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56 Weißerih-Ieitung Freitag. M Erscheint Dienstag- und -l Freitag». , Zu beziehen ' durch alle Post. anstalten. so. Juli 1860. Pret» pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Pfg. Amis- und Anzeige-Mt der Königlichen Gerichts-Ämter nnd Stadträthe za Dippoldiswalde, Mnenllein und Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, den 18. Juli. Die seit einigen Tagen eingetretene anhaltende Hitze hat die besorgliche Stimmung wegen des Ausfalls der Ernte wieder ver scheucht und die erfreuliche Hoffnung aufs Neue belebt, daß der reiche Segen unserer Fluren uns nicht, wie vor zwei Jahren, werde verkümmert werden. Die Getreidepreisc, welche plötzlich auf das Regenwetter hin einen nicht sehr tröstlichen Anlauf zum Steigen nahmen, haben deshalb auch wieder ihren Rückmarsch angetreten, wenigstens nach den neuesten Börsenberichten aus den Haupthandelsplätzen. Auch diejenigen unserer Landwirthe, deren Geduld bei der im Gange gewesenen Heuernte auf eine schwere Probe gestellt worden war, sind nun zusriedengestrllt, freilich nicht in Bezug auf die Qualität, welche theilweise sehr gelitten halte. — Der Anblick der heute auberaumt gewesenen Sonnen finstern iß ist uns leider durch den dichten Wolkenschleier entzogen worden, der sich gerade während der ersten Nachmittagstunden über den betreffenden Theil des Himmels gelegt hatte. Wir werden uns darüber mit den vielen Tausenden trösten müssen, denen es ebenso ergangen ist, wie uns. ° Aus Altenberg. Am letztverflossenen Sonnabend feierten wir unser diesjähriges Bergfest in gewohnter solenner Weise. Halb neun Uhr des Vormittags begann die Bergparade; an diese schloß sich eine ziemlich bedeutende Anzahl Gönner und Freunde des Bergmannsstandes, sogar aus weiterer Ferne, an. Die drohenden Wolken hatten sich verzogen, und das Himmelsauge blickte unverhüllt auf uns hernieder; — da hörte man oft die Worte: „der liebe Gott muß den Bergleuten doch gut sein." Und das ist gewiß der Fall, wenn man bedenkt, welchen Gefahren das wackere Völkchen öfters auögesetzt ist. — Der stattliche Zug in seiner altcrthümlichen Pracht, mit wehender Fahne, bewegte sich gegen halb zehn Uhr in die Kirche, wo der Herr Pastor Oehler in seiner gewinnenden, zum Herzen gehenden Weise die Festpredigt hielt. Nach dem wahrhaft andächtigen Gottesdienste begab sich die 6reme der Gesellschaft in das sogenannte kleine Bergamt, — die wohlbekannte Apotheke, wo Freund Stichler die heitere Gesellschaft mit einem trefflichen Glase Wein erquickte. Gegen zwei Uhr des Nachmittags versammelte man sich in bunterReihe in hem erweiterten, zu einer recht freundlichen Räumlichkeit umgewandelteu Saale des Schießhauses zum Festmahle. Fast hundert Personen, darunter ein lieblicher Damenflor, hatten sich eingefunden. Nachdem Herr Pastor Oehler ein Gebet gesprochen, galt der erste, mit Jubel anfgenom- mene Trinkspruch unserm allverehrten Landesvater, ausgebracht vom Hrn. Bergmeister Perl; ihm reihten sich eiue große Anzahl ernster und heiterer Natur an. Die Heiterkeit war oft „ungeheuer." Nach aufgehobener Tafel, welche von Hrn. Behr recht wohl arrangirt und mit materiellen Genüssen versorgt worden war, begann mit einer, den Verdauungsprozeß gründlich befördern den Polonaise ein höchst gemüthlicheS Tänzchen, bis sich endlich der wackere Mann im schwarzen Kittel mit Frauen und Töchtern einfand, und sich beim freien Bier im lustigen Dreher bis früh am Hellen Morgen vergnügte. Auch in einigen andern Tanzpiöcen war für das fidele Bergmannsvolk freier Tanz und Bier angeordnet. So verlief denn unser wirklich volksthüm- liches Bergfest in gemächlicher, von keinem Mißtone getrübter Weise. — Tags darauf hatten wir eine zweite Auflage unseres Schützen festes; früh Reveille, dann Nachmittags solenner Auszug, geführt von unserm wackeren Commandanten, Herrn Stadtrath Büttner, famose Heiterkeit auf dem Festplane für Alt und Jung, theils in den Siegel-Zimmer'schen Zelten; Abends Einzug mit dem neuen Könige. Ein Ball beschloß die Festivität. — An demselben Tage hielt unser seit heriger Diaconus, Herr Colditz, seine Abschiedspredigt. Sie war ebenso gediegen, als wahrhaft ergreifend und rührend. Gönnen wir auch dem wackeren Manne, dem humanen und hochgebildeten, dabei so anspruchslosen Geistlichen, den endlichen Eingang zu dem langersehnten Ruhehafen des Glückes und der Selbstständigkeit von ganzem Herzen, so sehen wir ihn doch sehr, sehr ungern ans unserer Mitte scheiden. Darum möge ihm sein Pfarrdorf Rathendorf zum Gnadendorfe werden, und es töne ihm noch nach ein treugemeiutes, dreifaches Glückauf! Pirna. Die Elbe verschlingt dieses Jahr viele Opfer. Am 13. Juli Abends wollte der 20jährige Sohn des Schiffers Spalteholz seinen Vater unterhalb der Postaer Fähre in einer Schaluppe auf das Schiff übersetzen. Doch ziemlich am Bord des Schiffes an gekommen, glitt der junge Mann aus, stürzte in die Elbe und kam nicht wieder zum Vorschein. Leipzig. Mehrere Mitglieder des Stadtrathes zu Leipzig hatten die bekannte Heidelberger Erklärung, welche durch die viel besprochene Aeußerung des Hannoverschen Ministers Borries veranlaßt worden war, unter Kundgebung ihrer deutsch-patriotischen Gesinnungen mit unterzeichnet. Sie, sowie auch ein Leipziger Geistlicher, sind deshalb von der Königl. Kreisdirection zur Verantwortung gezogen wurden. ES hat sich dieselbe jedoch dem Vernehmen nach beruhigt, als die betreffenden Herren die Versicherung