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Nr. 273, S4. Jahrgang Dienstag, den 22. Novemver LS2L pulsmherFayeblait Vezlrlsauzelger zuzügU Vringerlohn überlegeneSchneMgkettunsererVerrchterftatkung Wöchentlich nur Fernsprecher: Amt Pulsnitz 18. Tel.-Adr.: Tageblatt Pulsnitz. Postsch.-Konto: Dresden 11764. Anzetg-n.Grund preise: Die «1 »m breite Zeile iMosse, ZeUenmesier 14> 1 mm Höhe 10 Rpfg.; amtlich 1 mm 20 Rpfg-I R-klamst-ll 1 mm ro Rpfg. Tabellarischer Satz iv Lusschlag. Bei ikinztehung der Anzeigengebllhren durch Klage oder im Konkur», oder Bergleichssalle kommen etwa gewährt« Rabatte in Wegfall. — Bi» HIV Uhr vormittag» eingehend« Anzeigen sin- den noch am gleichen Tage Ausnahm«. Bant-Konto: Commerz- und Privatbank, Zweigst. Pulenitz. Im Falle höherer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger Betriebsstörungen hat der Be zieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Rückzahlung. ,n kontrollieren, wir stehen im wesentiichea lelbN «robstadl- zettnngen nicht nach. t Erscheint an jedem Werktag nachmittags S Uhr Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschaft und des Finanzamtes zu Kamenz, des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt In Verbindung mit der Nebenausgabe „Ohorner Tageblatt", Hauptblatt, älteste und meistgelesene Zeitung im Bezirk Pulsnitz, umfassend die Orte Pulsnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, hau»- walde, Ohorn, Obersteina, Niederstem«, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, Friedersdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundo f, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Tägliche schnellste Berichterstattung über das Geschehen in der engeren Heimat, in Deutschland und im Ausland. Nachrichtendienst durch ganztägigen fast ununterbrochenen Funkdienst der Telegrapheo-llaiou Geschäftsstelle: Pulsnitz, Albertstraße Nr. 2 Verlag: Pulsnitzer Tageblatt, G. m. b. h., Pulsnitz — Druck: A. Pabst, Königsbrück. Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Verhandlungen über die Regierungsbildung Adolf Hitlers Aussichten werden geteilt beurteilt — Immer noch sachliche und personelle Schwierigkeiten Heute Unterredung zwischen Hoover und Roosevelt über die zukünftige Behandlung der Rriegsfchuldenfrage Japan und die Genfer Verhandlungen über die Mandschurei Frage Tokio. 22. Nov. (Funkmeldung) Die aesamte japanische Presse ist sich an läßlich der Eröffnung der Genfer Verhand lungen über die Mandschurei-Frage einig, daß die in der Mandschurei verfolgte Politik nicht rückgängig gemacht «erden könne und der äraru» auo anerkannt (der augenblickliche Zustand beibehalten) werden müsse. Die Ent schlüsse des Völkerbundes müßten davon aus- aehen, daß der gegenwärtig geschaffene Zu stand nicht mehr abaeändert werden könne. Auch von Beamten des japanischen Außen ministeriums wurde die Anerkennung des 5r»ru5 quo als einzig mögliche Lösung be zeichnet. Das japanische Vorgehen in der Mandschurei sei nicht im Rahmen eines poli tischen Programmes geschehen, das eine Aus dehnung des japanischen Einflusses In China vorsehen würde. Es handele sich um einen Schritt für die Verteidigung lebenswichtiger japanischer Interessen, wie ihn etwa England in Ägypten oder die Vereinigten Staaten in Panama unternehmen könnten. Die halb amtliche Zeitung „Asahi" erklärte, daß in Genf keine Lösung des chinesisch-japanischen Proolems erreicht werden könne: dies könne nur durch direkte Verhandlungen zwischen den Regierungen von Japan und China ge schehen. 12 Tote bei einem vmnibusunglück Bagdad, 22. Nov. (Funkmeldung) Bei Schargat wurden zwölf Personen in folge Umstürzen eines uberlandomnibusses getötet. Eine der Getöteten, ein 12 jähriges Mädchen, war von Mossul nach Bagdad unterwegs, um dort zu heiraten. Verbehalle Hindenburgs Berlin, 22. Nov. (Funkmeldung) über die gestrige Unterredung Hitlers mit dem Reichspräsidenten teilt die Relchsvresfe- stelle der RSDAP. u. a. mit: Der Reicy»- vräsident richtete an den Führer da» Er suchen, bi» Donnerstagabend zu erklären, ob ein von ihm gebildete» und unter seiner Füh rung siebende» Kabinett eine parlamentarische Mehrheit besitze. Diesem Auftrag wurde eine Anzahl präsidialer Vorbehalte al» Voraus setzung beiaefügt. Der Führer erklärte, erst nach eingebender Prüfung dieser Bedingun gen mitteilen zu können, ob sich damit eine Aussicht ergebe, die gewünschten Verhand lungen zu führen. Adolf Hitler Hal am Montag nach ein gehenden Aussprachen mit führenden Män nern der RSDAP. eine Reihe von Rück fragen an den Reichspräsidenten gestellt, die voraussichtlich im Laufe des Dienstag ge klärt werden sollen und die sich dem ver nehmen nach auf die vom Reichspräsidenten bei der Beauftragung Hitler» gestellten Vor behalte beziehen. Diese Vorbehalte sind: Keine Änderung in der bisherigen Außen politik sowie in der Führung oer Reichs wehr, Beibehaltung des Mirtschaftskurseo, Fortführung der Arbeiksbeschaffung im bis herigen Sinne, Sicherungen gegen gemein same radikale Streikaktionen und Fortsetzung der Reichs-Preußen-, Reichs-Länder- und Verfassungspolitik. Die Aussichten Hitlers werden in politi schen Kreisen zwar etwas optimistisch benr- keilt, da jedenfalls keine ablehnende Antwort Hitler» erfolgt ist, jedoch bestehen die sach lichen und personellen Schwierigkeiten un vermindert fort. Dem Vernehmen nach hat — Rückfragen Hillers sich Hitler» Rückfrage in erster Linie darauf bezogen, ob ihm al» Kanner auch der Ar tikel 4S zur Verfügung gestellt werden würde. In der Presse werden die Aussichten Hitler- geteilt beurteilt, überwiegend ist man nicht geneigt, einem Kabinett Hiller große Aus sichten zu geben. Hillers Rückfragen werden beantwortet Berlin, 22. Nov. (Funkmeldung) Die Rückfragen Adolf Hitler», die er gestern abend noch an Staatssekretär Meiß ner gerichtet bat, werden heute vormittaa dem Reichspräsidenten vorgelegt. Man ist zur Zeil dabei, die Antwort abzufassen, die voraussichtlich gegen Mittag dem Führer der RSDAP. übergeben werden wird. Uber den Inhalt sowohl der Rückfragen wie dk Antwort wird amtlich strengstes Stillschweigen bewahrt. Es verlautet aber, daß oer Kern der Rückfragen dahin gebt, ob der Auftrag Hindenburgs an Hitler bedeute, daß er eine Präsidialreaierung mit parlamentarischen Bindungen bilden soll oder ob er eine parlamen tarische Mehrheit sbildung mit Präsidialcharakter zu bilden habe. Man steht offenbar bei den Nationalsozia listen auf dem Standpunkt, daß für die Bil dung einer parlamentarischen Mehrheitsregie rung nicht so weitgehende Vorbedingungen gestellt werden dürsten, wie das der Reichs präsident getan Hai, während für den Fall der Bildung einer Präsidialregierung dem etwaigen zukünftigen Kanzler erheblich wei tere Pollmachten gegeben werden müßten, vor allem im Hinblick auf eine etwa notwen dig werdende Reichstagsauflösung, da mit dem Gedanken einer Präsidialregierung eine feste Parteienbindung unvereinbar sei. London und Paris zu den Verhandlungen über die Regierungsbildung London, 22. Nov. (Funkmeldung) Die englische Presse verhält sich zu der poli tischen Entwicklung in Deutschland vorläufig durchaus abwartend. Die Berichte der Ber liner Berichterstatter über die zweite Unter redung zwischen Hitler und Hindenburg und deren Ausgang werden allerdings in großer Aufmachung wiedergegeben. In den Berich ten wird allgemein zum Ausdruck gebracht, daß die Aussichtenauf eine Regierungs bildung unter Hitler sehr gering seien. Hitler könne Hindenburgs Bedingungen ent weder nicht ausführen oder nicht annehmen. Verschiedene Blätter sprechen von einer ge schickten Falle, die Hindenburg Hitler gestellt habe. * Paris, 22. Nov. (Funkmeldung) Die französische Presse glaubt nicht, daß es Hitler gelingen werde, ein regierungs fähiges Kabinett aufzustellen. Man erwartet vielmehr, daß er noch am Dienstag oder spä testens Mittwoch dazu gezwungen sein werde, die Fruchtlosigkeit seiner Bemühungen einzu sehen und dem Reichspräsidenten den Auf trag zurückzugeben. Einige Blätter geben der Auffassung Ausdruck, da) Hindenburg eine außerhalb der Parteien stehende Persönlich keit mit der Regierungsbildung beauftragen werde, um wieder ein Nräsidialkabinett auf zustellen. Man begründet diese Auffassung mit der Berufung der Herren v. Olden- burg-Januschau und von Berg- Markiehnen nach Berlin. Nie Lfr-vA« Lt» Lurelluttsvo-»«» vor, Urheb«r-R«chl»lchutz: Drei-vurUrn-Brrlao, Kön!g»brUlf/Sa. 50. Fortsetzung Die Flut ist in Norddeutschland eingebrochen. Weite Strecken stehen unter Wasser. Die Eisenbahn kann nicht mehr fahren. Autoverkehr ist unmöglich. Verzweifelt schlecht sieht es aus. Alle Zementfabriken arbeiten Tag und Nacht, aber nvm kriegt die Zementsäcke nicht mehr bis zum Meer. Man schickt sich an, in Hannover einen Zwischendamm zu errichten, und gibt große Teile Norddeutschlands auf. Die Fluten strömen und strömen, aber jeden Tag gibt's eine Pause. In der Zeit von mittags um 12 vis abends um 6 Uhr scheint alles stillzustehen. O Die Springflut überrascht viele Schiffe auf See, und Hunderte gehen zugrunde. In Hamburg, das zum größten Teile unter Wasser steht, erscheint der Lloyd-Dampfer „Deutschland" wieder. Er ist von der Sturmflut überrascht worden, aber es ist ihm gelungen, sich zu behaupten, und der Kapitän entschloß sich zurückzukehren. Al» die Passagiere und die Besatzung an Land gehen da bestürmt man die bleichen Gestalten, will wissen, was draußen auf dem Meere war. Ein Grausen packt alle, al, sie im kleinen, schmalen Abendblatt der Hamburger Zeitung lesen, welch entsetzlichen Kampf die „Deutschland" führen mußt«. Der Kapitän erzählt. „Halls Funkspruch, der alle Schiffe aufforderte, den nächsten Hafen anzulaufen, erreichte mich 180 Meilen vom Hafen entfernt. Ich beriet mich mit meinen Offizieren. Sie lachten und sagten: Was kann sie einem Kasten wie der „Deutschland" tun? Ich ließ.mich überreden und hielt Kurs auf England zu. In der Nacht vom 21. zum 22. Oktober er reichte uns die Sturmflut Sie war schon bei Hellem Sternenlicht auf eine Entfernung von rund zehn Seemeilen sichtbar, und sie kam wie eine haushohe Wand in rasender Geschwindigkeit herangestürmt. Das Deck wurde geräumt. Alle Luken geschlossen. Unheimliche Stille herrschte, die aber bald von einem ungeheuren Lärm der andrängenden Wassermassen, einem dumpfen, au» der Tiefe kommenden Rollen abgelöst wurde. Sturm stellte sich ganz urplötzlich ein. Ich gab Befehl, auf die Sturmflut zuzusteuern. Alles war unter Deck. Ich verlieh das Deck als Letzter. Mit voller Kraft ging» gegen die heranbrausende Springflut. Als wir drin waren, wurde unsere Deutschland restlos von ihr über flutet, in die Tiefe gedrückt, kam wieder nach oben, und zehn Stunden lang hielt dieser Zustand an, Unsere Maschinen, die das letzte Hergaben, haben uns gerettet. Mittags 12 Uhr wurde das Meer ruhiger. Wir waren der Erschöpfung nahe. Da gab ich Ken Befehl, zurückzukehren." Zur gleichen Zett kämpft unten im Atlantik, 180 See meilen van Kapstadt entfernt das deutsche Schulschiff „Herzog vom Meer" der Reederei Leisz einen heroischen Kampf mlt den Springfluten.- Alle Segel sind schon seit Stunden eingezogen. Die Masten sind gekappt. Aber die Hölle, die um den braven Viermaster brodelt, wlll kein Ende nehmen. Im Kreise treibt's den Segler umher. Dle Jungen» sind unten, und ihr» bleichen Lippen lallen Bebet«. Oben tm Steuermannshause ist der 1. Steuermann, er hat sich festgebunden. Die Wogen haben die Fenster zer- ichlagen, und Wasser ergießt sich unaufhörlich in den kleinen Raum. Der 1. Steuermann ist ohnmächtig. Zwölf Stunden kämpft das Schiff. Bis auch hier die Flut nachläßt und da» Meer sich be ruhigt. Als der Kapitän, mehr tot als lebendig, auf Deck erscheint, da erlöst er den Steuermann, und di« Jungen» tragen ihn hinab. Sie sind wenige Mellen vom Lande. Der Kapitän hält Ausschau. Er atmet auf. „Wir sind nicht weit vom Hafen von Sansibars" spricht er zum 1. Offizier. „Wenn unsere Funkeinrichtung nicht zum Teufel ist, dann wollen wir versuchen, von Sansibar einen Schlepper zu bekommen." Der 1. Offizier sucht den Funker auf. In der Funker bude sieht', nicht so schlimm au», wie sich'» der Offizier dachte. „Kramer, geht's noch mit dem Funk?" Der Funker nickt. „Es geht, hab'« schon ausprobiertl" Da gibt Ihm der Offizier Auftrag, und Funksprüche jagen nach dem Festland. Die Mannschaft, die Jungen», sind angetreten, haben bas Deck aufgeräumt Biel ist ja nicht aufzuräumen, denn die Wogen haben das Deck förmlich rasiert. Der Kapitän spricht mit den bleichen Jungen und redet ihnen Mut zu, sagt ihnen, daß er versucht, Hilfe au, Sansi bar zu holen. Sie warten lang,. Ihre Herzen beben, daß di» Fluten auf» neu» kommen könnten, und e, kommt keine Antwort. Endlich meldet sich di« Funkstation von Sansibar.