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WHnitz-MlW Verantwortlicher Redacteur: Carl Ikhnt in Dippoldiswalde. Inserate, welche bei der bedeutenden Auslage de- Blattes eine sehr wirk same Verbreitung, finden, «erden mit 10 Pfg. die Spaltenzeile oder der« Raum berechnet. — Ta bellarische und complicirte Inserate mit entsprechen dem Aufschlag. — Eilige» sandt, im redaktionellen Thcile, die Spaltenzeike M Pf«. DU „Weißeritz. Zeitung" erscheint wöchentlich drei mal: Dienstag, Donners tag und Sonnabend. — Preis »ierteljiihrlich 1 M. LÜ Pfg., zweimonatlich V4 Pfg., einmonatlich 42 Pfg. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Alle Postan stalten, Postboten, sowie di« Agenten nehmen Be- , , sllunnan Amtsblatt für die Königliche AmishauptmannschafL Dippoldiswalde, sowie für die Königlichen Amtsgerichte und die Stadträthe ' zu Dippoldiswalde und Irauenstem Nr. 23. - Sonnabend, den 21. Februar 1885. 51. Jahrgang. Politische Wochenschau. Deutsches Reich. Seit länger als einer Woche steckt nunmehr der Reichstag in den Zolldebatten und fast scheint es, als ob auch die jetzige darüber hingehen soll. Die eigentliche Entscheidung in dem von der Reichsregierung eröffneten zollpolitischen Feldzuge ist indessen mit der vom Reichstage am Montag ange nommenen Erhöhung des Zolles auf Weizen und Roggen bereits gefallen und was die übrigen Zoll erhöhungen, vornehmlich die noch der kommissarischen Berathung unterliegenden Holzzölle, anbelangt, so ist es fast zweifellos, daß die schutzzöllnerische Mehrheit des Reichstages auch diesen zustimmen wird. — Am Dienstag beschäftigte sich der Reichstag in der Haupt sache mit dem von der freikonservativen Fraktion ein gebrachten Entwürfe eines Sperrgesetzes, welches ven Reichskanzler ermächtigt, die Getreide- u. s. w. Zölle, sofort nach Bewilligung in zweiter Lesung in Kraft treten zu lassen. Die Generaldiskussion hierüber er gab, daß man sich auf allen Seiten über die Noth- wendigkeit eines solchen Gesetzes klar war, aber eine Meinungsverschiedenheit zeigte sich bezüglich der Frage, ob und inwieweit den vor dem 1. Februar a. o. ab geschlossenen Lieferungsverträgen eine besondere Be rücksichtigung einzuräumön sei. Vom Abgeordneten Windthorst war beantragt worden, daß für Verträge, die noch vor dem l. Februar abgeschlossen seien, noch der bisherige Zolltarif zü gelten habe, welcher Antrag schließlich in der sich an die Generaldiskussion sofort anschließenden zweiten Lesung des Sperrgesetzes mit der Modifikation, daß für den l. Februar der 15. Jan. zu setzen sei, einstimmig angenommen wurde. Das Sperrgesetz wurde sodann im Ganzen nach einer sehr lebhaften, an persönlichen Auseinandersetzungen reichen Debatte zwischen den Abgeordneten Bebel, Richter, Hartwig (Dresden), Ackermann und Singer genehmigt. Am Mittwoch setzte das Haus die Berathung über die Zolltarifnovelle, speziell über den Antrag Brömel, die Roggenzollerhöhung erst nach Ablauf des deutsch spanischen Handelsvertrages in Kraft treten zu lassen, fort. — Die Postsparkassen-Vorlage ist als gescheitert zu betrachten. In ihrer Dienstags-Sitzung hat die betreffende Kommission Z 1 der Vorlage und somit letztere überhaupt abgelehnt, dagegen einen Antrag der Deutschfreisinnigen angenommen, die Negierung aufzufordern, einen verbesserten anderweitigen Entwurf einzubringen. Dazu wird es indessen in der gegen wärtigen Session schwerlich mehr kommen. — Die Differenzen zwischen Portugal und der afrikanischen Gesellschaft wegen der Abgrenzung der beiderseitigen Besitzungen am Kongo haben nunmehr ihre Beilegung gefunden und es steht somit dem Schluffe der Berliner Konferenz kein wesentliches Hinderniß inehr entgegen. Es ist bereits die betreffende Kommission mit der Redaktion der Schlußakte beschäftigt und so darf man der Beendigung der Konferenzverhandlungen wohl im Laufe der nächsten Woche entgegensehen. Es wird hiermit die Lösung eines der wichtigsten und für die Zukunft bedeutungsvollsten internationalen Problemen der Gegenwart erfolgt sein und hat die Kongo-Kon ferenz einen glänzenden Beweis davon abgelegt, wie sehr sich die Jnteresiensolidarität der Kulturvölker in Ländergebieten, die mit der abendländischen Civilisation bisher nur flüchtig in Berührung gekommen sind, allmählich zum Durchbruch bringt, gegenüber engherzigen Sonderinteressen. Daß aber überhaupt ein solches Werk, wie die Kongo-Konferenz, in Angriff genommen werden konnte, ist wiederum ein Verdienst des leiten den deutschen Staatsmannes, welchem Verdienste durch das Gelingen dieses Werkes die Krone aufgesetzt wird. Mehr als einmal waren die Konferenzverhandlungen nahe daran, zu scheitern, aber der diplomatischen und staatsmännischen Kunst des Fürsten Bismarck gelang es, alle hervortretenden Mißverständnisse und Meinungsverschiedenheiten zu beseitigen und heute darf er mit Genugthuung auf den bevorstehenden Abschluß der Kongo-Konfxrenz Hinweisen, als eines Werkes, in dem die von ihm geleitete deutsche Friedenspolitik wiederum einen ihrer schönsten Triumphe feiert. Hof- sentlich wird dieses neueste Verdienst des großen Kanz lers im deutschen Vaterlande die ihm gebührende Würdigung finden. Oesterreich-Ungarn. Die Abstimmung des öster reichischen Abgeordnetenhauses über die Gebühren novelle und der hierbei zu Tage getretene Riß in der slavisch-feudalen Majorität des Abgeordnetenhauses wird in der österreichischen Tagespresse noch lebhaft discutirt. Bekanntlich ist die genannte Vorlage an eine Komnission verwiesen worden, was mit dem Schei tern derselben ziemlich gleich bedeutend ist, und dieses negative Resultat wurde dadurch ermöglicht, daß die klerikalen Abgeordneten aus den Alpenländern mit für Verweisung der Vorlage an eine Kommission stimmten. In deutsch-liberalen Kreisen hat man aus diesem Momenten Erfolge sofort die Schlußfolgerung gezogen, daß nunmehr der „eiserne Ring" der Reichsraths- Mojorität gesprengt sei, da sich die klerikalen Deutschen aus den Alpenländern ihren liberalen Stammesgenossen zugesellt hätten. Indessen dürfte man auf deutsch liberaler Seite wohl baldigst von dieser optimistischen Auffassung zurückkommen; die Deutsch-Klerikalen haben eben gegen das Gebührengesetz gestimmt, weil sie die bäuerliche Wählerschaft in Hinblick auf die bevor stehenden Reichsrathsneuwahlen nicht gegen sich auf bringen wollten, aber hieraus auf ein ferneres Zu sammengehen der Klerikalen mit den Deutsch-Liberalen zu schließen, wäre geradezu unsinnig, beide Parteien haben eben nur das gemeinsam, daß sie Deutsche sind. In der von Graf Taaffe zusammengeschweißten öster reichischen Parlaments-Majorität hat es schon manch mal gekracht, schließlich ist aber das Gleichgewicht der Parteiinteressen immer wieder hergestellt worden und der Kaiserstaat dürfte auch noch für fernere Zeiten unter dem Zeichen der slavisch-klerikalen Verbrüderung stehen. Frankreich. Die Siegesnachricht von Langson hat in den Pariser Regierungskreisen begreiflicher Weise eine sehr gehobene Stimmung hervorgerufen und um diese Stimmung auf ihren Gipfelpunkt zu bringen, bedarf es nur noch eines Seesieges des Admirals Courbet. Letzterer ist, wie bekannt, mit seiner Hauptmacht auf der Suche nach der chinesischen Flotte, um ihr den Garaus zu machen; bis jetzt scheint dies ihm aber noch nicht gelungen zu sein, wenigstens befleißigt sich der offiziöse französische Telegraph über ein in der Nähe von Schanghai angeblich stattgefundenes Treffen zwischen der französischen und chinesischen Flotte einer merkwürdigen Zurückhaltung. In welcher Weise nun die französische Heeresleitung in Tonkin den ohne Zweifel bedeutenden Erfolg von Langson auszubeuten gedenkt, ist noch nicht bekannt; wie es scheint, will man aber den Chinesen fortgesetzt energisch auf den Leib rücken, da die Franzosen nach der Einnahme von Langson wieder drei Kilometer vorgerückt sind und somit hart an der chinesischen Grenze stehen. Rußland. Mit einem schier wunderbaren Eifer ist man in Petersburg bemüht, die Gerücht über den Vormarsch der Russen auf Herat zu dementiren. Es mag sein, daß man es in diesen Gerüchten nur mit Börsenmanövern zu thun hat, aber das „Trau, schau, wem!" können sich die Engländer in Centralasien Rußland gegenüber nur gesagt sein lassen. Beharr lich erweitert der russische Koloß die Grenzen seiner centralasiatischen Besitzungen nach Indien hin und es wäre gar nicht so unwahrscheinlich, daß sich Rußland die gegenwärtigen Verlegenheiten Englands im Sudan zu nutze machte und sich Herats, dieser alten Eingangs pforte nach Indien, bemächtigte; England wenigstens könnte in diesem Augenblicke seinen« Nebenbuhler in Centralasien schwerlich mehr als einen papiernen Protest entgegenstellen. England. Die englische Negierung hat das An erbieten ihrer australischen und kanadischen Kolonien, dem Mutterlande in dem Kampfe gegen den Mahdi Hilfe zu leisten, zum Theil abgelehnt, da die betref fenden Truppen zu spät in Suakin eintreffen würden. Nur das Kontingent von Neu-Süd-Wales, aus 312 Mann Artillerie, 522 Mann Infanterie und 200 Pferden bestehend, wird an den Operationen im Su dan theilnehmen. — Die Opposition im englischen Unterhause hat beschlossen, die egyptische Politik der Regierung zum Gegenstände eines Tadelsvotums zu machen. — Wolseley meldet aus Korti vom 17. Fe bruar, daß ein englischer Verwundeten-Transport auf dem Wege «rach Metammeh von den Aufständischen angegriffen wurde. Nach einstündigem Kampfe gelang es, die Feinde zurückzuschlagen, wobei ein leichtes Kameelkorps wirksame Dienste leistete. Die Engländer hatten einen Totsten und fünf Verwundete. Lokales «nd Sächsisches. Dippoldiswalde. Auch in unserer Stadt hat sich nunmehr ein Komitee zur Gründung einer dem Fürsten Bismarck an seinem 70. Geburtstage darzu bringenden Nationalspende gebildet. — Die Fälle, daß Postkarten ohne Adresse, un- frankirt oder mit aufgeklebten Zeitungsausschnitten rc. durch die Briefkästen eingeliefert werden, haben sich nach einer Mittheilung der Postbehörde in letzter Zeit so bedeutend vermehrt, daß wir im Interesse des korrespondirenden Publikums ganz besonders auf die bezüglichen Bestimmungen der Postordnung aufmerksam machen, wonach unfrankirte und ungenügend frankirte Postkarten, Postkarten beleidigenden Inhalts, oder solche, welche nach Beseitigung der ursprünglichen Aufschrift oder der auf der Rückseite zuerst gemachten schriftlichen Mittheilungen mit anderweiter Aufschrift bez. mit neuen Mittheilungen versehen worden sind, und Postkarten smit Beklebungen, z. B. mit aufge klebten Photographien, sowie mit angefügten Waaren- proben von der Postbeförderung ausgeschlossen werden. Ferner bemerken wir noch, daß nach Ländern des Weltpostvereins nur die von der Reichspostverwaltung ausgegebenen Postkarten zulässig sind und deshalb alle von Privatpersonen hergestellten Formulare nicht zur Absendung gelangen. — Die Holzschleiferei- und Bretschneidemühlenbe- sitzer unseres sächsischen Erzgebirges befürchten, wie schon der Abg. Holtzmann im Reichstage ausführte, daß ihnen durch die Erhöhung der Holzzölle ein großer Nachtheil erwachsen werde, da die sächs. Staats- und Privatforsten nicht im Stande sind, das nöthige Holz zu liefern. — 20. Februar. Einen Vortrag von viel allge meinerem Interesse als man bei oberflächlicher Kennt- nißnahme vermuthen könnte, hielt gestern Abend einer der hiesigen Turnlehrer, indem er über den Staub in der Turnhalle sprach. Als einen solchen müssen wir aber den genannten Vortrag bezeichnen, weil er nicht nur die Turnenden, sondern vornehmlich alle Eltern, deren Kinder in der hiesigen Turnhalle obligatorisch turnen, in Mitleidenschaft zieht. Der Referent legte zunächst die Gefahren dar, die den Athmungsorganen der Jugend von feiten des Staubes drohen, und die sich noch um ein Bedeutendes steigern beim Turnen in staubiger Luft, da dieses tiefes Einathmen hervor ruft. Darnach wies der Vortragende nach, daß das Turnen in unserer Halle vor den verderblichen Ein flüssen des Staubes nicht nur nicht gesichert, sondern demselben in hohem Grade unterliege. Im dritten Theile wurden eingehend die Mittel betrachtet, durch die man den gefährlichen Feind erfolgreich bekämpfen kann. Dabei mußte die jetzige Art und Weise (die Turnhalle wird z. B. nie gescheuert) als gänzlich ungenügend und die Aufstellung einer Instruktion für das reinigende Personal als nothwendig bezeichnet