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Nummer 32 — 26. Jahrgang «mol wöch. Bezugspreis für Februar 3,0« „st einschl. Bcstellgelü Anzeigenpreise: Tie Igesp, Petitzeile »0^. Stellengesuche 8« «Z, Die Petitrekiainezeile, 89 Milli, meter breit, 1 Oliertengebühren sür Selbstabholer 2« bei llebersenbung durch die Post außerbe« Portozuschlag. Sinzel-Nr. 10 L. Sonntags-Nr. 15 Geschäft!. TeU: Friedrich »isfer in Dresde». preiswert« Pols« ki«« llilittvai l>.ks!eili'lk!i 0re»6en K. PIII-IH»r S»r. « p-rnn»« 17477 Mittwoch. 9. Februar 1927 Am Falle höherer Gewalt erlischt jebe Verpflichtung auf Lieferung sowie Erfüllung o Anzeigenaufträgen u, Leistung v Schadenersatz Für unüeutl u. d. Fern ruf iibermitt, Anzeigen übernehmen wir keine Ver antwortung. Unverlangt eingesandte u. m Rllckporkr nicht versehene Manuskripte werd nicht aufbewahrt. Sprechstunde Ser Redaktion 2 3 Uhr nachmittag» Hauptschristleit.: Dr. IosephAlbsri. Dresden vieschäfisstellr, Druck und »Verlag: Earonta- Bnchdrnckerei AmbH.. Dresden «. I. Pülierstr-b« 17« geinrus elvIS. Postscheckkonto Dresden >4187. Banktonto: LreSdurr «aut, Dresden. Für christliche Politik und Kultur RedaNton der «Schslschea >v»l»Sj»ttun, DreSden-UItstadt 1. Pollerstrak« 17. gernrus Soll, mid »ISIS. Persönlichkeitserziehung Zur Abschaffung der Reifeprüfung. Von Dr. G. I. von Allesch. Privatdozent der Philosophie an der Berliner Universität. Unsere Zeit ist erfüllt von einem großen Ringen um die Synthese unseres geistigen Besitzes. Das gewaltige Wissensmaterial, das die Spezialforschung seit Beginn des 19. Jahrhunderts zutage gefördert hat, soll endlich aus seinem beziehungslosen Nebeneinander zu einer Einheit verschmolzen werden. Im Zusammenhang die ser großen geistigen Bewegung sind auch die Bestrebun gen zu verstehen, die auf die Abschaffung der Reifeprü fung als solcher in unseren höheren Lehranstalten ab zielen. 7'er Landtagsabgeordnete Geheimrat Faßbender ist vor einiger Zeit durch eine Rede im Preußischen Land tag lebhaft für dieses Ziel eingetreten, und hat seine Ge danken auch in einer Broschüre „Abiturium?" (Verlag Dr. Madaus in Radeburg bei Dresden), niedergelegt, die weitgehende Beachtung verdient. Denn sie er faßt das Problem mit seinen ganzen kulturellen und sozialethischen Hintergründen und zeigt, wie diese zunächst rein praktisch aussehende Frage mit den allgemeinsten Richtlinien unseres geistigen Lebens Zusammenhängen. Ter entscheidende Grundsatz ist, daß auch der Mensch nicht aus der Reihe von selbständig nebeneinander herlaufenden Kenntnissen und Fertigkeiten besteht, son dern daß es auf das ankommt, was wir die Persön lichkeit nennen, d. h. die Art, wie die Einzelwerte zu einem lebenden Ganzen verschnwlzen sind, wie aus ihrem Zusammenwirken neue Kräfte, neue Antriebe entstehen, die als die eigentlich formenden in der Entwicklung eines Volksganzen anzusehen sind. Ob aber die Wege für dieses Verschmelzen des in den Erziehungs- und Lernjahren erworbenen geistigen Gutes offenstehen, kann nicht in einem Examen sestge- stellt werden, sondern um das zu erkennen, ist eine viel tiefere und umfassendere Einsicht in die Persönlich keit des jungen Menschen nötig. Das kann nur durch längeren Umgang mit ihm geleistet wer den. Nur so kann man erkennen, ob sich außer den Kenntnissen auch der Wille und das Gemüt ent wickelt haben und ob sie aIle in eine solä)e Wechsel wirkung gelangt sind, daß sich daraus jener stabile und im Sinne der großen menschlichen Frage orientie rende Geisteszustand ergibt, den wir von den Führern des Volks verlangen müssen. Nun haben wir ja bereits in den zu Ostern dieses Jahres in Kraft tretenden Bestimmungen des preußi schen Ministeriums für Wissenschaft, Kunst und Volks bildung eine Einrichtung, die diesen Forderungen iveit entgegenkommt. Ueber jeden Schüler soll, bevor er zur Reifeprüfung zugelassen wird, ein Gutachten vom Lehr körper abgegeben werden, in dem seine Gesamtpersön lichkeit über die fachlichen Leistlingen hinaus beurteilt wird und in dem den besonderen Anlagen und Neigun gen Rechnung getragen ist- Dieses Gutachten entschei det über die Zulassung zum Abiturientenexamen. Faß bender wünscht nun, und man kann sich diesem Wunsch nur anschließen, daß gewissermaßen die Kompetenz die ses Gutachtens erweitert werde, indem es das Abitur ganz ersetzen soll. Dazu wäre freilich noch eine Vertie fung zu einem allseitigen Persönlichkeitsbild notwen dig, für die Faßbender die Hauptgesichtspunkte angibt. Man könnte da vielleicht noch hinzufügen, daß eine sorg fältige Scheidung zwischen vorübergehenden Zuständen und Entwicklungsphasen und dauernden Eigenschaften rnzustreben wäre. Neben diesen inneren Gründen zur Bekämpfung des Abiturs, stehen aber noch anders, die gewiß nicht gering zu achten sind. Vor allem ist es die Gesund heit, die in allgemein bekannter Weise durch die Auf regung und Ueberanstrengung des Examens manchmal zerstört, in vielen Füllen auf lange hinaus beeinträch tigt wird. Dann ist es die U n s a ch I i ch k e i t, die sich in den Aufbau des Wissens einschleichen muß, wenn der gegenstandfremde Gesichtspunkt des Examens beim Stu dium mitwirkt. Schließlich gehören auch noch die Zu fälle bei der Prüfung selbst hierher, durch die die Er gebnisse oft in einem ganz überraschenden Ausmaß gefälscht werd e.n, sei es durch die Aus wahl der Fragen, die Konstitution des Prüflings, seinen augenblicklichen Gesundheitszustand oder ähnliches. Freilich ganz ohne Sinn war die Einrichtung des Examens nicht. Aber es scheint sehr wohl möglich, ihre guten Wirkungen auch im Rahmen der neuen Einrichtung zu erreichen. Das Examen bedeutet für viele Schüler einen Zwang, ihr WMen zu festigen, zu präzisieren, Lücken auszufüllen. Wenn auch das rasch Erworbene rasch wieder zu verflüchtigen scheint, so bleibt doch gerade dort, wo in vielen Punkten ein echtes, festsitzendes, gut verstandenes Wissen vorhanden tst. auch vom plötzlich Neuhinzugewonnenen, das sich auf Laßt sie arbeiten! Lus parlamentarischen Kreisen Ivivd uns ge schrieben: Laßt die neue Regierung arbeiten! Es ist schwer genug gewesen, sie zustande zu bringen. Sie soll nun zeigen, >vas sie kan». Je mehr diese Regierung, in der sich die Deutschnationalen befinden, im Sinne des staatlichen und wirtschaftliäien Fort- schritts leistet, umso mehr wird auch oieser Staat selbst samt der Wirtschaft gefestigt. Je größere Fortschritte in der Innen- und Außenpolitik gemacht werden, umso stärker erweist sich die Richtigkeit dieser bisherigen politischen Linie. Es kann gar keinen bessere» Beweis für die Be rechtigung der seither getroffenen Maßnahme» nach innen und außen gebe», als die Tatsache, daß diejenige Partei, die acht Jahre lang in schroffer Opposition zum Staat und seinen Organen und Maßnahmen stand, nun mit all oiese» Faktoren zusammenarbcitet und das bisher Erreichte noch zu vervoll- kommenen sticht. Auf diese Arbeit muß nun das ganze Augenmerk gerichtet werden. Jeder Fehler, den diese Regierung machen wird, wird viel schwerer wiegen als bei jeder anderen Regierung zuvor, aber auch jeder Erfolg wird viel höher gemessen werde» als früher. Während jeder Fehler als Beweis dafür gedeutet würde, daß diese Regierung der inneren Harmonie und der gemein samen Zielsetzung entbehre, würde jeder Erfolg die Position der eheinaligen Opposition schrittweise verschlechtern. Ria» braucht gar kein politischer Prophet zu sein, um auszusprechen, roß diejenige Mehrheit, die die neue Regierung bei der Abstimmung über das Vertrauensvotum erhalten hat. die größte während ihres ganzen Bestehens sein dürfte. Denn bei jeder weiteren Abstimmung werden sich, da man sich'ja nun mit den realen Problemen selber absinden muß. die Vertrauensziffern mehr und mehr herabmindern. Es ist nicht ganz unwichtig, oaß der Punkt, an welchem Ersatz für diese Regierung dann geschaffen werden müßte, so verlegt wird, daß dem Wähler ganz klar wird, auf welche Seite er sich bei der vorzunehmenden neuen Wahl entscheidung zu stellen hat. Aber lassen ivir nun die Regierung einmal erst arbeiten. Die neuen Partner sollen zeigen, was sie können. DiesehlendenJenlrumsslimmen Die notwendige Aufklärung de» Falles Wirt-, Im Berliner Tageblatt wird die Tatiache erwähnt, datz an der Abstimmung über den Vertrauensantrag der neuen Roichsregierung vom Zentrum di« Abgeordneten Dr. Dei > auer, Dr. Ten Hempel, Jmbusch, Frau Phi- l>PP-Baden und der protestantiiche Zcntrumsabgeordnet« Röder-Baden stch nicht beteiligt hätten. Man kann wohl, io fährt das Berliner Tageblatt fort, be. den Abgeordneten Dessauer, Dr. Ten Hompel, Jmbusch, Frau Phr- daß s-e der Abstimmung ferngeblieben seien, weil sie sich zu einem Vertrauensvotum für die gegenwärtige Reichsregie-- rung nicht eutichl.es>,eu können, aber auch nicht, wie Dr. Wirth, dagegen stimmen wollten. Dazu stelle» wir folgendes fest: Die Abgeordneten Ten Hompek und Fra» P h :'k i p p - Baden waren durch Krankheit entschuldigt. Die übrigen Abgeordneten hat ten ebensalls triftige Gründe für ihre Abwe-enheit. Einige dieser Abgeordnete» haben übrigens auch bereits er klärt, daß sie, wenn sie in Berlin gewesen wären, für die Negierung gestimmt hätte». Es ist voll- s'unki, abwegig, das Fernbleiben d" er Abg.ordnen.'» mir der Abstimmung des Abgeordnete» Dr. Wirth in Verbin dung zu bringen. Das Verhalten Dr. Wirths be: der Abstimmung über das Vertrauensvotum wird am kommenden Sonntag lowohl den Reichsparte:vorstand als auch den Reichsparte.aus chnß des Zentrums beschäftigen. Unter der Ueberschrift „Ge schlossenheit ist notwen dig" wendet sich die „G e r-> mania" gegen das Verhalten Dr. Wirths und zitiert zur Bekräftigung ihrer Ausführungen das badiiche Zcntrums- organ, den „Badischen Beobachter", der u. a. schreibt, daß mä» die Abstimmung Dr. Wirths unter dem Gesichtspunkt der Parteidisziplin ganz entschieden mißbilligen müßte. Wir befinden uns, io schließt dn-s Berliner Zcntrumsblatt, sicher in Uebercinstinimung mit der übergroßen Mehrheit der Zentrumswähler, wenn wir der Hoffnung Ausdruck geben, daß das Politische Gewicht, das die Zentrumspartei in vie ler Koalition in vir Wagschate zu werfen hat, fernerhin nicht dnrch SondcrMioncn gestört wird. Wie das B. T. wissen will, wird Dr. Wirth nicht nur i» der nächsten Nummer seiner Wochenschrift „Deut sche Republik" seine Stellungnahme bei der Abstim mung über das Vertrauensvotum begründen, sondern er gedenkt auch in einer Reihe von Versammlung« » die Wählerschaft auszuklären, warum er dies« ablehnende Hal tung gegenüber der Reichsregierung enigonvmmen hat. das Alte stützt und es verbindet, viel zurück. Wenn man die Schlußprüfung abschasft, müßte man mit um so grö ßerem Nachdruck im Unterricht dafür sorgen, daß neben dem Festhalten an einem vorwärts schreitenden Lehr plan immer wieder für das Auffrischen der Zu sammenhänge und das Her st eilen der Quer schnitte gesorgt wird. Aber das ist eine Ausgabe, der der höhere Unterricht durchaus gewachsen ist. So kann man also sagen, die Abschaffung des Abiturs wird nicht nur von Vorteil für den Schüler sein, sondern sie wird durch-die notwendige Vertie fung der Persönlichkeitserforschung und in matürliäser Folge auch der P e r s ö n l i ch k e i t s - erzieh» ng und schließlich des Unterrichts selbst auch auf die Schule erneuernd wirken. Was sie versprochen haste» Die D e u t s ch na t i o n a l e n haben auf Grund eines Fraktionszwanges einmütig die Erklärung der Reichs regierung gebilligt. Man muh „für alle Fälle" noch einmal deutlich unterstreiche», >vas in diesen Erklärungen überhaupt ge standen hat. Bekanntlich Lauten sich die Erklärungen aus den Richtlinien aus, die nur ocshaib nicht mehr amtlich ver öffentlicht wurden, weil sie vorher durch eins Indiskretion bekanntgegoben waren, die aber ihrem Inhalte nach vollkommen bestehen. In der Regierungserklärung nun heißt es, daß die Regierung sich einig ist. daß die Grundlage unserer Politik, die Anerkennung der Rechtsgültigkeit der in der Verfassung von Weimar gegründeten republikanischen Staatsform, auch für üie Arbeit der neuen Regierung volle Geltung behalten soll. Es ist der feste Wille der Reichsregierung, für de» Schutz, die Achtung und die Ehre unserer geltenden Verfassung in ihrer Gesamtheit, ihrer Organe und ihrer Reichssarben, wie sie in Artikel 3 der Neichsversassung festgelegt sind, mit Tatkraft ein zutreten. Die Reichsverfassung ist durch Be Muß der Nationalver sammlung rechtmäßig zustande gekommen. Jeden Versuch gewaltsamer oder sonst ungesetzlicher Ab änderung wird die Reichsregierung als Hochverrat ahnden. Ins- besondere wird sie auch gegen alle Vereinigungen, die den lechiswldrigen und gewaltsamen Umsturz der bestehenden S'taotsform bezivecken. Vorgehen. Bezüglich -er Außenpolitik spricht, die Regierungserklä-' rung aus: So versteht sich von selbst, daß sie Reichsregicrung die bisherige Außenpolitik im Sinne der gegenwärtigen Verstän digung weiter verfolgen wird Die Außenpolitik, ivelchc die Reichsregierung seit Kriegs ende ohne Unterlaß unbeirrt verfolgt und die schließlich zu dem Londoner Daives-Abkommcn. zum Bcrtragswerk von Locarne und zum Eintritt i» den Völkerbund geführt ha!, ist gekenn zeichnet durch den Verzicht aus den Gedanken der Revanche, ihr« Tendenz ist vielmehr die Herbeiführung einer gegenseitige» B e rstnndigu N 'g. Wir können wirklich damit zufrieden sein, daß die Deutsch nationalen auf solchen« Boden politisch zu arbeilen verspreelzen daß sie einmütig diese Erklärungen billigen und cs kommt jetz! nur darauf an, scharf darauf acht zu geben, wie sich die Propa- ganda im Lande daraufhin einstellt. Wir denken gewiß nicht daran, den Deutschnationalen den Uebergana schwerer zu machen, als er ohnehin schon ist. aber wir haben andererseits auch allen Grund dazu, genau ans sie achtzugeben. Die vielgenannten Koiikorüalsoerhandlnnoen Berlin, 8. Februar Amtlich. Den in der Oeifentlichkeit immer noch verbreiteten Gerüchten über geheime Vereinbarungen mit dem Vatikan anläßlich der letzten Regierungsbildung ist mittlerweile sowohl von kirchlicher Seite als auch du ch die Rede des Zentrumsführcrs van Guerard im Reichs tag am 4. Februar scharf entgegengetreten worden. Seitens der R r i ch s r e g i e r n n g ist zu der Ange legenheit folgendes zu bemerken: Verhandlungen zwilchen der Neichsregierung und dem Heiligen Stuhle über den Abschluß eines Reichc-konlordalS haben a n l ä ß I! ch ' der B Idnng der neuen Neichsrcg c- rung nrcht geschwebt. D ose Frage ist in keinem Stadium der Besprechungen über die Regernngsbildnng überhaupt nur berührt worden. Im übrigen kan» über die in der Vergangenheit liegenden Konkordätsvorbere.iungen folgendes initgete:lt «verden: Das Problem einer Bcrständigung mit den kirchlichen Stellen über d.e vielfachen Wechselbeziehungen zwischen Staat und Kirche, soweit eine Reichszuständigkeit au' die cm Gebiete in Frage kommt, ist zeit Erlaß der neue» Reichs- Verfassung fast von allen N ichskabincttrn ernstlich er wogen worvcn. E n früheres von Reichskanzler Dr. Marc geführtes Reichskabinclt hat im Oktober 1924 brschlsslrii, di« nötigen Bvrarbcitrn für ein RrichSkonkorvat «vierer anfzunehmen. Aber auch Reichskanzler Dr. Luther hat immer auf den Abschluß eines deratigru Konkordats Wort gelegt. ES darf ferner an die Erklärungen erinnert wer» den. die am 30. Fnni 1020 zwilchen dem verstorbc «en Reichspräsident.» Ebert n„d dem beim Reich beglaubig ten Vädstliche« Herrn RuntiuS gewechlclt ward-., ilnd.