Suche löschen...
Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.09.1886
- Erscheinungsdatum
- 1886-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id453042023-188609168
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id453042023-18860916
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-453042023-18860916
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Anzeiger
-
Jahr
1886
-
Monat
1886-09
- Tag 1886-09-16
-
Monat
1886-09
-
Jahr
1886
- Titel
- Leipziger Tageblatt und Anzeiger : 16.09.1886
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
«rschfitnt täglich früh 6'/, Uhr. tir-artisn >nd Lrpeditioa JohanueSgass« 8. Sprechstunden -er UedaNwu: vormittags 10—12 Uhr. Nachmittags ö—6 Uhr. tzttr dt» NÜS,»d, nn-el»nbter M-milcript» «acht sich tt« Nedacii.n mchi »irdiudlich, Annadme »er sür die nSchftf»l,eiide Nummer »«stimmte« Inserate aa Wochentage« »iS S Uhr Nachmittags, au Sara-««» Fefttagenfrüh »iS '/.S Uhr. 2n den Filialen für Ins.-Ilnnahme: Ltta Stemm, UniversttätSstraß« 1. LouiS Lösche, Katharineastr. 23, p. nur »iS '/,S Uhr. riMer Tageblatt Anzeiger. Organ fiir Politik, Localgeschichte, Handels- und Geschäftsverkehr. Auflage Äboiuirmrntspreis Viertels. 4'/, Mit. incl. Bringerlobn 5 Mk., durch die Post bezogen 6 Mk. Jede einzelne Nummer 20 Ps. Belegexemplar 10 Pf. Gebüurea sür Extrabeilagen tin Tageblatt-Formal gefalzt) ohne Postbesvrderung Ä> Mk. Mit Posrdcsürberung 60 Mk. Inserate 6gespaltene Petitzeile 20 Pf. Gröbere Lchritteii laut uns. Preisverzeichnis Tabellarischer u.Zifserniay nach höhcrmTarij Neclamen unter dem Redaclion» strich die 4gespalt. ZeileLOPs., vor den Familieiinachrichtea die 6gespaliene Zeile 40 Ps. Inserate sind slclS an die Erpevitio« zu senden. — Rabatt wird nicht gegeben. Zahlung pruenumerauiio oder durch Post nachnahme. 25S. Donnerstag den l6. September 1886. 80. Jahrgang. Amtlicher Theil. Vekainitmchnng. Die von u»s auf morgen, de« Itt Lepteneber ». v-, angesetzte Versteigerung von Bauutensitien und Bau- maleriaiie» auf de», Bciupiatze Schenkcndorsstraße Nr. 33 allhier findet nicht statt. Leipzig, de» 15. September 1886. Der Rath der Stadt Leipzig, lä. 23177.vr. Georgi. Christoph. Gesucht wird der Kellner Wilhelm Linnenkohl, geboren den 16. September 1848 in Allendorf a. Werra, welcher zur Fürsorge für feine Familie anzuhalten ist. Leipzig, am tl. September 1886. Der Rath der Stadt Leipzig. (Armenamt.) ^ k. II. 2680. Winter. Poppe. Vrkanntmachung. Die Lieferung von 2U0 gußeisernen Schleußen- deckeln soll an einen Unternehmer in Accord vergeben werden. Die Bedingungen und Zeichnungen für diese Lieferung liegen in unserer Tiefbau-Verwaltung, RathhauS, II. Etage. Zimmer Nr. 14, aus und können daselbst cingcsehen resp. entnommen werden. Bezügliche Offerten sind versiegelt und mit der Aufschrift: „Lieferung gußeiserner Schleußendeckel" versehen ebendaselbst und zwar bis zum 27. d. M. Nachmittags 5 Uhr einzureichen. Der Rath behält sich daS Recht vor, stimmt» liche Angebote abzulehnen. Leipzig, am 11. September 1886. De- Rath- der Stadt Leipzig ld 3366. Straßenbau - Deputation. Die bei dem hiesigen Leihbause' in den Monaten Sep tember, Oktober, November und December 1886 versetzte» oder erneuerte» Psünber, die weder zur Bersallzeit noch bis jetzt eingelöst werden sind, auch nicht bis rum 30. September ». o. eiugelvst werden, sollen den 2. No vember d. I. und folgende Tage im Parterre-Locate des Leihhauses öffentlich versteigert werden. ES können daher die in den genannten Monaten versetzten Pfänder nach dem 30. September ds. Hs. und spätesten- am 4. Oktober ds. IS. nur unter Mitentrichtung der Auctioiiökostcn von 4 von jeder Mark des Darlehens rin» gelöst oder nach Befinden erneuert werden; vom 5. Octobrr VS. Js. an, a» welchem Tage der AuctionSkatalog geschlossen wird, kann lediglich die Einlösung derselben unter Mitentrichtung der AuctionSkosten von 4 von jeder Mart der ganze« Forderung des Leihhauses ssiittfindcn. und zwar nur bis zum 2». Oktober dS. I-., von welchem Tage ab AuclionSpsänber unwiderruflich weder eingelöst noch prolougirt werden können Cs hat also vom 30. October ds. Js. an Niemand mehr daS Recht, die Einlösung solcher Pfänder zu verlangen, und können dieselben daher von den Eigenlhümern nur aus dem gewöhnlichen Wege des Erstehens wieder erlangt werden. Dagegen nimmt daS Geschäft deS EinlösenS und Ver setzen« anderer Pfänder während der Auktion in den gewöhn lichen Localen fernen ungestörten Fortgang. Leipzig, den 15. September 1886. DeS Rath- Deputation für Leihhaus u. Sparcaffe. Nichtamtlicher Theil. Jur politischen Lage. Rußland hat sich bei Beurtheilung der bulgarischen Frage verrechnet. Das ist da« Kennzeichen der gegenwärtigen Lage. Als der Kaiser Alexander die unerhörte Antwort auf da« Telegramm de« Fürsten Alexander erließ, hatte er noch kein, richtige Vorstellung von der wahren Stimmung de« bulga rischen Volkes, er wußte nicht, daß der größere Theil der Geistlichkeit und deS Landvolkes auf der Seite deS Fürsten stehe, und daß m der Armee eiue so große Begeisterung für den Fürsten herrsche, wie sich bei dem Abschiede in Sofia und Wibbin ge zeigt hat. Nach den Cvnsularberichten glaubte er annehmen zu dürfe», daß die Stimmung der Bulgaren nach der Entfernung des Fürsten Umschlägen und russisch werden würde. Nun ist aber da» gerade Gegentheil der Fall. In der Sobranje kommen die Russensreunde gar nicht zu Worte, und dir Mehrheit der Abgeordneten sieht die Abdankung als nicht ge schehen an, sie begrüßen den Fürsten, sie bringen Hochs au ihn aus, gerade als ob er noch da» Staatsoberhaupt Bul gariens wäre. Solchen Thatsachcn steht Rußland rathloS gegenüber und nimmt vor allen Dingen von der Aus stellung eine« neuen Anwärters auf den bulgarischen Thron Abstanv. Bor der Wahl sei eine Beruhigung der Leiden schaften abzuwarten, die Sobranje habe nicht die Wahl eine» neuen Fürsten vorzunehmen, überhaupt sei die Frage der Fürstenwaht gegenwärtig inopportun. Im Uebrigen schweigt die russische Regierung über DaS. wa« sie plant; ihr Organ» da« „Journal de St. PsterSbourg", be gnügt sich mit der orakelhaften Andeutung, daß die bulgarische LandeSvertrelung sich von dauerhaften In teressen leiten lassen müsse, welche geeignet seien, die Zukunft de» Lande- sicherzustellrn. Ja, die russische Re gierung erkennt sogar die Regentschaft an. vorausgesetzt, daß sie nicht« Feindliche« gegen Rußland unternimmt. Da« sind Anzeichen einer Mäßigung, die von Rußland nicht erwartet werden konnte, und man ersiebt daran», daß auch diese Macht trotz ihrer Rücksichtslosigkeit sich nicht vollständig von dem Einfluß der öffentlichen Meinung frei zu machen im Stande ist. Schroffe« Auftreten in Bulgarien, weitere Gewaltstreiche nach Art der Entthronung de« Fürsten würden Kräfte in Europa entfesseln, zu deren Bewältigung sich Rußland dock nicht stark genug zu fühlen scheint, besonder« wenn plötzlich Oesterreich-Ungarn sich au« einem Freunde in einen Feind verwandeln sollte. Deutschland und Oesterreich-Ungarn stehen in engster Bundesgenossenschaft, aber Deutschland hat sogleich nach dem Bckanntwerden de» Attentat« vom 2t. August erklärt, daß diese und andere Bewegungen i» Bulgarien seine Interessen nicht berühren. In Oesterreich-Ungarn stehen aber Interessen auf dem Spiel, wenn eine Machlverschiebung aus der Balkan halbinsel stattfindet, und Graf Kalnoky wird in Deutschland nicht aus Widerspruch stoßen, wenn er die nöthigen Maß regeln ergreift, um diese Interessen zu schützen. Als Gras khevenhüllcr im November v. I. der bulgarischen Regierung erklärte, Fürst Alexander könnte bei weitere», Vordringen in Serbien aus österreichische Truppen stoßen, geschah diese War nung sicher aus eigene Veranlassung Oesterreichs und ohne vorherige Anfrage in Berlin. Wenn jetzt Oesterreich in St. Petersburg erkläre» ließe, daß cs eine russische Be- etzung BulganenS als Kriegsfall betrachten werde, so würde diese Erklärung auf eigene Verantwortung geschehen und Deutschland keineswegs in Mitleidenschaft ziehen. Die öffentliche Meinung in Oesterreich hat sich mit großer Entschiebenbeit zu Gunsten deS Fürsten Alexander kund- gegcbe». In Lemberg, in Czernowitz, in Pest und Wien, überall sind dem Fürsten bei seiner Durchreise begeisterte Huldigungen bargebracht worden, am Entschiedensten aber hat ,ch Ungarn für ibn ins Zeug gelegt. Die Abkömmlinge der edelsten Adelsgeschlechter Ungarn« haben sich nach Sofia begeben, um ihn zu bewillkommnen und die Trauer über eine Abdankung ist gleichfalls in Pest noch mehr als anderswo in Oesterreick-Ungarn zur Schau getragen worden. Tie Polen und Magyaren stehen in der bulgarischen Frage aus der Seite deS nach Unabhängigkeit strebenden bulgarischen Volkes, und da» ist eine Thalsache, mit welcher Rußland rechnen muß. Die englische Regierung hat e» nicht an Deutlichkeit in Darlegung ihre« StandpuncteS in der bulgarischen Frage ehlen lasten. Lord JvveSleigh und sein Unterstaatssecreta,r Fergusion haben auf den Berliner Vertrag als aus die Grundlage verwiesen, auf welcher die bulgarischen Verhält nisse geregelt werden müssen, und sie haben auch nicht urückgehallen mit der Verurlheilung deS an dem Fürsten !llexa» der geübten VerrathS. Wenn Rußland inFolge besten andere Sailen aufzieht und von weiteren gewaltsamen Eingriffen in Bulgarien Abstand nimmt» so ist eS ganz natürlich, daß diese vcr- öndcrleHallung auch nickt ohne Rückwirkung aus England bleibt. Demgemäß erklärte Fcrgusson im englischen Unterhaus«, daß der Regierung keine amtlicke Mittheilung darüber zugegangen ei, daß der Kaiser von Rußland oder die russische Regierung dem Fürsten Alexander zur Abdankung gezwungen habe Diese Erklärung konnte der Vertreter der englischen Regierung um so eher abgeben, al« ja in der Thal kein directer Zwang auf den Fürsten geübt worden ist, wenn auch nicht zu leugnen ist, daß die Antwort deS Kaisers Alexander aus daS Tele gramm deS Fürsten einen indirekten Zwang zur Abdankung enthielt. Tie englische Regierung will nicht ohne Noll, Ocl ins Feuer gießen, VaS ist der Sinn der Erklärung Furgusson's, welcke übrigens die bulgarische Regierung in ihrem Bestreben, die Ordnung und den Frieden aufrecht zu erhalten, unter stützt. Der Regierung sei bekannt, daß die bulgarische Re gentschaft. die für die gegenwärtige Lage geeigneten con» stitulionellen Formen befolge und daß alle Parteien Bul garien- entschlossen zu sein schienen, für Erhaltung de« Frieden» mitzuwirken. Diese Erklärung ist daö Gegenstück >u der russischen Erklärung, daß Rußland die Regentschasl o lange anerkennen werde, als sie nicht« Feindliches gegen Rußland unternehme und weist zugleich die Unterstellung de« „Journal de St. PöterSbourg" zurück, daß die bulgarische Landesvertretung von Jntriguen aller Art bestimmt werde. Die bulgarische Regentschaft hat bereit« eine Maßregel durMesührt, welche als eine Bestrafung der Aufrührer de« 2l. August anzusehen ist; sie hat die Junkerschule aufgelöst und die am Aufstande bethciligten Junker als Gcineine in die Armee eingestellt. DaS ist zwar keine Hinrichtung, aber immerhin der Anfang deS Walten» einer ansgleichenden Ge rechtigkeit. Der Vertreter Rußlands ist nicht so unklug ge wesen, gegen diese Maßregel Einspruch zu erbeben, aber er wird e» auch ruhig mit ansehcn muffen, wenn Grucw und Benderew ihren Richtern überantwortet werden. Ein Kriegs gericht gegen diese Ucbelthäter, welches mit ihnen schnell ei» Ende machte, wäre sicherlich am Platz gewesen, aber der russische Einfluß hat die Ausübung schneller Justiz verhindert, es ist deshalb anzunehmcn, daß sie vor den ordenttichen Richter gestellt werden. Wenn dieser, wie nicht anders mög- lich, da« TodeSurtheil fällt und die Regentschaft dasselbe be stätigt» dann wird die russische Regierung trotzdem nicht sagen können, daß die Execution ein gegen Rußland gerichteter feind seliger Act sei, und wenn sie eS dennoch thäle, dann würde sie die That dadurch billigen und die Verantwortung dafür übernehmen. * « * * * Wir verzeichnen nachstehend einige Meldungen, welche speciell mit der bulgarischen Frage im Zusammen hänge stehen. Wir geben zunächst uach der „Vossischen Zeitung" eine weitere Beleuchtung der Lage, soweit sie die jüngste Vergangenheit betrifft Sie soll demnächst von italienischer Seile in einer amtlichen Veröffentlichung zu erwarten sein. Die „Vossiscke Zeitung" hat darüber die nachstehende, wohl der Bestätigung bedürfende Mittheilung empfangen: *Rom, 11. September. Im Coniulatpalaste. dem italienischen Auswärtigen Amte, ist man mit der Zusammenstellung eine« Grün dliches über die bulgarischen Angelcgenbeitcn bejchäsligt. Dasselbe wird dem Parlamente bet seinem Wiederzuiammcntritte vorgclegt werden und, obwohl selbstverständlich nur von internationalen Rücksichten nicht verpänteS Material begreifend, doch an 200 Acien- stücken umfassen. Au« der Sammlung wird, wie meine Informationen lauten, deutlich erhellen, daß das römische Eabinet sich in der jüngsten Krisis aus der Balkanhalbinsrl in Allem von dem Princive leiten ließ: daß Italien keine einleitige Verletzung de« Berliner vertrage» zugeben, noch einer mililairiichen Intervention zuslimmen könnte, welche da den Grundsatz der nationalen Autonomie Umstürzen würde. Rußland hielt, wie e« heiß», in dem aggressiven Borgehen, dessen e« sich zunächst Bulgarien gegenüber beflissen batte, inne, al- e« da» freimüthige Einvernehmen Italien« und Großbritannien« sah, sich jedem Invasion-versuche entschieden zu widerletzen. Da« neueste Grünbuch wird eine Reihe von Depei'chen de« Riiier« von Nigra Italien« Bot'chaster« am Wiener Hose, enthaltrn, welche die Per blüffung und di« Unsicherheit der österreichische» Politik in den lagen nach der Entthronung de« Fürsten Alexander darthun wird. Au« diesen Mittheilung-n von der Donan würde sich angeblich auch ergeben, daß man am VallhauSplatze damals nicht wenig von der Haltung de» Fürsten von BiSmarck gegenüber Rußland beunruhigt > war. Nach der Zusammenkunft Gier«' mit dem deutschen Reichs- I kanzler trat vorübergehend «ine Stockung in den Mitlhetlungcn und I Verhandlungen zwischen den Mächten ela, und e- war dem An »scheine nach Gras Kalnoky. der, von den äußersten Schwierig keiteu der Situation durchdrungen, sich angelegen sein ließ, da» E>S zu brechen, indem er in Berlin da» Begehren stellte, man möge offen erklären, ob die Haltung Rußland» in der neuen Phase der Balkauangelegeiiheiten gebilligt werde oder nicht. Darauf hi» habe Fürst BiSmarck srine Meinung dahin kuudgegebeu, daß die Abdankung deS Fürsten Alexander da- einzige Mittel sei, um eine russische Intervention aus der Balkanhalbinsel und den Ausbruch einer europäischen Verwickelung zu vetmeiden. Nun begann ein lebhafter JceenauStausch zwischen den verschiedenen Eabineten, und die italie nisch« Politik hätte sich in dieser Periode nicht wenig verzwickter Unterhandlungen durch Klarheit und Bestimmtheit der Ziele, die sie ich vorgeftecki. hervorgethan. Bon den übrigen Actenstücken der Sammlung wäre noch eine Note Gras de Lauaav's, italienischen BollchasierS in Berlin, hervorzuheben, in der erklärt wird, daß deutscherseits die sehr werkthäiigea Bemühungen der italienischen Diplomatie, die Integrität der erworbenen Rechte mit der Erhaltung des Frieden» in Einklang zu briugeu, die vollste Würdigung fänden. * Der „HalleschenZeitung" schreibt au-Darmkadt ein Gewährsmann» der, wie da« Blatt sagt, vermöge seiner Stellung weiß, wa» am Hofe vergeht: „Einen Moment hegte Fürst Alexander den Gedanken, von Wien au« erst noch mit dem Reichskanzler zusammen zu treffen, doch hat er diese Absicht schnell wieder fallen taffen. ES liegt ihm, wie die „Darmstädter Zeitung" mittheilt, eine Einladung zur Königin von England vor, und er wird dieser höchst wahr- cheinlich solgen, sobald er wieder in sich zur Ruhe gelangt ist und die Eindrücke, unter denen er sehr leidet, sich bi» zu einem gewissen Grade wiederum verzogen haben. Seinen Wiedereintritt in die deutsche Armee hält man hier sür höchst unwahrscheinlich. Es ist dies eine Angelegenheit, welche auch zwischen dem Kaiser und dem Groß- herzog bei Gelegenheit der Manöver im Elsaß persönlich verhandelt werden und vielleicht definitiv erledigt werden wird. Die deulsche Politik in der bulgarischen Frage unterliegt aber hier gegenwärtig einer anderen Beurtheilung al» noch vor Kurzem, d. b. einer, welche dem unbedingte» vertrauen gegen dieselbe mehr entspricht al- noch vor wenigen Tagen. Man gewinnt wieder von der Personenfrage abgetreonte GesichtSpuncte, und verschiedene« verlautbart, wa- die Politik de» Fürsten Bismarck al- eiue wie immer tief angelegte er cheiaen läßt. Daß die bulgarische Angelegenheit übrigen» erst am Ende Le- AnsangeS angelangt ist, da» bezweifelt hier Niemand." Wir lassen diese Mittheilung, deren gebeimnißvollen Schluß zu enlräthseln wir nicht unternehmen, aus fick beruhen. Prinz Alexander von Battenberg wird selbst am besten beurtheilen, welche Gestaltung seiner Zukunft, seiner Stellung am besten entspricht. Sicher aber würde er da« deulsche Volk, da« mit ihm syn palhisirt. durch nicht» mehr enttäuschen, al« wenn er zu einem Parteigänger England« würde. Würdevolle Zurück haltung gerade dieser Macht gegenüber schiene uns am meisten geboten. * Der Darmstädter Correspondent der .Halleschen itung" theilt dem genannten Blatte in Ergänzung seines ikingsten Briefes noch mit, daß sicherem Vernehmen nach Herr von Niedesel. sobald ihm die Ordnung der Privat angclegcnheiten deS Prinzen Alexander in Bulgarien die erforderliche Muße gewährt hat, eine Sckrist über dcisNegierungSseptennatin Bulgarien veröffentlichen wird, wa» in der bistorisch politischen Literatur unserer Tage scher einem Ereigniß gleichkommen werde. * Ueber die Vermögen-Verhältnisse de« Fürsten Alexander wird der .Deutschen Zeitung" au« Sofia geschrieben: Die Finanzen de« Fürsten find herzlich schlecht; er hat wie ein echter Cavalier auch DaS in» Land hinein gesteckt, waS er von seiner geringen Civilliste erübrigte. Für den Bau seiner Privailchlösser in Rustschuk und Varna, sowie zur Verbesserung seine» Gutes in Baili Esendi nahm er mit Bewilligung der Sobranje vor einigen Jahren von der bulgarischen Nolionalbank ein Anlehen von anderthalb Millionen Franc» aus. Diese» Geld muß nun zurückgezablt werden Da die» aber nicht möglich, weil die Privatbesitzungen nicht gut zu veräußern sind, bot ihm die Regierung 3 Millionen Franc» bei der Abreise a». Der Fürst wie» diese Summe zurück, er nahm nur die Bezahlung der Schuld an die Bank gegen Ueberlassuug sämmt> licher Privatbesitzungen, selbst der Privateinrichtung tm Polai» in Sofia au. Für sich beansprucht er nur 500,000 Francs, mit denen er sich nach Jugenheim zurückziehen will. Auch die russische Re gierung bot ihm durch Consul Bogdanow an, die Regelung seiner Geldangelegenheiten nach seiner Abdankung zu übernehmen. Karo, welow sprach sich sehr besorgt über die Haltung der Armee Ruß land gegenüber au»; die höheren Osfieiere hätten sich durch die Gegenrevolution so bloßgestellt, daß unter russischer Herrschaft kein Halt für sie wäre. Diese müßten v» dnngus spielen und fänden an allen anderen Osficierea eine Stütze. Eure Städte sahen die bulgarische Fahne wehen, al« wir sie aus da» Schlachtfeld trugen. Indem ibr Alle» sähet und wußtet, habt ihr uns dennoch niemals gehindert, noch aber versolgt, sondern im Gegentheil, unS in den heiligen Kamps zur Befreiung der Rajah» euren Segen mitgegebcn. Es liegt kein Fall vor. wo die Rumänen einen unserer Märlurer zurückgewicscn batten, obgleich ihr dazu unzählige Male ausgesorbert, ja selbst gezwungen wurdet. So sei denn gegrüßt und gelegne! du heiliger Boden Rumänien«! Du warst da» zweite Vaterland sür Tauieude unser Märtyrer. Nach der Befreiung Bulgariens kannte die Lyinpathie des rumänische« Volke« keine Grenzen. Im Jahre 1885, als der Feind die Wälle von Slivnitza und Widdi» überfiel und wir von ganz Europa per- lasse» dostanveu, da fand sich nur in der Brust der ' umänen innige« und ausrichtiges Mitleid sür uns, nur im rumänischen Parlamente erhoben sich Stimmen sür die gerechte Sache de» bulgarischen Volkes. Zu jener Zeit in Bukarest anwesend, sah ich u»t eigenen Augen, wie unser Unglück Tdciliiahme und unsere Siege Freude in euren Herzen erweckten, wie wenn sie euer Unglück und eure Siege gewesen wären. An dem unheilvoller, Tuge des 21. August, alt vom Norden her schwarze Wolken über unser Vaterland sich aus- thürmien und die bulgarische Freiheit bereit war, sich hinter die wilden Felsen und Engpässe de» Balkan« zu flüchten, weilte ich in Rumänien. Mein blutende» patriotisches Herz wird nimmer vergessen, waS ich da gesehen; eS wird nicht vergessen da« chöne Schauspiel, welche» sich mir in Bukarest am 29. August darbot, al« da« rumänische Volt in der P rson de- Fürsten Alexander dem freien und unabhängigen Bulgarien huldigte. Ru mänien« Vestimmnng ist schön. Von dort konimen un» die wohl- »buenden Sirablen der Freiheit de« moralischen Wieder-Erwachen«. Wobl kenne» die Thronräuber und Berräiher vom 21. August die ritterlichen Gefühl« de» rumänischen Volkes und bleiben deshalb de» rumänischen Doiiau-Usera ferne, indem sie bei den Gendarmen von Reni ihre Stütze suchen. Mit bitterer Betrübniß denken wir daran, baß bislang wir dies Alle- dem rumänischen Volke mit nichts ver golten haben. Die Grundlage unserer Freiheit wurde mit de« Blute der Söhne Rumänien« erkauft; wir aber haben noch nicht mit zwei Worten unsere Dankbarkeit auSgedrückk. Wisset ihr warum? Klagt un« nicht au. DaS bulgarische Volk und unsere intelligenten Elasten sprechen daS heilige Wort „Rumänien" mit Inbrunst an«. Aber ach, wir stehen noch nicht auf eigenen Füßen; und wenn auch der Aitagan nicht mehr in Bulgarien existirt, so trat an seine Stelle der Rubel, dessen Einfluß weit schrecklicher und uuwidersteblicher ist. Groß und feierlich wird der Moment sei», wo zwei Nachbarvölker sich die Bruderhand reichen und einen mächtigen Bund schließe» werden, um eine Föderation zu bilden, die aus gegenseitiger Achtung der Freiheiten gegründet ist. ES girbt absolut keinen Grund, warn« Rumänen und Bulgaren nicht wie bisher iu Frieden und gute« Einvernehmen leben sollte», wie auch gar kein Gruad zur Wieder holung de» drudermörderischeu Kriege« zwischen Serbe» und Bulgare» vorhanden ist. Unter eurer Herrschaft waltete während dreißig Jahren in Belgrad und in den bulgarischen Colonieo de» Süden« von Bessarabie» Freiheit, und die LIvilisation machte gläuunde Fortschritte. Nu« aber herrscht dort der Stonowoi und sein Amt. DaS rumänische Bolk, der König Larol und Joan Bratiano, dessen Name mit unserer politischen Emaocipatioa cug verbunden ist, sie leben hoch! Zaharia Stojauow. * Der bekannte bulgarische Patriot Zaharia Stojauow bat vor Kurzem ein offene« Schreiben „an daS rumänische Bolk" gerichtet, in welchem er seiner Dankbarkeit für die ihm von Rumänien stet» erwiesene Sympathie und Gastfreundschaft beredten Ausdruck gicbt. Dieses Schreiben lautet wie folgt: Es existirt kein intelligenter und patriotischer Bulgare, der nicht den freien Boden Rumänien« betreten und die brüderliche Gast freundschaft der Rumänen genossen hätte. Während eine- halben Jahrhundert» — einer sür uns schrecklichen und düsteren Epoche — war der Blick des bulgarischen Volke» beständig a»f daS linke Donau- Ufer gerichtet. Alle», waS rechtschaffen und edel ist, wer einen Drang zur Initiative in sich verspürte und vou der Idee ergriffen war, sein unglückliche« Vaterland zu retten, wer in dem unterjochten Bul- garicn weder leben noch atbmea konate, lebte und wirkte in Rumänien. Für mich und alle meine Freunde waren die Namen der rumänischen Städte geheiligt. Wenn einer unserer Patrioten von der oltomanischen Regierung in der rohesten Weise vertrieben wurde, fand er in Rumänien eine sichere Zufluchtsstätte. Ja, rumänische Brüder, euer Boden war sür un» das gelobte Land. Am Beginne unserer nationalen Wiedergeburt vernahmen wir die ersten Stimmen, die un» ou- dem Schlafe der Unterjochung erweckten, au» Rumänien. Euer Laad war sür unS der leuchtend« Herd der Freiheit, die Hoff- nung auf neue- Leben und Fortschritt. Wenngleich Vasallen der mächtigen Sultaue, so gewährten die Rumänen den rcvoluti». nären EomilöS eine Stätte und beschützten deren Organisation. Sie gestatteten einem RakowSkq, seine seurige» Reden za ballen und erlaubten dem Ljuben Karawelow, dir Blätter „Swoboda' und „Nelavislmostt" zu publiclren, ihr habt dem rastlosen Batew erlaubt, da» „Wort eine» flüchtigen Bulgaren" uns berüberzu- senden. Ibr habt ihm die Herausgabe de» „Snamea" (Banners eine« öffentlichen Organe», gestatte», welche«, wenn eS jetzt in Bulgarien erscheinen würde, sicherlich die Entrüstung jener Horb« von Berräihern erkolgrn würde, vou der leider da« Laierlaad hemigesucht wird. Euer Boden nährte die Apostel der bulgarischen Freiheit, die riesenhaften Kampfer Unserer Unabhängigkeit, dir LevSky, DenkowSkq, Hodji - Dimitriu, Earagea und Bolow; jene ganze Reihe unserer Märtyrer, welche später aus dem Felde de« heiligen Kampfe« durch de» Strang oder in den türkischen Gesäng. »iss-» getödlet wurden. Damit ist jedoch die Großmuth de« rumä Nischen Volke» noch nicht zu Ende. An» Rumänien kamen ge- wassnet jene Helden der Freiheit: Totziu und Panojot im Jadre 1866, Hadji Dimiiriu 1868. Batew und Audrre im Jahre 1876. Leipzig, 16. September 1886. * Im Reichstage ist bereit» die Vorlage, betreffend dm Handelsvertrag zwischen Deutschland undSpanie». eingegangen. ES ist genau dasselbe Schriftstück, wie eS dem BunvcSrathe vorgetegl worden ist; auch die Denkschrift ist unverändert geblieben. Weitere Arbeiten für den Reichstag liegen nickt vor, eS ist daher sehr wahrscheinlich, daß wenn nicht unberechenbare Zwischenfälle eintrrlen, die Session sich über die lausende Woche nicht auSdehnen wird. * Unter der Uebcrschrist: „DaS Schwurgericht auf dem Juristentage" lesm wir in der freiconservativen „Post": Bei Berathung der Reich-justizgesehe war der Gedanke, die Geschworenengerichte durch ein nach den Principien der Schöffengerichte organislrte», aus Juristen und Laien zulamme». gesrtzleS Spruchcollcgium zu ersitzen, in der Minderheit geblieben. Die Anhänger desselben waren zumeist praktische Juristen und andere im praktischen Leben stehende Männer, welche ihr Unheil aus die Erfahrungen gründeten, welche in Bezug aus die Richtigkeit der Wahrsprüche der Geschworenen gemacht waren. Auch die Leriheidigrr der Schwurgericht stützt» sich aus Gründe des Recht-, überwiegend freilich theoretischer Nciiur Bor Allem aber wurden politische Gründe für da» Institut der Geschworenen gellend gcniachl. Insbesondere der radikale Liberalismus erblickte in ihm im Hmblick aus die Be- strebungen, all« politischen und Preßprocessc vor die Geschworenen zu bringen, ein Palladium der bürgerlichen Freiheit, und die Au- Hänger der Schöffengericht wurden in Rede und Schrift als Erz. reaclionäre und Feinde der VolkSsreiheit geschmäht. Die politischen Gründe überwogen, wie dies in einer politischen Versammlung er klärlich ist, im Reichstage und man begnügt sich mit dem Pcrsuche, durch kleine Modifikationen den unleugbar vorhandenen liebeln ab zuhelfen, behielt ober da» Institut der Geschworenen bei. Noch al» vor einiger Zeit von der Regierung zur Behebung der schweren Lasten, welche der Beschworencndienst nomenilich sür die Bewohner de- platten Landet nach sich zieht, eine Verminderung der Zahl der rechtsprechenden Laien vorgeschlagen, im Uebrigen aber an dem Institut selbst nicht» geändert werden sollte, wurde die Absicht al- ein schwere» Attentat gegen die Volk-recht bezeichnet »iid (der gesammte Chor der freisinnigen Presse schrie, wie aus Conimando: ReactionI Dcmgeg-nüber ist die Verhandlung und Entschließung der Section sür Strafrecht aus dem eben tagenden Juristentage von besonderem Interesse. In derselbe» ist nach zweilagiger Debatte ein Beschluß angenommen worden, welcher da- Institut der Geschworenengericht direct trifft, sich dagegen lehr lebhaft sür dal der Schöffengerichte auSspricht. In der Verhandlung erklärte die Mrhrzabl der praktische» Juristen, und zwar aus den ver schiedensten LandeSlheilen, au» Süd- wie au» Norddeuilchland, daß dt Geschworenengericht sich nicht bewäbrt haben, daß »ach den gemachten Eriabrungen ihre Abschaffung vielmehr im Jntressi einer gerechten Rechilprechung liege. Aber selbst von den Gegnern de» Beschlüsse» dal keiner sich mit Entschiedenheit zum Verihcidigcr der Geschworenengerichte ausgeworsen, vielmehr ist der Beschluß vor nehmlich mit dem dilaloriichen Einwande bckämvst worben, daß die Materialien, sowie die inzwischen gemacht» Ersahrunae» zu einem abschließenden vcrwersenden Urthril über die Gr- schworenengericht nicht ausreichtn. Sogar Herr Muuckel, ob wohl nur zu geneigt, tue Fragen der SirairechrSpfleqe von dem einseitigcn «tandvuncte de» Benheidiger» zu behandeln, und eia starrer ForischriilSman», mußie die Mängel de» Instituts der Ge- schworenen anerkennen und sich in der Haupisache gtichsall» auf dilatorische Einwendungen beschränken. Herr vr. Gneist, welcher gleichfalls non liguet plaidirte, wa» nicht Wunder nimmt, wenn man sich seiner lebbaslen srübere» Befürwortung der Schwurgericht« erinnert, endlich sah sich zu der Aeuß-rung getrieben, daß er den Ersatz der Schwurgerichte durch ein Schöffengericht nachdem «rs-rüng- lichen Leonhardt'ichen Vorschläge voraussehe. Dieser Ausspruch der betreffenden Sektion de» Juristentage« fällt um so mehr in da« Gewicht, al« derselbe von den berufensten > Fachmännern und lrdiglich von dem Standpuncte der Rechtspflege ohne politische Nebengedanken gefaßt ist. Er ist eine glänzende Rechtsertiguua für die Minderheit, welche sich bei Berathung der l ReichSjustizgesetz« durch den Lärm der politischen Tage-presse uicht
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite