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virnSta«. I». November l»»o Am Me Höhe -er Relcksbalmgijtertarife Seberorüftmi durch Berlin, 17. Nov. Non unterrichteter Leite wird mitgeteilt: Die Oessentlichkeit sordert mit wachsendem Nachdruck auch eine Ermäßigung der Reichsbahngütertarife im Rahmen der allgemeinen Prcissenkungsaktion der Reichs- regierung. Es braucht kaum gesagt zu werden, daß sich auch die ReichSregicrung mit dieser Frage besaßt. Wie erinnerlich, ha« der Reichöverkehrsminister bereit« in diesem Frühjahr die von der Reichsbahn wiederholt gesorberte Erhöhung der siir die Wirtschast besonders bedeutsamen Wagen» ladungStarise verhindert. Die schon damals schwierige Lage der Reichsbahn hat sich seitdem weiter verschärft. Die sich ans den Reparationsleistungen, der BesSrde, rungssteuer und der ans der Demobilmachungszeit stam menden gewaltigen Pensionslast ergebende Gesamt» delastung beträgt 28 Prozent der Bruttoeinnahmen des lausende» Geschäftsjahres: sie geht erheblich über die Summen hinaus, die die deutschen Eisenbahnen in der Norkriegszeit se herausgewirtschastet haben. Ist die Reichsbahn nicht in der Lage, ihre NeparationSverpslichtungen und die Dividenden für die Norzngsaktien zu zahlen, so ist daS Reich haftbar. Alle diese Umstände müssen bei der Prüfung der Möglich keit einer Tariscrmäßigung sehr sorgfältig abge wogen werden. Bei dem Nachdruck, mit de« die Reich-regte» rung die Preissenkung im Interesse der Wirtschaft verfolgt, dars die Oessentlichkeit überzeug« sein, daß kein Weg «„versucht bleiben wird, um ein für die Allgemeinheit und auch für die Reichsbahn annehmbares Ergebnis zustande zu bringen. Der Preisfenlunysausfchuß East vraktmolckuag uaovror vorllnor Svlrriltloltnng Berlin, 17. Nvv. Der Preisscnknngsausschuß der Reichs- regierung hielt am Montag unter dem Vorsitz des Reichs kanzlers wieder eine Sitzung ab. Allerdings wurden in der Sitzung keine bestimmte» Beschlüsse gefasst. Es wurde auch noch kein neuer Termin für eine weitere Sitzung dieses Nabincttsansschusscs anberaumt. Der heutigen Sltznng wohnte such der Präsident des Deutschen Städtetagcs, Dr. Mulert, bei, der dem Ausschuß einen Ucbcrblick darüber gab, wie- die SstitlMgitktins weit es der Organisation des Städtetagcs möglich sei, auf die kommunalen Behörden im Sinne der von der Rcichs- rcgierung erstrebten Preissenkung cinzuwirkeii. Dr. Mulert sagte zu, daß der Deutsche Städtetag und die ihm ange- schlossenen Städte aus jeden Fall alles unterneymcn würben, um dem Vorgehen der Ncichsrcgierung hilfreich zur Seite zu stehen. rmisvertaiihIlMMa im Nimlaewerbe Berlin, 17. Nov. Der Rcichsverband der Ran Heilun gen hat die Vertreter der Arbcitnehmerorgantsationen zu morgen vormittag nach der Berliner Industrie- und Handels kammer etngcladen, um mit ihnen über den am 81. Dezember ablaufendcn Tarifvertrag zu verhandeln. ES werden ver treten sein der Deutsche Bankbcamtcnverein, der Allgemeine Verband der Bankangestellten, der Frankfurter Kassenboten verband und der Deutschnationale Hcindlirngsgehilfcnvcrband. Auch die Abschaffung der bisherigen Bankfeiertage vor Ostern und Pfingsten soll in den Verhandlungen eine gewisse Rolle spielen. Die Grsänzurivsanteile -er Lander Berlin, 17. Nov. (Eig. Drahtm.s Ans Grund des 8 85 des vorläufige» FtnanzauSgleichsgcsctzeö werden im Rech nungsjahre 1931 den Ländern insgesamt 32Z Millionen Mark als sogenannte Ergänzungsanteile überwiesen. Nach -er neuen Regelung sind diese ErgänznngSonteile aus «in Fünftel der Anteile deö Landes begrenzt worden. Es sollen erhalten: Bayern 23,« Mill., Mecklenburg-Schwerin 3.2 Mill., Mccklenburg-Strelitz 0.7 Mill., Olden- bürg 2,« Mill-, Thüringen 1,8 Mill., Schaumburg- Lippe 0.1 Mill. und Hamburg 0,225 Mill. Mk. Zu den Ländern, die Ergänzungsantcile überhaupt nicht erhalten, gehört auch Sachsen. NeoerwMS Ntivreibmiom in London London, 17. Nov. Rctchsarbeitsminister Dr. Steger- wald, Ministerialrat Dr. Sitz! er und zwei Referenten des Ncichsarbeitöministeriums waren am Montag im Unter- Haus die Gäste des englischen Arbeitöministers, Miß Bond- sield. Am Montagnachmittag begannen die Besprechungen im Arbeitsm'nisterium. Sie betreffen die einheitliche Fest setzung der Arbeitszeit in den Bergwerksbctricben. Voraus- sichtlich wird England auch die Frage des internationalen Kohlcnkartells auswersen. Dee neue Rechtsruck Das Hauptcharaktcristikum der Gemeindewahlen t» Mecklenburg und in Baden ist eine neue schwere Niederlage der Sozialdemokratie seit dem Wahlergebnis vom 14. Sep tember, ein rapides Fortschrciten des Auflösungsprozesses der demokratischen und liberalen Mittelparteien sowie ein wei teres starkes Anwachsen des Nationalsozialismus.. Kein Zweifel, diese Wahlen werden sensationell wirken. Denn sie sind eine ernste, sehr ernste Warnung an das Kabinett Brüning und an die sozialistischen Machthaber in Preußen. Das deutsche Volk lehnt in immer stär kerem Maße das offene und stillschweigende Bündnis zwischen Mittelpartcien und Sozialdemokraten im Reich und in den Ländern, vorab in Preußen, ab. Wo man ihm Gelegenheit gibt, diese Meinung zu dokumentieren, geschieht es mit einem erstaunlichen Elan. Der Kuhhandel des im Wahlkampf vom 14. September geschlagenen Reichskanzlers mit der Sozial demokratie. der daraus hinausläuft, die ReichSregicrung durch die stille Unterstützung des Marxismus an der Macht zu erhalten, wohingegen umgekehrt das Zentrum sich verpflichtet, die rote Machtposition in Preußen unangetastet zu lassen, ja noch mehr, ihrem Ausbau kein Hindernis zu bereiten, hat mit diesen Gemeindewahlen eine so schroffe Absage er litten, wie es wohl niemand in der kurzen Frist, die seit den Reichstagswahlen verstrichen ist, vermutet hätte. Wird die Reichsregiernng die Zeichen der Zeit erkennen? Wird daS Zentrum sich nun bequemen, den Weg für eine Rechtsregierung im Reich und für eine Neuregelung in Preußen durch Auflösung und Neuwahl eines, wie'man nun wohl positiv weiß, überalterten Parlaments sreizngeben? Das Zentrum und vor allem seine sozialistischen Freunde in Preußen müssen jetzt doch wohl einsehcn, daß ihre Methode, an Stelle der einst gepriesenen Demokratie die nackte Gewalt zu setzen, die Unterdrückung aller nationalen Regungen des Volkes im Stile der Vcrsammlungsverbote Grzcsinskts, sowie des par teipolitischen, verfassungswidrigen Druckes auf alle diejenigen, die als Pensionäre oder Staatödiener mit dem Staate zu tun haben, nur das Gegenteil dessen erreicht, was beabsichtigt war. Der Nationalismus ist im unaufhaltsamen Wachsen. Diese Tatsache mag manchem Parteimann äußerst unangenehm sein. Aber man kann sie jetzt nicht mehr mit der Politik des Vogel Strauß aus der Welt schaffen. Ja, je mehr sich Zentrum und Sozialdemokratie gegen diese Erkenntnis ver schließen und sich weigern, daraus die in einer Demokratie üblichen Konsequenzen zu ziehen, um so mehr begün- stigen sie nur die extremste Form der nationalen Bewegung, den Nationalsozialismus. In ver schiedenen badischen nnd mecklenburgischen Städten hat sich das deutlich erwiesen. Hier haben trotz Einheitslisten sämtliche bürgerliche Parteien, auch die Rcchtsgruppen, zugunsten der Nationalsozialisten abgenommcn. Nicht etwa, weil die Wähler schaft, die den Nationalsozialisten ihre Stimme gab, in ihrer Gesamtheit mit dem oft reichlich utopischen Wirtschaftspro gramm der Partei einverstanden gewesen wäre. Sondern ganz einfach deshalb, weil ihnen die Geduld darüber gerissen ist, daß die ReichSregicrung und die preußische Regierung den Protest vom 14. September nicht gewürdigt haben, sondern in sein Gegenteil verkehrten. Nun haben viele diesen Protest in schärfster Form dnrch den nationalsozialistischen Stimmzettel wiederholt, in der Hoffnung, man werbe aus die Weise in Berlin endlich verstehen, daß bas Volk nur noch eine For derung an die Regierung Brüning hat: abzutreten und einer RcchtSrcgtcrung Platz zu machen. Freilich haben im allgemeinen Gemeindewahlen nichts mit der RcichSpolitik zu tun. Wenigstens in ruhigen Zeiten nicht. Deshalb ist auch der Parteicnausmarsch an den einzelnen Orlen von jeher ein recht buntscheckiger gewesen und trägt namentlich in kleineren Orten eine starke persönliche Note. Bcruföstänbische Listen stehen oft stärker im Vordergrund und lassen deshalb nur schlecht die Ergebnisse in eine Parallele mit den Neichstagswahlen bringen. Auch das Interesse an Kom- mnnalwahlcn ist ein weit geringeres als an NelchStagS- wahlen. So haben bei den letzten Gemeindewahlen 192« in Bade» nur 40 bis 5« Prozent der Wähler ihre Wahlpflicht erfüllt. Wenn diesmal sich dagegen meistens rund 65 bis 70 Prozent der Stimmberechtigten für den für manchen so schweren Gang an die Urne entschlossen haben, so ist damit zwar noch lange nicht die Wahlbeteiligung des 14. September erreicht worden, aber doch Ziffern, die bis jetzt für Gcmeinde- wahlcn einen bemerkenswerten Fortschritt bedeuten. Nimmt man dazu die Tatsache, daß die sonst üblichen örtlichen Son- berltsten und berufSständischen Gruppen stark znrttckgedrängt worden sind und daß die Nationalsozialisten in vielen Orten, in denen sie im Gcmeindcparkament bisher noch nicht ver treten waren, nun plötzlich ein gutes Drittel bis fast die Hälfte der Sitze errungen haben, so in der badischen Hauptstadt Karlsruhe, in der sie von 0 auf 28 Sitze anschwollen und damit weitaus stärker als das dort dominierende Zentrum und die Sozialdemokratie wurden, so darf man wohl diese Gemeindewahlen weniger unter kommunalpolt» tischen Gesichtspunkten betrachten, sondern als eine« scharfe« Protest der Bevölkerung gegen die große Politik t» Brünings Bttdandiungrn mit den Sünden, der ->ei«srnt iür SedaMümng ad l.zedevar Draktinvlcknag aaaoror Vorlinvr Svkrllileltnng Berlin. 17. Nov. Am Montagnachmittag herrschte in den Räumen des Rcichsrates Hochbetrieb. Während die RetchS- ratöauöschüsse unermüdlich vom Reichskanzler vorwärts- gclricben werden, ihr Programm weiter zu erledigen, aller dings einige ziemlich wichtige Punkte dabei anslicßen, ver sammelten sich im Ncbenraum sämtliche Ministerpräsidenten der Lander, die der Reichskanzler nach Berlin gebeten hatte, darunter auch der sächsische Ministerpräsident Schi eck, und im Vvrraum erschien der Rcichswchrminister mit einem beträcht lichen Aufgebot von Stabsoffizieren. Der Reichs kanzler beabsichtigt, vermittels der Znsammcnberufung der Staatsoberhäupter der Länder abermals einen starken Druck ans die ReichsratSanSschüffe auSzuttbcn und sie damit zu zwingen, unter allen Umständen bis zum 20. November sowohl das Sanierungs- und Wirt schaftsprogramm, als anch den Haushalt für das Jahr 1981 zu verabschieden. Im wesentlichen handelt es sich darum, noch drei Punkte zur Erledigung zu bringen: Erstens soll der Widerstand in Sachen der l00 Millionen gebrochen werden, die von den Ncbcrwcisnngcn gestrichen werden sollen. Zweitens bat Preußen einen Antrag zur Tabak st euervorlage eingebracht, der eine Modifizierung der Lastcnvertetlung bei Zigarren und Zigaretten Vorsicht: Sachsen hat bekanntlich die Tabakstenervorlagc überhaupt abgelchnt. Drittens handelt es sich um den Vorstoß Preußens zwecks Kürzung des Wehrctats. Hier wird Preußen allerdings kaum bnrch- dringen. Daß Sachsen. was die preußischen K ü r z n n g S a » t r ä g e angcht. ans selten deS Reichskanzlers steht ist selbstverständlich. Um « Uhr erschienen der Reichskanzler Dr. Brüning und der RcichSfinanzininister Dr. Dietrich, die bis dahin an den Beratungen des PrciSsenknngSanSschnsseS der Reichs- regierung tcilgenomnien hatten im NeichStagSgebäude und hielten zunächst eine Besprechung mit den Ländermiuiftern ab. Im Anschluß daran begaben sich die RetchSmintster und die Ministerpräsidenten der Länder gemeinsam in den großen ReichSratSsitznngssaal. Die Verhandlungen über die strittigen Punkte werden vermutlich beute noch nickst zu Ende geführt werden können. Die Ministerpräsidenten der Länder werden voraussichtlich mehrere Tage, mindestens bis zum 20. Novem ber. in Berlin bleiben, um den Endkampf im RctchSrat mit- zumachen. Im weiteren Verlauf der Verhandlungen der ReichS- ratsauSschüsse wurde das -Gesetz über die Nealstciierscnkung in zweiter Lesung angenommen. Die Sen- kungsvorsch läge der Regierung für d«e Länderübcr- iveisiingen wurden grundsätzlich aufrechterhaltcn. jedoch wurde bas Gesetz im Einvernehmen mit der Negierung mit Rück sicht auf die Verschiedcnartigkeit der Verhältnisse in den ein zelnen Ländern etwas beweglicher gestaltet. Zur Er ledigung der T a b a k st e u e r n o v e l l e wirb noch mit geteilt, daß die von der Regierung vorgeschlagencn Zollgesetzc etwas herabgesetzt morden sind. Der Finanzminister hat sich mit diesen Beschlüssen einverstanden erklärt. Strittig ist nur noch die Frage, ob im Hinblick auf dte neue starke Belastung der Zigarre nicht auch eine erhöhte Belastung für die Zigarette etntreten soll. Von einigen Ländern wird dies für notwendig gehalten, lieber diese Frage sollen bis zur dritten Lesung noch Verhandlungen stattfinden. Die Ausschüsse erledigten weiter die drei Gesetze, die die Wohn u n gS Wirtschaft betreffen, in zweiter Lesung. Dann begann die zweite Lesung deö Etats iür 1931. Der größte Teil des Etats wurde, da Streitfragen nicht Vorlagen, in kurzer Zeit erledigt. Die strittigen Fragen, zu denen in erster Linie der Haushalt des Wchrmintsteriums und die Kürzung der Länderüberweisungen um 100 Millionen Mark gehören, wurde in Gegenwart des Reichskanzlers und des ReichSwehrmintsterS behandelt. Der Reichskanzler übernahm hierbei den Vorsitz der Verhandlungen. In zweiter Lesung wurde dann dem HauShaltgcsetz und dem gesamten Haushalt für 1931 zngesttmmt. Nach schwierigen Verhandlungen erklärte sich dte ReichSregicrung einverstanden, den Ländern für die Kürzung der Ueberweisungen um 109 Millionen Mark, die im Hinblick ans die Einschränkung des Personal» answands in den öffentliche« Verwaltungen der Länder und Gemeinden vorgesehen ist, einen Ausgleich z« gewähren. itr einen Betrag von KO Millionen Mark werden ihnen im eichSbesitz befindliche ReichsbahnvorzngSaktien übereignet. Die Tragung der restlichen KO Millionen Reichs» mark soll ihnen dadurch ermöglicht «erben, daß die für drei Jahre vorgesehene Sprozentig« Gehaltskürzung der Beamtenschonaml. Februar 1931 beginnen und dem entsprechend mit dem 31. Januar 1934 außer Kraft treten soll. Ab 1. Februar 1981 wird die Reichshilfe der Beamten a«s die Gehaltskürzung angercchnet. — Dt« von Preuße« zum Wehreta« gestellten AenderungS» und SiirzungSanträg« mürbe» gegen dt« preußische« Stimme« abgele-ul.