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Nummer 290 — 25. Jahrgang öinal wiich. Bezugspreis für Dezbr. 3,00 einschk. Veltellgelo Anzeigenpreise: Tie Igesp. Pelitzeile 80.Z. Stellengesuche 2V L. Die Petitreklamezeile. 89 Milli» meler bieil, 1 Osserlengebühren für Selbstabholer LO L. bei UebersenSung durch die Post außerdem Portozuschlag. Einzel-Nr. 1v Sonnlags-Nr. 15 .3. Geschüstl. Teil: Friedrich Nieser in Dresden. Lll. p reger 8lr. 34 Llrümpk» «I'ri«»11vl1 Tonnersiag, 28. Dezember 1926 Im Falle höherer Gewalt erlischt jede Beipflichtung «nt Liolerung sowie Erfüllung v AnzeiginaniT äg«» n Leistung v Schadenersatz Für undeutl u z Ferm -uf iiberniitt Anzeigen übernehmen mir Heine Ver antwortung. Unverlangt eingesandie u. m Rückporto nicht versehene Ntannskripte werd nicht auibeivahrt, Tprcckistunde der Rcboktion 2 3 llhr nachniittags Hauptschristlcit: Tr. Joseph Alberi, Dresden, Aiügf'l'knkitt!» I)re8Üen Sttuvesli'sS« 7 Neste OnslitSten bOeclrigste Preise ISeschaftSftelle, Drurk »nd Vtrlan: Snienia- Luchdrulkerki GmbH., Dresden il. >. Pvlierslmsic 17. gernrut ew>2. Poslschcikkonto Dresden I-I7U7. Bankt»»!»: Dresdner Bank, Dresden. Für christliche Politik und Kultur Redaktion der Sächsischen Volks,eltung DreSden-Aiijtadt 1, Polierstmhe 17. ffemrns 2MN und rwl2. Ä-' 7^ .< / sniimiiireilNmlitrvlliia» rc«i».okir - >e»iisvci.LLo«i« f«rn»preclier 17S72 PMnilren SlrskelS miM-ltSlim» > Chinas Befreiungskampf (Von einem gelegentlichen chinesischen Atitarbeiter) Chorbin (Mandschurei) iin Ncwbr. 1026. Als am letzten Tage des Jahres 1011 in der Haupt stadt des Südens, Nanking, die N epubli k ausgerufen ivurde, und als am 12. Februar 1012 in der Hauptstadt des Nordens, Peking, die Mandschudunastie Tsing aus den Thron verzichtete, als daraus die Republik anerkannte Berfassunassorm Chinas ivurde, glaubte man in Europa, dos; eine grafte Revolution ihren Abschiuft gesunden habe. Aber, wie man es auch in der europäischen beschichte oft bestätigt findet: der Sturz, der Dynastie war nicht das Ende, sondern der Anfang der Revolution die noch heute fortdauert und die erst im Laufe der Jahre zur Er kenntnis ihres wahren Endziels gekommen ist. Tas End ziel der ungeheuren Erschütterungen, die China durchge macht hat und noch durchmachen muft, ist aber die Zu- r ii cu g e w i n n u n g unserer nationalen Unab hängigkeit, welche die unbedingte Voraussetzung da für ist, das; wir ein den modernen internationalen Be dürfnissen entsprechendes Verwaltungs- und Verkehrs wesen e4wrichten, d«tz--wie-unseren furchtbar niebrrgr» -rückten, zu Kulis gewordenen ärmeren Volksgenossen ein besseres Leben bereiten, das; wir die geistige und see lische Sicherheit und Gräfte wiedergewinnen, die bis ins 18. Jahrhundert hinein den Gegenstand der Bewunderung der Europäer gebildet hat. Erst wenn uns das alles ge lungen sein wird, werden wir unser Land und Volk ganz dem Einfluh der Weltkultur öffnen und diesen Einflns; durch das Ausstrahlen chinesischer Kultur vergelten kön ne». Der Weg wird lang sei» — wie der Weg des briti schen Infanteristen nach Tipperory. Aber der Marsch ist aiigetreten, er hat vom Süden her begonnen und der (fte i st Sunjatse n s . des heute fast göttlich verehrten Führers, leitet ihn. Wir haben eine lange Periode fremdländischer Unterdrückungen hinter uns. seitdem im Jahre 1872 der Weltiniperialismus, vertreten durch bri tische Kanonenboote, uns zwang, das Opiu m gift zum Profit englischer Händler und zum physischen ui,' gei stigen Ruin unserer Rasse hereinzulassen und teuer zu be zahlen. Diese furchtbare Demütigung und Schädigung ist nie vergessen morden, auch nicht als ihr andere De mütigungen und Beraubungen unserer Hoheitsrechte durch alle möglichen „Handelsschiffahrts- und Freundschnsts- verträge" folgten. Diese Verträge brachten uns um unsere eiaene Gerichtsbarkeit, konfiszierten unsere Seezölle, um mit ihnen Wucherzinsen für europäisches, später auch ame rikanisches Kapital zu bezahlen, verhinderten uns an dererseits an der Aufstellung autonomer Zolltarife, aus denen ivir die Kosten einer modernen und soliden Staats verwaltung Hütten decken können. Wir konnten die Ge hälter unserer Beamten nicht zahlen und trieben sie so geivisscrmaften gewaltsam zur Korruption und zum Sy stem des „Sgueeze", der Erpressung. Es ist sehr leicht, selbstgerecht die Achseln zu zucken über chinesische Korrup tion, mährend unsere imperialistischen Gebieter doch er rötend daran denken mühten, welche Schuld sie selbst an diesem Nebel tragen. Der Süden hat das imperialistische Joch bereits ab geschüttelt: die Kuomintang-Bewegung, deren Arm die K a n t o n n r m e e ist. breitet sich immer mehr nach Norden zu aus. „wie ein Oelsleck auf einem Bogen Papier." Kuomintang heiftt V o l k s r e g i e r u n g : ihre Grundsätze entstammen dem Testament Sunsatsens. Tas Hauptkampfmittel dieser Bewegung ist die Boykot tierung der Waren, die aus ii»pi"'iolis1isüien Ländern stammen. Wir boykottieren heute systematisch englische und amerikanische Waren: wir streben danach, uns auch der japanischen Waren zu entledigen und wir würden russische und deutsche Waren allen anderen vor- ziehen, wenn wir sie in genügender Menge erhielten, weil diese beiden Nationen auf ihre imperialistischen „Rechte" und Gelüste in China verzichtet haben. Der Imperialismus, er mag durch England, Fcankreich, Amerika, Japan vertreten sein, blamiert sich bei uns. Wir lachen über die mit graften Kosten be zahlten Kommis, die er uns schickt und die sich die „Mar- schälle" Tschangtsolin, Wupeifu, Suntschuanfang nennen. Diese Herren verwüsten ihr eigenes Land, aber sie rich ten nichts gegen die von Süden vorrückende Kuomintang bewegung aus und diese Bewegung rückt noch rascher vor als die Kantonarmee. Mit großer Freude haben wir er» Das französische Kriegsgericht sprich! den Leutnant Roueier frei und verurteilt die von ihm verletzten Deulfchen zu Gefängnis — Die Reichsregieeung will eingreisen Krankenhanse lügt! Dicse Vernrteiinng wäre auch dann un begreiflich, ivcun diese Bürger der kleinen Stadt, die ebensoviel Besatzung wie Eimvohuer halte, gegen den geckenhaften Roncier, der in Zivil und mit der Reitpeitsche in der Hans nachts durch die Straften flanierte und nach Anrempelnngen s n ch l e , eine arahende Haltung eingenommen hätten. Tatsächlich nker ist in dieser Beziehung nichts erwiesen. Wie fall en die Verurteilten in der Nacht, ivie die Urteilsbegründung sagt, durch die Art. wie sie Nancicr angeblickt haben <!!) eine Beleidigung der Besatzung begangen haben? Die Wahrheit wird sein, daft Nancler — ein Feigling, wie alle Reitpeitschen-Helden — bei dein ersten Anschein einer Ge fahr blind darauf losgeschossen hat (der eine Den tsche ist in oen Kaps, der zweite in die Brust, der dritte ins Bein getroffen wor den.) — Es ist unmöglich, das; dieses Fehlurteil bestehen bleibt. Das Ministerium der belekt«« Gebiete wird alte Schritte tun, um "etM^R'b Ml i klerreichen. Es mnft noch festgestcllt werden, ob das Obergericht der Nheinarmec oder oie Zeittralinstanz in Paris als Neoisionsinstanz in Frage kommt. Der Rheinland- koinnüssar Freiherr Langwerth o. Simm ein wird dir nötigen Schritte umgehend unternehmen. Tas alles aber ist Formsache. Mit solchen Maftnahmen. so notwendig sie sind, wird nur an Snmptomen hernmknriert. Die Wurzel des Hebels kann nur beseitigt werden, wenn die Rhein landbesatzung aus Deutschland verschwindet Die Foraernng, dis ans Grund des Landauer Skan-dalnrteils erhaben werden mnft, ist die baldige und re st läse Räumung des Rhein- lau,des. Landau, 22. Dezember. Tas französische Kriegsgericht in Lanvnn hat nach vier tägiger Verhandlung über die Vorgänge in G e r m e r s- hein, sei» Urteil gefällt. D r Unterleutnant Roueier, der dcn Arbeiter Müller getötet und oen Fuhrmann Matth s lowie den Lchnhinachcr Hole,man» durch Revvlverschnssc verletzt hat. wurde freigelprochen. — Dagegen wurden die Tcutlchrn MattheS zu 2 Fahren Gefängnis, Holz mann zu 2 Monaten Gefängnis, Fechter zu <» Monate» Gefängnis, Kögel zu :t Monaten und Arbogast sowie Kegler z» je 6 Monaten Gefängnis berurtcilt. Das Urteil ist einstimmig gefällt worden mit fol genden Ausnahmen: Die Frage, ob Noucier pich leichter Körperverletzung Holzmann gegenüber lchuldig gemacht habe, wurde mit 3 gegen 2 Stimmen verneint (antzerdcm waren r und schwere Körperverletzung m:r rötlichem NuSgange und schwere Körperverletzung ge stellt, die einstimmig verneint wurden). Bei Hvlzmanii, Kögel und bei Fechter, soweit bei ihnen die Vorgänge im Cafe Engel in Frage lummen, wurden die Schnldfragen mit 3 zu 2 bejaht. Die Strafbemessung erfolgte einstimmig auftcr tm Falle Kögel (m t 3 zu 2> und im Falte Matthes mit 4 zu 1 Stimme. — Tic deutsche Verteidigung der im Noncicr-Prozesse verurteilten Teilt,che» wird gegen das er gangene Urteil Revision cinlcgcn. Das französische Kriegsgericht hat in merkwürdiger Weise Recht gesprochen — aber wer hat von einem französischen Kriegs gericht anocres erwartet? Die Fälle K r u p p und N athusi u a sind noch gut in nnserm Gedächtnis. Wenn man sagt, seitdem haöe sich dach das Berhällnis zwischen Deutschland und Frank reich gewandelt, so »ins; leider scslgestelit werden, das; die Ein stellung der französischen Militärs Deutschland gegenüber völlig die gleiche geblieben ist, und oatz der französische Anften- minister ebensowenig Einslnft ans die Rechtsprechung hat wie irgendein anderer Anftenininister in Europa. Taft die Auftenpoli- tik Brands, die Politik von Locarno, durch den Spruch von Gennersheim empfindlich gestört wird, daran besteht kein Zweifel. Wir möchten fast sagen: Der Wunsch, diese Auftenpolitik zu stören, hat mindestens unbewnftt die Urteilsfincmng der sran- zösischen Richter mitbestimmt. Es hiefte ans die innersten Wün sche der sranzösischen Deutschenhasser cingehe». wenn in Deutsch land nun die Meinung anskäine, dieses Urteil könne ein wesent liches Hindernis für die Fortführung der Versöhnnngspolitik Briands und Strescmanns bilden. Die Anftenpalitik ist nicht abhängig von den juristischen Frrtiimern schlecht unterrichteter Offiziere, und sie darf ourch die Ausschreitungen eines unreifen Feiglings nicht gefährdet werden. Denn um weiter nichts handelt es sich bei dem ganzen Pro- zeft. Der Unterleutnant Rancier, 24 Jahre alt, ei» streit süchtiger Mensch, nilbeliebt bei seinen Kameraden und allen, mit denen er in Berührung kam, hat in der Nacht vom 26. zum 27. September i» Germersheim drei Deutsche nicdergeschossen. von denen einer den Verletzungen erlegen ist. Roueier ha! geglaubt, von den Deutschen bedroht worden zu sein. Hier stehen Zeugen aussagen gegen Zeugenaussagen. Jedenfalls ist seslgesteilt. daft Roueier ans einer Entfernung von etwa 8 Nietern gefeuert hat: auf eine Distanz also, bei der eine unmittelbare Gefahr sür ihn gar nicht vorlag. — Der sranzösische Staatsanwalt hatte gegen den Mörder ein Fahr Gefängnis beantragt, das Gericht hat aber Freispruch für gut befunden. Anders natürlich bei den Deutsche». Wie könnte inan auch erwarten, daft ein französisches Kriegsgericht Deutsche frei- sprichl? So hat man die Lenle. die Rancier angeblich bedroht haben, zu Gcsängnis verurteilt, die höchste Strafe hat inan in Abwesenheit gegen de» Fuhrmann Matthes verhängt, der heute noch mit der Kugel Ronciers im Kaps im Heidelberger Die Empörung in De? ^chlan- Lauvan, 22. Dezeinber. Die dentichen Pressevertreter in Laudon Huben an Briand e-n Telegrumm ge>ch:ckt, du-? folgenden Wortlaut hat: „Tie nnläft! ch des Rdncier-Prvzepes in Landun anwesenden dcnstchen Pressevertreter protestieren a'.s Angen- und Lhreiizcngen einmütig gegen das unerhörte Urteil des Kriegsgerichts des 22. 'Armeekorps. Der Frei- lprnch Rvnciers ist eine ntzwere Verletzung des NechtSewp- stndens des deuttcheu, Volkes und der gesamten zivilisierten Welt." Berlin, 22. Dezember. Ter Freispruch des Mörders Roueier durch duS srnn- zvpsche Kriegsgericht hu, in der 'Berliner Presse aller Pnrteirichtuugen Helle Empörung ausgelöst. Die ..Ger mania" lagt: Der unglaubliche Freispruch de:- Mörders Noucier kann nur allgemein tiefgehende Enlrüstnng Her vorrufen. Tas Militing-richt hat das R chi sein-» nativ- uaüjtijch.n und militärisch n Aastinkt n geois rt Eine wirk liche Annäherung zwischen Denlschland und Frankreich kann nnmögstch einlrete», wenn die Engstirnigte l lokaler Zl»- stnuzen nch nne.»gehemmt und nu err giert ain-toben darf. Tie vvltsparteiliche „Tägliche R » n d > ch a n" mgt: Der Frei'prnch ist ein Fa ns! sch lag ins Ge.'chr des denuchen Volkes. Eine schlimmere Sabotage der Politik Briand» kannte wohl in diesem Angenbistk nicht erdacht werden. Ans dem Ganzen ergibt »ich ein neuer 'Beweis sür d e Un möglichkeit der Ansrcchterhaltnng der tremden Be-annng auf den!>ch m Roden, wenn wirtlich das Z el aer >ran',ö- li'chen Politik die Herbei'nörnng , nee ni.'d'ert.gen Zu standes in Europa und e »er Verständigung de Völker nach vernünftige» Grnnd>äkcn bleiben wtt. - Auch die „D e n t s ch e A llge m e n e Z e i i n n g" nennt da- il-ieil ciiien blutigen Hohn an> das Rechisempiinden aller Men» lchrn, einen All der Selbsterniedrigung der sran'.vstichc» Justiz und lagt: Tie V :iei>nng.n der Rationen darf »nicht fahren, daft die 60 Millionen Chinesen der Provinz Sze- tschuan sich zur Boykottierung der Fremden und ihrer Wirren entschlossen Hoden, noch bevor die Konton-Armee den Boden dieser Provinz detrot. Wir sind hier iin N vrden . in der chinesischen Mond- schnrei, trotz Tschonrstsolins, sicher, dos; die Kuomintang auch zu uns kommen wird. Tschongtsolin Hot die Hofs- nnng, den Süden zurückzilerodern. bereits onfgegeben. Man spricht hier dovon, doft er sich eine Herrschnst in Nordchina in der Form eines Königreichs oder einer Scheinrepublik errichten wolle. Aber diese Herrschoft wird nichts anderes sein als eine iinperiolistische Sotro- pie und sie wird dein Abscheu aller ehrlichen Chinesen verfallen. Kuomintana herrscht schon über sieben Pro vinzen in Süd- »nd über vier in Nordchino, im ganzen über 20» bis 300 Millionen Chinesen. Ter Impcrioii-'Mus wird in einiger Zeit einsehen, doft er sein Geld an Tschong- tsoiin und die anderen Totengräber Chinas gong umsonst ousgegebe» hoi und noch ousgibi. Cr wird seine Börse schiieften und den W e g d e r t! n t e r k o n d I n n g e n mit der Kuomintang betreten. Diese Nnterbondlungen wer» den nicht mehr mit den Mitteln von 1372 oder 1001 ge führt werde». Cs gibt keine „Sübneproviinen" mehr. Noch zwei Menschenoltern fruchtloser Bemühungen mnft der Imperiollsmns sich blamiert unler dem Geläch'er Asiens zurückziehcn und mit China o n s d e m F n ft eder v ö I k e r r e ch t l i ch e n G l e i ch h e i t der Nationen ver handeln. -'Ti