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Memuer Anzeiger und Zeitung für Seifersdorf ei* 10. Jahrgang Donnerstag, den 7. Oktober 1897 Nummer 116 Wittig. Z s (Nachdruck Sörsc 1 LUK' !, niE Ihre dankbare Ottilie Hartwig." Baron Engelbert las den Brief wiederholt. Sein p>-> ^'ßmüthiges Herz tvar von der traurigen Stinnnnng ge- er; sie sagte ihm die zartesten Schmeicheleien, worüber er liihrt, in welcher der Brief geschrieben war. mittln« s lr. 0 A leder Seite des Gesichtes trug. besuchen wird. (Fortsetzung folgt.) Z Z MUS i6 3. !0 ?k. i. La»^ bei ikst 2,oo 3,20 Rabenau, am 29. September 1897. Den Uü^genmsislvn. Deu Barou Engelbert erfaßte eine entschiedene Ab- Gigling gegen sie. weizen t' Kilo, .^ Inserate kosten die Spaltenzeile oder deren Raum 10 Pf., für auswärtige Inserenten 15 Pf. Tabellarische Inserate werden doppelt berechnet. Annahme von Anzeigen für alle Zeitungen. Erscheint Dienstag, Donnerstag u. Sonnabend. Abonnements preis einschließlich der illustrirten Beilagen „Gute Geister" u. „Zeitbilder" sowie des illustr. Witzblattes „Seifenblasen" 1,50 Mk. Leider muß ich selbst au Sie schreiben. Ich habe weder Vater, noch Bräutigam, noch Gemahl, die sich über die Rettung meines Lebens freuen konnten. Ich bin Wittwe und stehe ganz allein auf der Welt. Wollen Sie mich nicht in meinem Hotel besuchen und mir ge statten, Ihnen noch nachdrücklicher persönlich zn danken? Ich erwarte Sie heute Vormittag um 11 Uhr auf meinem Zimmer. Weisen überließ er Frau Hartwig eines zu ihrer Verfügung. Die Wittwe nahm es gern an und verschaffte sich ein elegantes Reitkleid aus der Stadt und ritt mit dem Baron aus. Sie fuhr auch mit ihm in seinem offenen, niedrigen Wagen und verneigte sich bei solchen Gelegenheiten nach rechts und links mit der gnädigen Herablassung einer Prinzessin. Auch fuhr sie ganze Tage lang mit ihm in seinem zierlichen Boote, wobei ihre Gesellschafterin sie stets be gleitete und zuletzt ging das Gerücht, daß der Baron mit der Wittwe verlobt sei. Baron Engelbert erfuhr dies; und es brachte ihn zum Nachdenken. Frau Hartwig's Gesellschaft war ihm zur Noth wendigkeit geworden. Sie hatte denselben Geschmack wie erll- l 8 W itg und eine breite, korallensarbene Schärpe. „Dies ist Frau Hartwig, Herr Baron," sagte^ die Gesellschafterin. Fran Hartwig stürzte auf ihn zn und erfaßte seine beiden Hände. Ihre vollen, üppigen Lippen zitterten, und ihre schwarzen Augen füllten sich mit Thränen. Dann dankte sie ihrem Netter mit gebrochener Stimme für sein ritter liches Benehmen und versicherte ihm, daß sie ihr ganzes Leben lang ihm dankbar für ihre Rettung sein würde. Ihre Versicherungen waren nicht übertrieben, und der arglose Baron nahm sie für baare Münze, obwohl sie ihn in Verlegenheit brachten. Er blieb eine volle Stunde bei Frau Hartwig, da er ihre Gesellschaft entzückend und überaus anziehend fand. Die Gesellschafterin saß stumm und mit einer Stickerei beschäftigt wie ein grauer Schatten ein wenig entfernt von ihnen; aber ihre Anwesenheit störte den Baron und Frau Hartwig nicht im gegenseitigen Verkehr. Als Baron Engelbert sich endlich verabschiedet hatte, schlenderte er langsam dahin, während Frau Hartwig's dunkles Gesicht und die glänzenden schwarzen Augen ihm stets vorschwebten. Er dachte, sie sei die reizendste Frau die er gesehen. Von diesem Tage an, die ganze Saison hindurch, war der Baron ein häufiger Besuches bei Frau Hartwig. Die Gesellschafterin war stets gegenwärtig, damit die bösen Zungen nicht über die Dame reden konnten. Baron Engelberth hatte seine eigenen Pferde und Diese Worte waren kaum gesprochen, als die Thür des inneren Zimmers sich öffnete und Frau Hartwig eintrat. Barou Engelbert verbeugte sich tief. Diese Dame Ivar keineswegs die ältliche, melancholische Persönlichkeit, die er zu sehen erwartet. Sie war unge fähr dreißig Jahre alt, groß, schon gewachsen und hatte Neigung zur Wohlbeleibtheit. Sie hielt den Kopf ein wenig stolz erhoben. Ihr Gesicht mit dem brünetten Teint, den glänzenden schwarzen Angen, der griechischen Nase, den schmalen Augenbrauen und dem sein gezeichneten Munde war sehr schön. Sie hatte ein ungemein anziehendes Benehme», was Baron Engelbert schon empfand, ehe sie noch gesprochen hatte. Frau Hartwig war nicht in Trauer gekleidet, und deshalb war es wahrscheinlich, daß sie schon längst Wittlve war. mm 6g Mithin begab sich Baron Engelbert um elf, elegant Meidet, nach dem genannten Hotel. Ec schickte der Dame Me Karte, ging dann selbst hinauf und klopfte an Frau Mtwig's Thür. Dieselbe wurde gleich darauf von der Gesellschafterin Wfnel, welche ihn sehr herzlich begrüßte und ihm einen Platz anbot. tzweizem „Nein, ich bin nicht Frau Hartwig," lautete die Ant wort, indem die Angeredete verstohlen des Barons Gesicht Machtete; „ich bin nur Frau Hartwig's Gesellschaften» Frau Altmann. Meine Herrin hat soeben ihre Karte "»Pfangen; sie wird gleich kommen." ratheten Tochter wohnende Wittwe war beim Umzuge thätig. Kurze Zeit »ach dem Verlasse» der alte» Wohuimg sank sie wie leblos zur Erde und befindet sich noch in demselben Zustande. Die polizeiärztliche Untersuchung ergab, daß ein Fall von Schlafsucht vorlag. — Die Schreckensthat eines Wahnsinnigen wird aus Rotterdam gemeldet. Der deutsche Uhrmacher Gustav Friedrich Müller, der Sohn eines Berliner Eisenbahn beamten, hat, offenbar in einem plötzlichen Wahnsinnsan fall, seine 22jährige Frau, geborene Margarethe Hannemann, ebenfalls eine Deutsche, und sein 11 Monate altes Kind abgeschlachtet. Der Mörder erzählte gelassen alle Einzel heiten der Mordthat und holte das Küchenmesser hervor, mit dem er das Verbrechen begangen hatte. Aus diesem Aulaß rühmte er sich, daß dies nicht seine erste Mordthat sei. In Deutschland will er seinen Vater, seine Mutter und nicht weniger als 14 Frane» in gleicher Weise ge- tödtet haben. Auch behauptet er, längere Zeit in einem deutschen Jrreuhause zugebracht zu haben. Obwohl man allen diesen Angaben keinen Glauben schenkt, hat die Rotterdamer Polizei doch eine Kommission nach Deutsch land zur Prüfung der Augäbeu Müller's entsendet. Bis zur Stunde der That hatte der Mörder keinerlei Anzeichen von Wahnsinn verrathen. Er galt als fleißiger, braver Handwerker, war niemals betrunken und führte, wie alle Nachbar» ttberei»stimme»d aussage», ein glückliches Familienleben. Seine Frau war ebenfalls als fleißige und brave Hausfrau bekauut. Der Mörder weiß keinen Aufschluß über die Beweggründe seiner That zu geben, wie ihm überhaupt das Bewußtsein seines Verbrechens mangelt. Im Gefängniß, wo er bis zur irrcnärztlichen Untersuchung seines Geisteszustandes untergebracht ist, raucht er vergnügt seine Cigarren und unterhält sich mit den Aufsehern, als ob nichts vorgefallen wäre. eile« Z- 'S liches Talent bekundete. Sie paßte in jede Lebensstellung, selbst in die höchste, und Baron Engelbert dachte mit freudig klopfendem Herzen, daß sie wie eine Prinzessin in seinem schönen Heim herrschen würde. Kurz und gut, als er sein Herz befragte, fand er, daß er sie liebe, aber nicht mit dem jugendlichen Feuer, mit dem er seine verstorbene Frau augebetet, die für ihn immer so jung blieb wie sie dainals war, als er sie begraben, sondern mit der Leidenschaft des späteren Mannesalters; es war eine heftige Neigung voll Eifersucht, die alles giebt und alles begehrt. Er fühlte sich einsam, da seine Kinder weit weg von ihm waren; er hatte viele traurige Stunden gekannt und Hütte gern die Hälfte seines Neichthnms für Mitgefühl und Liebe geben. „Beides werde ich bei Ottilie finden," dachte er, wäh rend seine Züge sich erhellten. „Ich werde meinen Kindern kein Unrecht zufügen, wenn ich mich verheirathe. Mein Sohn wird mein Landgut erben, und das Vermögen meiner Tochter wird durch eine zweite Heirath nicht gefährdet sein. Marie ist jetzt sechzehn Jahee alt, in zwei Jahren kommt sie nach Hause. Ich kann doch nichts Besseres für sie thnn, als ihr eine schöne Mntter znsühren, die jung genug ist, um ihr Vertrauen zu gewinnen, und alt genug, um sie zu leiten. Ottilie wird meine Tochter lieben und Mariens beste Ehreudame sein, wenn sie die Gesellschaften Aus Nah und Fern. — Herr Gärtnereibesitzer Johannes Ebner, hier, Kurtze auf der Allgemeinen Gartenbau-Ausstellung in Hamburg sür hervorragende Leistungen in der Palmeu- kid anderen Blattpflanzen-Cultur mit der kleinen silbernen Medaille ausgezeichnet. — Die „Deutsche Lehrerzeitmig" theilt eine bemerkens- M'the Entscheidung des Reichsgerichts mit, wonach falsche Angaben in Dispensativnsgesuchen für Schüler, 1B. die unwahre Behauptung, das Kind sei krank, als Hrkuudcmsälschung anzusehe» und zn bestrafen sind. — In der Durchfahrt des Rittergutes in Pot- jchappel wurde der uuverheirathete Arbeiter Liedl, der Mt in betrunkenem Zustande gelegen hatte, von einem Geschirr des Fuhrwerksbesitzers Pietzsch aus Deuben so »»glücklich überfahren, daß der Tod des Maniles sofort eingetreten ist. Der Kopf des Verunglückten war schrecklich verunstaltet. Den Führer des Geschirres trifft keine Schuld. — Ain Sonnabend Abend gegen 7 Uhr wurde der Schuhmacher Zill aus Lungkwitz in der Nähe des Gast hauses zu Kl.-Kreischa von einem von Kreischa kommenden Geschirr überfahren. Zill erlitt hierbei außer kleineren Verletzungen einen Nippenbruch. — Erblindet ist die Ehefrau des Gartenbesitzers Ha- laiig in Oberseifersdorf in Folge eines Schlages, den sie beim Melken einer Kuh vou derselben ins Gesicht erhielt. — Der Todtengräber von Thiersheim bei Hof hat ein zu weiches Herz. Er kann den Jammer bei den Be- gräbuissen nicht ansehen, ohne eine kräftige „Stärkung" zu sich zu nehmen. Neulich aber vergriff er sich in der Dosis und siel bei der Beerdigung eines Kindes in betrunkenem Zustande neben deu Trägern zusammen. Er mußte von einem der Leidtragenden weggebracht werden. Der Herr Pfarrer aber sprach mit ihm am andern Tage ein ernstes Wort. — Eine entsetzliche That ist auf einem Gute im Kreise Eckernförde begangen worden, indem zwei polnische Ar beiter einen am Strande der Ostsee wohnenden Tagelöhner schrecklich mißhandelt und lebendig begraben haben- Der Unglückliche war mit den Polen in Streit gerathen und wurde Abends als er sich in seine Wohnung begab, über falle». Die Gegner verletzten »nd mißhandelten ihn der art, daß er anscheinend leblos zn Boden sank. Um die Unthat zu verheimliche», bedeckte» die Unmenschen den Körper vollständig mit Steinen und ergriffen die Flucht. Als der Tagelöhner nicht heimkehrte, stellten die Angehörigen Nachforschungen an. Aus dem Steinhaufeu draug leises Wimmern hervor; man fand den Aermsten noch lebend vor. —- Von einem merkwürdigen Fall von Schlafsucht berichtet man aus Königsberg: Eine bei ihrer verhei- Sie trug ein prachtvoll gesticktes weißes Morgenkleid > §anz ersreut war, ohne zu begreifen warum. Sie las seine mit einer langen Schleppe, eine blaßrvthe Korallenbrosche Lieblingsbücher, spielte seine Lieblingsmnsik, wobei sic ziem- )l, PN' ler MW,.! Znbnkai^ Nachbestellungen M den „Rabenauer Anzeiger" für das 4. Quartal werden jederzeit noch von allen Postämtern, Brief- irägern, sowie von der Verlagsexpedition und deren Boten angenommen. Der Abonnementspreis beträgt nur 1,50 Mk. (uw i Mo: K ' >00 »« ich DE,< den: Semmes loviiHldls Verwegenes Spiel. Roma» von F. Sie niers von Ostermann. „Habe ich die Ehre, Frau Hartwig zu sehen?" fragte f' höflich. !. MNiM 132, vH neriknnM w, do. » o». an». Aotz- und Kleiuölfa, Obernaundorf, Haiusberg, Eckersdorf, Eoßmannsdorf, Lübau, Borlas, Spechtritz re Mit verbindlicher Publikationskraft für amtliche Bekanntmachungen. Bekanntmachung. Der auf das 3. Vierteljahr 1897 am 1. Oktober fällige ^asserzins ist zur Vermeidung von Weiterungen von M Hausbesitzern sofort und längstens innerhalb 10 ^ugcn zu entrichten. „Eine Wittwe und ganz allein in der Welt!" dachte! „Arme Fran! Was könnte trauriger sein als das! die ist gewiß ältlich und hat all ihre Kinder verloren, no: M will ihren Dank nicht, aber wen» ich die arme Seele w. dicklich mache» kan», indem ich ihr einen Besuch mache, Mn will ich es thnn." v" ei» spitzes Kinn, eine blasse, schmutzig-grane Gesichts- vamm "1, ^be und röthliches Haar, das sie in drei Puffen ans t'fteuei'l- l'f uw 5» 1 Ml- ' Die Gesellschafterin war groß nnd knochig, hatte mar- » M^e Züge, in welchen ein charakteristischer Ausdruck von Merkwürdiger Härte und Strenge lag. Ihre Lippen waren ... v Mi, sgx gewöhnlich zusammcngekniffcn. Ihre Augen, UMhellgrau, wie die einer Katze, blickten verstohlen drein. Sie Mte ein spitzes Kinn, eine blasse, schmutzig-grane Gesichts-