Volltext Seite (XML)
MininuM Tageblatt ..»i, .. ......... .... und Waldenburger Anzeiger Amtsblatt für den Stadtrath zu Waldenburg. Alle Postanstalten, die Expedition und die Colporteure dieses Blattes nehmen Be stellungen an. Einzelne Nummern 8 Bf» Inserate pro Zeile 10 Pf., unter Eingesandt 20 Pf. Der Abonnementspreis beträgt vierteljähr lich I Mk. 50 Pf. «rscheint täglich mit Ausnahme der Tage nach Sonn- und Festtagen. Beiträge sind erwünscht und werden eventuell honorirt. Annahme von Inseraten für d.e nächster scheinende Nummer bis Mittags 12 Uhr des vorhergehenden Tages. 1882. Dienstag, den 16. Mai 112 *Waldenburg. 15. Mai 1882. Bon den „tüchtigsten und edelsten" Kräften der Nation. Bei der Debatte über das Hausirgewerbe sind im Reichstage recht wunderbare Dinge S" Tage -for dert worden Der Schutzengel der Trodeljuden, Herr vr. Lasker, hat sich dadurch unsterblich gemacht, daher die Hausirer zu den „tüchtigsten und edelsten Kräften der Nation rechnete. Offenbar bildet sich Herr Lasker auf die Slammesverwandtschaft mit den Rothschilds, deren Vorfahren allerdings auch als Trödeljuden angefangen haben, allzuviel ein. Nachträchlich hat Herr Lasker seinen Schwubber eingesehen, denn bei der Durchsicht des stenographi schen Reichötagberichtes erlaubte er sich eine kleine Urkunden—Veränderung dahin, daß nunmehr ge druckt steht: Die Trödler seien „tüchtige und ge eignete" Kräfte der Nation. Das Gelächter, welches die Conservaüven bei den Lasker'schen Worten er hoben hatten, blieb jedoch stehen, obgleich es nun mehr nicht recht passend erscheint. Außerdem sagte aber Lasker im Zusammenhang mit jener Behauptung: „Wenn dieHändler inkleinenOrten darüber klagen, daß lie von Hausnern übervortheut wären, so liegt in Wirklichkeit die Sache gewöhnlich so, daß die Leute infolge ungenügender Waaren- kenntnisse Verlust erleiden, und wenn es ihnen schlecht geht, so klagen sie nicht über ihre Unkennlniß und Trägheit, sondern darüber, daß der Hausirer sie übervorthcilt hat." Also Neellilät, persönliche Ehrenhaftigkeit und Zu verlässigkeit ist der reine Unsinn; Waarenkennlnifss, das ist die Hauptsache! Demnach kann Jemand, der nicht die allerumfassendsten Waarenkenntnisse besitzt, und wie viele sind das bei den heutigen ge lungenen Täuschungen und Jmitirungen, wohl gar nicht anders handeln, aU die Hausirer einfach aus dem Hause zu weisen, wenn er sich nicht be trügen und von der Tribüne des Reichstags herab wegen seiner „Unkennlniß und Trägheit" verhöhnen lassen will. Lasker sagte übrigens auch, in England und Amerika würde man über die Beschränkung des Hausirhandels, wie sie in Deutschland vorgeschlagen wird, lachen. Dar auf entgegnet nun völlig zutreffend der „Neichs- bote" : Wenn man in England und Amerika einen Hausir- handel hätte, wie wir ihn in Deutschland haben, würde man dort ganz gewiß noch viel strenger ge- gen denselben vorgehen, wie wir. Wenn erst die russischen Juden sämmtlich nach Amerika hinüber- ge^ngen sein werden, dann wird man auch dort noch ein Haar in dem Hausirhandel finden. Denn das muß, weil es die Wahrheit ist, gesagt werden, was uns rn Deutschland den Hausirhandel zu einem so unerträglichen und volksverderbltchcn Uebelstand macht, das ist der Umstand, daß dieser Handel haupt sächlich von den Juden betrieben wird. Gegen den Hausirhandel, wie er von armen Leuten mit aller hand kleinen Waaren getrieben wird, hätten wir gar nichts einzuwenden — der Hausirhandel, den wir bekämpfen als die Hauptnrsache unserer Volköverarmung, das ist der Hausir- oder Schacher handel der Jude». Als das Socialistengesetz ge macht wurde, hob man auf liberaler Seite zu Gun sten desselben besonders das hervor, daß es sich nur auf eine ganz besondere Partei und Volksklasse be schränke und die Freiheit im allgemeinen für die an den bekämpften Mißständen unschuldigen Parteien und Bevölkerungklassen nicht berühre. Wohlan, so mache man, wie man ein Socialistengesetz gemacht hat, ein Schachergesetz gegen die jüdischen Schacherer, welche die Gewerbe- und Hausirfreiheit in ähnlichem Maße mißbrauchen, wie die Socialdemokraten die Preß- und Versammlungsfreiheit, dann kann das ganze übrige Volk von solchen Beschränkungen un berührt bleiben; denn es ist ja doch, wenn es auch in der Vorlage nicht geradezu ausgesprochen worden ist, eine bekannte Thatsache, daß diese Vorlage haupt sächlich veranlaßt ist durch die Unerträglichkeit des Treibens jüdischer Schacherer. Es ist ja eine ebenso bekannte Sache, daß wir in Deutschland viele ge werbliche und geschäftliche Freiheiten deshalb als eine so schwere Last empfinden, weil sie von den Handels juden zum Schaden unseres Volkes ausgebeutet wer den. Es giebt freilich auch Nichtjnden, die Wucherer und Magazin-Inhaber rc. sind; aber es ist doch eine bekannte Thatsache, daß 80 bis 90 Procent der Wucherer und Händler mit fertigen Handwerker- waaren Juden sind, welche die Aufhebung der Zins- beschränlung und dis Gewerbefreiheit in einer so rücksichtslosen Weise ausgebeutet haben, daß wir ge zwungen sind, Maßregeln zu ergreifen, wenn unser Handwerkerstand und Bauernstand nicht ein Opfer der so ausgeübten Wucher- und Gewerbefreiheit werden soll. Weil man nicht gegen die Juden speciell vorgehen will oder kann, deshalb müssen die Beschränkungen der Wucher- und Gewerbefreiheit allgemein gemacht werden und werden dann auch von manchen, welche jene Freiheit nicht in schlechter Weise ausgebeutet haben, als unverschuldete Be lästigung empfunden. Wir müssen uns in Deutsch land so einrichtsn, wie es die Verhältnisse unseres Landes erfordern. Gäbe es in Deutschland keine jüdischen Schacherer, so könnten wir den Hausir handel mit sehr geringer Einschränkung freilassen; aber wer das Wirken dieser Schacherer kennt, der muß sagen: Hier muß eingegriffen werden, vor der Aufdringlichkeit, der Ueberredungskunst und der Ausbeutungssucht dieser Menschen muß unser Volk geschützt werden, und wir wünschen sehr, daß man in der Coinmission, an welche die Vorlage gegangen ist, ganz besonders diesen schachernden Hausirhandel in's Auge faßt! *Waldenburg, 15. Mai 1882. Politische Rundschau. Deutsches Reich. Fürst Bismarck leidet nach der „Nat.-Ztg." wieder an einer schmerzhaften Venen-Entzündung. Die Herzogin Marie, Gemahlin des Herzogs Paul Friedrich von Schwerin, ward am 12. d. Nachts von einem Prinzen entbunden. Der Beschluß des Bundesraths, eine Petition von Pastoren gegen die Civilehe an den Reichskanzler mit dem Ersuchen zu überweisen, dem Bundesrath eine Vorlage betreffs Abänderung des Civilehe- gesetzes unter Aufhebung der obligatorischen Civil ehe zu machen, an den Justizausschuß zu verweisen, hat nicht wenig Aufsehen gemacht. Der Justizaus- schuß hatte vorher bereits beschlossen, diese Petition einfach zu den Acten zu nehmen. Man erinnert sich jetzt daran, wie der Reichskanzler noch in der vorigen Session des Reichstags ausgeführl hat, daß er ein Gegner der Einführung der obligatorischen Civilehe gewesen sei und nur, um den damals un entbehrlichen Cu'tusminister Falk im Amte zu er halten, den König ersucht habe, seine Unterschrift unter das betreffende Gesetz zu setzen. Die „Kreuzzeitung" berichtet über folgenden Vor fall in der Sitzung des Reichstags vom 12. d.: „Die Geschäftsordnung des Reichstags verbietet das Ablesen von Reden. Der Präsident von Levetzow glaubte in der gestrigen Sitzung zu bemerken, daß der Abg. Mayer (Würtemberg) seinen Vortrag aus einem Concept ablas. Zu seiner Information entsandte er deshalb den Schriftführer Graf Kleist in dessen amtlicher Eigenschaft, um sich von der Thatsache zu überzeugen. Als sich genannter Herr, um sich seines Auftrages zu entledigen, dem Platze des Hrn. Mayer näherte, erscholl — es war nicht sestzustellen von wem — ein durchaus unparlamen- tarischer Ruf (Spion!). Nach Schluß der Debatte nahm der Präsident Anlaß, diesen Vorfall dem Hause bekannt zu geben, indem er zugleich anführte, daß, wäre ihm der Rufer bekannt, er diesem die schärfste zulässige Rüge würde ertheilt haben. — Bemerkenswerth ist die Thatsache, daß Graf Kleist vergeblich an die linke Seite des Hauses, von wo der Ruf gekommen war, die Aufforderung richten ließ, daß sich der Urheber nennen möchte. Es meldete sich Niemand." Der preußische Unterrichtsminister hat die Ein führung der neuen Lehrpläne für die höheren Schu len mit einer an die Schulbehörden, Direktoren und Lehrer gerichteten Circularverfügung beglei tet, worin es u. A. heißt: „Wenn man selbst absieht von der Frage, ob nicht mit der schnellen Vermehrung des Besuchs der höheren Schulen der Procentsatz derjenigen Schüler sich gesteigert hat, welche für die Aufgabe derselben minder ge eignet, eben dadurch zu einer Hemmung des Unter richts werden, so treten jedenfalls zwei Momente von zweifellos erschwerendem Einflüsse hervor. Einerseits hat eine ansehnliche Zahl unserer höheren Schulen eine Höhe der Gesammlfrequenz erreicht, welche ihre gesunde Entwickelung gefährdet .... Für den Director ist es kaum erreichbar, daß er die Gesammtheit der Schüler nach Betragen, Fleiß und Leistungen, geschweige denn nach ihrer Indivi dualität kenne und durch diese persönliche Kenntniß erforderlichenfalls zweckmäßigen Einfluß übe. Der große Umfang des Lehrer-Collegiums lockert das Band unter seinen einzelnen Gliedern, welches die unerläßliche und unersetzliche Bedingung eines ein heitlichen Zusammenwirkens ist. Die ganze Schule kommt in die Gefahr, einer Großstadt darin ähnlich zu werden, daß die Lehrer und Schüler fast wie fremd aneinander vorübergehen und die persönliche Theilnahme der Lehrer für die Schüler auf ein verschwindendes Maß herabsinkt" ... Als zweites erschwerendes Moment wird angeführt, daß der Bedarf an Lehrkräften dahin geführt hat, in der Regel die Schulamtscandidaten unmittelbar nach dem Bestehen der wissenschaftlichen Prüfung „mit der Beschäftigung und Verantwortlichkeit einer vollen Lehrkraft" zu betrauen. Am Sonntag wurde in Berlin eine von 4000 Personen besuchte Arbeiterversammlung im Tivoli, welche ein aus Socialisten und Christlichso cialen bestehendes Comils berief, um eine Petition an den Reichstag behufs Einführung eines Normal arbeitstages, Abschaffung der Sonntagsarbeit, der Gefängnißarbeit, Beschränkung der Frauenarbeit und Verbot der Kinderarbeit zu richten, auf die Rede Hasenclever's hin polizeilich aufgelöst. Auch Henrici und Frohme sprachen. Anwesend waren u. A. die Abgg. Kaiser und Grillenberger. Oesterreich. In der Sitzung des Wiener Gemeinderathes wurde beschlossen, eine Deputation an den ehemaligen Bürgermeister Or. Newald abzuschicken, um ihn zu seiner Freisprechung zu beglückwünschen. England. Die Polizei von London entdeckte am 12. d. Abend am Gitter des Mansion House eine Schachtel, an der ein brennender Tuchlappen befestigt war. Die Polizei löschte das Feuer. In der Schachtel befand sich eine Quantität Schießpulver. Den „Daily News" zufolge wird der baldige Rücktritt Gladstone's vom Schatztanzleramt erwartet. Wie