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Dresdner Journal Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartman«. V 2«2 1851 Dieses Blatt erscheint mit Slusnahme Prri« für das Vierteljahr Thaler. des Sonntags täglich Abends und ist TVNNllVtllV, vtA 4. Jusertious - Gebühren für den Raum durch alle Postanstalten zu beziehen. kiuer gespalteuen Zeile 1 Neugroschen. Amtlicher Theil. Dresden, 2. October. Se. König!. Hoheit der Prinz Albert ist heute Mittag aus dem CantonnementSquartiere Brandts wieder hier eingetroffen. Dresden, 20. September. Se. Maj. der König haben dem königl. Bundestagsgesandten Geheimen Rath Nostitz und Jänckendorf das Comthurkreuz erster Classe des Ver dienstordens zu verleihen geruht. Tagesgeschichte. Wien, 30. September. (Oester. R.) Die Vorlagen über die künftige Gestaltung Oesterreichs, mit deren Abfassung durch die Erlasse vom 20. August der Minister präsident und der Präsident des Reichörathes beauftragt wurden, sind, wie wir zu versichern in der Lage sind, voll endet und dürften der Entscheidung des Monarchen in der nächsten Zeit unterbreitet werden. Der Grundgedanke dieser' Arbeit bleibt, wie es in den kaiserlichen Handschreiben aus gesprochen ist, die Einheit des Reiches. Die zweitheilige Monarchie, in welcher die Hälfte des Staates für die andere Ausland war, ist unmöglich geworden. Die Stellung des Königreiches Ungarn wird keine andere, als die einer großen Provinz des Gesammtreiches sein. Das einige Oesterreich ist der Preis der Anstrengungen und Kämpfe der letzten Jahre. Es können die Eigenthümlichkeiten der einzelnen Länder gewahrt werden, die Gesetzgebung wird die Sitten weder ändern noch eigenmächtig verletzen wollen, aber in allen Angelegenheiten, welche nothwendig in den Wirkungs kreis der Regierung des Kaisers gehören, in allen Fragen, welche die Sicherheit und Leichtigkeit deS bürgerlichen Ver kehrs in den verschiedenen Theilen des Reiches bedingen, wird der Grundsatz der Einheit unverbrüchlich festgehalten werden. — Die Vertretung der einzelnen Kronländer soll in der Weise geregelt sein, daß die Interessen des Landes berathschlagenden Versammlungen vorgelegt würden, welche namentlich in Besteuerungsfragen ihr Gutachten zu erstat ten hätten. — (Oester. R.) Nach einer eben eingetroffenen tele graphischen Depesche hat Se. Majestät der Kaiser die be stimmt zewrsenk Reiseroute plötzlich geändert. Der Monarch kehrt auf dem kürzesten Wege mittelst Südbahn nach Schön brunn zurück und trifft daselbst schon am 2. d. M. früh ein. Die Reise nach Ischl dürfte gänzlich unterbleiben. Wien, 1. October. (T D.) Somma, 29. September. Se. Maj. der Kaiser verlassen heute 6 Uhr früh Somma, um sich nach Venedig zu begeben, allwo sich Allerhöchst- dieselben einen Tag aufzuhalten gedenken. Gestern Abends geruhten Se. Maj. dem preußischen General v. Wcangel und den Offizieren der Suite desselben k.k. Orden einhändigen zu lassen. — Venedig, 30. September, ^2 Uhr früh. Se. Maj. sind gestern von Somma über Verona kommend um halb 12 Uhr Nachts im besten Wohlsein hier angekommen und unter unbeschreiblichem Jubel der Bevölkerung mit Gefolge von mehr als 800 Gondeln durch den mit ben galischem Feuer beleuchteten Canal, dessen sämmtliche Paläste auf das festlichste geschmückt waren und auf welchem der Ponte - Rialto in prachtvoller architektonischer Beleuchtung prangte, eingezogen; um halb 1 Uhr waren Se. Maj. in dem kaiserlichen Palaste angelangt und wurden von der auf dem Markusplatze dichtgedrängten Volksmenge mit stürmischem Zurufe begrüßt. — Triest, 1. Oktober. Se. Maj. der Kaiser sind heule Nachts um halb 2 Uhr auf den Kriegs dampfer „Marianna" im besten Wohlsein in Tric einge troffen und haben soeben um H3 Uhr nach Mitternacht allerhöchst ihre Reise über Laibach fortgesetzt. Ungeachtet der sehr späten Nachtstunde war ein zahlreiches Publicum am Landungsplätze versammelt, welche« Se. Majestät mit lebhaftem Zurufe begrüßte. — (Ll.) Heute am 1. Oktober hat die diesjährige Telegraphenconferenz hier in Wien ihren Anfang genommen. — Der Zolltarif wird nächstens veröffentlicht. — Die „Oesterreichische Corresponbenz" schreibt: Die „Allgemeine Zeitung" brachte In ihrer Nummer vom 27. vorigen Monats drei diplomatische Aktenstücke, die Frei lassung Kossuth's und der übrigen Jnternirten zu Kjutahia betreffend. Der k. k. Geschäftsträger zu Konstan tinopel verwahrt sich in der ersterwähnten dieser Noten ge gen die Freilassung, auf all die zahlreichen Gründe gestützt, welche aus den bezüglichen, zwischen der Pforte und Oester reich bestehenden völkerrechtlichen Verträgen fließen. Nach dem Wortlaute derselben besaß Oesterreich daS unzweideu tige Recht, die Auslieferung der Flüchtlinge zu verlangen. Nachdem jedvch-das kaiserliche Cadinet über ein vom Sul tan an Se. Maj. den Kaiser gerichtetes Schreiben von der ihm vertragmäßig zustehenden Forderung der Auslieferung abstand, durfte »S m«t um so «ößercm Rechte erwarten, daß die dagegen von der Pforte ^vernommenen und freiwillig angebotenen Verpflichtungen in Bezug auf die Jnternirung und ihre Dauer redlich und gewissenhaft würden eingehal- ten werden. Diese Verpflichtungen sind in der vom os manischen Gesandten am Wiener Hofe, Mussurus, im Auf trage der Pforte überreichten Note vom 22. October 1849 so deutlich und bestimmt ausgedrückt, daß über den Um fang derselben nicht der leiseste Zweifel erübrigt. Die Pforte übernahm damit die Verpflichtung, die Gefangenen zu in- terniren und diese Maßregel nicht ohne erlangte Zustim mung Oesterreichs aufhören zu machen. Wenn Worte einen Sinn und Versprechungen im völkerrechtlichen Verkehre eine Bedeutung haben, so ist das Rechtsverhällniß klar und bestimmt. Oesterreich nahm daS Anerbieten der Pforte mit einer noch am nämlichen Tage übergebenen Antwortsnote an, und nach allen Rechtsprincipien haben diese ausgelausch ten Noten die Natur eines Staatsvertrages. Die Pforte, durch englische Einflüsterung«» ^-r"nlaßt, sucht« sehr bald an den eingegangenen Verbindlichkeiten zu mäkeln. Oester reich ist aber nie auf einen andern Standpunkt eingegan- gen, und wie die eben veröffentlichte Note deS Herrn v. Klark nachweist, hat es den Schriftenwechsel mit der Pforte über diesen Gegenstand mit dem Bemerken abge brochen, daß, wenn die Jnternirung ohne österreichische Zu stimmung aufgehoben werden wollte, man auf die ursprüng liche Grundlage der bestehenden Staalsverträge zurücktreten würde. Dieser Fall ist nun eingetreten. Die Pforte hat nicht nur die Pflichten aus den bestehenden Staatsverträ gen unerfüllt gelassen, sondern auch die für den speciellen Fall eingegangenen besonderen Verbindlichkeiten gebrochen. Unser ganzes Verhältniß zur Pforte ist dadurch ein ande res geworden. Wir haben ihr gegenüber nichts weiter als unfern eigenen Staatsnuhen zu Rathe zu ziehen. Dies dürfte Oesterreichs Politik von nun an bestimmen. Wir sprechen keine Drohungen aus und unterlassen es, unfern gerechten Unmuth in Vorwürfe einzukleiöen. Wir werden von Fall zu Fall handeln müssen, wie es für Oesterreich nützlich ist, auch wenn das Interesse der Pforte und die österreichische Staatsconvenienz sich nicht vereinigen lassen sollten. Denn an diesen Staat binden uns keine Vertrage mehr. Seine Eristenz interessirt uns nur so weit, als es unserer Politik, unserer Sorge für die Erhaltung des Frie dens entsprechen wird. Der österreichische Geschäftsträger hat die Pforte für alle Folgen verantwortlich gemacht, welche dieser Vertragsbruch für Oesterreich haben sollte. Das Ver halten der Flüchtlinge selbst und ihrer ausländischen Schutz- hrrren dürfte daher nicht ohne Einfluß auf die nächste Hal tung sein, welche die österreichische Regierung der Pforte gegenüber einnehmen wird. Die Pforte ist dadurch eini germaßen auf die Dankbarkeit derjenigen angewiesen, die unsere Feinde sind, und die sie sorgfältig in ihren Schutz genommen. Die Pforte, ehe sie eine so gefährliche Bahn betrat, wird cs daher wohl erwogen haben, ob sie ihr künf tiges Verhältniß zu den europäischen Nachbarstaaten in sehr verläßliche Hände gelegt habe. Berlin, 2. October. (Pr. Z.) Gestern Abcnd nach 11 Uhr, zu derselben Zeil in der vor 3 Tagen der Prinz Wilhelm königliche Hoheit das Zeitliche gesegnet hatte, wurde der Sarg, der die sterbliche Hülle deS Prinzen ent hielt, aus dem Schlosse nach dem Dome geführt, still, wie cs sein letztwilliger Wunsch gewesen. Vom Schloßportalc bis zur Vorhalle des Doms hatte sich eine zahlreiche Men schenreihe ausgestellt. Gegen halb 12 Uhr erschien der Trauerconduct. Langsam und schweigend bewegte sich der Zug dem Dome zu. Ihm folgten der Sohn des Hoch seligen, Se. königl. Hoheit Prinz Adalbert, und die hohe und niedere Dienerschaft des Dahingeschiedenen. Nachdem gegen Mitternacht der Sarg in die Kirche geführt und auf der Estrade vor dem Altäre niedergesetzt worden war, ent fernten sich die Anwesenden schweigend, wie sie gekommen und die Pforten des Domes schlossen sich bis zur kirchlichen Leichenbegängnißfeier des folgenden Tages, welche mit allen, einem Feldmacschall gebührenden Ehrenbezeugungen vor sich ging. Nachdem heute Morgen zwischen 9 und 10 Uhr die Glocken sämmtlicher Berliner Kirchen in dreimaligen Pausen ihre Klänge über die Stadt verbreitet, erschienen in den mit Leidtragenden der verschiedensten Stände dicht gefüllten Räumen deS Domes gegen 10 Uhr die allerhöchsten und höchsten Herrschaften, Ihre Majestäten der König und die Königin, Se. königl. Hoheit Prinz Adalbert, als nächster hoher Leidtragender, Ihre königl. Hoheiten der Prinz und die Prinzessin von Preußen, Ihre königl. Hoheit die ver witwete Großherzogin von Mecklenburg-Schwerin, die andern Prinzen und Prinzessinnen des königlichen Hauses, königliche Hoheiten, wi« auch bt« hier anwesenden höchsten Herr schaften. Hierauf nahm der LrauergotteSdienst seinen An fang , beginnend mit dem Choralgesange des Domchors: „Ich habe nun den Grund gefunden". Die Begräbniß- liturgie wechselte mit der ergreifenden Rede des Obercon- sistorialraths, Hof- und Dompredigers ör. Snethlage und dem Gesänge des Domchors. Den Schluß bildete der Lieder- vers: „Ach bleib mit deiner Treue bei uns, mein Herr und Gott". Der Sarg auf der Estrade des Altars war bedeckt mit der Krone und dem Säbel, der Schärpe und den Handschuhen, sowie den Insignien der Orden des hoch seligen Prinzen. Am Kopfende des Sarges stand der Hof marschall des Prinzen, Oberst v. Rochow, mit den In signien seines Amtes. Hinter dem Tabouret mit der Kette des schwarzen Adler-Ordens, der erste Adjutant, Oberst v. Schack, welcher auch in den Sterbegemächern die Todten- wache versehen hatte. Hinter dem Tabouret mit Stern und Band des rothen Adler-Ordens stand der zweite Ad jutant, Rittmeister Graf v. d. Gröben. Au beiden Seiten deS SargeS war die Dienerschaft des Dahingeschiedenen und die Deputation des zweiten Dragonecregiments, dessen Chef er war, aufgestellt. Als der Geistliche den Segen sprach, wurden in Pausen dreimal 12 Kanonen gelöst und drei Salven von drei Bataillonen gegeben, welche in der Kan- tianstraße und vor dem Dome ausgestellt waren- Unter den Klängen dec Orgel und der Glocken verließen nach Kloster Kovil. (Schluß.) An einem hölzernen Noihgerüste vorbei, an welchem einst weilen die Glocke aufgehängt war, gelangten wir an den Eingang der größern neuern der beiden Kirchen. Die Thür war auS den Angeln gehoben und inS Feuer geworfen. Ein ans der Erde gerissener Grabstein von rothem Marmor vertrat, quer vor den Eingang gelegt, ihre Stelle. Wir mußten ihn übersteigen, um inS Innere der ehemals so prachtvollen Kirche zu gelangen. WaS war von aller Pracht geblieben? Nichts als das nackte Gemäuer. Schwarze Rauchstreifen zierten die Wände statt der kostbaren Geräthe, und zahllose Spuren von Flintenschüssen zeigten von den Schießübungen, die hier im Vorbeigehen vorgenommen wurden und bei denen man sich statt einer Scheibe ein Marienbild zum Ziele genommen. Der Boden war allenthalben aufgeriffen, daS Marmorpflaster auSgehoben und zerschlagen, die unterirdischen Grüfte waren bloSgelegt. „Wo ist ihr Grab?" fragte der Offizier ängstlich. „Dort, Herr, rechts in der Nähe des Einganges, dort ruht Maria Straiimirovir, de» Serbenführers junge Frau, am 4. August 1848 der furchtbaren Erschütterung erlegen, welche die Ereignisse und namentlich der politische Zwiespalt in ihrer Familie — ihr Vater ist nämlich eifriger Serbe und ihr Bruder, Stefan Zäko, war ein eben so eifriger Magyar — in ihrem Gemüthr hervorbrachten. Sie war eS zumeist, nach der die Soldaten Perczel'S suchten, als sie alle Gräber dieses Klosters öffneten. Doch, wie ich Such sage, ein Wunder hat sie beschützt; ihr Grab wurde nicht entdeckt." Feuilleton. Giebt eS eine Ironie deS Zufalls, so giebt es wohl auch einen Ernst desselben. An der Stelle, unter welcher die früh verstorbene Frau beigesetzt war, lag ein kleines eisernes Kreuz, ein Rest der Verwüstung. Der Offizier nahm eS auf, drückte es an die Kippen, Thränen traten ihm ins Auge. Maria Stralimirovic mußte ihm werth gewesen sein. AuS der neuen Kirche begaben wir unS in die alte. Der Ein gang in dieselbe ist niedrig, halb versunken und führt durch tiefe, dunkle, mit Schutt erfüllte Räume. DaS Innere der Kirche mag für Forscher slavischen Alterthums manches Interesse haben. Sie umfaßt, wie alle serbischen Kirchen, zwei Abheilungen, deren vordere für die Gemeinde, deren Hintere für den Priester bestimmt ist, Die Wände sind mit Fresken bedeckt, durchweg kirchlichen Inhalts. Friese und Kuppeln enthalten Verzierungen und kirch liche Darstellungen, an denen mehr die Frische der Farben, als die Schönheit der Formen zu bewundern ist. „Auch die Türken haben diese» Land mit Feuer und Schwert durchzogen" — wandte sich der Kaludjer abermals gegen mich —, „auch fle waren in Kovil und Ihr könnt noch die Andenken ihrer Anwesenheit in verschlungenen NamenSzügen mit den Spitzen ihrer Doiche an die Wand gezeichnet sehen. Auch sie verübten Greuelthaten, die in tausend Liedern im Munde deS serbischen Volkes fortleben. Kirchen und Gräber jedoch waren ihnen heilig. Noch flehen die Kirchen und Klöster drüben in Syrmien als Zeugen davon. Wa» dir Ungläubigen auf ihren SiegeSzügen verschonten, da» zu verwüsten blieb den gläubigen Christen- schaaren Perczel'S übrig. Den Ruhm der Achtung vor Gottes häusern und Menschengräbern sollten die Jünger Mohamed's vor den Jüngern Christi voranöhaben!" Wir verließen die halb verschüttete Serbenkirche und setzten unfern Weg von der Stätte deö Grauens fort, um ans unserer Wanderung über den Kriegsschauplatz noch mancher andern, furchtbarer» zu begegne»; den» nicht leicht hat die »enere Kriegs- geschieh«? eine solche Masse von Verheerungen aiifzuweiscii, ein« solche Lust an, Zerstören, wie der Bürgerkrieg, der durch diese Gegenden gelost. Literatur. DaS von Gützlaff als eine der vorzüglichsten neuern Schriften über China nnd daS chinesische Volk empfohlene Werk deS Amerikaners S. W. Williams ist uns jetzt von C. L. Collmann in einer deutschen Uebersetzung zugänglich gemacht. Es trägt den Titel: „Das Reich der Mitte", und die erste Abtheilung — China mit den dazugehörigen Ländern in geographischer, statistischer und naturhistorischer Be ziehung enthaltend — ist in trefflicher Ausstattung (Kassel, Voll mann — Dresden, Arnold'sche Buchhandlung) erschienen. Genauigkeit, sprcielle Ausführlichkeit, eine sorgfältige, auf chinesische Autoritäten gegründete Beobachtung, unterstützt von einer vollkommenen Bekanntschaft mit der Sprache und Literatur de» Lande», machen dieses Werk zu dem besten bis jetzt eristirenden Handbnche über jene» Land, welche» durch rin Zusammenwirken verschiedener Ereignisse dem allgemeinen Weltverkehr immer mehr zngeführt wird. S. W. William'» Mittheilungen werden drei Bände füllen, aber er beruft sich zur Entschuldigung für den Um fang seiner Arbeit mit Recht auf den ungeheuer» Umfang dieses