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Anzeiger. Amtsblatt des Kiiuigl. Bezirksgerichts Md des Raths der Stadt Leipzig. W 253. Sonnavttrd deL 10. September. 185«. Der kaufmännische Verein in Leidig. Wenn wir uns heute veranlaßt sch«, an dieser Steve ewige Besprechungen an die Tendenz und Lhätigkeit eines InstitUts zu knüpfen, über deff« Wirksamkeit wir in letzter Zeit geschwiegen, so geschieht es, weil nach unserer Ansicht — so lange der Bereit» noch keine bestimmte Gestalt, keine feste Richtung genommen harre, seine Angelegenheiten nicht Mehr Interesse haben als jede andere derjenigen Erscheinungen, die nach der Richmna unserer Zeit drts Leben mit der Wissenschaft in eine wechselseitige Berührung Vrtttg« wollen, wie wir sie vielfältig in unfern Lagen aufrauchen und wieder verschwinden sehen, — Ephemeren ohne innere Leben-krasi. Unsere heutige Beleuchtung der Bestrebungen, die wir eben nannten, und wobei wir das junge Institut ve- kaufmännischer» Verein- besonder- in» Auge fassen, geht Nun allerdings nicht aUs der Idee hervor, als glaubten wir dasselbe auf der Höhe angelangt, die wir als die edelste Aufgabe seiner Richtung zu erkennen vet- meinen, — gewiß nicht! Die Thärigkeit des k. V. während seines bisherigen Bestehens läßt un- aber einen Blick thun auf die Tendenz, welche sein Wirken charakterisier« soll, und e- will unS bedünken, als gebe sich wenigstens ein bestimmter Zug der rechten Erkennmiß seiner Aufgabe für die Zukunft kund, als habe sich aus den nothwenvigrr- weise oft verworrenen Zuständen der ersten Anfänge eine bessere Einsicht dessen, was man soll, erzeugt und zum Bewußtsein erhob«. Die schwierigste Zeit ist gewiß für den Verein vorüber, und eS läßt sich nicht läugnen, daß feine Wirksamkeit jetzt innere Lebens kraft bekundet. Weniger um seiner jetzigen Bedeutung willen erheischte das Institut eine eingehende Besprechung an dieser Stelle, als weil wir an seine Zukunft Hoffnung« und Erwartungen knüpf«, die dereinst gewiß für unsere Stadt und auch für weitere Kreise von großer Tragweite werden müssen, wenn anders von Allen, die dazu berufen sind, in der rechten Weise Hand an- Werk gelegt wird. Der k. B. ist das erste und einzige Institut, welches sich in Leipzig die Hebung der Intelligenz im KaufmannSstandr zur Auf gabe gestellt und rüstig damit begonnen hat. WaS bwher erreicht word«, mag noch nicht von großer Bedeutung sein ; genug daß der Verein der einzige ist, der in dm bezeichnet« Kressen einr^ wissenschaftliche und sittliche Tmdenz verfolgen soll. Mit Recht drängt sich uns die Frage auf, ob in unserem enger« und weiteren Baterlandr die Intelligenz des Handelsstandes auf einer Strffe stehe, die sich mit den sonstig« wissenschaftlich« und Eulturzuständen unserer Zelt auf dem gleichen Niveau halte? Man wäre versucht die Frage zu bejahen, wenn wir uns ver gegenwärtigen, daß ein besonderes Streb« zur Vermehrung all gemeiner Bildung im Handeksstande sich biS vor KutzeM nicht als ein Bedürfniß erwies« har. Bei einer solch« Auffassung Müßte ein Institut wie der k. V. al- verfehlt und überflüssig erschein«. Wir betracht« diese Frags aks einl ernste und »Sohl bet näheW» Beleuchtung werth, doppelt fstl unser DarettaNd Sachsen, wo Handel und Industrie uns mit ihn« der« Vertreter ettrs so hohe Bedeutung im StaNtSkeh« eiNnchM«. » Gerne geben wir zu, daß* unser Jahrhundert einen oiNVer« Beruf habe als das achtzehnte, deM es vergönnt war, eiM neul Gedanken- und Ideenwelt in d« Kopf« alles denkend« M«sth« zu schaff« und auf all« Gebiet« dlr Wissenschaft und PHNofopyie eine Umaestalmna'hervorzurustu, der »vir daß Höchste und Bestie auf geistigem Boderi verdank«. Unser Jahrhundert hat andere Ziele', es ist das Jahrhundert, welche- die Erfindung« deS menschlich« Geistes ins Lehen Einfuhren und nie gmhntl Berührung« alter Bßlker der Erde andahnen soll. Und zur Verwirklichung dieser groß« Aufgabe find vor Allem Handel und Industrie als die Mächtigsten Werkzeuge deeuftn; ihre Vertreter bilden h« MlttelßuNck des Ade«- uNV JntEisseN- Austausches der fernst« Länder, sie soll« öle Träger werden für Wissenschaft und EultUt auf ihrem ffkll«, aber siegreichen Er- Sberungszttgl in alle Lheile der Erde. Frag« wir uNS, ob der HanVelSstand unseres enget« und weiter« Vaterlandes durchgängig daß Bewußtsein in sich ttag« darf, von diesem Gesichtspunkte auS seiner Aufgabe gewachsen zu sein, — und Wir wird« es verneinen Müssen. Treten wir aber auch dem rZN Kaufmännisch« naher und stag« nur, vb iN der That hieb Einsicht Und Intelligenz mit der riesenhaft« Ausdehnung des kommerziellen Verkehr- den gleichen Schritt hält, 0b iü Wirklichkeit dir Wissenschaft die rechte Stellung MM Har»del eingenommen? Wollten Wir selbst Anstand nehmen, diese Frage zu vernein«, die Erfahrung der letzten Jahre, die herbe Lehrmeisterin würde an unserer Statt antworten, daß dem nicht so sei, daß ln viel« tausend Fäll« große Verantwortlichkeit in Hände gelegt war, die zum Lenk« Nicht berufen, und daß oft der gänzliche Mangel theoretischer Einsicht d« nur für gewöhnliche Zeit« sattelfest« Praktiker zum Falle brachte. Man wettdtt unS vielleicht ein, daß wir unser Auge weniger auf die großen Verkehrswege des Welthandels zu werftn hätten, daß unser Beruf und Lebensweg unS schwerlich in Beziehung« bring« «erde, dl« so gesteigerte Anforderungen an unsere Intelligenz bedingen. Die deutsche Nation ist leider die einzige aller großen seefahren den Nation«, welche keine eigen« Eolonlen in ftemden Welt teilen hat und sie wird dadurch von einem steten wechsel seitigen und selbstständigen Verkehr mit überseeischen Län dern gewissermaßen ausgeschlossen. Vor Allem kann eine Rück wirkung von jen« Ländern aus, in den« sich Deutsche nur alS Fremde und Eingewanderte bewegen, auf unser ganzes Vater land und sein staatliches Leb« sich nicht kund geben, so lange — wie jetzt — kein Fleckchen Erde in anderen Welttheil« in einer politisch« Angehörigkeit zu Deutschland steht. Die Hansestädte allein, durch ihre geographische Lage bevor zugt, steh« seit lange ln dkrect« persönlich« Berührung« mit fremven Ländern und namentlich von Hamburg und Brem« aus sind dauernde Beziehungen mit fast allen Ländern der Erde ange- kNÜpst worden und wir dürfen eS mit Stolz sagen, deutsche Ar beit, Ekttsicht und Geschicklichkeit finden an allen Orten die vollste Anerkennung, wo sich neb« Engländern, Franzos« und Schweiz«» Dellffche find«, den« wir ja in allen Theil« der Erde begegnen. Das ganze übrige Deutschland, mit AuSnabMe etwa der rhei nisch« Industrie-Distrikte, steht dem groß« Gange des Dölker- vetkehrS uNd des Welthandel- mehr oder Minder?«», — Nicht well ihm das Interesse oder das Geschick zur TheilrrahM« an diesem größt« Werke «angelte, sondern weil es feiner Lage nach uns Ms -« vorerwähnt« Grund« davon abgefchnitt« ist. Lechzt« rsgr unter -ileE dMschen Handeisflädr« ak- dtefenige h«bok. Kl sich schon seit kaNDi ein« wichtig« uns bedeutend« em atoß« WelwMdß rn erzwing« »Ußtls Netz« ... U«d z«!>ch,n Ist. ^ ^ . D-»kd«r<>ftl<>sn>TMM dhrung und vvr allem der unbescholten« Biederkeit und Ehren- . . ilgkelt, die im Allgemein« Leipzigs HaNdei-staNd außzeichnet, ist seine BerheM-mig an d«t Welthandel wenn auch Nicht numerisch so doch verhältmßmäßlg größer und eingreifender als bie der Hansestädte, wen« wir von deren ausschließlich« Rhedereigefchästen abstrllhtr«. I« richtiger Einsicht und Würdigung der Verhältnisse Hab« Leipzig und die nahelieg«d« Fabktkvistritte feit einem IahtzehNt etwa' beachta«, in selbständig« und persönlich« Verkehr zu d« «annichfach« Handelsplätzen zu tttt«, mit den« sie seit lange ln indirektem Eonnex gestand« haben. ha