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für Kohenstein-Ernstthal, Oberlungwitz, Gersdorf, Kermsdorf, Bernsdorf, Wüstenbrand, Ursprung, Mittelbach, Kirchberg, Erlbach, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Küttengrund rc. I Dor .Kohenjiein-Ernsithaler" Anzeiger erschein! mit Ausnahme der Sonn- und Festtage täglich abends mit dem Datum des folgenden Tages. Vierteljährlicher Bezugspreis bei sreier Lieferung ins Kaus Mk. 1.50. bei Abholung in der Geschäftsstelle I Mk. > 25, durch die Post bezogen (außer Bestellgeld) Mk. 1.50. Einzelne Nummern 10 Psg. Beslellungen nehmen die Geschäfts- und Ausgabestellen, die Austräger, sowie sämtliche Kaiser!. Poslanslallen und die Landbriesträger entgegen. Als Estra- ! beilage erhallen die Abonnenten jeden Sonntag das »Illustrierte Sonnlagsblatt". — Anzeigengebühr sür die bgespaltene Korpuszeile oder deren Raum lL Psg., für auswärts 15 Psg. , im Reklameteil die Zeile D Psg. Sämtliche Anzeigen finden I gleichzeitig im »Oberlungwitzer Tageblatt" Ausnahme. 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Es find für jede Fraktion zunächst drei Sitzungen vorgesehen. Wie verlautet, sollen von beiden Seiten zur Wahlkreis-Einteilung neue Anträge gestellt werden. Zum Gcdüchtui» deS Grobherzog» Friedrich. In Baden wird am heutigen Montag, ein Jahr nach dem Tode, das Andenken des Großherzogs Friedrich 1. geehrt. In allen Schulen werden be- sondere Feiern abgehallen, bei denen die Verdienste ' des verstorbenen Fürsten um das Reich und die engere Heimat hervorgehoben werden. Großherzog Friedrich II, seine Gemahlin und die Großherzogin. Witwe verleben den Tag still in Mainau. König Alfou» auf Reisen. DaS spanische KönigSpaar hat eine große Reise angetreten, die eS nach München, Wien, Dresden » usw. führen wird. Die Ankunft in München er- I folgt am heutigen Montag. s Die Beratungen über die Reichsfinanzreform f beginnen am heutigen Montag in den zuständigen Ausschüssen deS Bundesrats. In amtlichen Kreisen k erwartet man laut „Köln. Ztg", daß die Vorlage s im Lause des Oktober im Bundesrat zur Er. Z ledigung gelangen kann, sodaß der Reichstag bei seinem Zusammentritt den Gesetzentwurf vorfindet. Vorher soll eine Veröffentlichung der Steuerpro jekte nicht erfolgen, waS schon dadurch zu erklären ? ist, daß zunächst abgewartet werden muß, in welcher Form sie den Bundesral verlassen. In der halbamtlichen Meldung der „Köln. Zig." heißt es dann weiter: Die vielfachen Erörterungen, die s sich an die etwas unklaren Umrisse der Reichs- s sinanzrcsorm, wie sie bisher an bas Tageslicht getreten find, geknüpft haben, lassen jedenfalls wohl soviel ersehen, daß eine große Mehrheit des Reichstags, die sich weit in das Zentrum erstreckt, bereit ist, an einer wirklichen dauernden Abhilfe der Reichsfinanznot mitzuarbeiten, und daß im allgemeinen wenig Neigung vorhanden ist, die ein- ' fettigen Wünsche gewerblicher Interessenten in übertriebener Weise zu berücksichtigen. — Tollte das nicht doch etwas optimistisch geurteilt sein? Ehe man über das Schicksal der Vorlage urteilen kann, muß man doch deren Inhalt ganz genau kennen. Der Gesetzentwurf über die Arbeitskammcrn ist soweit gefördert, daß er dem Reichstage in der bevorstehenden Session bestimmt zugehen kann. To versichert die „Nat. Ztg." anders lautenden Mit« teilungen gegenüber. An dem vorläufigen Ent- wurf, der amtlich bekannt gegeben worden war, hatte die Kritik bekanntlich kaum ein gutes Haar gelassen. Gleichwohl haben sich die verbündeten Regierungen dadurch nicht zur Zurückstellung oder gar Aufgabe ihres Planes bestimmen lassen. Die Vorarbeiten find vielmehr so eifrig fortgeführt worden, daß der baldigen Beschlußfassung des BundeSrats, auf Grund welcher die Vorlegung des Entwurfes im Reichstage erfolgt, kaum noch etwas im Wege steht. Neber die küufttge Gestaltung der Conn- tagVruhe steht nach amtlicher Mitteilung noch nichts fest. Er sind Aeußerungen der verbündeten Regierungen über die Möglichkeit einer günstigeren Gestaltung der Sonntagsruhe im Handelsgewerbe eingefordert, aber noch nicht vollständig eingegangen. Erst wenn die« der Fall ist, wird der Frage, in welchem Umfange eine weitere Einschränkung der Sonntags- arbeit möglich ist, näher getreten werden können. Fürst Eulenburg Der zweite Strafsenat deS Kammergerichts hob den Beschluß, betreffend Freilassung des Fürsten Eulenburg, auf und machte dessen Freilassung von einer Sicherheitsleistung im Betrage von 100 000 Mark abhängig. Immerhin stellt auch diese Summe nur eine bedingte Sicherheit gegen die Abreise des Fürsten inS Ausland dar, da eine polizeiliche Ueber- wachung nicht versucht worden ist. Jedoch ist eS der Staatsanwaltschaft unbenommen, durch eine polizeiliche Beobachtung deS Aufenthaltes deS Fürsten von sich aus geeignete Vorkehrungen zu treffen, daß der unter dem schweren Verdacht des Meineides stehende Angeklagte nicht plötzlich auf Nimmerwiedersehen entschwindet, und man darf wohl erwarten, daß solche Maßnahmen getroffen werden. ZeppeliuS neue vallonhallcn Die Luftschiffbau-Zeppelin-Gesellschaft beabsich- tigt, ein Preisausschreiben zu veröffentlichen, in dem Preise ausgesrtzt werden sür Pläne und Kostenanschläge für die neuen Ballonhüllen. Es ist laut Köln. Ztg. eine Halle geplant, in der zwei Schiffe gebaut und untergebracht werden können. Die innere Breite der Halle soll 43, die Höhe 20 und die Länge 152 bis 160 Meter betragen. Auch soll die Möglichkeit geschaffen sein, die Halle zu verlängern. Decke und Wandungen sollen möglichsten Schutz gegen Bestrahlung sichern, da mit die Temperatur in der Halle gleichmäßig bleibt. Für reichliches Licht und Lüftung soll gesorgt werden. Die Stirnseiten sollen durch Tore, Jalou sien oder ähnliches so zu öffnen sein, daß der ganze Querschnitt sreigelegt wird. Von großem Interesse sür die Bauindustrie wird sein, welche Bauart gewählt wird, denn diese Halle wird vor bildlich werden für die Hafenhallen, die schon jetzt in verschiedenen Großstädten geplant sind. Eisen konstruktionen in Verbindung mit Wandungen auS isolierendem Material und Eisenbeton werden hier um den Preis der Zweckmäßigkeit und Billigkeit ringen. Nur wenige erste Firmen oder Bewerber, die mit solchen in Verbindung stehen, werden zur Konkurrenz zugelaffen. Ei« Konflikt zwischen Zeppelin und Major Groß Wie der „Berl. Morgenpost" zufolge verlautet, ist Graf Zeppelin mit dem Major Groß vom Lustschifferbatarllon in einen schweren persönlichen Konflikt geraten. Wie erinnerlich, traten vor einiger Zeit Wiener Blätter mit der Behauptung hervor, der Ruhm sür die Konstruktion deS starren Luftschiffes gebühre nicht dem Grafen Zeppelin, sondern dem verstorbenen österreichischen Ingenieur Schwarz, der vor Jahren schon das jetzt vom Grasen Zeppelin angewendete System praktisch verwendet habe. Graf Zeppelin erließ daraufhin in den Blättern eine Erklärung, in der er nachwies, daß sein System mit dem Schwarzschen nicht daS mindeste zu tun habe. Es heißt nun, daß Major Groß Zweifel an den Darlegungen Zeppelins g«, äußert habe, durch die sich der Graf schwer ver letzt fühlt; Graf Zeppe.in gehe mit der Absicht um, von Herrn Groß persönlich Rechenschaft zu fordern Mit der Angelegenheit sollen auch bereits das württembergische und das preußische Militär kabinett befaßt sein. Im weiteren soll auch be reits der Ehrenrat mit der Angelegenheit sich be schäftigt haben. Et« deutsch'französtscher Zwischenfall in Casablanca. Ueber einen deutsch-französischen Zwischenfall in Casablanca ist in Berlin folgende amtliche Meldung eingegangen: Bei der Einschiffung von drei deutschen Deserteuren der Fremdenlegion wur den der deutsche Konsulatssekretär und drr Kon sulatssoldat, welche die Deserteure auf den Dampfer abliefern sollten, von französischen Marinesoldaten angegriffen; ersterer wurde von einem Offizier mit dem Revolver bedroht, letzterer gefesselt und erst auf Einschreiten des deutschen DragomanS freige laffen. Die Deserteure sind in französischer Hast. Bestrafung dec Schuldigen ist beantragt. Boykott deutscher Waren in China. Da das Gouvernement Kiautschau den Vertrag über die Minenbearberlung in Tchantung nicht preisgeben will, drohen die Chinesen in Tchantung mit dem Boykott gegen die Deutschen und ver weigern laut Franks. Ztg. den An- und Verkauf deutscher Waren wie die Benutzung drr deutschen Schulen und der Schantungbahn. Die Chinesen, die die Segnungen deutscher Kultur kennen gelernt haben, sind bisher mit den Deutschen in Kiautschau so gut auSgekommen, daß wir die baldige Bei legung des Streites erwarten möchten, umsomehr, alS der neue chinesische Gouverneur von Schau- tung in der allernächsten Zeit seinen ersten Besuch in Tsingtau (Kiautschau) machen wird. Eine „mufikalische Vorstellung" im Landtag. Der Kampf der Deutschen gegen die tschechische Mehrheit im böhmischen Landtag hat zur Unter brechung der Sitzungen bis zum Mittwoch geführt. In dec Zwischenzeit bemühte sich der österreichische Ministerpräsident Baron Bick, der am Sonnabend die deutsch-böhmischen Parteiführer empfing, um die Schaffung eines Ausgleichs, damit der Land tag wenigstens die notwendigsten Arbeiten erledigen kann. Die Deutschen verlangen die Aufnahme eines der ihren in das durchweg tschechische Land- tagsbureau. Wie überall, wo sie in der Mehr heit sind, versuchen die Tschechen die Deutschen zu ducken, gerade wie es die Slowaken in Laibach tun. Vorgängen wie in Prag und Laibach dürfte das Ministerium Beck auf die Dauer nicht gewachsen sein. So ernst die Sache an sich ist, so amüsant lesen sich für den Fernstehenden die Berichte über die Szenen im Prager Landtag: Die Deutschen stimmten ein Pultdeckelkonzert an, daß die Ohren gellten und keiner sein eigenes Wort mehr ver- stehen konnte. Dann eröffneten sie auf mitgebrachlen Trompeten und Pfeifen ein Konzert. Ein Prager Blatt hatte seinen Musikceferenten auf die Tribüne geschickt. Der freialldeutsche Abgeordnete Wolf wurde von den Deutschen mit Zucker beworfen. Die Sensation des Abends war, daß zum Schluß die Deutschen „Die Wacht am Rhein" sangen. Die Tschechen klatschten iromsch Beifall. Die Schung wurde vertagt, die deutsche Obstruktion hatte gesiegt. Die Lage in England wird immer kritischer, je länger die Arbeitslosigkeit dauert, die noch durch dir Aussperrung Hunderttausender von Baumwoll arbeitern vergrößert wird. In Manchester kam es zu einem blutigen Zusammenstoß der Polizei mit Arbeitslosen, die das Postamt stürmen wollten, um das Bargeld zu rauben. Etwa 30 Personen wurden zum Teil schwer verletzt. — An der Nord ostküste Englands »st der große Ausstand der Schiffbauer, der acht Monate gedauert hat, zu ungunsten der Arbeiter beendet worden. Erreicht ist nichts, aber die Streikunkosten betragen nicht weniger als 4"/. Mill. Mark. Rußland. In Tiflis wurde ain Sonnabend neben einem Hause ein großes unterirdisches Bomben- und Waffenlag r entdeckt. Die Zahl der gefundenen fertigen Bomben beträgt etwa hundert Der Ver steck dieses unterirdischen Lagers war derart ge wählt, daß der Zugang sich in einem Kamine des Hauses befand. Hier führten zunächst 17 Stufen hinab, dann ein 6 Meter langer Ganz in den weiten gewölbten Raum, über dem eine Laube mit gußeisernen Pfosten errichtet war. Diese Pfosten waren hohl und dienten dazu, der unter irdischen Niederlage frische Lust zuzuführen. Orient Die bulgarische Regierung hält mit unbegreif licher Halsstarrigkeit an der Besetzung der ost- rumelischen Strecken der Orientbahn fest. Die bulgarischen Minister erklärten in dem Regierungs- blatte, sie würden eher demissionieren, bevor sie ihren Standpunkt in der Bahnfrage aufgäbrn. Bulgarien hat jetzt den Angestellten der betreffen, den Bahnstrecke den Vorschlag gemacht, in bul garische Dienste einzutreten, und hat außer dem Militär auch bereits Zivilbeamte eingestellt. Die Konstantinopeler Direktion der Orientbahn-Gesell- schaft hat dagegen ihren Angestellten die Weisung erteilt, nur der Gewalt zu weichen und alle Forde- rungen der bulgarischen Regierung abzulehnen. Recht und Macht find auf Seiten der Türkei, deren Zirkularnoie an die Mächte voraussichillch auch die in Konstantinopel erwartete Antwort finden wird. Bulgarien darf sich daher nicht allzu mausig machen, wenn es seine Chancen, einmal die volle Unabhängigkeit zu erlangen und ein Königreich zu werden, nicht für lange Zeit verlieren will. Der bulgarische Vertreter in Berlin sagte: Die bul garische Bevölkerung wünscht, die Regierung möge den Augenblick zur Unabhängigkeitserklärung des Fürstentums benützen. Die Regierung in Sofia beschäftigt sich mit dieser Frage garnicht, da sie den gegenwärtigen Augenblick für die Unab- hängigkeitserklärung als ungünstig ansteht, um so mehr aber mit der Bahnfrage. Sie muß die Bahn besthen und bemüht sich, einen Modus für die definitive Lösung zu finden. Sie ist sich bewußt, daß die Besetzung der ostrumelischen Strecke gegen daS Völkerrecht verstößt. Obwohl daS Kapital der Orientbahn größtenteils deutsch ist, will die deutsche Reichsregierung die Führung etwaiger Verhandlungen in der Angelegenheit doch Oester reich überlassen. Die Wiedereröffnung de» persischen Parlament». Nachdem kürzlich England und Rußland in Teheran Vorstellungen erhoben haben, die die Ein berufung des persischen Parlament- forderten, scheint sich der Schah jetzt zu einem solchen Schritt ent schließen zu wollen. Noch einer Meldung des „Lok - Anz." hat er an den Großwesir folgenden Erlaß gerichtet: „Nachdem ich gezwungen war, das frühere, unfähige Parlament gewaltsam auszulösen, und da ich versprochen hatte, ein neues Parlament einzu berufen, bestimme ich hiermit, daß daS Parlament, und zwar Kammer und Senat, am 19. Chaval (14. November) zusammentrete. Die Abgeordneten sollen aus regierungstreuen, religiösen Männern gewählt werden. Der Großwesir soll eine neue Wahlordnu., und sonstige Gesetze vorbereiten; die Arbeit n müssen am Einberufungstage des Parlaments beendigt sein. Die Bevölkerung von Täbris wird bis zu ihrer völligen Unterwerfung von den Verfassungsrechten ausgeschlossen." Das Unglück auf der Berliner Hochbahn. Berlin steht unter dem Eindruck deS schweren Unglücks, das, wie schon telegraphisch gemeldet, fein jüngstes Verkehrsmittel, die Hoch- und Unter grundbahn, betroffen hat. Es ist die erste große Kaiastrophe dieses Unternehinens, auf das die Ber liner ihre Hoffnungen gesetzt haben, und wohl dos schwerste Unglück im Berliner Vrrkehrsleben über haupt. Die Katastrophe, die zahlreichen Menschen duS Leben gekostet hat, ereignete sich am Sonn- abend nachmittag aus der Hochbahnstrecke in der Nähe des Anhalter Bahnhofs, also im Südwesten der Stadt, im sogenannten Gleisdreieck über dem Schienenstrang der Staatseisenbahn Die Hoch bahn durchfährt hier ein bewohntes Hous in der Nähe deS ersten Stockwerks und teilt sich dann, westwärts gehend, in zwei Arme; der eine führt zum Bohnhof Leipziger Platz (unter der Erde; hier beginnt die am 1. Oktober zu eröffnende Strecke nach dein Spittelmarkt), der andere nach dem Zoologischen Garten. Dadurch, daß beide Zweige miteinander weiter westwärts verbunden sind, entsteht daS Gleisdreieck, ein Wahrzeichen der Jngenieurkunst. Steinerne und eiserne Unterbauten wechseln bei der Anlage ganz nach den Bedürf nissen der in verschiedenen Lagen über- und neben- einander führenden oder einander kreuzenden Gleise. Das „durchschlitzte Haus" erhebt sich am Landwehrkanal. Die Hochbahn-Direktion schildert das Unglück wie folgt: „Ein vom Potsdamer Platz kommender Zug überfuhr im Gleisdreieck daS Haltesignal und fuhr einem von der Bülowstraße nach der Möckern- brücke gehenden Zug in die Flanke. Hierbei wurde der erste Wagen deS letzteren ZugeS auS dem Gleis gedrückt und an die Brüstung gedrängt. Diese brach, und der Wagen stürzte auf die Erde hinab, wobei er sich vollkommen umdrehte, sodaß die Räder des Wagens nach oben kamen. Glück licherweise riß die Kuppelung, sodaß der nächst, folgende Wagen zwar aus dem Gleis geworfen und ein Stück über die Brüstung geschoben wurde, jedoch hängen blieb. Die Schuld an dem Unglück trifft, wie die Untersuchung »rgeben hat, den Motorführer, der das Haltesignal, das ordnungs mäßig gegeben war, nicht beachtete." Der Schuldige hat seine Nachlässigkeit mit dem Tode gebüßt. Der Führer des anderen Zuges schrie, als er sich dem ersten Zug gegenübersah: „Um GotteSwillen, ich habe doch kein Halt gehabt!" Er wurde schwer verletzt. Der auf daS Ttraßenpflaster gestürzte Wagen wurde vollständig zertrümmert und begrub seine vielen Insassen (mar es doch gerade um die Mittagszeit, in der man nach Hause oder wieder ins Geschäft eilt) unter sich. Die Zahl der Toten wurde alsbald auf 15 bis 20 angegeben, die der Schwerverletzten auf 10 bis 15, während andere, etwa 50, leicht verletzt waren. Die Unglücksstätte bot einen grausigen Anblick, zu dem der Sonnenschein des schönen Herbsttages einen schroffen Unterschied bildete. An der Eisenkonstruktion deS Baue» hingen zahllose Fleischteile von den bei dem Ab-