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Mittwoch, 10. Mai 1848. Diese« Blatt erscheint täglich Adrnd« und ist durch alle Poft, auftalte» de« 3». und Au«la»dr« zu bezieht». Dresdner Journal, Prri« für da« Bierrelsahe Lhlr. Znsrrtion-gebüh. re» für den Rau» einer gespaltene» Zeile l, Pf. Herold für sächsische und deutsche Interessen. Redigirt von Karl Biedermann. Inhalt. An Sachsen« Staatsdiener. — An die Wähler des XI. Wahlbezirks für die deutsche Nazionalversammlung. — Hauptbericht über die Thätigkeit der hiesigen Vereine im Monat April. — TageSgrschichte: Dresden: Die Mobilmachung der Truppen; deutscher Verein; Gesrllrnversammlung. Chemnitz: Tumult. OclSnitz, Rochlitz: Parlamentöwahl. Stettin. Posen. Karlsruhe. Mannheim. Vom Bodenset. Dien. Prag. Paris. Lombardei. Florenz. Rom.— Lan d wirt h sch ast li cheS: Vertilgung der Engerlinge (Maikäferlarven). — Fruille» ton. — GrschäftSkalender. — Ortskalender. — Angekommroe Reisende. An Sachsens Staatödiener. 8slu» rsipubNcLe summ» le» esLo i Die Aufnahme von Handdarlehnen, sowie die Vorerhebung der Steuern sind in unserm geliebten Sachsenlande so ungewöhn liche Mittel, die Staatskassen zu füllen, daß selbst Derjenige, welcher nicht darnach fragt, wer die Manner seien, die das Ruder des staatlichen Geldschiffes lenken, schon in Hinblick auf die gegen wärtigen, in das Familienleben so tief eingreifenden äußern Ver hältnisse an der dringenden Notwendigkeit der Beschaffung baaren Geldes nicht mehr zweifeln kann. Aber auch jene Mittel wer den, wenn man auch annehmen wollte, daß sie den gewünschten Erfolg haben sollten, doch noch nicht ausreichend erscheinen; eine Befürchtung, welche hier nicht weiter begründet werden soll. Eine heilige Pflicht jedes Staatsbürgers ist es, mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln für das Wohl des Staates zu wirken. Wenn jedem Staatsbürger schon diese Pflicht obliegt, so muß solche den Staatsdienern und unter ihnen ganz besonders denjenigen, welche nicht des Brotverdienstes wegen ihre geistigen Kräfte dem Staate bieten, doppelt heilig sein. Unter den sächsischen Staatsdienern giebt es eine große An- zahl, welche theils mit Reichthümern gesegnet sind, theils einen so hohen Gehalt oder eine so reichliche Pension beziehen, daß sie da von noch einen guten Theil zurücklegen oder bei einiger Sparsam keit zurücklegen könnten. Endlich giebt es noch eine dritte Klasse von solchen Staatsdienern, welche bei größerer Sparsamkeit unter einiger Einschränkung immer noch einen, wenn auch nur geringen Theil ihres Gehaltes zurücklegen können. — Die armen, auf ein kärgliches Einkommen hingewiesenen Staatsdiener, deren es eine sehr große Menge giebt, ebenso alle Diejenigen, denen das sonst reichliche Einkommen wegen besonderer Verhältnisse nur den noth- «endigften Bedarf gewährt, bleiben hier natürlich ganz außer Be rücksichtigung. Wenn nun alle jene Staatsdiener ihre Liebe zum Staate noch auf eine anvere Weise als durch die treueste Erfüllung der beim Eintritte in den Staatsdienst freiwillig übernommenen und eidlich angelobten Pflichten betätigten, und zunächst auf ein ganzes Jahr die Reichen und Wohlhabenden, welchen aus andern Quellen ihr bisheriger Bedarf immer noch reichlich zufließen wird, ihren vol len Gehalt, beziehendlich die ganze Pension, die gut und geringe Besoldeten aber nur so viel, als sie bei größter Sparsamkeit und Einschränkung erübrigen könnten, dem Staate anbieten wollten, so würde dieser sich vielleicht gern dazu verstehen, gleiche Verbind lichkeiten, wie bei den ausgeschriebenen Handdarlehnen, zu über nehmen, wobei jede monatliche Gehaltsrare oder der davon innen- zulaffende Theil als ein neues Handdarlehn auf das zu eröffnende Staatsdienerkonto eingetragen werden könnte. Würde Dies nicht besonders bei der jetzt bevorstehenden Steuereinhebung gute Früchte tragen, würde es nicht dazu beitragen, das hier und da gegen den Staatsdiener als solchen im Volke vorherrschende Mißtrauen zu verringern, würde es nicht wenigstens eine gute Handlung sein, die sich schon selbst belohnt? Daß die vorgeschlagene Maßregel bei jedem ehrenwerlhen Staatsdiener Anklang finden und von denjenigen, welche zu ihrer Ausführung beizutragen im Stande sind, mit allen Kräften be reitwilligst unterstützt werde, ist nicht zu bezweifeln. Lis äst, gui oito äst! Soll Etwas geschehen, so muß es mit der aller größten Eile geschehen. Das „zu spät" gellt übel in den Ohren. — Hochgestellte Staatsdiener, welche von ihren Reichthümern oder ihren Ersparnissen Früchte sammeln und Das, was sie von ihrem Gehalte oder der Pension erübrigen können, freudig und willig zum Besten des Staates in eine Sparkasse einlegen wollen, müssen sich an die Spitze stellen und sofort das Werk in Angriff nehmen, mit größter Beschleunigung zweckentsprechende Listen an fertigen, diese an alle im Jnlande sich aufhaltenden Staatsdiener zum eigenhändigen Einträge entsenden und binnen kürzester Frist einfordern lassen, das Resultat aber dem Finanzministerum zur weitern Beschlußfassung anzeigen. Ob Letzteres selbst auf Er greifung der vorgeschlagenen oder einer ähnlichen Maßregel hin- zuwirken geneigt sei, darüber würde auf eine mündliche Anfrage gewiß gern ohne Anstandnahme eine bestimmte Antwort erfolgen. Euch, Ihr hochgestellten Staatsdiener, wird hiermit diese An gelegenheit vertrauensvoll anS Herz gelegt, deren sich Einsender gem annehmen würde, wenn er nicht ein Staatsdiener wäre, wel cher zur Zeit alljährlich nur 350 Lhlr. firen Gehalt bezieht. Die sen zwar innezulassen, ist er in Folge anderer günstiger Verhält nisse in den Stand gesetzt, und dazu bereit, glaubt aber, bei seiner Stellung in dem untern Staatsdienste den wünschenswerthen Erfolg dieses Vorschlags durch eigenes Vorschreiten nicht erreichen zu können. L.