Volltext Seite (XML)
Wöchentlich erscheinen drei Nummern. Pränumeration«- Preis 22 j Sgr. (j THIr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für LaS ganze Jahr, ohne Er- hihung, in allen Theilen der Preußischen Monarchie. Magazin für die Man rränumerirt «cf Steked Beiblatt der Allg. Pr. Staaw- Zeitung in Berlin in der Expedition (Mohren - Straße Nr. 34); in der Provinz so wie im Autlande bei den Wohlldbl. Post-Aemtern. Literatur des Auslandes. 113 Berlin, Montag den 25. September 1837. Schweden. Die Schwedischen Universitäten. ». Upsala. Der Weg von Stockholm nach Upsala führt durch einen dunklen, ehrwürdigen Tannenwald, der recht mit Absicht in die Nähe der alten Hochschule Schwedens hingepflanzt scheint, die heilige Ställe der Wissen schaft in seinem Schalten zu bergen. Wo die Siraße den Wald ver läßt, da erblickt man das hohe Schloß von Upsala, wo ehemals die Schwedischen Könige saßen und jetzt der Gouverneur der Provinz refldirt. Es liegt auf einer Anhöhe, ihm zu Füßen in weiter und freier Ebene die Stadl. Upsala hat, wie fast alle Schwedische Städte, höl zerne Häuser, aber schnurgerade Straßen. Den Namen des Flüßchen«, welches durch die Stadl gehl, habe ich vergessen, obwohl es in akade mischen Reden und Oarminiliu» und in den Verse» Upsalaschcr Lyriker, Elegiker und Idylliker unzählige Mal als ein de» Musen geheiligtes Wasser gepriesen wird.") In ihrer gegenwärtigen Gestalt Hal die Stadl kein hohes Alter; mehr als einmal sind die hölzernen Häuser von der Feuersbrunst verzehrt und von den Bürgern nach neuem Plan und Muster wieder aufgesührl worden. Ader eine Halde Stunde weiter nordwärts sind noch die Trümmer von Alt-Upsala zu sehen, ein Ort, Hessen Ruhm in den Sagen und Geschichten des heidnischen Nordens erklingt. Hier wohnte Odin und baute den großen Palast, den er dem Zreyr schenkte. Hier wurden die Volksversammlungen der alteu freien Normannen, die Allthinge gehalten, echt demokratische Comilien, wo Jeder sein Rechl mil dem Schwerte behauptete. Da saß der König, von seinen vornehmsten Getreuen umgeben, auf einem erhöhten Steinsitz, ihm zur Seite in zwei Reihen die Jarle und die Lagmänner (Gesctzes- kundlge); um diese schaarle sich im Kreise bas Volk der freien KriegS- männer. Der König nahm zuerst das Mort, nach ihm durften Vie sprechen, welche ihm zunächst im Kreise auf den erhöhten Plätzen saßen; das Volk ringsum gab seinen Beifall durch Zuruf, durch Handanfheben und durch dröhnendes Zusanimenschlagen der Waffen zu erkennen. Im Jahre 1075 zerstörte das Feuer den Tempel zu All-Upsala, und nur die Mauern blieben davon stehen. Allein das Feuer war bei weilen, fein gefährlichster Feind nicht. Die gläubigen Verehrer Thor'«, Odin'« und Frevr's hüllen vielleicht die Herrlichkeit der weilen Tempelsäle und Hallen wiederhergestellt, die goldenen Wände und die Bilder der Göller wieder ausgerichiel; aber der Glaube an das heidnische Göller- und Priesterwesen leble längst nicht mehr in den Gcmülhern. Angclsächsische GlaubenSbrten hallen das Wort Golles und die christliche Lehre in Schweden gepredigt und bei Fürsten und Volk Gehör gesunden. Die Opsersteine wurden zertrümmert, der Goll des Walhalla aus seinen Tempeln verlriebcn. Wenn man heul au die Slälle komml, wo ehe mals die Stadl des Freyr gestanden, fleht man drei große Hügel, welche die Tradition al« Grabmäler Thor'«, Odin'« und Freyr's bezeichnet, und eine Anzahl niedriger mit Rasen bedeckter Anhöhen hinter die Göltergräber gereiht, wie Krieger in Schlachtordnung hinter ihre An führer. Gerade gegenüber erhebt sich eine Dorskirche aus ihrem Kirch hof; hier kommen die andächtigen Upländischxn Bauern nnd Bäuerinnen des Sonntag« zum Gebel, und an der Slälle, wo vormals Menschen opfer blulelen, verkünde! der Diener des ChristengollrS die Religion der Liebe und Versöhnung. Die Kirche dieses Orles, jetzl klein und vereinsamt, war in ältesten Zeiten die erste Schwedische Landeskirche, dir Kathedrale des Erzbis. lbums Upsala. Als sie im IZlen Jahrhundert niedergebrannl war, be schloß man einen neuen Dom in solcher Größe und Pracht aufzufubrcn, wie es stch Berhcrrlichumg der katholischen Religion in der vor nehmsten Diöce« Schweden« gebühre. In jenen Zeilen richlele dec Glaube Wunder au«; in allen christlichen Ländern stieg der heilige Bau der Kirchen au« der irdischen Tiese empor, die steinernen Säulen wuch sen aus und enlsalteleu ihre Knaufe wie Vlumenkronn, die unzähligen schlanken Thürmc streckten ihre feinen, künstlich gemeißelten Spitzen gen Himmel, al« wollten sie die Gebete des Volkes zu Gott emporlrage». Das ganze Land trug und steucne zn dem fromme» Werke bei; die Päpste, die von Rom aus die Interessen der Christenheit in den entle gensten Ländern wabrnabmen und förderten, gewährten der Schwedi schen Geistlichkeit die erfolgreichste Unterstützung. Bonifaz VIll. und Clemen« V. verkündeten Ablaß „nd Vergebung der Sünden sür Alle, die zu dem Ban der Kirche von Upsala beitrage» würde». Die Aor- . "> Wir wolle» rsmt Gedächtnisse de« Herr» Marmier zu Hülfe kommen - es ist der 8»ri«-FluS. nehmen brachten reiche Gaben, da« niedere Volk bot die Arbeit seiner Hände; nur ei» Baumeister fehlte noch. Die Wahl fiel auf eine» Franzosen Etienne de Bommcil, den man 1287 von Pari« kommen ließ; er brachte zehn Gesellen und zehn Iungmeister (tex compaignons et ter lwchelors) der eklen Kunst mit. Damals verstanden es die be rühmten Architekten noch nicht, wie man bei der Ausführung großer Bauten sich selbst bereichert. Bommeil war arm, und als da« Schwe dische Domkapitel ihn berief, hatte er nicht Geld genug, die Reise zu machen und seine Gehülsen mitzunehmen. Zwei vohrnehmc Schweden, die damals zu Paris siudirten, schossen ihm vierzig Livres vor, zu deren Rückgabe er sich verpflichtete durch Wort und Unterschrift: Lommeil, taillour fln ziierios, maistre sie kaire I'özlise eie hszmala en 8uöce. — Der Bau wurde gegen Ende de« 13ten Jahrhunderts begonnen, aber erst 1435 zu Ende gebracht. Im letztgenannten Jahre geschah die Einweihung in Gegenwart aller Schwedischen Bischöfe und Acbie, vie ler Fürste», Grafen und Herren. Bon dem wackeren Französischen Bau meister Bommeil habe ich am ganzen Gebäude keine Spur gesunden. Bescheidener als Erwin von Steinbach, Adam Kraft und Peter Vischer, bat er das ibm aufgclragene Werk tadellos angelegt, aber nirgend seine Bildsäule oder seinen Namenszug angebracht. Die Architektur der Kathedrale von Upsala ist durch die Hobe Ein fachheit und Eleganz ausgezeichnet. Hier fleht man den gothischen Eaustvl in seiner ursprünglichen Erhabenheit und Majestät, rein und unverkünstclt, die schlanken, schmucklosen Spitzbögen, die Gruppen ver bundener Säulen, die in freiem, zierlichem Schwünge bis zum Deckcn- gewölbe aufstciqen; keine Figuren und symbolische Bilder auf den Ka- pitälen, keine künstlich ausgcbrochene Rosen über den Fenstcrwölbunge»; überall herrschen reine, richtige, gefällige Linien vor, ohne spielende Verschlingungen und Arabesken. Das Deckengemälde des Mittelschiffs ist außerordentlich breit und hoch, und die Bogen, die es zu beiden Seile» tragen, eben so kühn wie anmuthig ausgeschweift. In den Seitenschiffe» rechts nnd links bcsinden sich die Grüfte und Grabmäler der Schwedischen Könige und der heiligen Brigitta, die au« dem alten Schwedischen Grafengefchlccht der Brahe war. Vom l3tcn Jahrhundert ab war Upsala der KrönungSort der Schwedischen Könige.") Hier in der Kathedrale begann nnd endigte ihre irdische Herrlichkeit; wo sie zu erst im Schmucke des KönizSmantelS aufgetreten waren, dahin kehrten sic im Leichenhrmde zurück; wo sie vor dem Altäre knieend die Krone auf ihrem Haupte empfangen hatten, da legten sie sich wieder dem Allarc zu Füßen in ihr steinerne« Ruhebett. So lehrte daS katholische Christcnlhum jener Zeil die Mächtigen Demuth; neben dem Throne wie« es dem Gekrönten das offene Grab, und in der Feier weltlicher Herrlichkeit mahnte es an die Buße. — Unter den Griiststeinen in der Kathedrale sind viele auch als Kunstdenkmäler merkwürdig. Da sicht man die Gestalt des Königs in Stein gehauen, das Schwert znr Seite, de» Reichsapfel in Händen, als wollte er noch im Tode die Herrschaft der Welt nicht fahren lassen; neben ihm seine Gemahlin im volle» Schmuck der Königlichen Tracht, gerade auSgcstreckl mil über der Brust gesallelc» Händen, als wäre sic willen im Gebete cnlschlasen. Die Gruft-Kapelle Gustav Wasa'S ist mil Fresko-Bildern ausgc- malt, welche die berübmlesten Momente aus dem Leben diese« beliebten Schwedischen Bolkshelden darstellen. Damals staunle wohl Jeder bei der Erzählung dieses romanhaft abenteuerlichen KönigSlcbenS; wir Neuere» haben noch Wunderbareres erlebt. — Die Edelleute und Herren vom Hose, die den Könige» ihr Leben lang gedient, sind auch im Tode des Dienste« noch nicht frei geworden und baden ihren Gebietern bi« unter die Erde Nachfolgen müssen. Man liest ihre Namen auf den Grabsteinen in der Kirche, in der Nähe der KönigSgrllftc, und so nehmen sic noch hier, wir vormals am Hoflager und im Palast, den zweite» Rang unter einem Höheren ein. Desgleichen werden in der Kathedrale noch die Reliquien des heiligen Erich, eines alten Schwedischen Königs, ausbewahrt, zu denen das Volk ebemal« in Zeilen der Pest und ansteckender Krankheiten betete. Man nahm sie auch in die Schlackst mit und trug sic dem Heere vor, in dem Glauben, sie würden Schrecken unter die Feinde bringen; im Frühjahre trug man sie über die Acckcr nnd Felder und bat de» Hei ligen um Schutz und Segen für die Acrndlc. Der beliebte und ver ehrte Name König Erich'» hat diese Ucbcrrcste im Iklen Jahrhundert vor der vandalischcn ZerstörungSwutb der Bilderstürmer bewahrt: die Ehrfurcht vor dem alten Königsstamme bat in dem Herzen der Schweden längcr gelebt, als der Glaube an die katholische Kirche. Den Bilder- schnmck ihrer Kirchen, die Reliquien nud Denkmäler alftr übrige» Hei- »1 Auch die KdnigMnen Christine und Ulrike Eleonore wurden hier getränt, aber wie in Ungarn mit dem Titel Ker. nicht itogio- Die Addanknng Christinen« geschah in einem Saale des Schlosse« ;» Upsala.