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Freitag. 26 1. April 1864, Ärscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Weißerrh-Zeitung. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate di« Spaltm-Zeilr 8 Psg. Amis- red Imnge-Ml »er Königliche» Gerichts-Aemler m» SladlriUhe z» KiMl»i«al»e, Mnmstci» m» Allenberg. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne !n Dippoldiswalde. TageSgefchichte. Dippoldiswalde. Ans Anregung des Frankfurter Centralausschusses baden am 2. Osterseiertag in allen Theilen und fast allen Orten Deutschlands, wo Ver eine für Schleswig-Holstein bestehen, Volksversamm lungen in dieser Angelegenheit stattgefundeu, um noch mals den Gesinnungen und Erwartungen des deutschen Volkes einen einmütbigen Ausdruck zu verleihen. ES waren Resolutionen (die wir weiter unten mittheilrn) zur Annahme vorgrscblagen und gedruckt vorher ver- theilt worben. Alle Zeitungen melden, daß aller Orten diese Versammlungen äußerst zahlreich besucht waren nnd mit enthusiastischen Hochs auf Schleswig-Holstein und ein einiges ganzes Deutschland geschloffen wurden. Wir berichten hier namentlich über die Dresdner und Leipziger Versammlung. Die in Dr eSden wurde im Circus Suhr.abgehalten und war von circa 4000 Theilnehmern besucht. Den Vorsitz führte Herr Prof. Wigard. Die Resolutionen, die einstimmig angenom men wurden, lauten wie folgt: 1. Die Herzogthümer Schleswig-Holstein haben das Recht, eng mit einander verbunden, von Dänemark vollständig getrennt, unter ihrem eigenen Fürsten zu leben. 2. Jede Entscheidung, die wider den Willen des Volks über sein Schicksal getroffen wird, jede ^Uebereinkunft mit fremden Mächten, die das Recht der Herzogthümer preisgiebt, ist null und nichtig, ist eine rechtlose Gewaltthat und zugleich ein Verrath an den Interessen und der Ehre Deutschlands. 3. Das deutsche Volk behält sich die Geltendmachung seines guten Rechts für jede Zeit vor. 4. Noch immer fehlt uns eine geordnete Vertretung der Na tion — ein deutsches Parlament! Deshalb erhebt das Volk unmittelbar seine Stimme. Wir lassen nicht ab, die nationalen Forderungen beharrlich auszusprechen, die Inhaber der Gewalt zu mahnen und zu warnen. Dir Verhandlungen wurden aus kurze Zeit leider gestört durch zwei Vertreter der „social-bemocratischen Partei," die Herren Vahlteich und Försterling, und wurde letzterer aus dem Locale entfernt. Die Versammlung in Leipzig war die großartig ste, welche in Sachen Schleswig-Holstein« dort abge balten wurde; Herr Prof. Biedermann führte den Vorsitz in derselben. Ueber die vorliegenden Resolu- »tonen ergriff Herr Professor Wuttke das Wort. Er sprach aus, wie da« Gefühl der Schmach uns gefan gen halte, während die Siege zweier Heere den deut schen Namen zu verherrlichen scheinen; der Grund sei, daß einzelne Gewaltige den Volk-willen mißachten zu dürfen glauben, weil das Volk keine rechte Stimme, kein Parlament und keine rechte Wehr habe; daher stelle man in den Großstaaten da« Einvernehmen mit dem Auslände höher, als das Einverständniß mit dem deutschen Volke, da« man gern al« eine bloße Partei hinstellen möchte. Demnach sei aber auch zu fürchten, daß große Opfer für einen Kampfpreis hingeopfert würden, welchen Schleswig-Holstein verschmähe, und daß das Ausland über die Geschicke Deutschlands zu Gericht sitzen werde. Die kleinern und Mittlern Staa ten hätten nicht Umsicht und Kraft genug gezeigt, wie das freilich von Regierungen nicht anders zu erwarten gewesen, die größtentheilS noch aus der Zeit der trüb sten Reaction stammen; indeß hätte man doch immer hin erwarten dürfen, daß sie erkennen würden, wie in der Frage Schleswig-Holsteins zugleich die Frage ent schieden werde, ob alle andern deutschen Staaten künf tig nur Vasallen von Preußen und Oesterreich sein, ob Deutschland zwischen beiden getheilt werden solle. Begonnen habe die Niederlage der bundestreuen Staa ten bereits, als der Feldherr derselben, General v. Hake, vor Rendsburg stillstand und erst beim Bundes tag anfragte, wo die Grenze von Holstein sei; fortge setzt sei die Niederlage worden, als die Preußen und Oesterreicher in Schleswig einrückten und die Mittel« . staaten versäumten, sich mit all ihrer Macht neben sie zu stellen. Bis heute habe der Bund die Anerkennung de« Augustenburgers nicht fertig bringen können, auch die Stände von Schleswig-Holstein seien noch- nicht einberufen, die durch Dänemarks Angriffe zur See ge botene Kriegserklärung seitens des Bundes sei nicht erfolgt. Deshalb habe der Frankfurter Centralausschuß für Schleswig-Holstein eine nochmalige allgemeine Er klärung der Volksmeinung gewünscht. Auf die Resolutionen selbst eingehend, bezeichnet der Sprecher das Recht des Volks aus ein Parlament als ein unverjährbareS, verwahrt sich aber gegen den Schatten eines Parlament-, wie er auS den octroyirten Ständeversammlungen hervorgehen würde. UebriaenS, schloß Professor Wuttke, hüte man sich vor Schlaffheit, welche den Gegnern nur erwünscht sein würde, und vergesse da« alte Recht der Holsteiner nicht, nach wel chem st« selbst ihren Herrscher jetzt zu wählen haben. Nachdem mehrere Anträge gestellt, doch nicht an genommen waren und mehrere Sprecher zu allgemei« ner Zufriedenheit sich über die Sachlage verbreitet hatten, erfolgte die Aufforderung des Vorsitzenden, die vom Ausschuß vorgelegten Resolutionen durch Erhe bung der Hände und durch ein laute« Ja! anzuneh men und zu bekräftigen; eS flogen alle Hände empor, die Versammlung erhob sich und ein mehrtausendftim« miges laute« einmüthigeS Ja! tönte durch den Saal. Möge dieser einmüthige Ausdruck de« VolkSwil- len« — so schloß der Vorsitzende — der heute, wie von hier, von tausend Orten Deutschland» an die Throne und an die Cabinete schlage, dort beachtet