal, Heidelberg und Mosbach delachirt wa ren, erging am 2. d. M. von hier aus der Befehl, unver züglich in ihre Garnison Mannheim einzurücken; sie sollen durch drei Compagnien des hier liegenden 2. Bataillons ersetzt und das in Mannheim liegende 3. und 5. Bataillon mobil gemacht werden. Karlsruhe, 5. December. (O. P. A. Z.) Die soeben ausgegebene Nummer des Regierungsblatts beruft die Kam mern mit dem 12. d. M. zusammen. Die Neuwahlen sind durchgängig im entschieden konservativen Sinn aus gefallen. — 6. December. (O. P. A. Z) Zum Präsidenten der ersten Kammer ist von Sr. k. Hoh. dem Großherzog der Markgraf Wilhelm ernannt worden, zu Viccpräsidenten der Fürst von Fürstcnberg und der Staatsrath Freiherr Rüdt von Collenberg-Eberstadt. Darmstadt, 5. December. (O. P. A. A.) In der zwei ten Kammer wurde in der heutigen Sitzung durch 26 gegen 21 Stimmen die von dem Abgeordneten Eich vorge schlagene motivirte Tagesordnung über den Antrag des Ab geordneten Reh wegen der Grundrechte verfügt. Frankfurt, 4. December. (Fr. I.) Die Bundesver sammlung hielt vorgestern um 1 Uhr eine Sitzung. Der königl. preußische Gesandte, Herr v. Bismark-Schönhausen, war, wie es herkömmlicher diplomatischer Brauch ist, durch den Bundespräsidialgesandten, Grafen v. Thun, vertreten. — Die Bremer Verfassungsangelegenheit wird, wie man nun vernimmt, ihre schließliche Regelung im Sinne deS BundeSrecht» durch die Bundesversammlung erfahren, nach dem eine Erklärung des dortigen Senats vorliege, wie der selbe sich nicht in der Lage sehe, den Widerstand der stän dischen Bürgerschaft gegen den Bundesbeschluß vom 23. August auf legale Weise zu beseitigen. F Paris, 5. December. Heute sind mit leichter Mühe die letzten Barrikaden genommen worden und die Ruhe ist vollkommen wieder hergestellt. Die Truppen, deren Hal tung auch nicht einen Augenblick zweifelhaft war, haben j auf allen Punkten siegreich daS Feld behauptet. Jeder gegen sie Bewaffnete ist erschossen worden. Louis Napo leon ist Sieger, Frankreich besiegt, und die errungene Meisterschaft über den Parteikampf hat den Keim erstickt zu einem allgemeinen europäischen Kriege. Die Möglich keit einer Regierung in Frankreich — sie mag heißen, wie sie will — wird von jetzt an nur durch die militärische Macht bedingt sein. Die Armee ist gegenwärtig das, was j unter Louis Philipp das Bürgcrthum war. — Bei dem am Abend des 3. December im Elvsee abgehaltencn Mini- sterrathe haben viele Legitimisten von Bedeutung erklärt, sie wollten zum Präsidenten stehen, da er am geeignetsten sei, der Unordnung und Verwirrung einen starken Damm entgegenzusetzen, und haben ihr Hotel in der Vorstadt St. Germain zur Verfügung der Truppen gestellt. Die Reunion der Pyramiden hat sich auch für die Regierung erklärt. Die 200 verhafteten Volksvertreter sind bis auf wenige, darunter die Herren Oudinot, Lauriston, Piscatory rc, am Tage nach ihrer Verhaftung wieder freigelassen worden. Eugene Sue hat dringend gebeten, gefangen gehalten zu bleiben. Herr Thiers will Frankreich verlassen; man weiß noch nicht, welche Residenz ihm angewiesen werden wird. ! Der bekannte Plan der Rothen, die Truppen durch auf verschiedenen Punkten zugleich eingestellte Neckereien zu er müden, ist an der Tapferkeit und Ausdauer dec Soldaten gänzlich gescheitert. Letztere haben überhaupt im Ganzen leichtes Spiel gehabt, da die Feinde der Ordnung auf kei nem einzigen Punkte Muth zeigten, ernsten Widerstanv zu leisten. Man Hal den Barrikadenbau nicht überall gehin dert, wohl aber stets den ganzen Distrikt, wo ein solcher stattfand, umschlossen, worauf dann mit den einzelnen schwachen Bedeckungen um so eher fertig zu werden war. Am St. MartinSlhore und in dem Stadttheile des Tempels sind viele Aufrührer gefallia. Auf der Straße Rambuteau waren 18 Barrikaden errichtet. In der Straße Chapon ist eine starke Barrikade durch die Mobilgensd'armerie genommen worden, woselbst sämmtliche Insurgenten erschossen wurden. Die versuchten Aufstände fanden nur in den Stadttheilen St. Denis, St. Martin und du Temple statt; die Vorstadt St. Antoine hielt sich frei davon. Der Präsident ist soeben an der Spitze eines Kürassierregiments durch die Straßen geritten. Einige aus dem Kampfe zurück kehrende Regimenter riefen. „Es lebe Napoleon! Es lebe der Kaiser!" Die Menge stimmte jetzt noch nicht ein, aber sie wird es vielleicht bald auch thun. Die Anordnung über die Modalität der Abstimmung macht durchgehends einen guten Eindruck. Die Uebcrzeugung wird immer herrschender, daß Frankreichs Rettung allein in den Händen Louis Napoleon s liegt. Aus den Departements laufen fortwährend günstige Nachrichten ein, und die Bemühungen mehrerer Volksvertreter, nachtheilige Gerüchte auszusprengen, wie z. B., daß einige Gerichtshöfe die Absetzung des Präsidenten ausgesprochen hätten, daß Bordeaux, Nantes, Amiens und Lille in vollem Aufruhr ständen, werden zu Nichte. -j-f Paris, 5. December. *) Zn dem Augenblicke, wo ich diese Zeilen schreibe, ist Paris gänzlich befreit von den letzten Barrikaden, die die Aufständischen in der vergangenen Nacht noch zu errichten versucht hatten. Seit Mittag ist die Circulation der Wagen auf den meisten Brücken, auf den Boulevards und in den Straßen des rechten wie des linken Ufers ungehindert, mit Ausnahme derer, die unmittelbar bei den strategischen Punkten liegen, wo die Soldaten bi- vouakiren. Ich bin durch die Boulevards gegangen, durch die Stadttheile, wo sich gestern die Insurgenten festgesetzt hatten, über die Quais der Cite und des Hotel de villc; fast überall sind die Läden wieder geöffnet und die Leute sind mit nichts weiter beschäftigt, als damit, wieder ihre gewöhnlichen Angelegenheiten zu besorgen. Das letzte Decret des Präsidenten, welches die geheime Abstimmung einsührt, hat schon viel für die Wiederherstellung der Ruhe bcigetra- gen. In großer Anzahl fast an allen Straßenecken ange schlagen, wurde es mit großer Befriedigung von einer un geheuren Zahl von Personen gelesen. — Der Pontneuf und die Brücken, die auf den Quai aux fleurs auslaufen, sind allein militärisch beseht mit starken Piquets der Mu- nicipalgarde zu Fuß; eine Escadron Municipalgardc zu Pferde bivouakirt auf dem Dauphine-Platze. Aber aus der Haltung der dieselben commandirenden Ofsicicer ersieht man, daß es sich nur um einfache Vorsichtsmaßregeln han delt. Die Gewehre sind zusammengestellt und die Truppen wärmen sich an den Feuern, die diese Nacht wegen der Kälte und des Regens angezündet wurden. — Die zuletzt und noch in dieser Nacht verthcidigten Barrikaden befanden sich an einer Stelle im Quartier St. Denis. Sie wurden na türlich vollständig von den Soldaten zerstört; eine, die ein Montagnard, Gaston Dossoubs, commandirte, wurde mildem Bajonnett genommen; der genannte und 8 Insurgenten *) Eine uns gleichfalls heute zugcgangene direkte Korrespondenz eines andern Berichterstatters. wurden bei dem Kampfe getödtet, 14 Andere, die man mit den Waffen in der Hand ergriff, erschossen. Dies war der letzte Act deS blutigen Aufstandes von gestern. Heute Morgen fand das Leichenbegängniß des Re präsentanten Baudin statt; einige Aufrührer wollten davon Veranlassung zu neuen Aufstandsversuchcn nehmen, diese sind aber vereitelt worden. — Um endlich den sichersten Maßstab für die Lage der Geschäftswelt zu geben, bemerke ich Ihnen, daß die Börse mit einer Steigerung von I Frank geschlossen hat; die 5procentigc Rente siebt 92 Fr. '»0 Cent. Paris, 5. December. Neber die verhafteten Ab geordneten erfährt man Folgendes: Heute Morgen waren folgende Abgeordnete noch in Mont-Valerien verhaftet: die Generale Oudinot und Lauriston, ferner Henriot de la Roziüre, Piscatory, Pascal Duprat, Latrade, Bessö. Emile Pöau, Eugene Sue, Rigal, Lagarde, Renaud er Fayolle. In Vincennes waren noch: Creton, Dabirel, Lüo Laborde, Dufougeraiü, Sauvaire, Barthülemy, Favreau, dec Avdä Frechon, Ceilhard. Unter denen, die in Mazas sind, nennt man: de Re'musat, Alfred Neltemenl. Die nach Schloß Ham transporlirten Abgeordneten sind dort gestern Abend II Uhr angekommen; cs sind dies: Cavaignac, Charras, Changarnicr, Le Flo, Lamoriciüre, Bedeau, Roger du Nord und Baze. — Nachrichten aus den Departements. Man hat die telegraphischen Berichte über die günstige Aufnahme, welche die Vorgänge des 2. Decembers in den Departements gefunden haben, verdächtigen wollen. Die nachstehenden, verschiedenen französischen Provinzialzcitungen ent nommenen Berichte mögen darthun, inwieweit dies be gründet ist. Chaumont, 4. December, 6^ Uhr Abends (aus der „Union de la Haute-Marne"). Chaumont ist völlig ruhig; ich komme eben von einem Gange durch die Stadt; wenig zahlreiche Gruppen haben sich um die Proklamationen ge bildet, die eben angeschlagen sind- Die BewegungSparket soll sich unruhig zeigen, aber man kümmert sich nicht darum. Havre, 4. December. (Aus dem „Ouuiier «In Uuvre^.) Die Lage unserer Stadt und der Umgegend ist fortwäh rend ruhig. Keine Manifestation hat diese Haltung unter brochen. Die Obrigkeit braucht also keine Strenge anzu wenden, deren sic sonst wohl fähig und wozu sie entschlossen wäre. Der „('«nnili- «I«! la Oii-mnlu" vom 3. December meldet, daß im Einklang mit den in den Depeschen gegebenen An ordnungen die obern Behörden der Departements sich auf der Präfectur vereinigt haben, um die für Aufrechlhaltung der Ordnung nöthigen Maßregeln zu ergreifen. Nichts lässt übrigens eine Ruhestörung vermulhcn. Die Haltung des Volks ist ruhig. Aus dem Departement de l'Zndre meldet der 8l!iltai>t" von Oliutouii rmix vom 4. December die Fortdauer der größten Ruhe. In den Städten wurden die Nachrich ten aus Paris, weit entfernt, die geringste Mißbilligung zu erfahren, mit Sympathie von der Mehrzahl der Bevöl kerung ausgenommen, und auf dem Lande werden diese Be zeugungen der Zustimmung noch bestimmter ausgesprochen. Endlich aus Lyon schreibt der „dlulat piihlie" vom 4 December Abends: Wie man voraussah, sind die von der Militärbehörde ergriffenen Vorsichtsmaßregeln unnütz gewesen; die öffentliche Ruhe ist nicht einen einzigen Au genblick gestört worden, und 1 Uhr Nachts sind die Truppen ihrer Mehrzahl nach in die Kasernen wieder cingcrückt. Einige Verhaftungen haben startgcfunden, doch ohne allen Widerstand. Die Hauptstraßen waren Abends belebt, aber ohne allen bedenklichen Charakter; um 10 Uhr sah man nur noch wenige Personen auf den Straßen, und um Mitter nacht lag Lyon ganz wie gewöhnlich im Schlafe. Die (berüch tigte Vorstadt) Ornix llouss«! ist fortdauernd ganz ruhig. — Die „Oest. Corresp." schreibt aus Wien 6. De cember: ES ist kaum zu bezweifeln, daß es der Exekutiv gewalt gelingen werde, ihre Macht und ihr Ansehen bis zum Tage der in Rede stehenden endgiltigcn Abstimmung zu behaupten. Fällt das Ergebniß zu Gunsten des Prä sidenten auS, so ist der Staatsstreich gelungen und die Zu kunft Frankreichs wenigstens für eine Zeit geborgen. Fallt es hingegen zu seinem Nachtheile aus, so verkennen wir die Wucht der sich sodann ergebenden Schwierigkeiten durchaus nicht, und vermögen nur darin einen Trost zu finden, daß die bis jetzt bestehende republikanische Verfassung Frank reichs uns allezeit und in jeder Beziehung unhaltbar und gefahrdrohend erschienen ist. Die Größe und die Schwie rigkeit der Aufgabe, welche sich Ludwig Napoleon setzte, sind wahrlich unermeßlich. Der parlamentarischen Jntrigue einerseits, den Umsturztendenzen andererseits ein- für allemal ein Ziel zu setzen, ist sein ernster Wille, und in den Händen der Vorsehung liegt noch die Entscheidung, ob eS ihm glücken solle, diesen Willen durchzusetzen oder nicht. Immer hin bleibt es nicht blo» für das unmittelbar bcthciligte Frankreich, sondern auch für daS zuwartende Europa wichtig, daß die endliche Lösung nicht zu weit binausgeschoben wurde.