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r«. ssahrgany. Nr. «r» Areitao, >2. September isso »ratzlanISirist: «achrlckilen »resdei, Arrnlprecher-Lammelnummer: 2L2S1 «ui lüi IkachloejprL»- Nr. «oül» SchrllUeiluno u. HauptaeichLltSstelle: Dresden. A. l. Marienstrabe vü/c» -,,ug,g,»»hr dei Hgllch »welmallgei Anstellung monaM« ».SO M«. (einlchllestllch stv Vsg. für TrLgerlohn», durch Postbezug «.so Mk. elnlchlicstlich S« Psg. Postgebühr (ohne PoftzustellungSgebühe» bei 7ma> wöchentlichem Bcsiand. Stn,et,lummer >ll P>g., außerhalb Dresden» »S Psg. Anzeigen- prelle- Die einlpaltige so mm breite Aktie »» Psg., für auSwiirtS »0 Pjg. Vamtliena»,eigen und Ttellengcluche ohne Rabatt l» Psg., außerhalb 2» Psg.. die »o mm breite Rellamezeile »v» Psg» außerhalb 2Ü0 Pfg. Offertengebühr so Psg. Auswärtige Austräge gegen Borausbezahlung Druck ». Verlag: LIeplch » Reichardt, Dresden. Postschc^-Iito. ross DreSde» i!achdruck nur mit deutl.Quellenanaab« sDreidn. Nachr.) zuläillg. Unverlangt« vchrtststücke werden nich. aulbewahrt Scharfer Verstoß Sendersons ln Genf Dle Abrüstung -er Gimrslaaten gefordert Genf. 11. Sept. Der englische Außenminister Hen ver so n Hot i» der Nachmittagositzung der Völkerbnndsversainm- lung am Donnerstag die angckündigte grobe Rede gehalten, die sich »nerwartcterweisc zu cincm ungewöhnlich scharfen Vorstob gegen die bisher noch immer nicht erfolgte Ab rüstung der Siegermächte gestaltete. HcndcrsonS Er klärungen sind durch ihre ungewöhnlich scharf formulierte Forderung der Erfüllung der Abritstungsbestimmungcn der Friedensverträge und deü Völkerbundüvertrages das Ereignis beS Tages. Henderson gedachte eingangs der seit der letzten Völker bundsversammlung verstorbenen Staatsmänner V a l s o u r, Stresemann und N a n s e n. Wer die letzten Ausführun gen Dr. Stresemanns in der vorigen September-Ver sammlung angchört habe, sagte Henderson, habe sich davon überzeugen können, datz sich dieser große Führer für die Sache der europäischen Zusammenarbeit und der Völkerverständigung in ungewöhnlich hohem Maße eingesetzt habe. Stresemann sei ein grober deutscher Patriot gewesen und habe unter außer ordentlich schwierigen Umständen die Belange seines Landes in< internationalen Lebe» vertreten. Dem Wirken Dr. Stresemanns sei es zu danken, daß heute alle deutschen Ge biete von der militärischen Besetzung frei seien. Henderson sagt dann zur A b r ü st » n g s f r a g e u. a.: Nach der Auffassung der englischen Negierung seien Sicher heit und Abrüstung eng verbunden. Nichts könne die Völker stärker vor dem Ausbruch eines neuen Krieges schützen, als ein allgemeines Abrüstungsabkommen. Die Sicherheit sei undenkbar, solange das gegenwärtige Wettrüsten andauerc. Das ganze englische Volk sei sich darüber einig, die Maschi nerie des Völkerbundes in der Stcherheitsfrage nur dann weiter auszubauen, wenn die Abrüstung aushöre, eine leere Phrase z« sein, nnd endlich Wirklichkeit werde. Auf diesem Grundsatz werde die künftige englische Politik ausgebaut sein. Von asten Maßnahmen für die Sicherheit sei die Abrüstung bei weitem die wirksamste. Die Ziele des Völkerbundes wür den niemals erreicht, wenn nicht die Mächte sich entschlössen, auf Grund eines internationalen Abkommens zur allge meinen Abrüstung zu schreiten. Die Schöpfer des Völker- bundsvertragcs hätten niemals an eine internationale Zu sammenarbeit geglaubt, wenn die nationalen Nüstungen be stehen blieben. Deshalb sei in Artikel 8 des Völkcrbnnds- vertrages die Verpflichtung zu einer allgemeinen Herabsetzung und Beschränkung der nationalen Nüstungcn ausgenommen worden. Schon elf Fahre werde die AbriistnngSfrage ohne Fort schritte behandelt. Fetzt sei der Augenblick gekommen, endlich zu handeln. Die Abrttstungobcstimmnngcn des Bölkerbunddvcrtrages bildeten einen Teil der Friedens- Verträge. Fcde Negierung sei durch diese Verpflich tungen gebunden. Fn den Verhandlungen im Jahre 1818 sei diese Verpflichtung ausdrücklich wieder sestgelcgt und feierlich sodann von neuem in der Schlußakte des Locarnovertrages bestätigt morden. Vor zwei Jahren habe die Vülkcrbundsversammluug feierlich fcstgestcllt, daß der gegenwärtige Stand der Sicher heit den Abschluß eines allgemeinen Abrüstungsabkommens erlaube. Die Völker begännen an Treu und Glauben der Negierungen zu zweifeln. Die Londoner Flvttcnkonsercnz sei zweifellos ein Erfolg auf dem Wege zur Abrüstung. Eng land habe sich in dem Londoner Abkommen endgültig ver pflichtet, die Schlachtschiffe um 28 v H. zu vermindern und bis 1930 neue Schlachtschiffe nicht zu bauen. England hoffe, baß beim Zusammentritt der Weltabriistnngskonferenz weitere wesentliche Herabsetzungen der englischen Seestrcttkräste er reicht sein würden. Dir Herabsetzung der Rüstungen einzelner Mächte sei keine Erfüllung der internationalen Abrüstungsverpslichtnn- gen. Nur wenn ein allgemeines Abrüstungsabkommen für die Land-, Sec- und Luststrcitkräste abgeschlossen sei, könn ten die Fricdensverträge als erfüllt angesehen werden. Nnr dann werde der Friede Europas gesichert sein. England er warte. daß der Abrüstungsausschuß endlich zu cincm prak tische» Ergebnis gelangen werde, daß die Negierungen ihren Vertretern Anweisungen geben würden, die einen Erfolg der AbrüstungSverhandlungcn sicherten. England erwarte ferner die Einberufung der Welt abrüstungskonferenz zum Fahre 1831. Es betrachte die Abriistungssrage als die lebenswichtigste und dringendste von allen politischen Fragen, die jetzt erörtert würden. Die Negierungen hätten die Pflicht, den nächsten Krieg unmöglich zu machen, der noch schrecklicher sein würde als der letzte. Die englische Negierung rufe deshalb alle in Gens ver tretenen Negierungen auf, ihre Kräfte gemeinsam zur Er reichung des Zieles einzusctzcn, für das der Völkerbund ge schaffen worden sei. ^ Die Erklärungen HcndcrsonS, insbesondere die Fest stellung, daß die Abrüstung eine bindende Verpflich tung der Fricdensverträge darstcllc, wurden von einem großen Teile des Saales mit stürmischem Beifall aus genommen. Mehrfach wurden die Ausführungen des eng lischen Außenministers durch starken Beifall unterbrochen. Die Wirkung der Ncde war weit stärker als die der Vor mittagsrebe Nriands. Die Darlegungen Hendersons werden in Konferenzkreisen übereinstimmend als der ausgesprochene Gegensatz zu der französischen Stellungnahme in der Abriistungssrage aufgcfaßt. Man verweist darauf, daß England sich jetzt auf den deutschen Standpunkt gestellt hat, wonach ohne all gemeine Abrüstung die Friedensverträge und der Völker- bundsvcrtrag nicht erfüllt sind. Ferner hat Henderson ebenfalls den dentschen Stand punkt vertreten, daß die allgemeine Abrüstung die Voraussetzung für die allgemeine Sicherheit und die Völkerverständigung sei, während Frankreich meint, daß nur nach Schaffung genügen der Sicherheitsbürgschasten an die Abrüstung gegangen wer den könne. Henderson hat die große Bedeutung der Wirt schaf t s f r a g e n stark in den Vordergrund gerückt, während Briand diese am Vormittag mit keinem Wort erwähnte. All gemein ist ferner ausgefallen, daß Henderson im Gegensatz zu Briand gleich zu Beginn seiner Nede eingehend St re se in a n »S gedachte und mit selten warmen Worten dcS Ab leben Stresemanns bedauerte. Ser Eintwck in deutschen MkerbunMeisen Genf, 11. Sept. Reichsaußenminister Dr. Curtins wirb am Montag oder Dienstag nächster Woche vor der Völker bundsversammlung die übliche große Rede halten, in der er dem englischen Außenminister für die dem Andenken Dr. Stresemanns gewidmeten Worte danken wird. Auf deutscher Seite wird mit Befriedigung die Stellungnahme Hendersons hcrvorgehoben, daß das RcsetzungSrecht für Siegerstaaten mit der Nheinlandräumuua endgültig erloschen sei. Ferner wird darauf hingewiesen, daß die Rede des englischen Außenministers unmittelbar an die 1028 auf der Völker bundsversammlung vom damaligen Reichskanzler Müller gemachten Ausführungen über die Abrüstnngspflichten des Völkerbundes anknüpst. Entscheidende Bedeutung legt man der Tatsache bei, daß Henderson ausdrücklich die Annahme von SchiedsvergleichSverträgen durch England von der Regelung der Abrüstungsfrage abhängig gemacht hat. Gewaltiger Ausbruch -es Stromboli Glühende Lava ergießt sich ins Tal Nom, 11. Sept. Aus Messina wird gemeldet, daß DonnerStagvvrmittag der AnSwnrfkegcl des Vulkans Strom boli aus der gleichnamigen Insel der liparischen Gruppe auS- einanbcrgcplatzt ist. ES folgte ein heftiger Lava-Ausbruch nnd ein Regen von Steinen und glühender Asche. Die Lava hat sich in das Gebiet von Sankt Bartolo ergossen und dort Verwüstungen angerichtct. Nach dem „Gtornale d'Jtalia" sollen in der Ortschaft Stromboli und in der benachbarten Siedlung mehrere Verwundete zu beklagen sein. Gleichzeitig mit dem Ausbruch des Vulkans ist aus den L i p a r t - Inseln ein heftiger Erdstoß verspürt word-n. Die bestürzte Bevölkern»« der Insel Stromboli, die etwas über 2900 Köpfe zählt» hat sofort Hilfe anS Messina angesordert, von wo einige Torpedoboote mit Lebensmitteln, Decken nnd einer Abteilung Feuerwehr abgegangcn sind. An Bord der Kriegsschiffe befindet sich auch der stellvertretende Präsekt von Messina. Nach amtlicl>e» Meldungen hat sich der Stromboli im Lause des Tages wieder beruhigt. Es konnten die durch den Negen glühender Schlacke entstandenen Brände gelöscht werden. Die Zahl der Toten und Verletzten, sowie aS Ausmaß der Schäden ist noch nicht bekannt. Aus Tro- «a, der den liparischen Jnselu am nächste» gelegenen Stadt des italienischen Festlandes, wird gemeldet, daß kurz vor 10 Uhr ein vom Stromboli herrührendes lautes Rollen ver nommen und gleichzeitig ei» kurzer Erdstoß verspürt wurde. Bald darauf sah man vom Vulkan eine mächtige weiße Rauch wolke aussteigcn. Bet der Explosion hat der Stromboli einen breiten Riß erhalten. Der letzte größere Ausbruch des Strom boli hat sich im Jahre 1910 ereignet. In der Nähe von Florenz wurde am Mittwoch um 1 Uhr mittags ein leichter Erdstoß verspürt, der die Bevölkerung in Beunruhigung versetzte, aber keine Schäden verursacht«. E»tvmS StraßenbMlmsltiik in Stella Odessa, 11. Sept. Eine furchtbare Straßcnbahnkatastrophe, bei der fünf Fahrgäste getötet und fünfzig verletzt «uroen, hat sich heute in Odessa ereignet. Infolge des Versagens der Bremsen fuhr ein vollbesetzter Straßenbahnwagen in rasender Geschwindigkeit bergab, entgleiste und begrub die Fahrgäste unter sich. Srtgoven hat Argentinien verlassen London, 11. Sept. Meldungen ans La Plata zufolge hat der frühere Präsident Jrtgoycn in Begleitung seiner Tochter am DonnerStagvvrmittag an Bord des Kreuzers „Bclgrano" Argentinien verlassen. Das Schiff nahm Kurs tn Richtung auf Montevideo. Kuliffengeheimmsse Seit Wochen agitieren die kleineren und größeren Geister der Sozialdemokratie mit einer Skrupellosigkeit, die kaum von den Kommunisten überboten werden kann. Die jämmer lichen Mißerfolge des Kabinetts Müller hat ja unterdessen das sprichwörtlich schlechte, durch Partetphrasen unterernährte Gedächtnis des Zeitgenossen wieder vergessen. Die Flucht tn die Verantwortungslosigkeit ist den Sozialisten gut bekommen. Heute stehen die Volkstribuncn vor deu Masten und brüllen um die Wette mit den Sprechchören den schönen Vers: „Denn mit den Acrmslcn der Armen hat Herr Brüning kein Erbarmen." Und die demonstrierenden sozia listischen Massen wälzen sich durch die Straßen, rote Fahnen flattern <die schwarz-rot-goldenen sind längst verschwunden), aufreizende Transparente leuchten, Flüche werden gegen bas Bürgertum geschleudert. Die Hetze gegen die „verbürgerlichte Republik" hat sich gelohnt, das Gesundbad der Opposition war erfolgreich. Prall und feist und wohlgenährt ist die Sozial demokratische Partei. Man sieht es ihr nicht an, daß sie tn zweijähriger Negierung einen beispiellosen Mißerfolg erzielt hat, -aß sie in jeder Hinsicht so ungefähr das Gegenteil ihrer Versprechungen erreichte. Alles, alles vergessen. Einige Monate der Opposition und der radikalen Phrasen genügen, um die ausgebrochencn Schafe wieder in die Hürde der Vonzo- kratte zurückzubringen. So wenigstens denken die roten Parteiführer. Ob ihre Methode, aus die Dummheit der Massen zu spekulieren, richtig war. darüber kann erst der 14. September Ausschluß geben. Nun, das radikale Schlag mort hat seine Schuldigkeit getan. Jetzt heißt es zu zeigen, daß die mutige Sozialdemokratie nicht nur mit den blut rünstigen Moskowitern an Radikalismus wetteifern kann, sondern daß sie den großen Vorzug hat, zu positiver Ar beit für das werktätige Volk bereit zu sein. Seit einigen Tagen lautet die Parteiparole: Sozialdemokratische Staats männer an die Front. Die mildere Walze wird aufgelegt. Der preußische Ministerpräsident Braun und Minister a. D. Genosse Severing marschieren auf. Sie erklären ihre Bereitschaft, mitzuarbciten tn der neuen Retchsrcgierung. Die Massen sollen hören, daß die Sozialdemokratie nicht nur radikal, sondern auch verantwortungsbewußt zugleich ist. Genau wie vor der NcichStagswahl 1928. Die alte, ewig neue Taktik. Höfliche Anfrage an die bürgerlichen Mittel parteien, ob sie bereit seien, mit Braun und Genossen eine Negierung zu bilden. Sonst, so droht man, werde der rote Niese sein Recht fordern. Man hat nicht umsonst auf die Nachgiebigkeit, Vergeßlich keit und Unsicherheit der Mittelpartcicn spekuliert. Die Staatspartet erklärt sofort, sie könne sich eine zukünf tige parlamentarische Negierung nur mit dem großen roten Bruder denken. Zur Begründung verwechselt sie geschickt die Arbeiterschaft mit der sozialistischen Partcibürokratie. Aber auch das Zentrum wird unsicher. Wirth — wie könnte es auch anders sein — beteuert sofort seine alte Liebe zur Sozialdemokratie. Brüning ist etwas vorsichtiger. Aber trotzdem, seine Antwort verhüllt kaum noch die Bereitschaft, es nächstens auch wieder einmal mit der Sozialdemokratie zu versuchen, wenn er sagt, daß „das Zentrum die Arme auf macht für alle, die an der Verantwortung für eine schwere Arbeit teilnehmen wollen". Die Antworten befriedigen den marxistischen Ehrgeiz. Stolz bläht man sich in den Augen seiner Wähler. Fast so radikal in den Schlagmorten, wie die Kommunisten, und dabet verantwortungsbewußt und bereit zu positiver Mitarbeit. Ihr Staatsmann Braun hat gefragt, ob jemand daran zu zweifeln wagt, und ängstlich haben es die schwankenden Mittelpartcicn verneint, die sich tn Preußen als Teilhaber zweiten Grades an der sozialistischen Mach« so wohl sühlcn. Und weder das Zentrum noch die Staatspartet wird sich des klugen, taktischen Spieles be wußt, das die sozialistischen Führer aus- gesonnen haben. Sie wissen es. daß für ihre Partei die Opposition nur ein vorübergehendes Gesundbad sein darf. Denn ständige Verneinung tn Kon- kurrenzmitdemKommuntsmus, würdeauf die Dauer die Sozialdemokratie gegenüber den robusteren Moskowitern ins Hintertreffen führen. Es ist nun einmal so, daß der Radikalere den weniger Radikalen früher oder später schluckt. Also muß die Sozialdemokratie nach Zetten der Opposition tn die Verant- »st 8elte IS unä 16 - Krattkakrer