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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 14.02.1914
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1914-02-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19140214010
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1914021401
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1914021401
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1914
-
Monat
1914-02
- Tag 1914-02-14
-
Monat
1914-02
-
Jahr
1914
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Morgen - Ausgabe lür Lelpzüg un» Vorort, «ur» unser, »rsa« V*AUASprTl^*. un» Spr»Uiur» rmol «a,UG to» you» gebracht» monatl » t.rs m.. oterteUSdrltct» I.75 m. Set »,r S«schSft»N«U». Unsen» ZUtaln» un» NuogadeNeUen odgrholt! monorUch IM. »tertelUlhrUeb r M. Durch »I« Post: »nnerkald Vtutschlaa», un» »rr »rutsch«, Kolonteu monatlich l.-o M., virrtrliährlich «.»4 M., au»schN«KU<t> PottdestrUgel». va»LrtprtgrrTageblotl rrschrtnt Werktag« rmal.Sonu» u. Z^rrtagolmal. 2a Leipzig, S,n Nachbarorten un» »en Orten mit eigenen Zilial«, wir» »i, stdcnüauogad« noch am ftdenü »,« Erscheinen» In» yau» geltefert. SrrUnrr lve»aktton:In Sen Leiten >7.Z»rnspre«k»>ins«klu8: Moabit Nr. 447. /trntsblatt des Rates rurd des pollreiarrrtes der Stadt Leipzig «e-akttoa an» S»schan,st,U,r ^»hannisgaff« Nr.». « Zernsprrch-NnschluS Nr. 14»42, t»»4r an» t<»44. ISS. Jahrgang tür 0ns«rat, au» Leipzig un» Umgedun, »i, ispaltig«prtit,rtt,2Lps.,»i,N«rlam»„iI,1 M., von au»wart» ro Pf.. Reklamen > 2» M., Klein, ynzeigen »iepetltzeii« nur r»pf.d.wi,»«rhol.Nab., Inserat« von vekorürn im amtlichen Teil »i« Petit» -eil« SS Pf. Seschilstsanzeigrn mit plaNvorschrist >m Preis, erhöht. Nodott nach Laris. Veilag«»: chesamtaufl.SM.Sa»»ausen» auoschl Postgebühr. Nnzeigen.stnnahm»: ^ohanniogasse»,bet sämtlichen t'iialen »»»Leipzig,« Lagedlatte» un» allen stnnoacrn-Lxpeüitionrn »eo In» un» riu«luüs,». Seschäftostellr für Srrlin u.üie pr.Vram'endurg: vtrektionwoltrrZlirgel, Veritn w. I», MargaretkenNraK« «. Zernsprech-stnschluh: Li'ihow »47t. Nr. 8l. Sonnsdenü. »en 14. /edruar. ldlck. Das wichtigste. ' * Im Reichstag wurden am Freitag bei der Erörterung des Etats des Reichsamts des Innern die Fragen der Volksversiche rung eingehend erörtert. (S. Art. u. Ber.) * Die Sitzungen des Deutschen Land wirt s ch a f t s r a t es fanden am Freitag in Berlin ihren "Abschluß.. (S. Ber.) * In der bayrischen Abgeordneten ¬ kammer hielt der Zentrumsabgeordnete Goetz eine aufsehenerregende Rebe über die angebliche sittliche Verwahrlosung der höheren Gesellschaftskreise. (S. Pol. Uebers.) * In Paris starb Bertillon, der Di ¬ rektor des gerichtlichen Erkennungs dienstes. (S. Ausl.). ' * Der Kronprinz vou Griechenland ist am Donnerstag in Belgrad eingetrossen. (S. Ansl.). < l * Die russische Regierung hat den Bau einer s ü d s i b i r i s ch e u Eisenbahn beschlossen. (S. Ausl.). * Die Türkei verhandelt mit der Schweiz wegen Entsendung schweizeri scher Offiziere für Anatolien. (S. Ausl.) Kriegsflugzeuge un- Kavallerie. Nom Generalleutnant z. D. Baron o. Ardenne. Die Erfindung des lenkbaren Luftschiffes hat in allen Militärstaaten eine ganz ungewöhnliche Er- —"ung hervorgerujen. Hoffnungen und Befürchtun gen verloren sich in den abenteuerlichsten Aussichten. Inselreiche verloren das Zutrauen zu der Sicherheit ihrer Lage, Kontinentalmächte zu ihren Festungs gürtel, zu der Unverwundbarrelt ihrer Brücken, Bahnhofsanlageu, Kunstbauten, selbst die großen offenen Städte glaubten sich im Kriegsfälle von einem Dynamitregen bedroht. Die großen starren Luftschiffe Les Grafen Zeppelin bildeten zunächu tvn Gegenstand der Befürchtung des Auslandes, besonders weil man ihnen eine viel zu große Tragfähigkeit zu traute. Sie mit gleichen Mitteln zu bekämpfen, ging zunächst nicht an, weil der Borsprung Deutsch lands zu groß erschien. Man sann besonders in Frankreich auf die absonderlichsten Mittel zu ihrer Vernichtung. Rach einer Phantasie Jules Vernes sollten sogar Adler gezähmt werden, um die Ballon hülle zu zerreißen. Die vielfachen Unfälle der Zeppelinluftschifse, die Notwendigkeit, sie außerhalb der Flugzeit in gewaltigen Ballouhallen zu bergen, vor allein aber die ganz wunderbare Vervollkomm nung der kleinen, handlichen, schnellen Flugzeug apparate, mit zwei bis drei Mann Besatzung, schwächten das Ansehen der großen Luftschiffe ab. Nur für den Festungskrieg blieb ihre Bedeutung un bestritten, für den Feldkrieg ist man jetzt geneigt, ihren Kamps gegen die zahlreichen kleinen Flugzeuge für aussichtslos zu halten — etwa wie den eines Walfisches gegen eine Schar verfolgender Schwert fische, oder eines Pferdes gegen einen Schwarm von Hornissen. Diese Aussichtslosigkeit gründet sich vor allen Dingen auf den Umstand, daß es den Franzosen gelungen ist, ihre Flugzeuge vermöge der Leichtigkeit ihrer Motoren artilleristisch zu bewaffnen. Man hat versucht, die Zeppelinluftschiffe dagegen kampffähig zu machen — die dazu bestimmten Konstruktionen fielen den Franzosen in die Hände dadurch, daß ein deutscher Lustkreuzer sich verflog und auf französischem Boden zu landen gezwungen war. Die Rollen sind ober ungleich, die Chancen für das große Luftschiff zu gering. Es wird von Geschossen und von Säuren überschüttet und bald kampfunfähig werden. Di« Zukunft für militärische Verwendung gehört somit den kleinen Luftfahrzeugen, die seit der ersten Kon struktion des genialen Amerikaners Wright, bis zu dem Franzosen Pegoud eine ganz ungeahnte schnelle Vervollkommnung erfahren haben. Die Franzosen haben von jeher unter der Rage du nombre gelitten. Selbst Napoleon I. wieder holte oft den Spruch: „Ts dov cklsu est tou- jours pour Iss Aros dutnillon s." Deshalb faßt« man in Frankreich die Schaffung einer unge heuren Luftflotte ins Auge. Die Zeitungen sonnten sich in dem Gedanken, mit 1200, ja nach einigen mit 2000 Fahrzeugen die deutsche Grenze zu überfliegen. Diese sollten hauptsächlich zwei Zwecken dienen — der Zerstörung und der Aufklärung. Erstere können wir hier ohne Betrachtung lassen, denn in dieser Be ziehung haben die Franzosen schon gelernt, Wasser in ihren Wein zu gießen. Die Aufklärung erscheint dagegen um so gesicherter, und, da diese bisher ledig lich der Kavallerie zufiel, letztere Waffe überflüssig oder verminderungsfähig. Dieses Urteil ist auch in Deutschland oft ausgesprochen worden — es verdient aber «rne objektive Widerlegung. Zunächst ist das Flugzeug — in den folgenden Zeilen mit Fz. bezeichnet — kein zu jeder Zeit und in allen Lagen zuverlässiges Vehikel. Die Motoren sind noch unvollkommen; ihre Defekte sind schuld an zahllosen Abstürzen — ebenso plötzliche Windstöße, gleichviel ob vertikal oder horizontal. Der Gleit flug erdabwärt? bringt dem Flugzeug in der Näh« des Bodens dieselbe Gefahr, wie dem Sea^Ischiff die Nähe der Küste, der Lärm der Motoren verhindert das Sprechen zwischen Piloten und Beobachter. Der geistige Verkehr zwischen beiden ist auf schriftliche Mitteilungen beschränkt. Ein Amerikaner wollte einen geräuschlosen Motor erfunden haben, sowie einen durchsichtigen Boden des Flugzeugs. Von beiden Vervollkommnungen ist es still geworden, ebenso wie von dem Vorhaben, diesen Boden durch ein Schutzblech gegen Infanterie-Feuer unverwund bar zu machen. Diese Bestrebungen kennzeichnen die Mängel der Konstruktion; aber auch, wenn sie der einst beseitigt sein sollten, bleiben die Unzulänglich keit der Beobachtung und des Meldewesens. Erster« ist bedingt durch das Wetter. Schwerer, der Flug richtung entgegengesetzter Sturm schließt den Ge brauch des Flugzeuges von vornherein aus. Manche verunglückte Hebungen aller Armeen haben das be- wiesxn. Desgleichen Nebel, wie er bei uns in Deutsch land während dreiviertel aller Wintertage herrscht, weiterhin die unsichtige Luft, Regen, Hagel und vor allem die Dunkelheit. In den modernen Kriegen aber vollziehen sich vor den großen Entscheidungen die Trupvenmärsche vielfach in der Nacht. Auf ihre Rekognoszierung verzichten müssen, heißt auf den wichtigsten Teil des ganzen Aufklärungsdienstes ver zichten. Man kann damit rechnen, daß die Flug zeuge nie in der Nacht und nur bei der Hälfte der Tagesstunden im Jahr überhauot Verwendung finden können. Die Beobachtung während dieser wird aber beeinflußt durch ein« Fülle von Quellen des Irrtums. Selbst eine von klarer Sonne übergossene Landschaft läßt wegen der tiefen Schatten, von denen sie durch zogen ist, schwer marschierende Kolonnen in ihrer Gesamtheit erkennen. Man wird nur Teile sehen. Jeder zu Pferd« rekognoszierende Offizire weiß, wie schwer es z. B. ist, in einiger Entfernung den Schatten einer Hecke von einer marschierenden Truppe zu unterscheiden. Für den Lustbeobachter in voller Fahrt ist die Unterscheidung unendlich viel schwie riger. Ist die feindliche Truppe im Halten, so ist sie vollends schwer zu erkennen, die Mannschaft müßte dann mit den Gesichtern nach oben starren, dann markiert sich im Marsch eine weiße Linie, in Ver sammlungsformationen «in großer weißer Fleck. So genannte Masken — d. y. angedeutete Schützen gräben, mit Puppen ufw. besetzt, haben ost die Flug zeuge zu falschen Meldungen veranlaßt, wie die Kaisermanöver der letzten Jahre bewiesen haben. Die Bedeckung der Mannschaften mit braunen Zelt decken auf Ackerboden verbarg sie dem Flugzeug voll kommen. Die Beobachtung des Offiziers neben dem Piloten ist an sich erschwert dadurch, daß das Auge über den Rand der unteren Tragfläche nach vorn visieren muß. Es kann daher nur Truppen in der Entfernung von etwa 800 Meter zu Gesicht be kommen. Die Franzosen haben daher ihre Motoren von vorn nach hinten verlegt, um den Beobachter näher an den unteren Tragcrand zu bringen. Sie haben den Beobachter auch Rücken an Rücken mit dem Piloten sitzen lassen. Die geistige Verbindung mit diesem wurde dadurch aber so erschwert, daß man von dieser Aushilfe Abstand nahm. Diese Schwierig keiten, die dem Auge erwachsen, werden verstärkt durch das ohrenbetäubende Geräusch der Motoren und den gewaltigen Luftzug, den die schnelle Fahrt heroorbringt. Dazu tritt die Schwierigkeit der Orientierung im Gelände an sich. Schon zu Pferde ist diese unter Umständen bei raschem Ritt sehr schwer — beim Durchschneiden der Luft wächst diese Schwierigkeit im Quadrat. Es gilt nun nickt allein, den Feind richtig zu erkennen, sondern rechtzeitig zu melden. Di« Franzosen benutzten bis vor wenigen Jahren dazu Lan,zierrohre sw.e bei den Torpedos), die die in Kapseln verschlossenen Meldungen zur Erde beförderten. Die Chancen, daß diese ihren Bestimmungsort erreichten, waren aber so gering, daß man diese Kapseln mit roten Bällen (wie Anker bojen), oder auch mit Rauchsignalen versah. Aber auch damit hatte man keinerlei Carantic gewonnen für das rechtzeitige Eintreffen der Meldung. Darauf aber kommt alles an. Man mußte sich deshalb ent schließen, die Führer des Flugzeugs anzuweisen, nach vollbrachter Rekognoszierung zu einem „Flughafen" zurückzukehren, d. h. zu einer Meldesammelstelle, dort klassifiziert ein Offizier die Fülle der eingegangenen Meldungen — je größer diese ist, desto schwieriger und zeitrauben der wird die Sichtung sein. Eine ungeheure Ver antwortung bildet d-ie Entscheidung, welche Meldung verdient Berücksichtigung und Vorlage an den Heer führer, welche aber nicht? Zeit geht auf alle Fälle verloren, und diese ist bei Meldungen das Ausschlag gebende. Moltke sagte, daß die richtigste und wich tigste Meldung gänzlich wertlos ist, wenn sie zu spät kommt. Nun sind allerdings die Flughäfen mit den Heerführern telephonisch oder telegraphisch verbunden. Die Schwierigkeit wird dadurch vermindert, aber nicht beseitigt. Dadurch, daß das Flugzeug seine Beobachtungszone zur Abstattung der Meldung ver lassen muß, ist es in schwerwiegendem Nachteil im Vergleich mit der strategischen Kavallerie-Offizier patrouille, die tagelang am Feinde bleibt und nur durch Meldereiter zurückmeldet. Es ist klar, daß die Technik sofort versuchen mußte, den feindlichen Flugzeugen ein Paroli zu bringen. Dies geschah zunächst durch „Abwehrkanonen", deren Rohre, auf einem Kugelgelenk gelagert, jede Rich tung und jede Elevation sogleich annehmen können. In Deutschland haben diese Geschütze eine sehr hohe Treffähigkeit erreicht, dazu aber auch eine solche Be weglichkeit, daß sie dem Flieger mit annähernd gleicher Schnelligkeit folgen können. Näheres hier über zu sagen, verbietet sich. Dem Flugzeug erwächst aber durch die eigene artilleristische Bestückung, wie sie in Frankreich im Zuge ist und wie sie in Deutsch land wohl Nachahmung finden muß, eine neue Be schränkung freier ungehinderter Tätigkeit und Ver wendung. Es ist klar, daß, wenn die Flugzeuge zweier feindlichen Nationen armiert sind — daß sic dann den Kampf in den Lüften aufsuchen werden und müssen. Diesen Kampftyp zu finden, ist allerdings erst Sache der Zukunft. Kämpfen aber_die Flugzeuge erst miteinander, so ist die Ruhe und Sicherheit ihrer Beobachtung außerorr-cntlich in Frage gestellt. Jeder erfahrene Offizier weiß, daß Kaoalleriepatrouillen, die kämpfen müssen, keine Meldungen bringen können. Eine gejagte Patrouille reitet um ihre Rettung, nicht aber um eine Meldung. So wird es dem kämpfenden Flugzeug auch ergehen. Viele, sehr viele werden in diesen Kämpfen ihr Ende finden — ihren Führern aber wird es nötig sein, „dreifaches Erz um I>as Herz zu haben", wie cs Horaz schon für den See fahrer verlangte, der zuerst sein gebrechliches Fahr zeug deic Meereswogen anvertraute. Aus Vorstehendem wird erhellen, daß die Flug zeuge zwar der Heerführung unter bedingten günsti gen Verhältnissen wertvolle Hilfsdienste in der Auf klärung leisten können, daß sie aber nicht in der Lage sind, darin die Kavallerie zu ersetzen, die zu jeder Tages- und Nachtzeit, in jedem Wind und Wetter und in jedem Gelände das treue und zuverlässigste Werkzeug in der Aufklärung bleibt — aber nicht nur in dieser, sondern auch in d«r Sicherung. Die Ka vallerie ist der Schutz der marschierenden und ruhen den Truppe, d»enn sie vermag Widerstand zu leisten, zu fechten. Ihre Eefechtskraft hat sich seit 1870/71 ganz außerordentlich gesteigert durch die Bewaffnung mit einem der Infanterie gleichwertigen Karabiner, durch die Ausrüstung mit Maschinengewehren und die Zuteilung vermehrter reitender Batterien. Dazu tritt di« Beweglichkeit. Die Kavalleriedioisionen können in kurzer Zeit mit ihrer Feuerkraft da oder dort an bedrohte Punkte der ungeheuren Schlacht linien der Zukunft geworfen werden. Sie sind be stimmt, die feindliche Kavallerie von den Armee fronten hinwegzufegen, ihren Schleier zu zerreißen. In der Flanke tir feindlichen Armeen marschierend haben sie den Vormarsch zu verzögern, ihren Rückzug durch „vorgreifende Verfolgung" zur Katastrophe zu gestatten. Die einschlägigen Paragraphen des neuen Exerzierreglements von 1909 sind mit goldenen Let tern geschrieben. Die Aufgaben der Kavallerie sind so vielgestaltig, daß die Flugzeuge ihr wohl einen Teil davon abnehmen, nimmer aber sie ersetzen können. Deshalb wäre es ein nicht gut zu machender Fehler, wollte man die Kavallerie zugunsten der Flugzeuge vermindern. Die relative Verminderung ist schon im Zuge der Zetten eingetreten, wie fol gend« Zahlen ergeben. Zur Zeit des Großen Kur fürsten wär die Verhältniszahl der Kavallerie zur Infanterie 8 : 1, im Siebenjährigen Kriege 1 : 3, in den Befreiungskriegen 1 : 6—7,1870/71 in Deutsch land 1 : 10—12, in Zukunftskriegen 1 : 35. Eine weitere Verminderung würde die Kavallerie zur schwachen Hilfswaffe herabsinken lassen. ZurLrrichtungeinesKeichsamtes für Zinanzwefen. Von parlamentarischer Seite wird uns ge schrieben: Es ist kein Zweifel, daß seit der Steuer gesetzgebung des Jahres 1013, die dem Reiche große direkte Steuern erschloß, alte Schlagworte und Gegensätze aufleben: Unitarismus und Förderalismus, gewiß nicht in der alten Schärfe, wie etwa vor der Reichsgründung. Das Reich ist Bundesstaat, nicht Einheitsstaat und achtet die Selbständigkeit seiner Glieder. Allein die unitarijchen Elemente unseres Ver fassungslebens wachsen, dagegen Hilst kein Verwahren und Sträuben. Je mehr Auf gaben das Reich übernimmt, desto mehr erhebt es sich über die Gliedstaaten. Es ist nutzlos und nicht einmal geschmackvoll, scheltend und klagend hinter dem Reichswagen herzulaufen. Augenblicklich zeigt sich — und angesichts der erwähnten Steuergesetzgebung ist dies mensch lich zu verstehen — gegenüber dem Reichs gedanken eine gewisse Nervosität. Wir denken dabei weniger an das preußische Herrenhaus, wo man Slandesoorrechte verteidigte, die sich eben in Preußen besser konservieren lassen als im Reiche. An dieser Stelle sei auch nicht an den Preußenbund, wo man lieber 1701 als 1871 feiern will, erinnert: wer sich lächerlich macht, scheidet für das politische Leben, aus. Nein, jene Nervosität dürste ihren Sitz im Bundes rate haben, oder noch besser: dort wo man die Bevollmächtigten zum Bundesrate instruiert. Auch dies wird vorübergehen. Nur mache man sich auf ein paar Jahre des Stillstandes gefaßt. Interessant wird es sein zu sehen, wie sich der Bundesrat gegenüber solchen An regungen verhalten wird, die sachlich eigent lich gar nicht zu bekämpfen sind. Wir rechnen hierzu den Antrag der Nationalliberalen, ein Reichsamt für Finanzwesen zu schaffen. Das sollte geschehen im Anschluffe an das schon bestehende Bundesamt für das Hei- matwesen, dessen Umtaufung in „Reichsamt" ja ohnedies nunmehr zeitgemäß sein würde. Es ist doch selbstverständlich, daß das Reich, wenn es eigene Steuergesehe erläßt, auch für einheitliche Rechtsanwendung sorgen muß. Dies entspricht der natürlichen Aufgabe jedes Gesetzes, in seinem Geltungsbereiche sich überall gleichmäßig, klar, zweifelsfrei durch zusetzen. Auf solchem Gedanken beruht die Existenz unseres Reichsgerichts, das schon jetzt die letzte Instanz für Erbschaftssteuergesetz und Stempelgesetz ist. Die Veranlagung zum Wehr beitrag lft nach den Beschlüssen des Reichstags die erste Stufe zur Bcsitzsteuer. Diese Steuer ist eine wiederkehrende, dauernde und fußt auf dem Wehrbeitrag. Einheitlichkeit in der An wendung der beiden großen Gesetze tut bitter not. Es darf nicht sein, daß die obersten Ver- waltungsgcrichte der einzelnen Bundesstaaten von einander abweichen, eine Gefahr, die ange sichts lokaler Verschiedenheiten in gewissen Grundfragen sehr groß ist. Der Reichstag hat den nationalliberalen Antrag angenommen. Grundsätzlich abgeneigt zeigten sich nur die Konservativen. Ihnen er scheint das Neichsfinanzamt als erster Schritt zum Neichsverwaltungsgericht, womit sie ja nicht ganz Unrecht haben. Herr Erzberger hätte 'wohl persönlich — wenigstens klang es io — ganz gern zugestimmt. Allein seine Freunde wollten offenbar heute noch nicht mittun. Die verbündeten Regierungen schwiegen. Es wird wohl nicht ausoleiben, daß sie den Antrag ablehnen. Er wird aber wiederkehren nnd sich — wie alles Vernünftige und Not, wendige — schließlich doch durchsetzen. k>oliMetie UeberlieM Ein Verzicht -es Reichstags auf Artikel 11 -er Reichsverfassungr Man schreibt uns? Im Deutschen Landwirtschaftsrat hat der Reichstagsabgcordncte Graf Schwerin-Löwitz bei der Besprechung unserer künftigen Handelspolitik angeregt, der Reichstag möge die Befugnisse des Bundesrats beim Abschluß von Handelsverträ gen durch einen Verzicht aus Artikel 11 der Reichsvcrfassung erweitern. Der Artikel bestimmt, daß zum Abschluß von Handelsverträ gen die Zustimmung des Bundesrats und zu chrer Gültigkeit die Genehmigung des Reichs- tagS erforderlich ist. Die Mitftnrftmg des Reichs tags beim Abschluß von Handelsverträgen ist daher beschränkt. Denn der Abschluß des Ver trages ist Sache der Reichsleitung und des Bun desrats, während dem Reichstag das Recht der Zustimmung zur Inkraftsetzung des Vertrages Vorbehalten ist. Die Rcichsleitung hat sich aber schon mehrfach aus Gründen der ^taatsraison veranlaßt gesehn, einen Vertrag nicht nur abzu schließen, sondern auch in Geltung zu setzen, ohne daß die Genehmigung des Reichstages eingeholt wurde. So wurde der Handelsvertrag mit Spa nien vom Jahre 1883 in Kraft gesetzt „aus Gruud allerhöchster Ermächtigung und nach ein geholter Zustimmung der verbündeten Regierun gen". Der Reichstag erteilte nachträglich dem Reichskanzler Indemnität für die in dieser Maß nahme liegende Abweichung von den Bestimmun gen der Verfassung. Ebenso wurde der Handels vertrag mit Spanien vom Jahre 1883 durch die Reichsleitung provisorisch in Kraft gesetzt und dem Reichskanzler nachträglich vom Bundesrat und Reichstag dafür Indemnität gewährt. Dem Reichstag steht das Recht der Abänderung eines Handelsvertrages nicht zu, er ist nur ermäch tigt, den Vertrag anzunehmen oder abzulehncn. Der Reichstag ist, wie im Jahre 1903 Staats sekretär Graf Pojadowsky erklärte, nicht ver tragsschließend, er hat nach der Reichsverfassung nur das Recht, die Verträge zu genehmigen. Wer aber nicht selbst Vertragsschließender ist, sondern nur das Recht hat, einen Vertrag zu genehmigen, hat damit nicht das Recht die Ver tragsurkunde auch selbst abzuändern. Zu berücksichtigen ist fernerhin, daß schon zu wlederholten Malen der Reichstag den Bundesrat zur selbständigen Regelung von Handelsbezichun gen zu einem Staate ermächtigt hat. So be ruhen beispielsweise seit der Kündigung des deutsch-britischen Handelsvertrages durch Eng land unsere Handelsbeziehungen zum Britischen Reich gesetzlich auf einer Reihe wiederholter Er mächtigungeu des Bundesrats zur Gewährung der Vorteile des meistbegünstigten Landes an Großbritannien und seine Kolonien. Auch gegen über den Vereinigten Staaten beruhen unsere Handelsbeziehungen lediglich auf einer Ermächtc gung des Bundesrats zur Anwendung des deut- ichen Vertragstarifs in armemessenem Umfang auf die Einfuhr aus den Vereinigten Staaten Also unsere beiden größten Konkurrenten auf dem Weltmarkt stehen mit uns in Handels beziehungen, deren Regelung dem BundeSrat überlassen ist. Weiter wurde der Bundesrat im Jahre 1911 ermächtigt, für den Fall des Zu standekommens eines Handelsvertrages mit Ja pan den Vertrag vorläufig in Kraft zu setzen. Die vom Grafen Schwerin angeregte Erweite rung der Befugnisse des Bundesrats beim Ab schluß von Handelsverträgen hat also schon be deutsame Vorgänge. Daß der Reichstag sich nicht leicht entschließt, auf eins seiner verfassungsmäßigen Rechte zu verzichten, ist selbstverständlich. Beim Abschluß von Handelsverträgen, wo seine Mitwirkung ohnehin durch die Verfassung wesentlich be- sclfränkt ist, kann sich aber, wie die Geschichte unserer Handelsverträge beweist, sehr wohl die Notwendigkeit ergeben, auf einen Teil der Rechte zugunsten des Bundesrats zu verzichten. Gras vLch>"<rin-Löwitz hat vorgeschlagen, man könne dem Reichstag das Recht zugestehen, eine ein jährige Kündigungsfrist für die abgeschlossenen
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