Volltext Seite (XML)
U. M.». Zehnter Jahrg. Montag, S Jannar MS. : »>»-««<« tzDDZhßM DWGe»OWMeN7 PäWuudS«.«»»»- «W» «, Mittag» 1» «her Mattenstraße 1». Mnzeig. in dies. Blatt«. iw«. WM, «PMttare» «scheint. PM» «ine erfolgreich« ^ ' Berdreitnng. .im. ' Biettttjährvch SO«,», bei unentgeldlich»«», ftrnng in'« H«»L Dnrch di« «SaiA-Pchl tterteljShrlich !» «g» Sinzrln« Rmmner« 1 Rgr Tageblatt str Uaterhaltaug und Geschiistsvertchr. Mitredacteur: Theodor Drodisch. Anseratenpreis«: Für den Nen« eine» gespaltrnen Zeile: 1 «,r. Unter „*i»ß»« l-«d<" die AeUr L «gr. Druck und »igruthmn der Hrrauegeber: Litpsch 4k Nkichardt. - «rrantwortlicher «edeetenr: InliUS Nttchardt. Dstcks-ck«, dm s. Januar. — Da» nmeste Gesetz- und Verordnungsblatt enthält '" denn; Verordn«»» dm zwischen dm Staaten de- Zollvereins und dm Großherhvgthümern Mecklen- hwerin und Mecklenbmg-Strelitz ttner- und dem König- »« andererseits abgeschlossmm Freundschaft«-, HandelS- Rnd GchifffahrtSverttag betr.; Decret wegm Bestätigung der revldirtm Statutm des ActimvereinS der Brauern zum Fel- fmlttler btt vreSdm; Bekanntmachung des Finanzmimste- riuntS, da» SchnrmuSwerfm auf den Straßen betr.; Ber- »rdnung die Einführung ttner Taxe für thierärztliche Arz neien in dm Apotheken d«S Lander betr.; Gesetz, die Aus übung der Jagd betr.; Bekanntmachung, die Anleihe der Stadt Leipzig zur Deckung des Aufwandes für Herstellung eine» neuen Theaters betr.; Verordnung de» Finmqministe- riumH die Gewerbesteuer der Bankschlächtrr und Branntwein brenner auf das Jahr 1865 betr.; Verordnung des Mi nisterium» de» Innern, die neuen PaßfornuEe betr. — Da» L.-Vl. bringt einen interessanten Vergleich der Stimmbetheillgung hiesiger Bürgerschaft bei der jetzigen und d«r im Jahre 1861 vorgmommmm Wahlmännertvahl. Es wurden abgegeben im Jahre 1864, im 1. Bezirk, Altstadt: SSI (1861--4S2). im 2. Bez., Altstadt 482 (1861--383), im 3. «ez, Neustadt 440 (1861-496), im 4. Bez, Fried richstadt 211 (1861--177), im 5. Bez., Pirn. Vorstadt 520 (1881 - S88), im 6. «ez., Seevorstadt 739 (1861 - 515), i« 7. Be,.. WilSdr.-Vorstadt 550 (1861—395), im 8. By., Antonstadt 363 (1661 — 346). Stimmberechtigte sind 1664: 7927; im Jahre 1861 dagegm 6571. — Der neue Tarif de» französisch-deutschen Handrlsvrr- —st —'s 1 d.3. UebriamSwüL jetzt bWi^, daß die, den WtUnMschluß vorangs- -angmm Berhandlungm mit Frankrttch «in sehr günstiges Resultat hatten. Frankreich hat die hauptsächlichsten Aen- derungm des TattfS, sowohl in Betreff der Einfuhr nach Frankreich als der Ausfuhr von dort, so wie sie beantragt wurden, genehmigt. Besonders dürfte Sachsen Ursache haben, Nit dem Ergrbniß zufriedm zu sein, da den Wünschen, welche «S an den Beitritt zum Handelsverträge knüpfte, nunmehr genügt ist. Am 23. haben nun in Berlin die Verhandlungen mit Oestrttch begonnen. Cs sind daran beiheiligt die Herren Philippsborn und Haffrlbach (Preußen), v. Hock (Oesterreich), v. Reichert (Baiern) und v. Thümmel (Sachsen). — a Eine würdige Sylvesterftter fand, wie alljährlich, so auch gestern Nachts in der 12 Stunde an der Kreuzkirche statt. Nachdem das erhebende Glockengeläut« verklungen, er tönte von dm oberen Räumen der Kreuzschule feierlicher Chor- «esang in die weite, stille Nacht hinaus, ein Choral und 3 herrliche Motetten. Hunderte von Menschen lauschten unten dem schönen Gesang, der wie gewöhnlich, von dem anerkannt trefflichen Eängerchor der Kreuzschule ausgeführt wurde. Lauter Beifall lohnte die wackeren Sänger. — Eine Sylvester-Nachfeier im K. Belvedere hat heute Herr Stabstrompeter Wagner veranstaltet, die dm beliebten Virtuosen zugleich Gelegenheit gebm wird, den größten Theil seiner eigenen beliebtesten Compositionen zu Gehör zu bringen. Der von der Sylvesterfeier her noch schön decorirte Saal wird dem genußreichen Concerte die äußere Folie verleihen. — lieber Moritz Rabe, der nach dm Ermittelungen der Londoner Polizei dm großm Diebstahl in dem Wechselgeschäft von Baum, Sohn u. Co. verübt haben soll, erfahren wir noch folgende- Nähere: Derselbe ist Israelit. Ein Bruder von ihm, der sich hat taufen lassen, nimmt in Oestreich eine hohe Beamtenstelle rin. Moritz Rabe, der jetzt ein bejahrter Mann ist, war früher Kaufmann in Breslau, stellte daselbst seine Zahlungen rin und kam im Jahre 1835 nach Berlin. Hier «tablirte er gemeinschaftlich mit einem gewissen Schwedt ein Commission-- und Speditionsgeschäft unter der Firma Rabe, Schwedt u. Co. Schwedt, der ein vermögender Mann war, hat in dieser Verbindung keine Seide gesponnm. Rabe brachte ihn um sein ganzer Vermögen, löste sodann die So- ttrtät auf und machte Börsengeschäfte. Dabei lernte er einen gewissen Schvedler kennen, den er dazu überredete, in Ge meinschaft mit ihm rin Gut in der Nähe von Märkisch-Fried- land, da« einem Grafen v. d. Reck« gehörte, zu kaufen, in der dem Schwedler vorgespiegeltrn Absicht, die zu diesem Gut« gehörigen > Waldungm vortheilhaft autz,mutzen. Wie Jedem au- einer Ver bindung mit Rabe nur Unheil erwuchs, so erging «SauchSchwrd- ler Rabe hat die Spekulation nur zu seinem Lortheil au-grbeutet und Schwedler dabei ruinirt. Derselbe erschoß sich auf tt««Gute deS Grafen v. d. Recke. Nach Verübung unzähliger SchwwdelttenverlirßRabrBerlinundwandtesichnachAmstrrdam. Hi« gelang r» ihm sogar, sich Empfehlungen de« Hause» Rothschild « Wim zu verschaffen, welche er dazu benutzte, -roßattig« «ttrügereirn und Schwindelgeschäfte auszuführen. Von da ging er nach London, wo ihm «in größere» Fttd für seine industrielle Thätigkeit gckoteu schien. Der berichtete Diebstahl hat bewiesen, daß er selbst vordem gemeinsten Ver brechen nicht mehr zurückschreckt. Rabe soll übrigens rin ganz feiger Mensch sein, der sich vor jedem ernstlichen Widerstand fürchtet, und e» ist darum anzunehmen, daß er dm Diebstahl nicht allein ausgeführt hat. — Aus dem Pepalozzistist in Leipzig berichtet die „N. Ztg." folgendes: Ein ISjähriges Mädchen ist aus dem Leip ziger, der strengen Missionsrichtung htckdigmden Pestalozzistift entsprungen und nach mehrtägigem Umhettrrm im Rosenthal vor Erschöpfung gestorben. Die Stadtverordneten haben jetzt dem Institut die Unterstützung entzogen, welche e» bisher auß Communalmitteln erhielt und die von der Stadt ihm anver- trauten Kinder zurückgenommen. Die Sache macht das größte Aufsehm in Leipzig (wo man überhaupt nicht sehr für strenge MissionSrichtungen eingenommen ist). — Dienstag dm 20. Der. Abend» jlO Uhr entstand im Rittergute Naunhof bei Moritzburg Feuer auf bisher noch unennittelte Weise und es brannten in Folge dessen sämmt- liche Scheunen nebst allen Vorräthm an Körnern und Stroh nieder, ohne daß die vielfachen Rettungsmaßregeln, die ge troffen wurdm, etwas anders vermochten, als den Heerd des Feuer- nur auf die Scheunen zu beschränken. Freunde und Nachbarn des Herrn Pachters Schröter haben durch freund liche Zufuhren an Stroh und Getreide bisher geholfm, daß für das Vieh kein Mangel an Fütterung eingetreten. — Gestern Vormittag halb zwölf Uhr erschoß sich im Schlafsaal der Pionier-Caserne der Corpora! Neumann von der zweitm Batterie. Der Schuß, mit dem Dienstgewehr auSgeführt, war in die Brust gedrungen, worauf der Tod «ugoMcklich. «folgte. . .L- ^ — Anstatt der AuSstndung von Neujahrskarten hat der Direktor Gustav Adolf Müller der Armmversörgungs-Behörde 750 Bund Reißig zur Verkeilung an arme alte Leute über geben. — In seiner Wohnung hat vorgestern der Comtoirist einer hiesigen Brauerei seinem Leben durch eigene Handan legung ein Ende gemacht. Müller auf der Nordbahn. Ein Reiseabenteuer. Als ein humoristisches Seitenstück zu der blutigen Franz Müllersch n Tragödie erzählt M. Klapp in der „Ostd. Post" nachstehende hübsche Anekdote, die zugleich auf das Entsetzliche der That Müllers einen Reflex wirft. Der gmannte Feuil letonist, beunruhigt durch die unaufhörliche Sensation, welche dem Müllerschm Verbrechen nachfolgte, erzählt Folgendes: Ich kenne einen gutm, frommm Herrn, der entschieden unter d:e Lämmer eingereiht werden müßte, wenn dies jetzt noch anginge. Ich begegne ihm dieser Tage und finde ihn zu meinem gerechten Erstaunen sichtlich angegriffen, ja gra- dezu verstört. „Was ist Ihnen?" fragte ich ihn, „Sie sehen ja so übernächtig aus, als hätten Sie heute Nacht Bacchana lien mitgemacht."—„Bacchanalien, schöne Bacchanalien das!" erwiderte der gute, fromme Herr, „noch eine solche Nacht und meine Erben werden lachen Meinm ärgsten Feinden wünsche ich keine solche Nacht, sie liegt mir in allen Gliedern, und wenn ich krank werde, dann seid ihr Zeitungsschreiber daran schuld, ihr habt mich auf dem Gewissen. Er sagte dies mit solcher Erbitterung, daß ich allen Spaß btt Seite setzen mußte und mich äußerst theilnahmsvoll bezeigte. „WaS wür den Sie zu einem Glase Grog sagen, das Sie erwärmen würde und bei dem Sie mir von jener fürchterlichen Nacht erzählen könnten, die Sie durch uns Zeitungsschreiber gehabt haben wollen?" fragte ich den guten Herrn. Und wir setzten uns in dem nächsten Cafo zu unserm Grog, und der gute fromme Herr Hub an: „Sie wissen, ich hatte einige Tage in Dresden zu thun. Vorgestern bin ich von dort zurückgereist. Ich benutzte die Eisenbahn, und zwar setzte ich mich in ein dicht besetztes Coups zweiter Classe. Um keinen Preis in der Welt würde ich seit den letzten Monaten allein in einem Coups reisen, je mehr Passagiere, desto besser; es ist sicherer. Der Couducteur sah mich mit nicht wenig großen Augen an, als ich ihm einen Silbergulden in die Hand drückte und sagte: „Ich bitte Sir, in ein Coups, wo viele Menschen sitzen!" Diesen Wunsch mag er nicht gewohnt sein, denn gewöhnlich erhält er den Gulden von Herren und Damen, welche dem meinigen ent gegengesetzte Wünsche zu haben pflegen. Als er meinen Mie nen den vollen Ernst ansah, that er mir meinen Willen und brachte mich in ein Coups, wo bereits sechs Menschen bei sammen waren, darunter vier Damen mit großen Crinolinen. Ich sah Wohl, daß ich nicht willkommen war. Zu anderen Zeiten hätte ich es mir auch verbeten, der Siebente in ein Coups geschoben zu werden; aber seit der Müller-Geschichte «uf der englischen Bahn sitzen mir nie genug Mensch« s» einem Coupe. Sie lachen? Lachen Sie nicht; ich heiße »ich» Briggs, aber mein Geld ist auch kein Blei, und «M kam» schon ein Auge darauf werfen. Ich verzichte dar«» Rrber auf das Vergnügen, mit mir ganz allein zu sei«, und lasse mich von anderen Passagieren schief ansehen. Und schief ge nug und mißvergnügt haben sie mich angesehen, die Herren und die Damen, das kann ich Ihnen sagen. Aber ich habe mich getröstet mit der schönen Gegend, mit ttner guten Ci garre und mit ttner Masse von reellen Gedanken. Mir war so recht wohl, weil ich mich sicher wußte. Eine- nur hat «ir da- Bewußtsein de- Besitzes dieser sechs Mitreisenden getrübt, und da» war die Unsicherheit dieses Besitzes. Ich hatte bald wahrgenommen aus ihren verschiedenen Gesprächen, daß sie nicht alle bis nach Wim zu reisen die Idee hatten. Scho» in Bodenbach trennte sich eine der Crinolinen von «n», stk hatte seitwärts ihre Heimath. Auf dem halbm Wege nach Prag stieg dann wieder die zweite Crinoline aus. Die Frau« warm beide nicht schön, mit der einen möchte ich in Wie» als vis-t-vis nicht einmal in einem Omnibu» von der Le»« poldstadt nach Schönbrunn fahrm, die Strecke wäre mir viel zu lang in dieser Gesellschaft. Aber ich hätte ihnen nach- weinrn könnm, als ich sie auSstttgm sab, dmn meine Sicher heit war nun entschieden verringert worden. Fraum, werde» Sie sagm, wer rechnet auf Fraum, wenn Gefahr Vorhand« ist? Sie könnm Recht haben, aber es warm doch jejft zwei Seelen wmigrr im Waggon, und Fraum find nur noch immer lieber als gar nichts. Auf der Station Prag ver loren wir noch rinm Mann, einen Prachtkerl, sage ich Ihnen, groß, stark, sehnig, muskulös, der mir besonders, ja ich möchte sagm, dar meiste Zutrauen ttnflößte. Wie ich auf ihn ge rechnet haben mochte.er stieg aus, er hatte sicher etwa» Besseres zu thun, al» mir einen stillen Gendarmen abzugebm. Und kein gehöriger Ersatz stieg ein! In Prag eine dicke Dame mit drei Kindern, jedes von ihnen mit sehr Unschuld»» vollen Augen; aber wo sind die Mörder heute, die sich von unschuldsvollm Augen abhaltm lassen, ihr Gewerbe zu üben? Und «he ich mich in den Gedanken hineinredete, Kinder seien auch besser wie gar nichts, warm sie in Trübau schon wieder ausgestiegen und mit ihnm die übrigen Damm des Coups». „Conducteur!" rief ich hinaus, „schicken Sie nur so viel al» möglich Passagiere herein in das Coupe, Platz genug!" Der Mann aber mochte dies für eine Ironie gehalten habm und stopfte die angrenzenden CoupeS voll, unsers aber blieb frei von Heimsuchungen. Ich hatte nur noch den Einen der Mit reisenden, die in Dresden eingestiegm warm, bei «ir im Coupe, es war ein ältlicher Herr, dem ein ganzes Leben voll guter Absichten auf dem Gesichte geschrieben stand. Diesen Mann, nahm ich mir vor, gradezu zu verhätscheln, mit Lie benswürdigkeiten zu überhäufen, ihn zu fesseln, auf daß er mich bis nach Wien nicht verlasse. Ich gab ihm von meinem Bordeaux, dm ich in Dresden zu mir steckte, zu trinken, von meinen Pastetchen zu essen, ich gab ihm eine Prise nach der andern, ich redete ihm zu Liebe — und Sie wissen, wie mir das zuwider ist — von Politik, von neuen und alten Mi nistern und wer weiß wovon sonst noch. Was war das alle- für eine Kleinigkeit für mich, wenn es mir nur gegönnt wäre, mit ihm beisammen zu bleiben Ich hätte mir dm Mann geradezu gemiethet bis nach Wien, wenn er zum Ausleihen gewesen wäre. Was half all' mein Aufgebot von Liebens würdigkeit, Bordeaux, Pastetchen und Politik; schon in der Nähe Brünn's deutete er mit Bedauern darauf hin, daß er in Brünn auSstttgen werde. Und er stieg auch in Brünn aus! Jetzt war es tiefe, tiefe Nacht, und entblößt von aller Reisebegleitung, hatte ich nur den einm Wunsch, allein zu bleiben. Die Leute, die bisher mit mir fuhren, hatte ich Zeit zu mustern, zu studiren, ich konnte in ihren Zügen lesen; wa» bei Tag in mein Coups stieg, konnte ich mir genau betrach ten, ich konnte sehen, ob ich sicher wäre oder zu fürchten hättt. Aber bei Nacht, ich bitte Sie, wer kann wissen, was da alle» einsteigt auf dm wenigen Stationsplätzen, an denen Halt ge macht wird. (Schluß folgt.) * Daß man auch in Constantinopel Reclame, und zwar auf dem Friedhofe, zu machen versteht, beweist folgender Fall, dessen Richtigkeit verbürgt werdm kann. „In Pera", so er zählt «in Reisender, „besichtigte ich dm Friedhof, der an schönen und prunkvollen Monumenten reich ist. Ein Grab mal vor allen anderen fesselte meine Aufmerksamkeit durch den Reichthum seiner Verzierungen; der hier begraben liegt, dachte ich, muß zu den ersten Männern der Stadt gehören^ und ich begann, die Grabschrift zu lesen, derm golden« Buch staben, wie gewöhnlich, nichts als Gutes und LobmSwertheG dem Verstorbenen nacherzählten, bis ich auf eine auffallende Lücke kam. Das Datum seines Todes war nicht auSgefßllt.